Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

Trotz Intifada das bisher größte Internationale Filmfestival in Israel
Das am Wochenende zu Ende gegangene Internationale Filmfestival Jerusalem war das größte seit Gründung des Festivals vor 18 Jahren. Keiner der eingeladenen Gäste, Filmkritiker, Regisseure, Schauspieler, Produzenten etc. hatte seine Teilhnahme abgesagt. Die Eröffnungsveranstaltung zu Füßen der Altstadtmauern Jerusalem im sogenannten Sultansteich hatte fast 7000 Zuschauer angezogen. Die 180 Filme, die in fünf Theatern 10 Tage lang gezeigt wurden, waren zum größten Teil ausverkauft. Deutschland war mit 9 Filmen repräsentiert, zum Teil vorgestellt von ihren Regisseuren.

Thema des Festivals war "Exil", Exilantenschicksale in allen Teilen der Welt, die Fremdheit des Menschen in fremdem Land, zum Teil aber auch im eigenen. Unter diese Rubrik fallen auch einige der deutschen Filme wie der Film über Tucholsky "Gripsholm" von Xavier Koller, "Berlin is in Germany" von Hannes Stöhr, über einen Ostberliner, der nach einer längeren Haft sich im neuen Berlin nicht mehr zurechtfindet, "Die innere Sicherheit" von Christian Petzold, über das Leben auf der Flucht ehemaliger Baader-Meinhof Terroristen, oder "Die Unberührbare" von Oskar Roehler über doe Schriftstellerin Gisela Elsner, die nach der Wende sich in Deutschland nicht mehr zurechtfindet und Selbstmord begeht.

Schwerpunkt waren auf dem Jerusalem Festival wie in vergangenen Jahren die neue israelische Produktionen, dreißig Spielfilme und zahlreiche Kurz- und Dokumentarfilme. Mit dem mit 40.000 Dollar dotierten Wolgin-Preis wurde hier der Film "Späte Hochzeit" von Dover Kosashvilli ausgezeichnet, einem Regisseur ursprünglich aus Georgien, der erste Film, der in Israel in Georgisch gedreht wurde und das Schicksal georgische Einwanderer in Israel behandelt, mit der veränderten Situation im neune Land zurechzukommen.

Wie zu erwarten befassten sich viele der israelischen Dokumentarfilme mit der neuen Situation nach Ausbruch der Intifada oder überhaupt dem Problem von Besatzung und Besetzern. Mit dem Preis "Spirit of Freedom" (6000 Dollar) wurde hier der Film von Justine Shapiro "Between the Lines" ausgezeichnet, der das Leben und Arbeiten der israelischen Journalistin Amira Hass schildert, die als einzige israelische Journalisin seit 5 Jahren in Gaza und später in Ramalla, in der palästinensischen Autonomie, lebt und schreibt. An anderen Filmen sind hier zu nennen "A Love beyonds Words" von Shiri Tsur, die das Leben der vierzig Nonnen im Kloster Bet Schamal zum Thema hat, die sich einem Schweigegelöbnis unterworfen haben und ihr Leben in Meditaion und Gebet zubringen.

Als einziger palästinensischer Filmmacherr war Hany Abu-Assad, der in Holland lebt, aufs Festival gekommen. Gezeigt wurde sein Film "Nazareth 2000", eine Mischung von Dokumentar- und Spielfilm, der am Schicksal zweier Tankwarte das schwierige Zusammenleben und Gegeneinanderleben von Christen und Moslems in dieser arabischen Stadt in Israel zum Thema hat. Aus anderen arabischen Staaten kamen Regisseure aus Ägypten, Marokko und Algerien, die aber alle heute in Frankreich arbeiten und sich zum Teil weigerten Interviews zu geben. So war die politische Krise auch bei diesem Festival zu spüren, das sich sicher von anderen Festivals auch durch seine einzigartige Lage im Gehinnomtal zwischen Ost- und Westjerusalem auszeichnet.

