Was aus einer lokalen Spurensuche werden kann
Erfahrungen in Wiesbaden
von Peter Kratz

Vorgeschichte

Im Winter 2010/11 habe ich mich mit der Geschichte meines Heimatturnvereins, der TSG Sonnenberg, Wiesbaden, beschäftigt. Der Vorstand hatte mich gebeten, im Rahmen der 2011 stattfindenden Feierlichkeiten zum 150-jährigen Jubiläum des Vereins, eine Veranstaltung am Turnerehrenmal für die verstorbenen Mitglieder vorzubereiten.

Im Protokollbuch der Jahre 1920-1945 fand ich Aufzeichnungen und eingelegte Presseberichte von der Einweihung des Ehrenmals 1934: Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten persönlich und in SA-Uniform nahm die Weihe unter riesiger Beteiligung der Ortsvereine, Kirche (evang.!) und der Bevölkerung vor. Diese weitgehend aus dem Bewusstsein verdrängte Tatsache machte mich neugierig und ließ mich weiter forschen. Schnell fand ich heraus, dass zum Zeitpunkt der Einweihung sämtliche 8 jüdischen Vereinsmitglieder bereits aus dem Verein ausgeschlossen waren – auch die beiden im Ersten Weltkrieg als sog. Frontsoldaten eingesetzten Männer. Am „Weihetag“, dem 23. Schirding (so der Monat September in der Sprache der völkischen Ideologie) hatten die Turner bereits klare Verhältnisse geschaffen und den NS-Mächtigen einen judenfreien Verein präsentiert.

Ich unterrichtete den Vorstand, dass ich eine Veranstaltung am Ehrenmal nur dann übernehme, wenn das Schicksal der jüdischen Mitglieder ans Licht gebracht und zu ihren Ehren eine Erinnerungstafel angebracht wird. Durch aufwändige Recherchen im Hessischen Hauptstaatsarchiv, durch Befragung von Zeitzeugen und in Kooperation mit dem „Aktiven Museum deutsch-jüdischer Geschichte“ konnte ich schließlich die Spuren der acht jüdischen Vereinsmitglieder nachvollziehen und dokumentieren: vier konnten sich rechtzeitig vor den Pogromen und Deportationen in Sicherheit bringen, vier wurden in Vernichtungslagern umgebracht.

Im Januar 2011 präsentierte ich dem Vorstand meine Arbeitsergebnisse und meine Vorschläge für die Integration derselben in die Jubiläumsveranstaltung. Eine Bronzetafel mit Erinnerungstext für die ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder soll direkt neben dem Ehrenmal angebracht werden. Einen hiesigen Steinmetz (Vereinsmitglied) hatte ich für diese Arbeit und für die Kostenübernahme gewonnen, einen weiteren örtlichen Handwerksmeister für die gründliche, professionelle Reinigung des Ehrenmals. Für einen ausgeschlossenen und später umgebrachten jüdischen Turner und dessen Ehefrau sollen 2 Stolpersteine vor ihrem früheren Geschäfts- und Wohnhaus verlegt werden. Für die Patenschaft (und Kostenübernahme) erklärte sich ein weiteres Vereinsmitglied bereit: dessen Eltern hatten 1933 die Metzgerei des später ermordeten jüdischen Mitgliedes als Pächter übernommen. Für 3 deportierte jüdische Mitglieder waren bereits Stolpersteine in Sonnenberg und in Wiesbaden verlegt worden. Schließlich sollten die Nachfahren eines emigrierten und 1949 wieder nach Sonnenberg zurückgekehrten jüdischen Turners zur Veranstaltung eingeladen werden.

Nur mit Mühe war der Vorstand zu überzeugen, einige der Vorschläge zu akzeptieren. Mein Engagement wurde begrenzt:
Die Erinnerung an den Ausschluss der jüdischen Mitglieder muss noch Raum lassen für die Totenehrung am Ehrenmal für die seit dem Jubiläum 1986 verstorbenen Vorstandsmitglieder.
Die Anbringung der Erinnerungstafel darf dem Verein keine Kosten verursachen. Die Genehmigungen beim Amt für Denkmalpflege und der Stadt Wiesbaden müssen vom Veranlasser eingeholt werden.
Die Verlegung der Stolpersteine stellen eine Privatinitiative dar und sind kein Programmpunkt im Veranstaltungskalender der „TSG-Sonnenberg 1861 e.V.“

