Antisemitismus-Studie der Uni Tel Aviv

von Yair Sheleg

Einem leichten quantitativen Rückgang von antisemitisch motivierten Attacken steht eine deutliche Steigerung in der Qualität gegenüber: die Gewaltbereitschaft hat zugenommen.

Die Zahl der antisemitischen Zwischenfälle weltweit ist im Jahre 1999 leicht zurückgegangen. Zu diesem Schluss gelangt der Jahresbericht des Forschungsinstitutes für Antisemitismus der Tel Aviv Universität. Im einzelnen aber hat die Gewalt zugenommen, die Zahl der Attacken ging aber zurück. Der Bericht für das Jahr 1999 d über die weltweiten antisemitischen Aktivitäten registriert 32 physische Attacken mit Feuerwaffen. Gegenüber dem Vorjahr, als 36 solche Angriffe festgehalten worden waren, bedeutet dies ein leichter Rückgang. Attacken ohne Einsatz von Feuerwaffen wurden im Berichtsjahr 114 vermeldet, ebenfalls geringfügig weniger als 1998 (121). Diesem eher marginalen quantitativen Rückgang steht der ungewöhnlich gewalttätige Charakter diverser antisemitischer Ereignisse in Russland und den USA gegenüber.

Verschiedene Zwischenfälle des Jahres 1999 zählen zu den schlimmsten des ganzen vergangenen Jahrzehnts: In den USA ein Brandanschlag auf eine Synagoge und ein Überfall mit Feuerwaffen auf ein jüdisches Tageszentrum; in Russland Brandanschläge auf jüdische Gebäude und der Mordversuch an einer prominenten jüdischen Persönlichkeit.

Über die physischen Attacken hinaus mussten jüdische Organisationen 1999 Hunderte von antisemitischen Schmierereien, Beschimpfungen und Beleidigungen erdulden. Bei ihrer Analyse antisemitischer Zwischenfälle in den 90er-Jahren kamen die Verfasser des Berichts zum Schluss, dass das Phänomen in der ersten Hälfte der Dekade stetig zunahm und 1994 einen Rekord mit 300 registrierten Zwischenfällen erreichte. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ging der Antisemitismus zwar zurück, doch war die Zahl der am Ende der 90er-Jahre festgehaltenen Zwischenfälle doppelt so hoch wie jene, die 1989 registriert worden war. Für 1999 stellt der Bericht einige wesentliche Veränderungen im Verhaltensmuster der Antisemiten fest. So wichen die Judenfeinde ab von der Art der Gewalt und dem Terrorismus, den sie zuvor von moslemischen Extremisten übernommen hatten. Stattdessen konzentrierten sich vor allem die rechtsextremistischen Rassisten in den USA auf brutale physische Angriffe. Dann kam es in Russland, wohl vor allem wegen der politischen Instabilität, zu einer Zunahme antisemitischer Aktivitäten. Dann weist der Bericht auch auf den Aufstieg rechtsextremistischer Parteien in gewissen europäischen Staaten hin. An der Spitze stand hier Jörg Haiders Freiheitliche Partei in Österreich, deren Aufschwung eine Zunahme der antisemitischen Zwischenfälle in diesem Land zur Folge hatte. In Deutschland sodann nahm die Zahl der antisemitischen Attacken 1999 um 18 Prozent zu, während 9000 Bundesbürger ihre Bereitschaft zugaben, gewalttätige Hass-Attacken zu verüben. Schließlich weist der Bericht auch auf den Trend des Antisemitismus in arabischen Ländern hin. Jedesmal, so heißt es, wenn ein Durchbruch im Friedensprozess zu verzeichnen sei, stelle man auch eine Zunahme des Judenhasses fest. Arabische Friedensgegner benutzen rassistische Begriffe und Vergleiche mit dem Nazismus zur Begründung ihrer Ablehnung einer Normalisierung mit Israel. In diesem Zusammenhang meint Avi Becker, Generaldirektor des Jüdischen Weltkongresses, man dürfe den Antisemitismus in der arabischen Welt nicht ignorieren.«Das Thema darf nicht auf ein späteres Stadium der Normalisierung zwischen uns und den Arabern verschoben werden.»

Das Forschungsinstitut für Antisemitismus der Universität Tel Aviv wird von Dina Porat geleitet und vom World Jewish Congress und der Anti-Defamation League finanziert.

Quelle: http://www.meome.de/app/de/artcont_portal_news_article.jsp/49618.html vom 3.8.2000

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