Michael Krupp

Erzbischof von Canterbury: Christen sollten nach Jerusalem zurückkehren
Der Erzbischof von Canterbury, George Carey, das Oberhaupt von 75 Millionen Anglikanern in der Welt, hat nach israelischen Zeitungsmeldungen von Dienstag, den 31.7., die Christen in Israel und Palästina aufgefordert, trotz der schwierigen Situation, die durch die Intifada noch schwieriger geworden ist, das Land nicht zu verlassen. Christen in aller Welt forderte der Erzbischof nach einem dreitägigen Besuch in Israel und Palästina auf, als Pilger und Touristen nach Jerusalem und Bethlehem zurückzukehren. Auf einer Pressekonferenz vor Verlassen des Landes sagte Carey zu Journalisten: "Ich rufe die Christen in aller Welt auf, kommt zurück nach Jerusalem. Kommt zurück in euren Touristenbussen und überflutet Jerusalem ... Niemand von uns will, das Bethlehem Disneyland wird."

Nach Gesprächen mit Israels Premierminister, Ariel Sharon, und Palästinapräsident, Jasser Arafat, hatte Carey nur Lobessprüche über beide. Beide wären aufrichtig an einem Gespräch und am Frieden interessiert, sagte der Erzbischof. Beide müssten aber versuchen, ihre verbalen Angriffe gegeneinander einzustellen. Carey kritisierte die Israelis, dass sie in einer so explosiven Stimmung es den "Getreuen des Tempelplatzes" genehmigt hätten, auch in diesme Jahr eine symbolische Grundsteinlegung für den Dritten Tempel, wenn auch außerhalb der Stadtmauern, zuzulassen. Den Palästinensern hielt der Erzbischof vor, Kinder in den Kampf gegen israelische Soldaten zu schicken.

In einem Gespräch mit dem Oberrabbiner, Israel Lau, beklagte der Rabbiner die Haltung seiner moslemischen Kollegen. Er, Lau, habe vielmals jüdische Extremisten und Fundamentalisten verurteilt, er habe aber noch keine einzige Verurteilung moslemischer Extremisten von einem moslemischen Oberhaupt gehört.

Michael Krupp

Heftiger Disput über Rolle Papst Pius XII
Drei Wochen nach dem Rücktritt der jüdisch-katholischen Kommission zur Erforschung der Rolle Papst Pius XII ist nach israelischen Zeitungsberichten von Mittwoch, den 8.8., ein heftiger Streit zwischen dem Vatikan und jüdischen Organisationen ausgebrochen. Jede Seite beschuldigt die andere, Schuld am Scheitern der Kommission zu sein.

Die jüdische Seite hat sich vehement gegen die Anschuldigungen des Vatikan, vorgetragen von dem deutschen Jesuiten, Pater Peter Gumpel, verteidigt, sie hätte sich "eindeutig unkorrekt" verhalten und eine "Schmutzkampagne" gegen die katholische Kirche ins Werk gesetzt. Die jüdische Seite behauptet, der Kommission wäre es nicht möglich gewesen, ein einziges bisher unveröffentlichtes Dokument aus dem Vatikan einzusehen und habe sich so außerstande gesehen, zu einem Ergebnis zu kommen.

Die Kommission, ursprünglich aus drei katholischen und drei jüdischen Historikern bestehend, war 1999 eingesetzt worden und hatte im Oktober 2000 einen ersten Bericht vorgelegt mit einem ausführlichen Fragenkatalog von 49 Fragen. Gumpel habe auf diese Fragen in einer äußerst unbefriedigenden Weise geantwortet und kein Dokument dazu angeführt. Nach Gunkel, der zuleich Vorsitzender des Kommittees zur Seligsprechung Pius II ist, habe das bisher veröffentlichte Material dargelegt, dass Pius II "jede nur denkbare Anstrengung unternommen habe, so viele Leben wie möglich zu retten, unabhängig ihrer Herkunft".