Bereits im Vorfeld dieser Auseinandersetzung hatte der Vorsitzende mich wissen lassen, dass die von einem weiteren Vereinsmitglied zu verantwortende Festschrift meine detaillierten Recherchen der Jahre 1933-45 nicht aufnehmen wird. Hier wolle man sich auf die summarischen Ergebnisse der entsprechenden Jahre in der FS von 1986 zum 125-jährigen Jubiläum beschränken: „Das führt ja alles viel zu weit, wir übernehmen die damaligen Angaben, das reicht!“

Ich habe mich um der Sache willen dann bereit erklärt, den früher zugesagten Programmpunkt „Totengedenken am Ehrenmal“ zu übernehmen und ihn entsprechend zu gestalten.

Gedenkveranstaltung am 21.5.2011 am Ehrenmal im Rahmen des 150-jährigen Vereinsjubiläums der TSG Sonnenberg 1861 e.V.

Musikalisch umrahmt wurde die gut besuchte und von der Lokalpresse (Wiesbadener Kurier und Wiesbadener Tagblatt) anschließend ausführlich gewürdigte Feier vom Bläserensemble der Wiesbadener Musikschule und von den Chören der evang. und kath. Kirchengemeinde.

Nach dem Eingangsstück des Bläserkreises, einer  Sarrabande von Edvard Grieg, folgte meine Ansprache:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Freundinnen der TSG, liebe Gäste!

Das Protokollbuch der „Turngemeinde Sonnenberg“ (so der offizielle Vereinsname damals)  vermerkt unter dem 15.2.1933: Ehrenmitglied Heimann verstorben: Trauerfeier  in Wiesbaden. Teilnahme mit Abordnung und Fahne (Kranzniederlegung). Bei der 3-Wochen  späteren Vorstandssitzung  taucht unter dem TOP: Gedenken an Verstorbene der Name Heimann nicht mehr auf!  Warum, was war geschehen? Wer die Ereignisse in Sonnenberg verstehen will, muss um die politischen Verhältnisse in Deutschland in diesen Zeiten wissen – sonst bleibt dieser Eintrag (wie mancher weitere) rätselhaft.

Am 30. Januar 33 hatten die Nationalsozialisten „die Macht in Deutschland übernommen“, wie sie das selbst bezeichneten, Adolf Hitler war zum Reichskanzler ernannt worden. Im politisch-gesellschaftlichen Umfeld überstürzten sich in den Folgewochen und -monaten die Ereignisse mit z.T. drastischen  Auswirkungen auf die staatl. Organisationen  und einschnürenden Bestimmungen für die gesellschaftlich relevanten Gruppen und Vereinigungen – das betraf auch unseren  Turnverein!

Galt es bis Anfang 1933 noch als guter Brauch, bei der Beerdigung auch von jüdischen Mitgliedern als Verein Flagge zu zeigen, so war es  bereits Mitte März nicht mehr opportun, wenn die in der national-völkisch ausgerichteten Deutschen Turnerschaft organisierten Vereine- wie unsere TG -  mit Juden in Verbindung gebracht wurden!

Bei unserem Ehrenmitglied Heimann handelte es sich nämlich um den jüdischen Metzgermeister Hermann Heimann, der in der Rambacher  Strasse 31 mit seiner Frau Jette ein Kurzwarengeschäft und eine Viehhandlung betrieb. Die beiden galten als hervorragende Förderer der Sonnenberger Vereine, sie hatten keine Kinder, sorgten stattdessen frühzeitig für ihren Neffen Alfred, sie starben kurz hintereinander, 1932 und 1933. Sie liegen auf dem jüdischen Teil des Nordfriedhofes in Wiesbaden begraben. Ihre Grabsteine sind bis heute erhalten.

Wäre Hermann Heimann wenige Wochen später gestorben, hätte ihn das gleiche Los wie acht weitere jüdische Vereinsmitglieder getroffen: Der verdiente Mann wäre noch auf seine alten Tage aus dem Verein rausgeschmissen worden  – weil er Jude war und der Antisemitismus in jener Zeit ein grässliches Ausmaß anzunehmen begann!

