INFORMATIONEN AUS ISRAEL

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

Der Nahostkonflikt und die Religion
Schon immer hat die Religion in der Politik des Nahen Ostens eine große Rolle gespielt, meist eine unheilsvolle. Dies ist nun bestimmt der Fall seit dem Ausbruch der letzen Unruhen Ende September 2000, obwohl auch diesmal, wie so häufig, die Religion eher von der Politik missbraucht wird, als dass sie sie wirklich bestimmt und betreibt. Das Ergebnis ist dasselbe. Dies hat wie immer seine Auswirkungen auf die interreligiöse Zusammenarbeit, die aber in solchen Krisenzeiten wichtiger denn je ist.

Vielleicht war es der größte Fehler der politischen Führer, die Religion bei allen Überlegungen beiseite gelassen und die religiösen Oberhäupter nicht gefragt und nicht zu den Beratungen hinzugezogen zu haben. Dies rächt sich jetzt. Zugegebener Weise, mit der Religion, zumal im Nahen Osten, ist es schwer. Der ehemalige Oberrabbiner von Frankreich, Rene Sirat, hat einmal auf einer interreligiösen Konferenz in Jerusalem gesagt, die politischen Führer haben sich die Hände gedrückt, die religiösen noch nicht. Das war noch vor dem Papstbesuch in Israel. Als Papst Johannes Paul II. nach Jerusalem kam, weigerte sichdie höchste islamische Persönlichkeit in Jerusalem, der Mufti, ihn zu treffen.

Der Friedensprozess mit den Palästinensern, so hoffnungsvoll im September 1993 in Oslo begonnen, scheiterte schließlich an dem religiösen Problem. Auf der zweiten Camp David Konferenz im Sommer 2000 konnten sich der damalige israelische Ministerpräsident, Ehud Barak, und der Vorsitzende der palästinensischen Verwaltung, Jasser Arafat, nicht über den Status des Tempelberges, der Juden wie Moslems heilig ist und auf dem die Christen in der vorislamischen Zeit eine Kirche gebaut hatten, einigen. Der zweite Grund für das Scheitern war ein säkularer, die Forderung der Palästinenser nach Rückkehr der Flüchtlinge und ihrer Kinder und Kindeskinder nach Israel.

Für die Palästinenser war dies der Anlass zur Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes, der, wie ungleich auch geführt, die Israelis auf die Kniee zwingen soll. Lange vorbereitet und geplant diente als äußerer Anlaß wieder einmal ein religiöser, der Besuch des damaligen Oppositionsführers, Ariel Scharon, auf dem Tempelplatz, zweifellos eine Provokation islamischer Gefühle, aber kein Grund, Tausende von Toten dafür zu opfern, palästinensische und israelische, Kämpfer und unschuldige Zivilisten auf beiden Seiten.

Dass dieses Mal am Anfang der zweiten Intifada israelische Araber sich am Aufstand beteiligten, hat ebenso religiöse Gründe. Die israelischen Araber haben sich immer mit ihren palästinensischen Brüdern außerhalb der Staatsgrenzen Israels von 1967 solidarisiert, sie in ihrem Kampf um die Gründung eines eigenen Staates unterstützt, sie haben aber nicht mit ihnen gekämpft, nicht im Libanonkrieg, der der erste Krieg gegen die Palästinenser war und nicht in der langen Phase der ersten Intifada. Dieses mal kam es im Oktober 2000 zu Unruhen in allen Teilen Israel mit nennenswerter arabischer Bevölkerung, vor allem in Um el Fahem und Nazareth, den zwei arabischen Hochburgen in Israel. 13 israelische Araber kamen dabei ums Leben. Die zweite Intifada hat mit Recht oder Unrecht den Namen Al-Aqsa Intifada, Al Aksa, die heilige Moschee auf dem Tempelberg, von der aus der Prophet Mohammed in seiner Nachtreise gen Himmel entrückt wurde. Diese Al Aqsa war angeblich in Gefahr und darum beteiligten sich auch die israelischen Araber am Kampf für sie.

