Brief der Konferenz Landeskirchlicher Arbeitskreise Christen und Juden (KLAK)

An den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Herrn Paul Spiegel
An die Landesverbände der jüdischen Gemeinden in Deutschland
An die Jüdischen Gemeinden in Deutschland

Sehr geehrter Herr Spiegel,
sehr geehrte Damen und Herren,

am Vorabend des Jom Kippur drücken wir Ihnen unsere tiefe Betroffenheit über die zunehmende Gewalt gegenüber Synagogen, jüdischen Friedhöfen und gegenüber Menschen aus, die aus menschenverachtenden Überzeugungen heraus erniedrigt, geschlagen und getötet werden.

Wenn auch der Rechtsextremismus in den vergangenen Jahrzehnten latent immer vorhanden und manifest war, ist er nun seit einigen Jahren in unserem Land derart unverfroren aufgetreten, dass sich alle Demokraten und gesellschaftlich verantwortlichen Gruppen wehren müssen.

Als Kirche, die selber durch Antijudaismus und Judenfeindschaft eine der Wurzeln bildete, die den Antisemitismus speist, haben wir die Verpflichtung, allen Anfängen von rechtsextremer Gewalt zu wehren.

So werden wir auch öffentlichen Äußerungen von Politikern, die niedere Instinkte von Fremdenfeindlichkeit im Volk aus wahrtaktischem Kalkül bedienen, entgegentreten. Wir werden uns auch in Zukunft gegen die Verharmlosung der nationalsozialistischen Verbrechen wehren und den Versuch bekämpfen, Erinnerungen an die Shoa als "moralische Keule" zu desavouieren.

Wir sehen deshalb unsere Aufgabe darin, in Schule und kirchlicher Bildungsarbeit Wissen über jüdische Geschichte und Gegenwart zu vermitteln. In Arbeitsgruppen zu lokaler Geschichte, in Besuchen von ehemaligen Konzentrationslagern, vor allem im Kontakt mit jüdischen Gemeinden und in Begegnungen in jüdischen Gemeindezentren können wir sowohl die dunklen Seiten der Geschichte unseres Landes kennen lernen als auch lebendiges, jüdisches Gemeindeleben erfahren. Wir können hierbei auch das Judentum als unverzichtbaren Teil unserer Gesellschaft begreifen lernen.

Wir versichern Ihnen, dass für uns die weitere und wachsende Präsenz jüdischer Gemeinden in Deutschland besonders wichtig ist. Wir verstehen die Ängste der jüdischen Gemeindeglieder vor sich steigerndem Antisemitismus. Wir sind betroffen von Überlegungen von Jüdinnen und Juden, ob sie auch in Zukunft noch in Deutschland leben können. Wir drücken Ihnen deshalb unsere besondere Solidarität und unser Mitgefühl in diesen schweren Tagen aus, verbunden mit dem Wunsch, dass ein angstfreies Leben von Jüdinnen und Juden in Deutschland möglich wird.

Wir wünschen Ihnen gesegnete und friedliche Feiertage

gez. Ulrich Schwemer, Pfarrer (Vorsitzender der KLAK) Heppenheim, den 13. Oktober 2000

zur Titelseite

zum Seitenanfang



Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
Pfr. U.Schwemer, Theodor-Storm Str.10, 64646 Heppenheim;
Tel: 06252-71270 / Fax: 06252-72606