Michael Krupp

Tel Aviv entscheidet sich für nur einen Oberrabbiner
Der Stadtrat von Tel Aviv hat sich nach Zeitungsberichten von Montag, den 20.8., mit 17 gegen 4 Stimmen für die Wahl nur eines Oberrabbiners entschieden. Damit ist Tel Aviv, wenn die Entscheidung nicht noch angefochten wird, die erste Stadt mit nur einem Oberrabbiner. Bisher gibt es in allen Städten zwei Oberrabbiner, einen aschkenasischen (westlich-osteuropäischen) und einen sefardischen (mehrheitlich orientalischen) Oberrabbiner. Die Wahl nur eines Oberrabbiners erspart dem Stadtrat umgerechnet eine halbe Million DM. Beide Posten waren in Tel Aviv mehrere Jahre vakant.

Beide Oberrabbiner Israels sind für den Vorschlag. Der sefardische Oberrabbiner, Bakshi Doron, erklärte sogar, er wäre bereit zurückzutreten, sollte man die Lösung für das ganze Land einführen. Widerstand leistete die orientalischreligiöse Schas-Partei und ihr geistiger Mentor, der ehemalige sefardische Oberrabbiner Ovadia Josef. Sie sind für die Beibehaltung von jeweils zwei Oberrabbinern, um so die orientalisch-religiöse Eigenart im Land besser bewahren zu können. Auch die National-Religiöse Partei stimmte gegen den Vorschlag, weil damit die Zahl der vom Staat bezahlten Rabbiner geringer wird. Es ist nicht sicher, ob in Tel Aviv jetzt ein aschkenasischer oder sefardischer Oberrabbiner gewählt werden wird.

Der israelische Oberrabbiner Elijahu Bakshi Doron hat gemäß einer Meldung des israelischen Radios von Mittwoch, den 12.9., nach dem Terroranschlag auf die Vereinigten Staaten die Geistlichen der arabischen und islamischen Welt aufgefordert, gegen den Terror anzugehen und das islamische Religionsgesetz (Fatwa), dass einen terroristischen Selbstmörder für einen Heiligen erklärt, aufzuheben. Der Oberrabbiner wandte sich unter anderen an das Oberhaupt der Hamasbewegung in Palästina, Scheikh Jassin, und das der libanesischen Hisbolla, Scheikh Nazralla. Die Geistlichen machen sich nach den Worten Bakshi Dorogns mitverantwortlich an dem Disaster, das solche Selbstmörder in der Welt verursachen.

Michael Krupp

Neugewählter orthodoxer Patriarch stand auf Negativliste
Die griechisch-orthodoxe Kirche hat laut israelischen Zeitungsmeldungen von Dienstag, den 14.8. nach längeren Streitigkeiten mit dem Staat Israel einen neuen Patriarchen gewählt, den 62 jährigen Bischof Irenäus I. Er stand wie auch die anderen beiden in die engere Wahl gezogenen Kandidaten auf der Liste der vom Staat Israel abgelehnten Kandidaten. Irenäus erhielt von dem engeren Wahlkomitee, den 17 Mitgliedern der Synode von Heiligen Grab, alles griechische Bischöfe, 7 Stimmen, während auf die beiden anderen Kandidaten, die Bischöfe Timotheus und Kornelius je 5 Stimmen entfielen.

In einer der Wahl folgenden Ansprache dankte der neue Patriarch dem Wahlkollegium und sandte Grüße an König Abdullah und Palästinachef Arafat. "Ich werde der Kirche dienen und werde das palästinensische Volk unterstützen und ihre gerechte Sache", sagte Irenäus I in einer veröffentlichten Erkläruung. Das Laienkommittee der Kirche begrüßte die Wahl und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass der neue Patriarch die großen Reichtümer seiner Kirche für die orthodoxen Gemeinden verwenden werde und dass er sich hüten werde, die Ländereien der Kirche zu verkaufen.

Der Patriarch von Jerusalem herrscht über die Gebiete Israel, Palätsina und Jordanien. Die griechisch orthodoxe Kirche ist nicht nur traditionel die angestammte Kirche des geographischen Raumes Palästina, sie ist auch de reichste Kirche der Gegend und der größte Grundeigentümer des Nahen Ostens. Die Kirche verfügt über ausgedehnte Ländereien, die zum Teil langfristig vermietet sind. So ist das israelische Parlament und das Regierungsviertel auf Boden der orthodoxen Kirche gebaut worden. Der alten Kirchenführung wurde Korruption und Bestechlichkeit vorgeworfen.