Die angeführten Beispiele sind bei weitem nicht die ersten Vorkommnisse ihrer Art in den Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Arabern. Der 1973er Krieg hatte bei Israelis und Arabern einen religiösen Namen, Jom Kippur Krieg bei den Juden, weil er am heiligsten Tag des Judentums, an dem alles ruht und fastet, dem Versöhnungstag, ausgebrochen war, und Ramadan-Krieg bei den Arabern, weil er während des heiligen Fastenmonats Ramadan stattfand.

Ja, man könnte noch viel weiter in die vorstaatliche Zeit zurückgehen und zahlreiche Anlässe von Auseinandersetzungen wegen religiöser Fragen und an Heiligen Stätten festmachen, angeführt werden soll hier nur der erste schwere Konflikt oder Pogrom, wie er in die zionistische Geschichtsschreibung eingegangen ist, zwischen Juden und Arabern in Palästina: am Pessachfest 1929, an der Klagemauer und in Hebron, wo Hunderte von Juden dem arabischen Terror zum Opfer fielen.

Die Heiligen Stätten und anderen Gebetsstätten haben viel Blutvergießen erlebt, um in den 90er Jahren zu bleiben, die zwanzig palästinensischen Toten auf dem Tempelberg in Kämpfen mit der israelischen Polizei, nachdem das Gerücht umgegangen war, die extreme Gruppe der "Tempelgetreuen" will den Grundstein zum Dritten (jüdischen) Tempel auf dem Tempelplatz legen oder die 29 moslemischen Beter in der Höhle Machpela in Hebron, die der jüdische Fanatiker, der Kinderarzt Baruch Goldstein, am Purimfest 1994, mitten im Friedensprozess, erschoss. Nach dem Regierungsantritt von Benjamin Netanjahu 1996 kam es ebenfalls zu einem Aufstand im Streit um religiöse Dinge. Das Gerücht, die Juden haben einen Tunnel geöffnet, der unter dem Tempelberg hindurchführt, forderte innerhalb von 24 Stunden den Tod von 15 israelischen Soldaten, die meisten davon im traditionellen Josefgrab in Nablus, und von 100 Palästinensern.

Die Kette religiöser Wahnsinnstäter reißt besonders in der Gegenwart nicht ab. Junge Palästinenser, darunter aus gut gestellten Familien und Studenten, opfern sich für eine religiöse Idee und reißen Hunderte unschuldiger jüdischer Opfer mit in den Tod, alles im Namen der Religion und das noch bevorzugt an religiösen Orten, wie der Übergriff auf die Teilnehmer einer Bar Mitzwa Feier im religiösen Viertel Jerusalems Bet Jisrael oder der Übergriff auf die Passahfeiernden in Netanja am letzten Passahfest mit 29 Toten, der der Anlass war für den unseligen Feldzug "Verteidigungswall" der israelischen Armee gegen die palästinensischen Städte, die Hochburgen des Terrors waren, eben besonders das Flüchtlingslager Jenin.

Aus all dem wird klar, wie verheerend religiöser Eifer auf allen Seiten den Nah-Ost Konflikt immer noch weiter schürt. Es gibt an die 50 verschiedene Friedensorganisationen in Israel, die sich um ein bessereres Zusammenleben von Israelis und Palästinensern bemühen und das ist an sich ein Hoffnungszeichen, aber nur sehr wenige, die sich um einen religiösen Ausgleich bemühen. Die älteste und wichtigste unter ihnen ist die Israel Interfaith Association, die in den 50er Jahren von Männern wie Martin Buber und Elias Auerbach gegründet worden ist. In nicht müde werdenden Anstrengungen bemüht sie sich, auch in Krisenzeiten Menschen der verschiedenen Religionen zusammenzubringen und aufzuzeigen, dass die Religionen, gerade die drei monotheistischen Religionen, die sich alle auf Abraham berufen und die im nahöstlichen Raum entstanden sind, nicht auf die Vernichtung des menschlichen Lebens aus sind, sondern als höchstes Prinzip die Erhaltung und die Würde des menschlichen Lebens propagieren. Dies ist ein dorniger Weg, besonders in Krisenzeiten, aber ohne den Frieden unter den Religionen wird es, um mit dem großen katholischen Religionsphilosophen, Hans Küng, zu sprechen, keinen Frieden in der Welt geben.

