Der Nahe Osten in Gefahr

von Ulrich Schwemer

Erschrocken stehe ich vor der eskalierenden Gewalt im Nahen Osten. Erschrocken stehe ich vor dem Gewaltausbruch zwischen Juden und Arabern innerhalb der Grenzen Israels. Hin und her gerissen sind meine Gefühle. Eben noch schien ein Fried in greifbarer Nähe und nun sind die Menschen im Nahen Osten zurückgeworfen bis an die Grenze eines Krieges.

Ich frage mich: Wie konnte das innerhalb weniger Tage geschehen? War es wirklich nur dieser überflüssige Marsch von Ariel Sharon über den Tempelberg? Oder haben da welche nur gewartet auf eine erwünschte Provokation?

Ich frage mich, wieso sind eigentlich immer Kinder in der vordersten Front anzutreffen. Beginnt die "Al Aqsa-Intifa-da" erst nach Schulschluss? Wo sind eigentlich die Eltern dieser Kinder und Jugendlichen?

Ich frage mich, haben die Israelis eigentlich nichts aus der letzten Initifada gelernt? Warum schießen sie noch immer mit Gummigeschossen auf Steinewerfer. Diese Geschosse können eben auch tödliche Folgen haben? Gibt es keine anderen Möglichkeiten gewalttätige Demonstranten in ihre Schranken zu weisen?

Ich frage mich, welche nationale und religiöse Engstirnigkeit setzt den Besitz von Heiligen Stätten über den heiligen Wert eines Menschenlebens. Wie viel Tote auf beiden Seiten muss es noch geben, bis wieder die Sehnsucht nach Frieden größer ist als die Versuchung, alles auf eine Karte zu setzen?

Fragen über Fragen stellen sich mir. Oder sollen sie mich nur vor einem klaren Wort zu diesem neuen Konflikt bewahren? Dass ich nicht sagen muss: Es war eine schlimme Provokation von Sharon, geschützt von vielen Soldaten über den Tempelplatz zu gehen. Es war kurzsichtig von Arafat den Protest der Straße nicht kleiner gehalten zu haben, als es noch in seiner Macht lag. Barak war nicht gut beraten, mit Panzern eine riesige Drohkulisse aufzufahren.

Oder war das alles schon vorgezeichnet mit dem Scheitern der Konferenz in Camp David, wo man kurz vor einem Friedensabkommen scheiterte. War das nur die Sturheit von Arafat, war das nur die Sturheit von Barak, wie ich es gerade im Rundfunk hörte? Oder gab und gibt es eine zu große Mehrheit auf beiden Seiten, die lieber den Unfrieden hat, um sich keinen unbequemen Fragen stellen zu müssen.

Da macht mich vor allem betroffen in Nahost und auch sonst in der Welt: Dass die Extremisten sich immer wieder gekonnt in die Hand arbeiten und die Menschen immer wieder auf ihre einfachen Antworten hereinfallen, bis alles zerbrochen ist, was Zukunft hätte bedeuten können.

Gegen alle Ohnmachtgefühle hoffe ich doch und wünsche es den Menschen in Israel und in den Autonomiegebieten, dass sie einen Frieden finden, der ein Leben in sicheren Grenzen ermöglicht. Die Lösung muss an den heiligen Stätten, auf dem Tempelberg gelingen. Die Religionen sollten hier nicht versagen.

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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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