INFORMATIONEN AUS ISRAEL

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

Spannungen innerhalb der orthodoxen Kirche wachsen
Die "Orthodoxe Kongregation im Heiligen Land", eine Zusammenschluss arabischer orthodoxer Christen, hat ein Ultimatum an den griechisch-orthodoxen Patriarchen gestellt, innerhalb von zwei Monaten auf ihre Forderungen einzugehen oder mit einem Kampf zu rechnen, der bis zur Loslösung der arabischen Christen vom Patriarchat führen könne. Die arabischen Christen fordern die Einsetzung arabischer Bischöfe, wie es in einem Vertrag von 1958 festgesetzt wurde, und eine stärkere Beteiligung an der Verwaltung der Kirche, besonders der Finanzen.

Marwan Toubasi, der Vizepräsident der Orthodoxen Kongregation, beschuldigte den Patriarchen, vorzuhaben, größere Ländereien an die jüdische Siedlergruppen verkaufen zu wollen. Er drohte an, die Palästinenser und Jordanier, die mit zum Herrschaftsbereich des Patriarchats gehören, zu bitten, die Anerkennung des Patriarchen zurückzunehmen. Die arabischen Christen sind besonders erbost darüber, dass der Patriarch den ranghöchsten arabischen Beamten der Kirche, den Archimandriten Attala Hana, als Sprecher der Kirche abgesetzt hat. Hanna wird vom israelischen Staat beschuldigt, Terrorgruppen zu unterstützen.

Die orthodoxe Kirche ist die eigentliche Mutterkirche der palästinensischen Christen, wird aber als einzige eigenständige Kirche bisher noch von einer ausländischen, in diesem Fall griechischen, Oberschicht verwaltet. Alle hochrangigen Mitglieder der Kirche einschließlich des Patriarchen sind Griechen. Der Kampf um die Arabisierung der orthodoxen Kirche dauert bereits 150 Jahre.

Michael Krupp
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Späte Heimholung des jüdischen Philosophen Baruch Spinoza
Nach jahrelangen Bemühungen ist es Befürwortern des jüdischen Philosophen Baruch Spinoza, gelungen, die israelische Postbehörde dazu zu bewegen, zu seinen Ehren eine Briefmarke herauszugeben. Sie erscheint in der Serie "Beitrag von Juden zur Kultur der Welt". Spinoza, Philosoph des 17. Jahrhunderts in Amsterdam war seinerzeit als "Ketzer" vom Judentum ausgeschlossen worden, weil er den göttlichen Charakter der Bibel leugnete.

Der Bann über Spinoza wurde nach Staatsgründung vom ersten israelischen Oberrabbiner, Isaak Halevi Herzog, offiziell zurückgenommen, orthodoxe Juden betrachteten Spinoza aber weiterhin als Abtrünnigen. So war es bisher nicht möglich, eine Straße oder einen Platz in Jerusalem nach ihm zu benennen, obwohl es in Tel Aviv und Rechovot längst Straßennamen mit seinem Namen gibt. Die religiöse Partei "Vereingtes Tora-Judentum" hat gegen die Herausgabe der Briefmarke protestiert und empfiehlt orthodoxen Juden, die Briefmarke zu boykottieren. "Er war schlimmer als ein Konvertit", sagte Parlamentarier Avraham Ravitz.

Michael Krupp
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Rettung der Mauer des Tempelberges in Jerusalem
Der internationale Ausschuss zur Erhaltung antiker Stätten bei der UNESCO hat Israel und den Palästinensern angeboten, einen neutralen Spezialisten nach Jerusalem zu schicken, der den Schaden an der Südmauer des Tempelberges untersuchen soll. Angesichts des sensiblen Charakters des Platzes will die UNESCO so zwischen Israel und den Palästinensern vermitteln. Die Südmauer hat eine Ausbuchtung in den letzen Jahren erfahren, die sich auf 190 qm erstreckt und bis zu 70 cm tief ist.

Der Berater der UNESCO, Giora Solar, hat erklärt, dass der Schaden irreparabel ist und die Mauer abgetragen und neu aufgerichtet werden muss, um ein größeres Unglück zu verhindern. Der 2000jährige herodianische Teil der Mauer sei nicht gefährdet, sondern nur der obere Teil der Mauer, der im 19. Jahrhundert nicht fachmännisch restauriert worden sei.

Der Direktor der archäologischen Behörde, Shuka Dorman, hat vor einer unmittelbaren Gefahr an der Südmauer des Tempelberges gewarnt. Wenn 10.000 Gläubige in den bevorstehenden Ramada-Tagen sich in der neuen unterirdischen Moschee in den sogenannten Salomonställen versammeln, könne es sein, dass die Südmauer des Tempelberges, die Außenmauer der Moschee zusammenbricht. Der Schaden sei gar nicht abzusehen.