Michael Krupp

Hoher christlicher Repräsentant rechtfertigt Selbstmordattentate
Archimandrit Hanna Attala, eine der wenigen hohen Repräsentanten der griechisch-orthodoxen Kirche palästinensischer Abstammung, hat palästinensische Selbstmordattentate gerechtfertigt. In einem Interview mit den "Gulf News" wurde Attala zitiert: "Einige Freiheitskämpfer adoptieren Martyrertum und Selbstmordattentate, andere ziehen andere Methoden vor. Aber all diese Maßnahmen dienen der fortgesetzten Intifada zur Erreichung der Freiheit in gleichem Maße. Deswegen unterstützen wir alle diese Maßnahmen."

Ein Sprecher der orthodoxen Kirche in Jerusalem bezeichnete die Erklärung Attalas als Äußerung seiner Privatmeinung, von der sich die Kirche distanziere. In einem Brief an den israelischen Staatspräsidenten am 19. Juni nach einem der Attentate in Jerusalem in der letzten Zeit hatte der griechisch-orthodoxe Patriarch die Selbstmordattentate verurteilt. Hier heißt es unter anderem: "Ich, Jerusalems Patriarch Irineos I, fordere in einem tiefempfundenen Apell alle religiösen Häupter auf, sich gegen solche Taten in einer klaren und deutlichen Verurteilung zu vereinigen und rufe alle dazu auf, zusammenzuarbeiten, um ähnliche schockierende Vorkommnisse in der Zukunft zu stoppen, bevor wir alle untergehen."

Michael Krupp

Die Klagemauer weint - Zeichen des Messias oder Rohrbruch
Ein Leck in der Westmauer des Tempels, der sogenannten Klagemauer, hat größere Unruhe in mystisch-frommen Kreisen hervorgerufen und einen Strom von Neugierigen angezogen. Seit Tagen fließt oder tropft Wasser aus einem der Steine der Klagemauer in 15 Meter Höhe. Für fromme jüdische Kreise ist das ein Zeichen, dass die Erlösung nahe ist und der Messias kommt, zumal sich dies genau zwei Wochen vor dem 9. Av, dem Tag der Tempelzerstörung ereignete.

Archäologen, suchen nach einer anderen Erklärung und glauben, dass ein Rohrbruch oder überschwenglicher Wassergebrauch oben auf dem Tempelplatz die Ursache für diese merkwürdige Erscheidung ist. Da aber seit Ausbruch der Al Aksa Intifada vor über ein einhalb Jahren keine Nichtmoslems auf den Tempelplatz dürfen, kann nur die moslemische Behörde, die den Tempelplatz verwaltet, hier weiterhelfen. Sie hat keine Erklärung für das Phänomen. Erstaunlich ist auch, dass das Wasser nicht aus den Ritzen zwischen den Steinen austritt, wie es bei einem Rohrbruch zu erwarten wäre, sondern aus der Mitte eines der riesigen Quader, die noch der König Herodes der Große gelegt hat.

Michael Krupp

Intellektuelle gegen Rassismus rechter Rabbinen
Eine Gruppe von 25 Intelektuellen, Juristen, Schriftsteller, Akademiker und Rabbinen, haben einen Brief an den Generalstaatsanwalt geschickt, indem sie den Staatsanwalt auffordern, gegen eine Gruppe rechtsextremer Rabbiner einzuschreitern, die ihrer Meinung nach rassistische Parolen veröffentlicht haben.