Am 8. April 1933 – nur 1 Monat nach den für die Nationalsozialisten so günstig verlaufenen Reichstagswahlen -  hatte der Hauptausschuss der Deutschen Turnerschaft den „Arierparagraphen“ beschlossen und verfügt, dass in einem deutschen Turnverein nur der Platz haben durfte, der den „Ariernachweis“ erbringen konnte. Gut 14 Tage später standen die „Stuttgarter Beschlüsse“ – wie man den Arierparagraphen im Protokollbuch vernebelnd umschrieb – auf der Tagesordnung von Vorstand und anschließender Generalversammlung unserer Sonnenberger Turngemeinde. Soweit man den Aufzeichnungen entnehmen kann, gab es im Blick auf die Umsetzung keinerlei Diskussion, geschweige denn Widerstand. In dieser von der Turnerschaft im ganzen Land überschwänglich als „Heilsepoche“  gefeierten Zeit wollte auch unser Turnverein nicht hintanstehen sondern vorne „in geschlossener Reihe“ mit dabei sein. Die Presseberichte mit Bilddokumenten über die Weihe dieses Denkmals  am 23.9.34 durch Reichssportführer von Tschammer und Osten geben hierfür in Wort und Bild ein untrügliches Zeugnis!

8 jüdische Vereinsmitglieder wurden damals ausgeschlossen und mussten schmerzlich am eigenen Leib erfahren, wie aus langjährigen Nachbarn und geschätzten Mitbürgern, aus ehrenwerten Geschäftsleuten und geachteten Turngeschwistern binnen kürzester Zeit geschmähte und zutiefst erniedrigte Kreaturen wurden.

Den Verein sofort verlassen mussten:

Die Gebrüder Ludwig und Arthur Levita und ihre Frauen Frieda und Lena, die eine Metzgerei in der Rambacher Strasse 11 führten. Während sich Bruder Arthur mit seiner Familie 1936 nach Südafrika ins Exil begab, wurden die Eheleute Ludwig (Louis) und Frieda Levita im KZ  Mauthausen und im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Zwei Stolpersteine vor ihrer Metzgerei erinnern seit 2007 an die Beiden.

Der Metzgermeister Moritz Marx, der mit seinem Bruder Julius, in der Langgasse 4 eine Metzgerei besaß. Moritz wurde 1944 in Theresienstadt, seine Ehefrau Minna  1944 in Auschwitz umgebracht. Für Beide wird Ende September ein Stolperstein zur Erinnerung verlegt – An der Stadtmauer 4. (Heute Restaurant Raffaele; die Partnerschaft hierfür haben Nachfahren der Metzgerfamilie Ludwig Schneider  übernommen, die die Metzgerei Marx von 1933 -39 gepachtet hatte und die später bis in die 60 Jahre schräg gegenüber ihre eigene Metzgerei führte!).

Der Pelzhändler Seligmann, genannt Simon, Morgenthau  aus der Adelheidstrasse (hier handelt es sich um einen Verwandten der Familie Heimann aus der  Rambacher Strasse, ebenfalls ein Förderer unseres Vereins) – er wurde 92-jährig 1942 (im großen Sammeltransport vom Schlachthof  Wiesbaden) nach  Theresienstadt deportiert  und dort mit seiner 78-jährigen Ehefrau Sofie unmittelbar nach Ankunft umgebracht. An Beide erinnern Stolpersteine in der Adelheidstrasse 94.

Für die 2 jüdischen  Turnkameraden Fritz Beckhardt und Alfred Heimann galt bis zum Sommer 1933 eine  „ehemaligen Frontkämpfern“ gewährte  Schonfrist. Ihre Teilnahme am 1. Weltkrieg  diente ihnen als kurzfristiges „Gnadenbrot“ – doch  der oberste Turnführer damals, Dr. Edmund Neuendorff, schob den Ausnahmeregelungen vom Arierparagraphen endgültig den Riegel vor: „Es hilft nichts, ihr Ausschluss muss geschehen! Wir dürfen nicht mit Halbheiten anfangen, wir müssen ganz klar und fest unseren Weg weitergehen. Es ist meine innerlichste Überzeugung, so unendlich schwer es einem im Einzelfall sein mag, weil ich durchaus dafür Verständnis habe, dass auch ein Jude ein feiner Mensch sein kann. Aus unserem nationalen öffentlichen Leben muss er aber verschwinden, und die Deutsche Turnerschaft ist ein Stück dieses nationalen Lebens und soll es in der Zukunft erst recht noch werden.“ (Schreiben an den Vorsitzenden der Berliner Turnerschaft  Rupert Naumann vom 23.9.33 – dieser hatte sich zuvor um Ausnahmeregelungen für bes. populäre jüdische Turner in seinem Verein eingesetzt: u.a. Turnolympiasieger  Alfred Flatow, Hochsprungmeister Hans Kantorowitz  u. Rechtsanwalt Carl Ladewig).

