Ein engagierter Mann des Ausgleichs

Wenn Friedrich Magirius auf seine Erinnerungen zu sprechen kommt, hat er für sich einen roten Faden ausgemacht: »Ich bin kein Einzeltyp. Gott hat mir immer eine Gruppe geschenkt, gerade auch für Leitungsaufgaben«, sagt er. Das war so in seiner ersten Gemeinde in Einsiedel bei Chemnitz, wo er einen engen Kontakt mit dem Kirchenvorstand gepflegt hat, das war auch so während seiner Arbeit als Leiter der Aktion Sühnezeichen in der DDR von 1974 bis 1982, das prägte seine Arbeit als Pfarrer an der Nikolaikirche, dem Ausgangspunkt der Friedensgebete, als Superintendent und nach 1989 als Stadtpräsident von Leipzig. Mit dem Leipziger Pfarrer Siegfried Theodor Arndt (vgl Buchhinweis unten) sowie den Vertretern der jüdischen Gemeinde Eugen Gollomb und Siegfried Hollitzer baute er die „AG Kirche und Judentum“ auf, die einzige jüdisch-christliche Initiative in der DDR. Er leitete sie bis ins neue Jahrtausend. Durch viele Begegnungen mit polnischen und jüdischen Zeitzeugen verband er seine christlich-jüdische Arbeit mit der Arbeit von Aktion Sühnezeichen.

Gerade in den letzten Jahren der DDR war ihm das wichtig. »Es war mein Anliegen, dass es eine Gruppe gibt, die die Friedensgebete verantwortet«, sagt er rückblickend. Deshalb habe er 1985 vorgeschlagen, dass die Kirchenbezirkssynode einen Ausschuss »Frieden und Gerechtigkeit« wählt mit Mitgliedern der Synode und der Friedensgruppen.

Friedrich Magirius selbst sieht die Zeit vor der friedlichen Revolution mit gemischten Gefühlen. 1988 habe der Synodalausschuss vor einem doppelte Problem gestanden: Einerseits seien immer mehr Antragsteller auf Ausreise zu den Friedensgebeten gekommen, um ihrem Wunsch Nachdruck zu verleihen. Andererseits hätten immer mehr Gruppen gefordert, dringend in der Gesellschaft hier etwas zu verändern. »Ich konnte sie nicht zusammenhalten«, sagt er. Und immer habe er in dem Spannungsfeld zwischen Aufbegehrenden und Staatsmacht gestanden. Dabei war sein Credo: »Kirche muss Kirche bleiben, offen für die Probleme der Gruppen, aber immer auch für die Botschaft der Bibel«, sagt er.

Als dann in Ostdeutschland demokratische Verhältnisse Einzug hielten, ging es Friedrich Magirius wieder darum, »in der Stadt die Partner zu finden, mit denen man etwas bewegen kann«. Er ging ehrenamtlich und ohne Parteibuch in den Stadtrat und wurde dort zum Stadtpräsidenten gewählt – ein Amt, das es neben dem Oberbürgermeister nur vier Jahre lang gab. Noch heute engagiert er sich für die Belange der Stadt. »Ich gehe in Jugendzentren, um zu hören, was es dort für Probleme gibt«, sagt er. »Ich kann dadurch helfen, dass ich die kenne, die helfen können.« Und er übernimmt noch gern Gottesdienstvertretungen.

Sein früherer Vikar Christoph Münchow betont: »Friedrich Magirius hält klar im Blick, wo Widerstehen und wo Versöhnen nötig sind.«

Diesem Text liegt ein Interview in „Der Sonntag“ vom 24.6.2010 zu seinem achtzigsten Geburtstag zugrunde.

Buchhinweis:
Katrin Löffler, Keine billige Gnade - Siegfried Theodor Arndt und das christlich-jüdische Gespräch in der DDR. Georg Olms Verlag Hildesheim 2011

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