Die Gruppe der rechtsextremen Rabbiner, unter ihnen Rabbi Haim Druckman von der Nationalreligiösen Partei, hatten in einer Annonce des religiösen Magazins Lahava dazu aufgefordert, keine Araber zu beschäftigen, nicht bei Arabern zu kaufen und keine Geschäfte mit Leuten zu tätigen, die Araber beschäftigen oder bei Arabern kaufen.

Michael Krupp

Dali-Ausstellung
Die erste Ausstellung Salvador Dalis, des spanischen surrealistischen Künstlers, mit jüdischen und zionistischen Themen ist in der Residenz des israelischen Präsidenten, Mosche Katsavs, eröffnet worden. Dali hat in den Jahren 1950 bis 1980 eine Reihe von Kustwerken zu jüdischen und zionistischen Themen und zur Geschichte des Staates Israel geschaffen, beeinflusst von seiner jüdischen Frau Gala. Die Ausstellung von mehr als hundert Werken wird eine Woche im Haus des Präsidenten zu sehen sein und dann ins Ausland gehen, zuerst nach Russland, Österreich und Deutschland.

Unter den Zyklen, die in der Ausstellung zu sehen sind, befinden sich Bilder zum Alten Testament, zur Geschichte des Zionismus, der jüdischen Einwanderung nach Palästina in der vorstaatlichen Zeit und den ersten Jahren des Staates, zu den 12 israelitischen Stämmen, eine Bilderreihe wichtiger jüdischer und israelischer Persönlichkeiten und ähnliches. Dem Präsidenten wurde zur Eröffnung ein Gemälde Dalis mit der Klagemauer überreicht. Schon zum fünfzigjährigen Jubiläum des Staates 1998 wurde auf dem Gelände des internationalen Flughafens Lod ein großer siebenarmiger Leuchter Dalis als Symbol des Flughafens aufgestellt.

Michael Krupp

Wolfgang Gerhard in Israel
Der frühere Vorsitzende der F.D.P., Wolfgang Gerhard, hat während seines Israel Besuchs im Juni in einem Interview mit der israelischen Zeitung Haaretz seine Parteifreunde Moellemann und Karsli aufs schärfste verurteilt und die Solidarität seiner Partei mit Israel unterstrichen. Der syrischstämmige Karsli, der die israelische Armee mit den Nazis verglichen hatte, sei, so Gerhard, "nicht länger ein Mitglied der Partei, und spricht nicht für sie". Moellemann habe "völlig unakzeptable Bemerkungen über Israel und Friedmann" gemacht.

"Unsere Position gegenüber den Bürgern Israels hat sich nicht verändert", sagte Gerhard im Interview mit Haaretz. "Wir unterstützen Israels Recht auf Existenz. Wir haben niemandem erlaubt, daran zu zweifeln und werden das auch in Zukunft niemals tun. Aufgrund der deutschen Geschichte haben wir eine besondere Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk."

Zur gegenwärtigen Situation zwischen Palästinensern und Israels sagte Gerhard: "Israels Bürger haben das Recht in Frieden und Sicherheit zu leben. Der palästinensische Terror muss aufhören. Die Palästinensern haben das Recht auf einen eigenen Staat. Er muss auf der Basis von Demokratie und Recht gegründet werden. Nur so werden Israels Bürger in wirklicher Sicherheit leben können." Und Haaretz folgert darauf: "Joshka Fischer hätte das nicht besser sagen können."