Der Bürgermeister der Stadt, Jossi Olmert, sagte, alle Kontaktsuche mit der moslemischen Behörde Wakf, die den Tempelberg verwaltet, seien erfolglos gewesen. Die Stadt wisse keinen Rat mehr. Die Moslems lassen keine israelischen Archäologen oder Ingineure in das Innere des Tempelberges. Auch die Einschaltung jordanischer und ägyptischer Vermittler sind gescheitert. Der Direktor des Wakf, Adnan Husseini, bestätigte die Weigerung seiner Behörde mit den Israelis zusammenzuarbeiten. "Es ist eine Sache des Prinzips. Der Wakf alleine ist verantwortlich für die Moschee," sagte er.

An der Südmauer des Tempelberges werden die Risse und das Heraustreten von Steinen seit dem Bau an der unterirdischen Moschee immer größer.

Michael Krupp
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Arafat will griechischen Patriarchen entthronen
Der Vorsitzende der palästinensischen Autonomie, Jasser Arafat, ist zornig auf den griechischen Patriarchen, Irenos I, und will ihn entmachten. Er beschuldigt ihn, proisraelisch zu sein und vorzuhaben, Landbesitz an die Israelis zu verkaufen. Außerdem wirft er ihm vor, die arabische Seite in der Kirche zu unterdrücken.

Ireneos I, vor einem Jahr als Nachfolger Diodoros I gewählt, ist direkt nach seiner Wahl von Arafat bestätigt worden, während die Israelis dies bisher verweigert haben unter dem Hinweis, der neue Patriarch sei propalästinensisch und habe vor, Ländereien an die Palästinenser zu veräußern. Die griechisch-orthodoxe Kirche ist der größte Bodenbesitzer im Nahen Osten.

Der Konflikt zwischen Patriarchat und Palästinensern hat sich zugespitzt, nachdem der Patriarchat den ranghöchsten palästinensischen Würdenträger in der Kirche, Archimandrit Hanna Attala, vom Amt des Sprechers des Patriarchats abgesetzt hat, nachdem er palästinensische Selbstmordterroristen gerechtfertigt hatte. Die Palästinenser sehen das als antipalästinensischen Zug des Patriarchas an und überlegen, eine eigene selbständige arabisch orthodoxe Kirche in Israel und Palästina zu gründen.

Michael Krupp
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Streit in Israel um in Äthiopien verbliebene Juden
In einer Geheimmission hat der ehemalige Oberrabbiner von Israel und Mentor der orthodoxen Schaspartei, Ovadja Joseph, den Zustand der in Äthiopien verbliebenen Juden, der sogenannten Falashmura, untersuchen lassen. Auf seine Veranlassung und des Innenministers und Shas-Angehörigen, Eli Yishai, ist vor einigen Monaten der Oberrabbiner von Tel Aviv und Vertraute von Joseph, Shlomo Amar, an der Spitze einer Delegation nach Äthiopien gereist und hat die dort in zwei Hauptlagern untergebrachen Juden besucht. Dort haben sie mit einheimischen Behörden ein Programm ausgearbeitet, die Falashmura in einem Schnellverfahren zum rabbinischen Judentum, wie es in der Welt üblich ist, zu bekehren. Die Instrukteure sollen junge äthiopische Rabbiner aus Israel sein, die an den orthodoxen Talmudhochschulen ausgebildet wurden.

Nach Amars Angaben befinden sich in den beiden Hauptlagern in der Hauptstadt Addis Abeba und in der Proviny Gondar, ungefähr 22.000 Juden, die auf die Ausreise nach Israel warten. Am letzten Sonntag fand eine Demonstration mehrerer tausend Falashmuras vor dem Innenministerium in Jerusalem statt und forderten die sofortige Einwanderung der in Äthiopien verbliebenen Juden. Viele hielten Fotos ihrer Angehörigen in den Händen, die noch in Äthiopien sind und die sie seit Jahren nicht gesehen haben.

Während das orientalisch religiöse Establisment für die Einwanderung der Falaschmura sind, wehren sich die jüdische Einwanderungsbehörde, Sochnut, und das israelische Außenministerium dagegen mit dem Hinweis, dass es sich um ein Fass ohne Boden handelt. Immer wieder hat es geheißen, dies sind die letzte in Äthiopien verbliebenen Juden, und wenn die Lager geleert wurden und ihre Insassen nach Israel einwandern konnten, haben sie sich aufs Neue gefüllt. Die Gegner der Einwandererung bestreiten auch, dass es sich um bei den Einwanderungswilligen immer um genuine Juden handelt.

In Israel leben heute 65.000 äthiopische Juden, die in hauptsächlich zwei großen Einwanderungswellen in den 80er Jahren zum Teil auf abenteuerliche Weise nach Israel eingewandert sind.

Michael Krupp
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Friedensgottesdienste in Jerusalemer Kirchen - Lateinischer Patriarch bei Hamas Führer
Die Jerusalemer Kirchenoberhäupter haben beschlossen, eine zweiwöchige Friedensgottesdienst Reihe abwechselnd in den Kirchen Jerusalem abzuhalten. Der erste Gottesdienst findet am Donnerstag in der armenischen Jakobus-Kathedrale in der Jerusalemer Altstadt statt. Am Samstag wird der Gottesdienst in der protestantischen Erlöserkirche, ebenso in der Jerusalemer Altstadt, abgehalten werden.