Kirchenkreise haben israelische Befürchtungen einer antiisraelischen Haltung des neuen Patriarchen zurückgewiesen. Bei enem Besuch des Patriarchen beim israelischen Ministerpräsidenten, Arie Sharon, sagte Irenäus I, die Kirche werde ihre bisherige Politik fortsetzen und werde sich israelisch-palästinensischen Konflikt neutral verhalten. Alle Gläubigen der orthodoxen Kirche im Patriarchat Jerusalem sind Palästinenser oder jordanische Araber, während die Hierarchie griechisch ist.

Nach Meldungen des israelischen Radios von Dienstag beschuldigten sich israelische Regierungsstellen gegenseitig, für das gestörte Verhältnis von Kirche und Staat verantwortlich zu sein. Das Außen- wie das Religions- und Justizministerium warfen dem Amt des Ministerpräsidenten und dem Bürgermeister der Stadt vor, durch ihre krasse Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Kirche gerade die Wahl eines weniger freundlichen Patriarchen herbeigeführt zu haben. Israel hatte von seinem Recht der Mitsprache Gebrauch gemacht, und fünf Kandidaten auf der Liste von 15 nicht genehmigt. Es hatte diesen Einspruch erst kurz vor der Wahl auf Einschaltung des Obersten Gerichts, das von einem der abgelehnten Kandidaten angerufen worden war, und diplomatischen Druck zurückgenommen.

Formal muss die Wahl von Israel, Palästina und Jordanien bestätigt werden. Beobachter rechnen mit keinem weiteren Einspruch der israelischen Behörden.

Michael Krupp

Inthronisierung im Schatten politischer Querelen
Inzwischen ist Irinaios (62), Metropolit von Hierapolis, als griechisch-orthodoxer Patriarch im Katholikon der Grabeskirche zu Jerusalem inthronisiert worden, und zwar an einem Samstag. Die dreistündige Zeremonie im engen und mit Menschen voll gepackten Kirchenschiff wurde auf einen Fernsehschirm im Vorhof der Grabeskirche übertragen, wo allerdings keine Touristen und nur wenige Neugierige gekommen waren. Die israelische Polizei hatte mit hunderten Beamten Absperrungen in der Altstadt Jerusalems aufgestellt, aber die Christen nicht daran gehindert zur Grabeskirche zu gelangen wie bei der Osterfeuerzeremonie am vergangenen Ostern.

Bei der Inthronisierung wurden die Namen des jordanischen Königs Adballah und des Palästinenserpräsidenten als verantwortliche Herrscher genannt. Als bei der Verlesung des offiziellen Dokuments, des Firman, Arafats Name fiel, gab es in der Kirche und auf dem Vorhof rauschenden Applaus. Israel wurde nicht genannt, weil die offizielle israelische Zustimmung zur Ernennung des neuen Patriarchen zwar erteilt wurde, aber noch nicht übergeben werden konnte. Das Patriarchat hatte wenige Stunden vor Erteilung der israelischen Zustimmung einen Prozess vor dem Obersten Gericht gegen den Staat Israel angestrengt, weil Israel sich in die "inneren Angelegenheiten" der griechischen Kirche einmische und die Übergabe des "Firman" verzögere. Weil es aber nun ein schwebendes Verfahren gab und die Griechen ihre Klage nicht sofort wieder zurückzogen, konnten die Israelis nicht den "Firman" überreichen. Wegen dieses Streites musste die Inthronisierung vom ursprünglich am 2. September geplanten Termin verschoben werden. Doch anstatt die Zeremonie - wie traditionell üblich - am Sonntag zu veranstalten, beschlossen die Griechen "nicht ganz zufällig", wie einer der Sprecher des Patriarchats bestätigte, die Zeremonie um einen Tag vorzuziehen, damit sie auf einen Samstag, oder genauer gesagt, auf den Sabbat fällt. So konnten die Griechen Vertreter der israelischen Regierung zwar einladen, waren sich aber auch gewiss, dass kein Israeli in offizieller Funktion teilnehmen würde, während dem Vertreter Arafats, Ibrahim Kandalaft auf einem Ehrenplatz in der ersten Reihe saß.