Michael Krupp

Orthodoxe Partei Meimad: Räumung der Siedlungen, um jüdisch zu bleiben
Auf dem Parteitag der links-orientierten orthodoxen Partei Meimad haben sich der ehemalige Geheimdienstchef, Ami Ayalon, und der Vorsitzende der Partei und Vizeaußenminister, Michael Melchior, für eine Räumung der Siedlungen in der Westbank ausgesprochen. Nur so sei der jüdische Charakter des Staates Israel zu erhalten. "Wir müssen die Siedlungen so schnell wie möglich verlassen, mit oder ohne Abkommen mit den Palästinensern", sagte Melchior. "Wir können es uns in der heutigen Welt einfach nicht leisten, Besetzer zu sein."

Die Meimad Partei, die auf einer gemeinsamen Liste mit der Arbeiterpartei bei den letzen Wahlen angetreten war, ist mit zwei Abgeordneten im Parlament vertreten.

Michael Krupp

Klassiker zum Antisemitismus
"Die Wurzeln des Antisemitismus" nannten Carsten Peter Thiede und Urs Stingelin eine leicht verständlich kommentierte Textsammlung zur Judenfeindschaft in der Antike, im frühen Christentum und im Koran. In dem Taschenbuch wird sofort klar, dass "Judäophobie", wie es der Berliner Judaist Peter Schäfer nennt, eine zweitausendjährige Tradition hat.

"Antisemitismus" ist ein moderner Begriff der von Nazis zur Staatsideologie erhobenen Rassenkunde. "Semiten" gibt es gar nicht, sondern nur eine semitische Sprachfamilie. Deshalb können auch Araber durchaus Antisemiten sein, denn "Antisemitismus" richtet sich allein gegen Juden. Die "Erfindung" des Antisemitismus war mit der europäischen Aufklärung notwendig geworden, weil die klassischen christlichen Rechtfertigungen für den Judenhass wie "Gottesmord" bei den nunmehr atheistischen Menschen nicht mehr griffen.

Der christliche "Antisemitismus" hat seine Quellen bei Paulus und anderen neutestamentlichen Autoren. Aber Thiede wie Stingelin, der eine Theologe und der andere Philologe, haben überzeugend herausgearbeitet, dass die antijüdisch ausgelegten Verse des Paulus gar nicht antijüdisch waren, sondern Teil einer innerjüdischen Diskussion, eines "Familienzwistes" wie es die Fachwelt nennt. Nicht "die" Juden hätten Jesus zum Tode verurteilt, sondern der Römer Pontius Pilatus. Auch die Henker, die Jesus ans Kreuz schlugen, weil nur sie die staatliche Vollmacht dazu hatten, waren Römer, also "Italiener", aus heutiger Sicht. Gewisse Verse des Neuen Testaments wurden durch fragwürdige Übersetzungen oder eigenwillige Interpretationen in antijüdische Argumente umgewandelt. Die Autoren bringen da die philologischen Beweise, wie sie auch bei manchen Theologen und Pastoren noch nicht bekannt sein dürften, solange die immer noch die alten aber tendenziösen Übersetzungen verwenden.

Zum Feindbild wurden die Juden ab dem 2. Jahrhundert, als Heidenchristen ohne jüdische Wurzeln versuchten, sich von der Mutterreligion abzusetzen. Einige berühmte Kirchenväter, so Ambrosius von Mailand, werden anhand von Textbeispielen auch als die Väter des Judenhasses entlarvt, der sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des christlichen Abendlandes zieht. Ambrosius (340 bis 397) drohte seinem Kaiser Theodosius den Entzug der Eucharistie (Abendmahl), falls der erlaube, eine von christlichem Pöbel verbrannte Synagoge in Kallinikon wieder aufbauen zu lassen. Der Weg zur Kristallnacht oder zu Brandsätzen gegen Synagogen in Düsseldorf, Lübeck und Berlin war vorgegeben. Gewisse moderne Politiker, die "den" Juden pauschal die schlimmsten Verbrechen vorwerfen, darunter "Nazimethoden", können drastische wie wortgewaltige Vorbilder in den Traktaten und Predigten der Kirchenväter entdecken.