Der Entschluss zu den Friedensgottesdiensten signalisiert ein stärkeres Interess der örtlichen Kirchen mehr für den Frieden zwischen Israel und Palästina und zwischen den einzelnen palästinensischen Fraktionen zu tun. Am Wochenende hatte der lateinische Patriarch an der Spitze einer hochrangigen Kirchendelegation zuerst den Hamas-Führer, Sheikh Yassin, und später Palästinenser-Vorsitzenden, Jasser Arafat, aufgesucht. Bei beiden Ereignissen hatte der anglikanische Erzbischof, Riah Abu el-Assal, und der lutherische Bishof, Munib Younan, den lateinischen Patriarchen begleitet. Die Delegation möchte auch Premierminister Ariel Sharon aufsuchen. Ein Termin für diesen Besuch steht noch nicht fest.

An der Spitze der Delegation stand der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabach. Nach Spekulationen israelischer Beobachter ging es um das innerpalästinensische Bemühen, die Selbstmordattentate zu stoppen, die besonders von der Hamas Bewegung ausgeführt und propagiert werden.

Nach dem zweistündigen Treffen verneinte der Patriarch, über das Aufhören der Selbstmordattentate gesprochen zu haben. "Wir suchen keine Zusicherungen von irgendeinem menschlichen Wesen," wurde der Patriarch in der israelischen Presse zitiert, "wir hören zu und sprechen mit jedermann und verlassen uns auf Gott und unseren Herrn Jesus Christus." Der rollstuhlgelähmte Scheikh wies jede Einschränkung der militärischen Aktionen von Seiten der Hamas zurück. "Wir können kein Angebot in einer Zeit machen, in der der zionistische Feind sich nicht aus unserem Land zurückgezogen hat", sagte Yassin.

Michael Krupp
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Kommandeur des Warschauer Ghetto-Aufstandes schreibt an Palästinenser
Dr. Marek Edelman, der einzige heute noch Lebende der Kommandeure des Warschauer Ghetto Aufstandes, hat einen Brief an die palästinensischen "Partisanen" geschrieben und sie darauf hingewiesen, dass sie als jüdische Partisanen niemals unschuldige Kinder und Frauen mit in den Tod gerissen hätten. Außerdem hätten sie den Selbstmord als Mittel zum Zweck abgelehnt.

Der Brief hat bei anderen jüdischen Widerständlern Protest ausgelöst, da Edelman die palästinensischen Kämpfer als "Partisanen" anredet und damit einen Vergleich von damals zu heute nahelegt. Edelman rechtfertigte sich damit, dass er keinen Vergleich angestrebt habe und er das Wort "Partisan" neutral, und nicht unbedingt positiv, gebraucht habe.

Edelman ist nach dem Krieg als Marxist und Antizionist in Polen verblieben, wo er heute über 80jährig lebt. Zu Israel und den anderen Partisanen, besonders im Kibbuz Lochame ha-Getaot, hat er aber immer Kontakt gehalten und hat Israel das letzte Mal vor zwei Monaten besucht. In Polen hat er sich einen Namen als einer der ersten Befürworter der Bürgerrechtsbewegung "Solidarnos" gemacht.

Michael Krupp
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Lutherisches Krankenhaus Augusta Victoria zwischen den Fronten
"Dass wir in Jerusalem sind, in Ostjerusalem, hat auch seine guten Seiten. Wir können Medikamente auch in Israel kaufen, wenn die Westbank abgesperrt ist, und haben Kontakte zu den jüdischen Krankenhäusern und können dort ernste Fälle überweisen", sagte Dr. Tawfiq Nasser, der Direktor des Augusta Victoria Krankenhauses auf dem Ölberg. "Aber es bringt auch viele Probleme mit sich", fuhr er fort. "Wir haben Schwierigkeiten Passierscheine für unser Team zu bekommen, die Kranken aus der Westbank können das Krankenhaus nicht erreichen bei Ausgangssperre. Und die Medikamente in Israel sind teuer, sehr teuer. Wir sind im Niemandsland zwischen Israel und Palästina, zwischen den Fronten."

Das Auguste Victoria Krankenhaus auf dem Ölberg ist das offizielle Krankenhaus für die palästinensischen Flüchtlinge, aber es liegt in Ostjerusalem außerhalb des direkten Palästina im ehemaligen Niemandsland zwischen Israel und Jordanien und war entmilitarisierte Zone. Die UNWRA, die UNO Organisation für die Unterstützung der Palästinaflüchtlinge, zahlt für jeden Krankenhaustag pro Patienten 90 Dollar, aber 280 Dollar kostet er dem Krakenhaus, die Differenz müsse er jeweils zusammen betteln. Ein Teil kommt vom Lutherischen Weltbund, der der Verwalter des Geländes ist, das ursprünglich der Evangelischen Kirche in Deutschland gehörte. 60 Prozent der Patienten sind Palästinaflüchtlinge, 95 Prozent Palästinenser. Die restlichen 5 Prozent sind Ausländer, darunter viele Gastarbeiter, die in Israel arbeiten, weil das Krankenhaus billiger als die israelischen Krankenhäuser ist.