Ulrich W. Sahm

Wissenschaftlicher Jüdischer Weltkongress debattiert über Homosexualität
Trotz der Sicherheitslage in Israel kamen vierhundert von fünfhundert geladenen ausländischen Wissenschaftlern zum 13. Weltkongress für jüdische Wissenschaften nach Jerusalem. Siebenhundert israelische Forscher kamen ebenfalls zu der wichtigsten Zusammenkunft von Bibelforschern, Judaistikern, jüdischen Folkoristen und Theologen in Israel. Unter den Gästen waren auch Christen und Moslems, wie eine Sprecherin betonte.

Der Weltkongress wird alle vier Jahre zusammengerufen. In den Vorträgen wurde jedes denkbare, von den Wissenschaften des Judentums berührte Thema aufgegriffen. "Magie im Judentum" lautete der erste Vortrag im umfangreichen Programm der rund 2000 Vorlesungen und endete mit "Theater und populärer jiddischer Gesang". Dazwischen kam Bibelexegese, die Philosophie Bubers, Kabbalah, "Talmudische Literatur und frühchristliche Schriften", "Zum Christentum zwangskonvertierte Juden vom Mittelalter bis zur Neuzeit". Der Holocaust wurde nur am Rande behandelt mit "Schwarzer Humor in den Konzentrationslagern".

Frauenrechte, Homosexualität und gleichgeschlechtliche Ehen waren bei diesem Kongress Schwerpunktthemen und hatten auch das öffentliche Interesse an diesem Kongress geweckt, der üblicherweise im akademischen Elfenbeinturm der Hebräischen Universität zu Jerusalem abgehalten wird. "In den Gründungsannalen der Hebräischen Universität vor 75 Jahren entdeckte ich eine Forderung, dass jeder Dozent beschnitten sein müsse", lacht die Folkloristin, Professor Galit Hasan-Rokem. So sollte sichergestellt werden, dass nur Juden an der neuen Universität lehren. Das sei ein damals fast selbstverständlichlicher Versuch, Frauen auszuschließen. Weiblichkeit wurde früher auch in der christlichen Umwelt negativ aufgefaßt. Entsprechend sei in der deutschen Philosophie immer wieder das Judentum abschätzig als "frauenartig" herabgewürdigt worden.

Im orthodoxen Judentum ist das Religionsgesetz bis heute fest in Männerhand. Doch immer mehr orthodoxe Frauen verlangen für sich das Recht, nicht nur die heiligen Schriften studieren zu dürfen, sondern auch bei der Halacha ein Mitspracherecht zu erhalten, dem ständig weiterentwickelten jüdischen Religionsgesetz.

Anat Scharbat in einem Vortrag über "Weibliche Homoreotik in talmudischen und rabbinischen Quellen" erklärte, dass männliche Homosexualität vom Judentum immer schon strikt abgelehnt worden sei, wegen des "körperlichen Eindringens". Die lesbische Variante wurde jedoch von den Rabbinen "kaum wahrgenommen", weil sie sich auf "Berührungen" beschränke.

In einem Vortrag zum Thema "Ich bin als Homo und als orthodoxer Jude geboren" kam das Dilemma jener zur Sprache, die aus religiös-moralischen Gründen bisher aus der Gemeinschaft ausgestoßen wurden, oder aber unter Qualen ihre sexuellen Präferenzen verheimlichen mussten. Gleichwohl haben kürzlich in der orthodoxen Siedlung Efrat zwei aus den USA stammende Frauen ganz offen "Hochzeit" gefeiert. In der israelischen Presse wurde das Ereignis ignoriert.