In einem kurzen Anhang werden auch noch einige recht unsympathische Suren aus dem Koran zitiert (6. Jahrhundert). So sei der christliche Vorwurf des Wucherzins durch Juden unverändert in den Koran eingegangen. Angesichts des Holocaust in Deutschland sollte bedenklich stimmen, was der Prophet Mohammed den Juden vorhersagt, falls sie "Allah befehden"(Sure 5, 32-34): "dass sie getötet und gekreuzigt werden, oder dass ihnen die Hände und Füße wechselseitig abgehauen werden, oder dass sie aus dem Lande verjagt werden."

Carsten Peter Thiede - Urs Stingelin, Die Wurzeln des Antisemitismus, Brunnen-Verlag, Basel, ISBN 3-7655-1264-8.

Ulrich W. Sahm

Intifada-Opfer
Seit Ausbruch der Intifada Ende Oktober 2000 sind etwa 1500 Palästinender und mehr als 525 Israelis getötet worden. Eine neue Untersuchung der Totenzahlen ergab, dass unter den Toten 568 palästinensische und 452 israelische Zivilisten waren, während alle übrigen Toten als "bewaffnete Kämpfer" bei Gefechten gefallen seien. Während bei den Palästinensern weniger als 5 Prozent Frauen (insgesamt 61) unter den Todesopfern waren, seien es bei den Israelis 25 Prozent (152 in absoluten Zahlen). Nach Abzug der israelischen Kombattanten unter den Frauen und den palästinensischen Selbstmordattentäterinnen sei das Verhältnis 150 Israelinnen und nur 42 Palästinenserinnen. Aufgeschlüsselt nach dem Alter entsprechen die israelischen Todesopfer etwa der Alterspyramide der Gesamtbevölkerung, während bei den Palästinenser fast ausnahmslos Männer im Alter zwischen 10 und 30 getötet worden seien, Kämpfer wie Zivilisten.

Nach Angaben des Forschers Don Radlauer beweise die Studie und die Auswertung der Zahlen, dass die israelische Armee nicht "willkürlich" gegen die palästinensische Zivilbevölkerung vorgehe, während die palästinensischen Angriffe im Wesentlichen willkürlich gegen die israelische Zivilbevölkerung gerichtet seien. Radlauer sagte weiter bei einer Pressekonferenz in Jerusalem, dass die Palästinenser "willentlich in den Tod gehen". Die palästinensischen Männer, Kämpfer wie Zivilisten, wüssten, dass sie bei Angriffen auf Israelis mit dem Tod rechnen müssten. Der Heldenkult um die "Märtyrer" in der palästinensischen Gesellschaft, die 125 Selbstmordattentäter und die breite Unterstützung der Bevölkerung, Palästinenser in den Tod zu schicken, habe eine in der Geschichte präzedenzlose Stimmung einer "zum Selbstmord bereiten Gesellschaft" geschaffen, sagte Radlauer. Die Studie wurde von dem politisch unabhängigen Institut zur Terrorerforschung in Herzlija (ICT).

Ulrich W. Sahm

Israelische Soldaten mit NT vereidigt
Hunderte israelische Rekruten würden mit dem Neuen Testament vereidigt, weil sie sich weigern, den Schwur auf das Alte Testament abzulegen. Das behauptete der Innenminister Eli Ischai von der orientalisch-frommen Schasspartei bei einer Konferenz zu der "Überfremdung Israels" an der Bar Illan Universität. Die aus Russland stammenden Soldaten empfinden "keine Beziehung zu dem jüdischen Volk", behauptete der Minister. "Die sind gekommen, weil es ihnen in Israel gut geht. Wer weiß, ob die morgen noch bereit sind, an jeder Stelle zu kämpfen, wie andere (jüdische) Soldaten." Der Minister kritisierte dieses Phänomen "christlicher Soldaten" und bezweifelte deren Treue zum Staat. Heute schon sei jeder vierte israelische Staatsbürger kein Jude mehr.