Und mit den Flüchtlingen sei man noch gut dran, sagt Nasser, denn von den übrigen Palästinensern könne man heute gar nichts erwarten, denn sie hätten nichts, wovon sie etwas bezahlen könnten. In der heutigen Situation hätten die meisten keine Arbeit mehr, egal, ob sie bisher in Israel oder in den besetzten Gebieten gearbeitet hätten. Die ständigen Ausgangssperren seien auch der wirtschaftliche Ruin der meisten Palästinenser.

Neben der ärztlichen Versorgung hätte er noch ganz andere Aufgaben jeden Tag zu erledigen, wo alle wichtigen Ärzte und das Pflegepersonal unterzubringen, die wegen der Absperrung der Westbank nicht nach Hause könne. Er selber wohne in Ramalla und habe seit drei Wochen Frau und Kinder nicht gesehen. Patienten, die zu einer Operation gekommen seien, müssten wieder nach Hause geschickt werden, weil die Operationsärzte aus Bethlehem oder Hebron nicht hätten kommen können. Niemand könne den ungeduldig Wartenden wirklich sagen, wann es soweit sei.

Die Situation würde von Tag zu Tag schlimmer. Mit jedem Attentat würde die Absperrung der besetzten Gebiete noch strenger, die meisten illegalen Seitenwege, auf denen die Kranken bisher häufig Ostjerusalem erreicht hätten, wären unpassierbar. Nur eine politische Lösung könne die Situation verändern, aber die sehe er nicht in der näheren oder auch ferneren Zukunft.

Michael Krupp
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Hurva Synagoge soll wieder aufgebaut werden
Die Hurva Synagoge, die größte Synagoge des alten Jerusalems und des Landes Israel soll wieder aufgebaut werden. Nach Zeitungsberichten hat die Regierung beschlossen, 28 Millionen für das Projekt zur Verfügung zu stellen. Die Hurva-Synagoge ist die erste Kuppelsynagoge der Synagogenbaugeschichte und wurde so das Musterbeispiel der meisten Synagogenbauten der Meuzeit. Sie wurde 1948 nach der Eroberung durch die jordanische Armee von den arabischen Besatzern gesprengt.

Mit dem Bau der Hurva Synagoge, auf Deutsch Ruinen-Synagoge, wurde 1700 von Jehuda ha-Hassid begonnen. Jehuda ha-Hassid war im Jahr 1700 in einer pseudomessianischen Stimmung mit 1500 Getreuen aus Osteuropa in Jerusalem eingetroffen, von denen die meisten aber starben oder wieder umkehrten, weil sie sich in Jerusalem nicht ernähren konnten. Auch der Synagogenbau konnte nicht fertiggestellt werden. Weil die Juden die von den Arabern aufgenommenen Gelder nicht zurückzahlen konnten, verbrannten diese den halbfertigen Bau mit 40 Torarollen darin. Die Synagoge blieb so über ein Jahrhundert lang als Ruine liegen, daher der Name, bis jüdische Philanthropen im 19. Jahrhundert das Geld für den Wiederaufbau zur Verfügung stellten.

Seit 1864 war sie die Hauptsynagoge, größte und prächtigste Jerusalems und Palästinas. Theodor Herzl besuchte sie bei seinem Palästinaaufenthalt 1898, die Zionisten erklärten sie zur Staatssynagoge. Nach einem langen Streit unter Restauratoren und Architekten, der seit 1967, der Wiedereroberung der jüdischen Altstadt durch die israelische Armee, andauert, wurde jetzt beschlossen, die modernisierenden Pläne zu verwerfen und die Synagoge im alten historischen Stil wiederaufzubauen.

Michael Krupp
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Erstmals säkulare Veranstaltungen zum Trauertag der Tempelzerstörung
In Tel Aviv auf dem Jitzhaq Rabinplatz und an weiteren anderen 38 Plätzen im ganzen Land fanden Feierlichkeiten zum Gedenken an die Tempelzerstörung in der Nacht zum 18.7., dem sogenannten Neunten Av, statt, die fast ausschließlich von säkularen Juden besucht wurden. Initiert waren die Lernnächte vom Vizeaußenminister, Rabbiner Michael Melchior, der es als seine Aufgabe ansieht, die Kluft zwischen Religiösen und Säkularen in Israel zu verringern.

In Tel Aviv waren es mehrere Hundert Teilnehmer, die traditionelle Texte aus Talmud und Midrasch lasen und Auslegungen und Vorträgen zum Thema hörten. Moni Mordechai, Melchior Mitarbeiter und faktischer Organisator der Veranstaltungen , sagte gegenüber Journalisten: "Judentum ist nicht nur Religion... Wir haben herausgefunden, dass die Säkularen nicht in die Synagoge gehen und die Rabbiner nicht mögen". Auf diese Weise, auf den Straßen und Plätzen, könne dieser Bevölkerung die Religion viel besser vermittelt werden. "Glauben Sie mir," sagte Mordechai, "still und leise bereiten wir eine jüdische Revolution vor".