Ulrich W. Sahm

Invasion der christliche Ortschaft Beth Dschallah
Ende August sind israelische Panzer bis zur evangelisch-lutherischen Kirche vorgerückt und hätten die Panzer vor dem Kirchplatz aufgestellt, etwa hundert Meter vor dem katholischen Seminar von Beth Dschallah entfernt.

Pater Raed Awad Abusahlia, Sprecher des lateinischen Patriarchats in Jerusalem, erzählte, was die Christen in der wohlhabenden christlichen Ortschaft westlich von Bethlehem durchgemacht hätten. Schon in den Nachmittagsstunden des Vortags entwickelten sich einzelne Salven von Kämpfern der PFLP auf Jerusalem in ein regelrechtes Feuergefecht mit der israelischen Armee. "Granaten schlugen auch im Gelände unseres Seminars ein", berichtet Fr. Raed nach Telefonaten mit Maroun Laham, dem Seminarsdirektor. Die Granaten hätten keinen Schaden angerichtet. "Unsere Studenten sind erst vor drei Tagen aus den Ferien in Jordanien zurückgekehrt und halten sich nur noch in unterirdischen Räumen auf. Die Lage ist sehr angespannt."

In dem von den Israelis "okkupierten" Teil der Ortschaft seine eine Ausgangssperre ausgerufen worden, aber auch im "befreiten" Teil wage sich kaum jemand auf die Straße "weil immer wieder geschossen wird".

Pastor Khadder Musallam ist für das der evangelisch-lutherischen Kirche angeschlossene Waisenhaus verantwortlich. Die 45 Kinder zwischen 6 und 17 Jahren hätten trotz des ohrenbetäubenden Krachs der Panzergranaten, des Maschiengewehrfeuers und der am Himmel stehenden Kampfhubschrauber in den oberen Etagen des fünf Stockwerke hohen Gebäudes geschlafen. Dem "Palästinensischen Medienzentrum" bot er folgenden Augenzeugenbericht: "Es war ein Uhr Nachts. Draußen sah ich, wie sich die Panzer näherten. Ich ging hinauf und weckte die Kinder behutsam, erklärte ihnen die Lage und bat sie, schnell angezogen, nach unten zu kommen." Der Pastor schaute dann aus dem Fenster: "Es sah aus, als würde es Panzergranaten und Kugeln auf Beth Dschallah herabregnen. Ein schrecklicher Anblick."

Traumatisch war seine Begegnung mit einem israelischen Soldaten: "Plötzlich hörte ich laute Faustschläge auf die Fenster und die Türen unseres Gästehauses. Ein Soldat schaute durch das Fenster." Ein Wortwechsel entstand, als der Soldat die Schlüssel zum Gästehaus forderte und der Pastor erwiderte, dass dies ein Gotteshaus sei. Das interessierte den Soldaten nicht. Ebenso wenig beeindruckte ihn die Anwesenheit von 45 Waisenkindern und Erziehern. "Ich weiß", sagte der Soldat und drückte sein Gewehr an die Schläfe des Gottesmannes. "Ich hatte keine Wahl, als nachzugeben", schließt Pastor Musallam diesen Teil des Berichts ab.

Über diese Geschichte setzte das Medienzentrum die Überschrift: "Kinder als lebende Schutzschilde". Weil die Israelis - so die palästinensische Sicht -von dem Waisenhaus wussten und davon ausgingen, dass die Palästinenser nicht ihre eigenen Kinder in Gefahr bringen würden, hätten sie dort Stellungen bezogen und nicht - wie die Israelis behaupten - weil sie von dort einen guten Überblick hätten.

Beide Seiten, Israelis wie Palästinenser, übten sich derweil in einem Propagandakrieg. Ein israelischer Colonel, Befehlshaber der israelischen Invasionstruppen in Beth Dschallah behauptete, dass "nur ganz wenige Bürger" in den von Israel eingenommenen Teilen der Ortschaft zurückgeblieben seien, erwähnte aber nicht die Kinder im Waisenhaus. Israelische wie palästinensische Quellen gaben zunächst einen toten palästinensischen Offizier und 3 Verletzte an, als Opfer der Aktion. Die Zahl wurde vom Medienzentrum dann auf einen "Märtyrer" und siebzehn Verletzte korrigiert. Der evangelische Bischof Mounib Younan berichtete wenig später, dass die Israelis von Positionen auf den Dächern der lutherischen Kirche "auf Menschen schießen, sie töten und verletzen".