Der Minister fragte die Anwesenden, ob sie wirklich wollten, dass in der Armee "Weihnachtsbäume aufgestellt werden, anstelle von Hanukka-Leuchtern". Er habe schon Juden getroffen, die ein Kreuz am Kettchen um den Hals trügen und die Absicht hätten, Kirchen zu errichten. "Dem Staat Israel droht, seinen jüdischen Charakter zu verlieren."

Der Minister lehnte sich gegen eine Gesetzesvorlage auf, die eine Verleihung der Staatsbürgerschaft an nichtjüdische Einwanderer aus Russland vorsieht, sowie sie zum Militärdienst eingezogen werden.

Die antichristlichen Äußerungen wurden im Rundfunk von verschiedenen Sprechern, darunter auch Reserveoffizieren als eine "böswillige Verunglimpfung von treuen und guten Kämpfern, die bereit sind, ihr Leben für den Staat Israel zu geben", scharf kritisiert.

Gemäß ungenauen Erhebungen sei etwa bei einem Viertel der aus Russland eingewanderten Juden die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk "zweifelhaft". In der ehemaligen Sowjetunion galt als Jude, wer einen jüdischen Vater hatte und erhielt eine entsprechende Eintragung in seinen Ausweis. Das orthodoxe Judentum akzeptiert als Juden aber nur, wer eine jüdische Mutter hat. So ist schon passiert, dass Menschen aus Russland in ihrer alten Heimat antisemitischen Attacken und Diskriminierung ausgesetzt waren, in Israel aber rechtlos blieben und mit Ausweisung bedroht wurden.

Die Zeitung Jedijot Achronot setzte neben einen Bericht über die Rede des Innenministers gegen die christlichen Soldaten einen Artikel über den vor drei Monaten gefallenen Offizier der israelischen Armee, German Roskow. Seine Mutter ist keine Jüdin und deshalb drohte ihr die Ausweisung. Wenige Tage vor seinem Tod wollte der Offizier einen Brief an den Ministerpräsidenten schreiben und fragen: "Muss ich eigentlich sterben, damit meine Mutter ein Aufenthaltsrecht in Israel erhält?" Dieser Tage hat die israelische Armee beschlossen, dem gefallenen christlichen Soldaten posthum einen Orden für Tapferkeit zu verleihen. Der Mutter wurde derweil ein israelischer Personalausweis überreicht.

In einem anderen Fall haben Veröffentlichungen in der Presse auch eine als "skandalös" betrachtete geplante Deportation verhindern können. Die christliche Mutter eines Terroropfers sollte des Landes verwiesen werden. Ihre Tochter, früher Zirkusakrobatin, wurde bei dem schweren Anschlag auf das Park-Hotel in Natanja am Abend des Passahfestes (26 Tote) querschnittsgelähmt und ist auf die Hilfe einer Betreuerin angewiesen. Erst nach der Veröffentlichung dieses Falles durfte die Mutter bleiben und sich weiter um ihre schwerverletzte Tochter kümmern.

Ulrich W. Sahm

Yad Vaschem verurteilt FDP
Wenige Minuten nach einem Besuch des FPD Parteivorsitzenden Guido Westerwelle in der Holocaust Gedenkstätte Yad Vaschem, veröffentlichte Yad Vaschem eine ungewöhnlich scharfe Verurteilung der "verbalen antisemitischen Aggression" in Deutschland.

Der Besuch von Westerwelle in Yad Vaschem verlief ohne jeden Zwischenfall. Westerwelle ließ sich ausführlich die historischen Fotos in der Ausstellung des Museums zeigen, sagte aber kein Wort zur Presse. Die Kranzniederlegung im Zelt des Gedenkens war schlicht und kurz. Es wurde nicht einmal das Totengebet gesungen, wie sonst üblich bei offiziellen Kranzniederlegungen.