Stillschweigend – ohne dass ein Protokolleintrag das Ereignis noch besonders erwähnt – werden Fritz Beckhardt und Alfred Heimann aus der Vereinsliste gestrichen und spätestens im Herbst 1933 ist die TG Sonnenberg „judenfrei“. Alfred Heimann hat seinen „Rausschmiss“ wahrscheinlich gar nicht mehr vor Ort erlebt. Nach  dem Tod seines Onkels, des eingangs erwähnten Ehrenmitgliedes, wurde das Anwesen Rambacher Strasse 31 von den Erben verkauft und  Neffe Alfred zog nach Heilbronn. Er konnte im April 1939  mit seiner Familie nach England emigirieren.

Der Kaufmann Fritz Beckhardt, hochdekorierter Kampfflieger im Ersten Weltkrieg, der in das angesehene Lebensmittelgeschäft Neumann, Langgasse 11, (heute „An der Stadtmauer“) eingeheiratet hatte, war seit 1926 in unserem Verein Mitglied, (u.a. turnte er in der AH-Riege mit Zeugwart Wilhelm Dörr, der noch 1933 aus Protest gegen den Rauswurf von seiner Vorstandsfunktion zurücktrat – was allerdings ein Einzelfall blieb!), konnte dem Naziterror in letzter Minute entkommen und noch 1940 mit seiner Familie nach England emigirieren.

Nach Rückkehr aus dem Exil und Weiterführung des Lebensmittelgeschäftes „An der Stadtmauer“ erfuhr der jüdische Kaufmann bis zu seinem Tod 1962 von den Sonnenbergern in Sachen „Turnertreue“, „Kameradschaft“ , „Solidarität“ nichts, was auch nur annäherungsweise der Wirklichkeit dieser großen Worte entspräche. Eine Wiederaufnahme in den Verein, ein Bedauern über seine erzwungene Exilierung erfolgten nicht.

Umso dankbarer bin ich, dass Sohn Kurt und Enkel Lorenz Beckhardt heute unter uns sind und an unserem Bemühen teilhaben, sich der Last der Vergangenheit zu stellen, aus den Fehlern unserer Väter und Mütter Lehren zu ziehen, und das Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und Hautfarbe zu ermöglichen.

Heute, 78 Jahre nach dem schändlichen Vereinsausschluss unserer jüdischen Mitglieder und im 150. Jubiäumsjahr der TSG  Sonnenberg halten wir inne und enthüllen an der Gedenkstätte der Sonnenberger Turnerschaft eine Bronzetafel.

Spät, sehr spät will sie uns und unsere Kinder erinnern, was war und zu welch schrecklichen Dingen wir fähig sind. Und daran, was nottut, was wir von uns erwarten müssen, und was wir unseren Mitmenschen schulden. Die Tafel wurde gestiftet von der Familie Balz, der ich ausdrücklich für ihr besonderes Engagement danke. Ich bitte den zweiten Vereinsvorsitzenden, meinen Schulkameraden Wolfgang Pfeiffer, die Tafel zu enthüllen und den Text zu verlesen.

Textverlesung: Mit Trauer und Scham erinnern wir uns an den Ausschluss unserer jüdischen Mitglieder im Jahre 1933  - der weitverbreitete Antisemitismus war zur Staatsdoktrin geworden.
Im 150. Jubiläumsjahr bekräftigen wir unsere  bleibende Verpflichtung,  die Menschenwürde und den Schutz von Minderheiten zu achten und zu leben.
Mai 2011, Turn- und Sportgemeinde Sonnenberg 1861 e.V.