Der israelische Colonel berichtete auch, dass es "nur sehr geringen Widerstand" gegeben habe. Ein Bewohner von Beth Dschallah, mit einem Haus nahe dem ebenfalls von den Israelis eingenommenen Flüchtlingslager Aida, erzählte, dass die palästinensischen Sicherheitskräfte mit ihren veralteten Kalaschkiow-Schnellfeuergewehren gar nicht erst versucht hätten, den israelischen Panzern die Stirn zu bieten. "Sie haben sich in ihre Autos gesetzt und sind als erste davon gefahren."

Doch ein katholischer Sprecher mit nationalistischer palästinensischer Gesinnung wollte offenbar lieber den Berichten des palästinensischen Fernsehens glauben, als den Marienschwestern mitten im Flüchtlingslager Aida. Die hätten sich im Keller ihres Wohngebäudes in Sicherheit gebracht hätten "und konnten nicht sehen, was sich draussen abspielte." Wenig widersprach er selber den Aussagen dieser Marienschwestern. "Frauen und Männer sind mit Butangasflaschen in der Hand den israelischen Panzern entgegengelaufen, um sie aufzuhalten." So wurden die im Keller sitzenden Marienschwestern zu den einzigen "Zeugen" von Heldentaten, von denen sonst niemand etwas gehört hat. Auch das gehört zu diesem Krieg, der schon lange für beide Seiten Sinn und Ziel verloren hat.

Ulrich W. Sahm

Israel feiert Durban Resolution als "Sieg der vernünftigen Diplomatie"
Israelische Sprecher, darunter Außenminister Schimon Peres und sein Stellvertreter Rabbi Michael Melchior äußerten sich in verschiedenen Rundfunk und Fernsehinterviews in Israel "zufrieden" über das Ergebnis der Anti-Rassismus-Konferenz in Durban. Erstmals sei die "automatische Mehrheit" der arabischen und islamischen Staaten durchbrochen worden. Allen voran die USA, die europäischen Staaten aber auch viele Länder in Südamerika, Asien, Afrika und Asien hätten sich auf die "Seite der Vernunft" gestellt und einen erneuten ungezügelten Antisemitismus in der Welt verhindert.

In einer offiziellen Erklärung des israelischen Außenministeriums wird "Bedauern" geäußert, dass eine Weltkonferenz, die sich zum Ziel gesetzt hatte, "ein universales Phänomen, das Millionen Menschen in aller Welt leiden lässt" sich auf einen spezifischen politischen Konflikt konzentriert habe, der nichts mit Rassismus habe.

Gleichzeitig äußere Israel "Zufriedenheit", dass die Schlusserklärungen keine Hetze mehr gegen Israel oder gegen das jüdische Volk mehr enthalten. Damit habe die Welt einen Versuch "extremistischer arabischer Staaten" zurückgewiesen, den Inhalt der Konferenz unter Kontrolle zu nehmen und die Konferenz in eine Plattform zu verwandeln, die Israel entlegitimieren sollte. Die Schlusserklärung, angenommen nachdem die USA und Israel die Konferenz verlassen hatten, sei "nicht ideal", und Israel sei dagegen. Gleichwohl sei die Schlusserklärung ganz anders formuliert, als die "giftigen" Entwürfe.

Rabbi Melchior fügte der offiziellen Erklärung hinzu, dass "die ganze Welt mit Abscheu einen arabischen Versuch abgewiesen habe, mit einem "Geist des Hasses" internationale Unterstützung für Judenhass und einer Entlegitimierung Israels zu gewinnen.