In seiner Pressemitteilung erwähnt Yad Vaschem erst ganz am Ende und nur beiläufig den Besuch von Westerwelle in der Gedenkstätte.

Yad Vashem verurteilt in seiner Erklärung die Verwendung "antisemitischer und fremdenfeindlicher Bilder" in der politischen Debatte durch zwei "Figuren" in der FDP. Die israelische Institution ruft alle öffentlichen Führer Deutschlands auf, derartige "verbale Angriffe" zu verurteilen.

In Deutschland werde die öffentliche Diskussion ernst genommen, heißt es weiter. Das sei die Lehre aus der Rolle von Rhetorik für Naziverbrechen. In den Zeiten des Holocaust hätten Worte der Aggression den Weg zu einer präzedenzlosen öffentlichen Gewalttätigkeit geebnet. Gesetze des Bundestags zum Antisemitismus bestätigen dieses Verständnis.

Elemente in Deutschland, so Yad Vaschem, beuten die legitime und ernsthafte Diskussion über Israel und den Nahen Osten aus, um ihre antisemitische Tagesordnung durchzusetzen. Dieser zynische Missbrauch demokratischer Foren untergrabe die Grundsätze von Toleranz in einer pluralistischen Gesellschaft. Die Verwendung antisemitischer Rhetorik, die Jahrzente lang nicht toleriert wurde, erhebe wieder ihr Haupt und laufe Gefahr, akzeptiert und legitim zu werden. Die Brüche in dem Gebäude der Demokratie erlauben einer wachsenden Anzahl von gehässigen Hetze aller Seiten des politischen Spektrums, wieder an die Oberfläche zu gelangen.

Yad Vashem ruft deutsche Politiker, öffentliche Personen und Erzieher und ihre europäischen Kollegen dazu auf, eine derartige heimtückische Rhetorik aus der öffentlichen Arena zu tilgen. Alles Mögliche müsse getan werden, um sicher zu gehen, dass die demokratische Tradition von Toleranz und wahrhafter Debatte nicht weiter verkomme.

Ulrich W. Sahm

Exodus der Christen aus dem Heiligen Land
Zahlen über Christen, die seit Ausbruch der Intifada das Heilige Land verlassen haben, werden vor allem bei den Christen selber geheim gehalten, "aus Solidarität mit dem palästinensischen Volk", wie ein Vertreter des lateinischen Patriarchats sagte. Als sich der Schusswechsel zwischen der christlichen Ortschaft Beth Dschalah und dem Jerusalemer Viertel Gilo in den ersten Monaten der Intifada verschärfte, bemühten sich mehrere ausländische Botschaften darum, in Not geratene Christen, darunter auch Ausländer aus Beth Dschalah und Bethlehem zu evakuieren. Zahlen wurden damals nicht genannt.

Jetzt hat die israelische Zeitung Jerusalem Post unter Berufung auf "israelische Behörden", jedoch ohne genauere Quellen anzugeben und unter Weigerung, die Informanten zu nennen, veröffentlicht, dass zwischen Oktober 2000 und November 2001 insgesamt 2766 Christen aus dem Westjordanland emigriert seien. 1640 dieser Christen stammen nach Angaben der Zeitung aus der Gegend von Bethlehem und 880 aus Ramallah. Von den 130.000 Einwohnern Bethlehems seien nur noch 30.000 Christen. Bis 1948 stellten Christen eine überwältigende Mehrheit der Bewohner Bethlehems.

So ist die Ortschaft Beth Dschalah mit 14.000 Einwohnern die einzige verbliebene palästinensische Stadt mit christlicher Mehrheit. Die Christen stellen in Beth Dschallah etwa zwei Drittel der Einwohner, trotz fortgesetzter Auswanderung. In Chile allein leben 70.000 Christen, die aus Beth Dschalah stammen, so die Angaben eines Christen Namens Isawi.

Ulrich W. Sahm

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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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