Michael Krupp
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Das Jerusalemer Filmfestival - Ein Fest in schwierigen Zeiten
Vielleicht gerade, weil die Zeiten nicht leicht sind, machte die Jerusalemer Bevölkerung und viele Gäste aus dem ganzen Land eine Atempause, manche für einige Stunden, manche nahmen sich auch Urlaub für die zehn Tage Filmfestival in Jerusalem, das am 27. Juli zuende ging. Die Massen, die bei der Eröffnung dabei waren, konnten nicht alle Platz finden im malerischen Brechat ha-Sultan zu Füßen der Altstadtmauern. Wieder einmal sprach man von einer Rekordzahl von sieben bis zehntausend Besuchern, trotz erhöhter Warnung vor Attentaten. Der Eröffnungsfilm, "Sprich zu ihr" (Hable con Ella) des spanischen Regisseurs Pedro Almodovar, war einfach nur schön, eine Geschichte über Leid und Liebe.

Wie in vergangenen Jahren lag der Schwerpunkt des Filmfestivals auf der neuen israelischen Filmproduktion, auf Filmen mit jüdischen Themen und Filmen unter der Rubrik "Im Geist der Freiheit". Dies ist auch der Anreiz für viele Filmkritiker und Leiter anderer Filmfestspiele, die vom Ausland speziell dafür nach Jerusalem gekommen waren. Für die Direktorin des Festivals, Lia van Leer, ist das aber nicht genug. Das israelische Publikum sollte gerade die Fülle der ausländischen Produktion vorgestellt bekommen mit ihren speziellen Problemen, um die eigenen Probleme in einer besseren Perspektive sehen und so vielleicht eher verstehen zu können.

So behandelte der türkische Film "Hejar" den Konflikt nationaler Türken und kurdischer Separatisten an Hand der Geschichte eines konservativ-nationalen Türken aus der besseren Gesellschaft, der plötzlich, zuerst widerwillen, zum Schutzengel für ein kurdisches Waisenkind wird und sogar beginnt, die verhasste Sprache des Gegners, Kurdisch, zu lernen, um sich mit ihr verständigen zu können. Oder der persische Film "Baran", der das Schicksal afganischer Flüchtlinge an der persichen Grenze behandelt (vor Ausbruch des letzten Afganistan-Krieges). Auch israelische Filme nahmen sich fremder Konflikte an, um mit den eigenen besser fertig zu werden wie der israelische Filmskriptautor Yehuda Litani, der in seinem Film "Mauern" den nordirischen Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten zum Ausgangspunkt seiner Geschichte nimmt.

Der israelische Film, ca. zwanzig Langspiel- und zahlreiche Kurzspielfilme befassten sich in diesem Jahr erstaunlich wenig direkt mit der aktuellen Konfliktssituation. Gesellschaftsprobleme und allgemein menschliche Konflikte nahmen den Hauptteil der Spielhandlungen ein. Mehrere Filme behandeln das Schicksal illegaler ausländischer Arbeiter in Israel, so der Film von Bettina Fainstein "Theater illegal", der die Gründung eines Theater in spanischer Sprache dreier Columbianer, die jeder auf seine Weise mit mit dem Problem Illegalität fertig werden wollen.

In diesem Zusammenhang sind besonders zwei Filme hervorzuheben, die sich jeder auf seine Weise mit einem Aspekt der Gegenwartsprobleme der israelischen Gesellschaft beschäftigen, die als revolutionär anzusehen ist. Das ist einmal der Film von David Benchetrit "Kaddim Winde - eine marokkanische Chronik". Der Film behandelt in schonungsloser Offenheit die Verfehlungen der israelischen Regierungen, die orientalischen Einwanderer zu integrieren. An sechs Einzelschicksalen marokkanischer Einwanderer der zweiten Generation wird das sehr persönlich, menschlich und glaubwürdig dargestellt.

Der zweite hier zu nennende Film gehört zu einer Reihe israelischer Filme, die sich mit religiösen Problemen auseinandersetzt. Der Film Tehora, "Reinheit", von Anat Zuria bringt Interviews mit religiösen Frauen, die mit dem religiösen Establishment und den frauenfeindlichen Religionsgesetzen nicht fertig geworden sind. Er beginnt mit der Frau eines prominenten orthodoxen Politikers, die sich von ihm hatten scheiden lassen, darunter leidet aber keinen Ausweg gesehen hat. Die interviewten Frauen aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten sprechen über ihre Schwierigkeiten mit denr Reinheitsgesetzen einer religiösen Frau nach ihrer Periode oder nach der Geburt eines Kindes, fertig zu werden. Zwischen Orthodoxie und Aufruhr versuchen sie einen neuen und ernsthaften Zugang zur Religion zu finden. Der ausverkaufte Filmsaal war von auffällig vielen orthodoxen Frauen und Männern besucht und erhielt zum Abschluss Applaus von allen Seiten.