Ulrich W. Sahm

Bush soll Moslem werden
Bei einer Massenveranstaltung der Islamistischen Bewegung in Israel in Um el Fachem nahe Tel Aviv am Freitag forderte der Führer der islamistischen Bewegung, Scheich Raid Salach den amerikanischen Präsidenten George W. Bush auf, zum Islam zum konvertieren. Nur so könne er die Moslems wirklich verstehen und den Islam kennen lernen. (Aufforderungen an ausländische Führer des Westens, zum Islam zu konvertieren sind nicht neu. Als der Papst im vergangenen Jahr den Tempelberg in Jerusalem besuchte, empfahl der Mufti von Jerusalem, Ekrem el Sabri dem Oberhaupt der katholischen Kirche, zum Islam überzutreten.)

An der Massenveranstaltung unter dem Motto "Rettet die El Aksa Moschee" nahmen etwa 50.000 Menschen teil. Die Männer schwenkten grüne Fähnchen und hatten sich grüne Spruchbänder um den Kopf gewickelt, als Symbole für den Islam. Alle Sprecher verurteilten die Terrorattacken auf die USA und erklärten, dass der Islam das Töten von Unschuldigen verbiete.

Hana Atallah, der als Sprecher der griechisch-orthodoxen Kirche in Jerusalem vorgestellt wurde, äußerte Mitgefühl für die amerikanischen Opfer der Angriffe in New York und Washington. Doch "auch" die Palästinenser hätten viele Familienangehörige infolge des "israelischen Terrors" verloren.

In der palästinensischen Propaganda mehren sich die Stimmen, die behaupten, dass nicht Osama bin Laden oder arabische Terrororganisation hinter den Attacken in den USA standen, sondern dass das ein Werk des israelischen Mossad gewesen sei, um Israels Ministerpräsident Scharon den Vorwand für einen "Völkermord am palästinensischen Volk" zu liefern.

Ulrich W. Sahm

Journalisten von Palästinensischer Behörde bedroht
Die Vereinigung der Auslandspresse (fpa) in Israel hat in einem ungewöhnlich scharfen Protestschreiben die palästinensische Autonomiebehörde aufgefordert "Elemente im Bereich unter palästinensischer Kontrolle daran zu hindern, Drohungen (gegen die Presse) auszuführen in der Absicht eine Zensur zu erzwingen". Weiter heißt es in dem Schreiben dass die Palästinensische Autonomiebehörde "volle Verantwortung für die Sicherheit eines jeden Journalisten" trage.

Wie sich inzwischen herausstellt, hatten die palästinensischen Minister Jassir Abbed Rabbo und Abu Rodeine persönlich die internationale Fernseh- und Presseagenturen angerufen und sie aufgefordert, keine Bilder jubelnder Palästinenser nach den Terrorattacken in den USA zu veröffentlichen. Die Journalisten seien ihres "Lebens nicht mehr sicher" wenn die Aufnahmen dennoch veröffentlicht würden. Ebenso wurde bekannt, dass Videokasetten beschlagnahmt worden sind, nachdem Kameraleute mit Waffen bedroht wurden. Einige Fernsehanstalten wiesen ihre Mitarbeiter an, die Stadtzentren von Nablus Ramallah und Bethlehem zu verlassen, um nicht in den Verdacht zu geraten, die Jubelfeiern gefilmt zu haben.

Auf Anweisung von Palästinenserpräsident Arafat sind nach den Terrorattacken in den USA die Jubelfeiern in palästinensischen Städten im Westjordanland gewaltsam aufgelöst worden. Die Feiern kompromittierten die palästinensische Autonomiebehörde, die sich seit den Anschlägen in den USA bemüht, vom Terror aus ihren eigenen Reihen zu distanzieren.

Wegen der Drohungen wurden nur wenige in Ostjerusalem gefilmte Szenen veröffentlicht. Die BBC bestätigte indirekt, dem palästinensischen Druck stattgegeben zu haben. Filmmaterial zu diesen Demonstrationen sei am 11. September, dem Tag des Terroranschlags in Amerika, nicht gezeigt worden, "weil es sich doch nur um kleine Gruppen palästinensischer Extremisten gehandelt" habe, hieß es in den Morgennachrichten der BBC.

Ulrich W. Sahm

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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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