Es folgte das vom Chor der ev. und  der kath. Kirchengemeinde gemeinsam gesungene „Dona nobis pacem“. Im abschließenden zweiten Teil würdigte der Vortragende noch 5 verdiente Vorstandsmitglieder, die im Laufe der letzten 25 Jahre verstorben sind. Mit dem Dank an die Mitwirkenden und einem musikalischen Beitrag der Bläser (Ballade von Edvard Grieg) endete die Feierstunde.

Verlegung der Stolpersteine

Am 4.Oktober wurden im Rahmen einer vom „Aktiven Museum Spiegelgasse“ organisierten Veranstaltung unter Beteiligung zahlreicher Sonnenberger Bürger zwei Stolpersteine für das Vereinsmitglied Moritz Marx und seine Ehefrau Mina verlegt. Die örtliche Presse berichtete ausführlich über das Ereignis.

 Beschäftigung mit Edmund Neuendorff

Im Rahmen meiner Spurensuche zum Schicksal der ausgeschlossenen jüdischen Turner bin ich erstmals auf den Namen Edmund Neuendorff gestoßen. Seine kompromisslose Haltung in der sog. Judenfrage hat mich herausgefordert, mich über diese Person näher zu informieren. Zunächst habe ich mich in der Bibliothek der Fachbereiche Sport und Pädagogik an der Uni-Mainz und im Internet über Person und Werk des Pädagogen, Turnlehrers und Sportfunktionärs schlau gemacht. Ich bekam durch meine Lektüre ein irritierendes Bild. Dieser 1875 in Berlin geborene und 1961 in Bramsche in Niedersachsen verstorbene ehemalige Wandervogel, Reformpädagoge und Hochschullehrer wurde durchweg als Kämpfer für eine unabhängige und unpolitische Turnbewegung gezeichnet, der sich deswegen mit den führenden Nationalsozialisten überwarf und sogar verfolgt wurde. Dieser „Widerstandskämpfer“ wurde nach dem Krieg evangelischer Pfarrer, der sich für die Ärmsten der Armen damals, die Flüchtlinge, förmlich aufopferte, und der - außer ein paar persönlicher Macken - nur positive Seiten hatte. Alles, was er geleistet und für die gute Sache des Sportes und das reine Menschentum an Schwierigkeiten und Leiden auf sich genommen hat, verdient noch heute höchsten Respekt und Anerkennung. (Vgl. den entsprechenden wikipedia-Artikel)

In meiner Not setzte ich mich mit dem renommierten Sporthistoriker an der UNI-Hannover, Prof. Dr. Lorenz Peiffer, ins Benehmen, um seinen Rat in meiner Situation zu erbitten.

Zunächst wies mich der Professor auf neuere kritische Monografien zu E. Neuendorff hin, um mir anschließend dringend zu empfehlen, Neuendorffs Weg ins Pfarramt unter die Lupe zu nehmen. Er und weitere kritische Historiker seien längst der Auffassung, dass die Darstellung Neuendorffs als Menschenfreund im Dritten Reich und danach eine Legendenbildung erster Güte sei, an der der Betroffene selbst erheblich mit gestrickt habe. Seine Bemühungen an die kirchlichen Personalakten heranzukommen, seien nicht erfolgreich gewesen. Einem Theologen würde der Zugang vielleicht leichter gemacht.

Über das Internet wurde ich fündig: das Landeskirchenamt in Hannover bewahrt die Personalakten von Neuendorff auf, im Brandenburgischen Landesarchiv lagern die Entnazifizierungsakten des Turnführers der NS - Zeit. Meine Kontaktnahme mit dem Leiter des Kirchenarchivs beim LKA-Hannover war ebenso erfolgreich wie mein Telefonat mit dem zuständigen Abteilungsleiter der Potsdamer Behörde. Bei meiner mehrstündigen Spurensuche in Hannover sichtete ich umfangreiches Material, auch in Potsdam konnte ich erfolgreiche Recherchen betreiben. In mühevoller Heimarbeit habe ich dann die Unterlagen ausgewertet und zu einem wissenschaftlichen Aufsatz verarbeitet. Leider haben meine Bemühungen, von den Kirchengemeinden, in denen E.N. tätig war, etwas über ihren Pfarrer und Seelsorger zu erfahren, wenig bis keinen Erfolg gehabt.

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ImDialog. Evangelischer Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und Nassau
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