Ein weiteres Thema der israelischen Filme, aber auch Filme anderer Länder, waren dem Thema "Shoa" gewidmet. Der Film der israelischen Regisseure Nissim Mossek und Alan Rosenthal "Adolf Eichmann - die geheimen Tagebücher" geben einen weiteren Überblick über die Todesmaschinerie, die von diesem Mann verwaltet wurde. Der israelische Film "Eins, zwei, drei, vier - Adolf Hitler an der Tür" von Tami Gross und Zuval Cohen behandelt in Interviews mit in Deutschland lebender Juden die Schwierigkeit von Israelis, zu verstehen, wie Juden in Deutschland nach dem Krieg leben können. Ein ganz andere Art von Film, der in Israel großes Interesse erweckte, war der österreichische Film "Im toten Winkel - Hitlers Sekretärin" von Andre Heller und Othmar Schmiederer, der 90 Minuten lang , ohne Rückblenden oder Zeitdokumente, eine einzige Frau im Blickpunkt der Kamera zeigt, Trudl Junge, die von 1942 bis zum Selbstmord Hitlers im Bunker von Berlin seine Privatsekretärin war und auch sein Vermächtnis aufgenommen hat.

Lediglich eine Handvoll israelischer Filme befasst sich mit dem heißen Eisen, der Auseinandersetzung mit den Palästinensern, so der Film "Jenin - Tagebuch von Reservisten" von Gil Mezuman. Mezuman, selbst Angehöriger der Truppe, die 13 seiner Kameraden in Jenin verlor, begleitet die Kompanie der Jenin-Kämpfer nach ihren traumatischen Erlebnissen zurück vom Kampffeld und den Beerdigungen in den Alltag und die Alltagsprobleme, Rechte und Linke, Religiöse und Säkulare, Siedler mit Kippas und Tel Aviver Yuppies, Junggesellen und Familienväter.

Einen anderen Weg beschreitet Yulie Cohen Gerstel in ihrem Film "Mein Terrorist", der das Leben einer Frau beschreibt, die in einem Terroranschlag in England 1978 verwundet wurde, und jetzt, Mutter von drei Töchtern, versucht, sich mit ihrem Attentäter, der in einem englischen Gefängnis sitzt, auszusöhnen. Traumatische Alltagserlebnisse streift der Film "Purim" von Lavi Ben Gal. Der Dokumentarfilm von Yair Lev "Uri Avneri - Ein Kämpfer für den Frieden" bringt Szenen des in Deutschland geborenen und wohl bekanntesten einsamen Friedens-Propheten Israels.

Palästinensische Filmschaffenden hatten in diesem Jahr ihre Witwirkung am Festival abgesagt. Wir können nicht in Jerusalem unsere Filme zeigen, wenn unsere Landsleute in Ramalla kein Kino bsuchen können, weil Ausgangssperre ist, sagten sie zu Lea van Leer. Auch aus den arabischen Nachbarländern waren keine Filme vertreten, wohl aber aus den Magrebstaaten. Der in Frankreich lebende tunesische Regisseur Khaled Ghorbal war einer der zum Festival angereisten Gäste und stellte seinen Film "Fatma" selber vor. Der Film schildert das Schicksal einer jungen Frau in Tunesien, die versucht, gegen Vorurteile und Demütigungen in Famile und Gesellschaft sich zu behaupten. Er hoffe, sagte der Regisseur, damit nicht nur einen Beitrag zur Lage der Frau in Tunesien, sondern weltweit gebracht zu haben.

Unter den Filmen mit jüdischem Hintergrund sei zum Schluss der französische Film "Gott ist groß und ich bin ganz klein" (Dieu est grand, je suis toute petite), der auf erfrischende Art die Liebe zwischen einem Juden der zweiten Generation Holocaustüberlebender und einer nichtjüdischen Französin beschreibt.

Wie jedes Festival gab auch das Jerusalemer Filmfestival einen Überblick über das Filmschaffen der Welt im letzten Jahr, besonderere Schwerpunkte waren Frankreich, Indien und der Ferne Osten.

Wenn das Festival es sich auch nicht zur Aufgabe gemacht hatte, die Gegenwartsprobleme Israels für zehn Tage in Vergessenheit geraten zu lassen, so war es in den fünf meist ausverkauften Kinos für viele doch ein Ort des Aufatmens und ein Luftholen in einer schweren Zeit.

Michael Krupp
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Selbstmordattentäter war Schüler von Talitha Kumi
Hashem Atta Yusuf, der 17 Jahre alte Selbstmordattentäter, der sich am Dienstag im Stadtzentrum von Jerusalem vor einem Felafel-Fastfoodrestaurant gesprengt und fünf Menschen verletzte, war seit einem Jahr Schüler an der vom Berliner Missionswerk finanzierten Talitha Kumi Schule in Beth Dschalah. Am Donnerstag Morgen haben israelische Soldaten dessen Elternhaus gesprengt.

"Hashem war hochintelligent, sehr fleißig und ein ganz ruhiger Schüler, still unauffällig und gut", erzählt der lutherische Propst von Jerusalem, Martin Reyer. Der Propst äußerte sich "zutiefst schockiert" über die Tatsache, dass ausgerechnet ein Schüler von Talitha Kumi den Beschluss gefasst habe, in Jerusalem einen Mordanschlag auszuführen. "Wir wissen alle, welche Bedeutung Talitha Kummi hat und wie unermüdlich sich der Schulleiter Wilhelm Goller darum bemüht, auch in dieser schwierigen Lage einen Geist des Friedens und der Versöhnung aufrecht zu erhalten und seinen Schülern zu vermitteln."

