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Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, 3. Mai 1984

VORBEMERKUNG

Im Rahmen einer Schwerpunkttagung hatte sich die Synode der Evangelischen Landeskirche in Baden am 10./11. November 1980 mit dem Thema "Christen und Juden" befaßt. Sie hatte beschlossen, die Unterlagen der Schwerpunkttagung den Bezirkssynoden und Pfarrkonventen zur Bearbeitung zu übergeben. Diese Anregung ist in Kirchenbezirken und Gemeinden aufgenommen worden.

Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden vom Studienkreis "Kirche und Israel" gesichtet, ausgewertet und der Landessynode bei der Frühjahrstagung 1984 im Rahmen einer ausführlichen Berichterstattung vorgelegt. Das Ergebnis der erneuten Beratung des Themas "Christen und Juden" veranlaßte die Landessynode zu folgender

ERKLÄRUNG

Die Synode der Evangelischen Landeskirche in Baden folgt dem Antrag der Grundordnung im § 69, sich um die Begegnung mit der Judenheit zu bemühen.

Deshalb wird erklärt:

1. Die Synode stellt sich der geschichtlichen Notwendigkeit, aufgrund biblischer Einsicht ein neues Verhältnis der Kirche zum jüdischen Volk zu gewinnen. Durch Jahrhunderte wurden christliche Theologie, kirchliche Predigt, Unterweisung und kirchliches Handeln immer wieder von der Vorstellung belastet, das jüdische Volk sei von Gott verworfen. Dieser christliche Antijudaismus wurde zu einer der Wurzeln des Antisemitismus. Deshalb bekennen wir betroffen die Mitverantwortung und Schuld der Christenheit in Deutschland am Holocaust.

2. In unserem Bemühen um ein neues Verstehen stellen wir dankbar fest, daß das Alte Testament gemeinsame Grundlage für Glauben und Handeln von Juden und Christen ist. Wir sehen den unlösbaren Zusammenhang des Neuen Testaments mit dem Alten Testament neu. Wir lernen deren Verhältnis zueinander von der Verheißung Gottes her verstehen: Gott gibt, erfüllt und bekräftigt sie neu. Das "Neue" ersetzt nicht das "Alte".

3. Wir glauben an Gottes Treue:
Er hat sein Volk Israel erwählt und hält an ihm fest. Darum müssen wir der Auffassung widersprechen, daß Israel von Gott verworfen sei. Die Erwählung Israels wird auch nicht durch die Erwählung der Kirche aus Juden und Heiden aufgehoben. Wir Christen bekennen uns zu Jesus, der ein Jude war, als dem für alle gekreuzigten, auferstandenen und wiederkommenden Herrn, dem Heiland der Welt. Mit Schmerz und Trauer stellen wir fest, daß uns dieses Bekenntnis vom Glauben des jüdischen Volkes trennt. Im Glauben an Jesus Christus und im Gehorsam ihm gegenüber wollen wir unser Verhältnis zu den Juden neu verstehen und festhalten, was uns mit ihnen verbindet:

4. Wir bekennen mit den Juden Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde. Wir glauben mit den Juden, daß Gerechtigkeit und Liebe Weisungen Gottes für unser ganzes Leben sind. Wir hoffen mit den Juden auf einen neuen Himmel und eine neue Erde und wollen mit ihnen in der Kraft dieser Hoffnung für Gerechtigkeit und Frieden in dieser Welt arbeiten. Wir bitten Gemeinden und Kirchenbezirke, an diesem Thema weiterzuarbeiten und im Bemühen nicht nachzulassen, auf diese Weise in der Begegnung mit der Judenheit zu einem erneuerten Verhältnis zueinander zu gelangen.