Der Schulleiter Wilhelm Goller, zur Zeit auf Urlaub in Kanada, sagte zu der israelischen Zeitung Jerusalem Post: "Für mich ist es eine große Überraschung. Wir sind eine christliche Schule, eine palästinensisch-christliche Schule. Wir wollen Freiheit für die Palästinenser, aber als Christen verurteilen wir solche Akte."

Die Information, dass der Selbstmordattentäter die Eliteschule in Beth Dschallah besuchte, war dem israelischen Geheimdienst schon am Mittwoch bekannt. Journalisten erfuhren davon. Doch Erkundigungen bei der Schulverwaltung erbrachten keine klare Bestätigung. Aida Bischara, die sich als Stellvertreterin Gollers vorstellte, behauptete am Telefon zunächst, von nichts zu wissen und von niemandem vorher befragt worden zu sein. Während sie mit Schülerlisten raschelte, kam sie schließlich zum Schluss, dass man bei arabischen Namen nie so genau wisse, wer sich dahinter verstecke und meinte schließlich, dass der Selbstmordattentäter kein Schüler von Talitha gewesen sein könnte. Das Dementi klang wie ein Vertuschungsversuch.

Nachdem die Information über den Nachrichtensender n-tv nach Deutschland gelangt war, freilich noch ohne volle Bestätigung, meldeten sich entrüstete Spender beim Berliner Missionswerk und fragten, ob wohl mit den gut gemeinten Spenden anstelle von Friedenswerken palästinensischer Terror finanziert werde. Der Diplom-Theologe Karl Anton Blum aus Denzingen meldete sich bestürzt per Email aus Deutschland und erbat genauere Informationen. Seine Tochter sei als Volontärin in Talitha gewesen. Einige ihrer Freunde hätten behauptet, Hazem nicht gekannt zu haben, während andere Schüler aus Beth Dschallah "bestätigten". Es stellte sich später heraus, dass Blum mit dem Berliner Missionswerk in Verbindung stand und möglicherweise in deren Auftrag an diesen Korrespondenten geschrieben hatte. Die Verantwortliche für Talitha Kumi beim Berliner Missionswerk, Almut Notnagel, äußerte sich am Telefon höchst ungehalten über die Erwähnung der mit deutschen Spendengeldern finanzierten Schule im palästinensischen Beth Dschallah. "Wird denn etwa auch bei anderen Attentätern berichtet, welche Schule sie besuchen, wo sie herkommen und wer sie sind?" fragte Notnagel erbost, in der Hoffnung, "einen schlechten Ruf von der Schule abzuwenden". Denn nichts sei gewonnen, wenn die Schule mangels Spenden geschlossen werden müsse. Die Tatsache, dass etwa im Falle der ersten Selbstmordattentäterin in Jerusalem vor einigen Monaten Reportagen über ihre ganze Familie, über ihr Studium und über ihre Tätigkeiten als Sanitäterin beim palästinensischen roten Halbmond um die ganze Welt gingen, beeindruckte Frau Notnagel nicht sehr. "Aber es ist doch völlig überflüssig, Talitha Kumi beim Namen zu nennen..."

Talitha Kumi, 1851 von den Kaiserswerther Diakonissen in Jerusalem als Waisenhaus für arabische Mädchen gegründet, zog nach dem Unabhängigkeitskrieg Israel 1948 nach Beth Dschallah bei Bethlehem um. Anfang der sechziger Jahre wurde ein neues Schulgebäude errichtet, das sich heute auf der Grenze zwischen palästinensisch-autonomem A-Gebiet und dem von Israel kontrollierten C-Gebiet befindet. Auf dem weitläufigen Gelände mit alten Bäumen befindet sich ein Mädcheninternat mit 60 Schülerinnen und die Schule für 850 Schüler, Jungen und Mädchen, vom Kindergarten bis zum Abitur. Ein Fünftel der Schüler sind Moslems, die übrigen gehören zu verschiedenen christlichen Glaubensrichtungen. Die Schule wird heute vom Berliner Missionswerk der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg getragen.

Ulrich W. Sahm
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In China darf Einstein kein Jude sein
Das israelische Außenministerium hat eine für September geplante Ausstellung über das Leben des Physikers Albert Einstein in China abgesagt. Das chinesische Kulturministerium hatte gefordert, dass alle Hinweise auf die jüdische Herkunft Einsteins entfernt werden sollten. Wie die Zeitung Haaretz meldete, hätten arabische Länder oder Organisationen Druck auf Beijing ausgeübt. Die Volksrepublik habe die Araber nicht verärgern wollen. Doch das Außenministerium bestimmte, dass die Bedingung nicht akzeptabel sei und stornierte deshalb das "größte israelisch-chinesische Kulturprojekt seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen beider Länder".

Wie die israelische Botschaft in Beijing mitteilte, sollte auch die Information weggelassen werden, dass Einstein 1952 das Angebot, Präsident des Staates Israel zu werden, ablehnte. Das chinesische Kulturministerium hatte keinen offiziellen Grund für seine Forderungen angegeben.

"Diese Dinge sind ein wichtiger Teil von Einsteins Biographie. Sie können nicht einfach geändert werden", sagte Amir Saguie, Sprecher der israelischen Botschaft.

Der deutsche Physiker Albert Einstein wurde 1879 als erstes Kind jüdischer Eltern in Ulm geboren. Berühmt wurde er durch seine Relativitätstheorie. 1921 erhielt er den Nobelpreis. Er setzte sich für Frieden und Völkerverständigung ein und war überzeugter Kriegsgegner. Einstein starb 1955 in Princeton (New Jersey). Sein gesamtes Archiv hat er der jüdischen Nationalbibliothek bei der Hebräischen Universität in Jerusalem vermacht. So werden auch seine Notizen zur Relativitätstheorie heute in Jerusalem im Original aufbewahrt.

Ulrich W. Sahm
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Armenier gegen Enteignung von Klostergelände
Das armenische Patriarchat in Jerusalem droht mit einer Klage beim Obersten Gericht gegen den Staat Israel wegen einer beabsichtigten Enteignung von armenischem Klosterland nahe dem Flüchtlingslager Aida zwischen Jerusalem und Bethlehem. Unter anderem auf dem armenischen Grundstück wolle Israel den Trennzaun errichten, der das illegale Eindringen von Palästinensern auf israelisches Territorium verhindern soll, darunter auch Selbstmordattentätern.

Die Sprecherin des israelischen Verteidigungsministeriums Rachel Naideck bestätigte, dass es tatsächlich einen Plan gegeben habe, den Zaun auch über das armenische Grundstück zu verlegen. Das Verteidigungsministerium stehe jetzt jedoch in Verbindung mit dem armenischen Patriarchat, um über die Trasse des Zaunes zu verhandeln. "Noch sind keine Beschlüsse über den exakten Verlauf des Zaunes gefasst worden", sagte Naideck.

In dem Gebiet nahe dem Rachelsgrab gibt es einen großen befestigten "Grenzübergang" für Fahrzeuge. In Sichtweite der Soldaten wechseln täglich hunderte Palästinenser aus Bethlehem nach Jerusalem, um Arbeit zu finden. Sie gehen zu Fuß durch den Garten des ökumenischen Instituts Tantur. Israelische Offiziere hatten früher gesagt, dass Israel ganz bewusst solche "Ventile" offen lasse, damit der "Druckkessel der abgesperrten palästinensischen Gebiete" nicht explodiere.

Ulrich W. Sahm
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Verletzte bei Klosterstreit
Dem koptischen Mönch auf dem Dach der Jerusalemer Grabeskirche war es heiß geworden. Er rückte seinen Stuhl vom Eingang zum äthiopischen Kloster unter einen Baum auf dem Dach, dem Dir es Sultankloster, und löste so einen gewalttätigen Streit mit 13 Verletzten aus. Äthiopische und koptische Mönche prügelten sich, bewarfen sich mit Steinen und verletzten sogar eine israelische Polizistin im Gesicht. Die Polizei war gerufen wurden, um die Religionskämpfer auseinander zu halten.

Der Streit hoch über der Kapelle der Grabeskirche, wo St. Helena im dritten Jahrhundert das Kreuz Jesu in einer Zisterne wiedergefunden hatte, geht auf eine fast dreihundert Jahre alte Tradition zurück. 1757 legte der türkische Sultan, Herrscher des Osmanischen Reiches, einen "status quo" für die Heiligen Stätten von Juden, Christen und Moslems fest. Jede Kerze und jede Marmorplatte ist darin verzeichnet, zusammen mit ihrem rechtmäßigen Besitzer. So teilen sich die Griechen, Lateiner, Armenier, Kopten und Syrer die Grabeskirche. Teiles des Daches der Grabeskirche wurde den Kopten zugeteilt. Neuer Streit entstand, als sich die Äthiopier von der koptischen Kirche trennten. Ende des neunzehnten Jahrhunderts raffte eine Seuche alle Mönche im Dir es Sultan-Kloster der Äthiopier weg. Die Kopten nutzten die Gelegenheit, es zu besetzen. Die türkischen Behörden schufen neue Regeln, indem sie einem koptischen Mönch erlaubten, auf einem Stuhl am Eingang des äthiopischen Klosters zu sitzen. Im äthiopischen Klosterbereich, zu dem auch zwei Kirchlein entlang des Treppenaufganges zur Grabeskirche gehören, hat ein Kopte auch noch ein Zimmer, in dem er schlafen und "aufpassen" darf. Der status quo sieht vor, dass niemand auch nur die geringste Veränderung vornehmen darf. Selbst das Einschlagen eines Nagels bedeutet eine Änderung und kann deshalb nur von der jeweiligen "neutralen" Regierung vorgenommen werden, gleichgültig ob es die muslimischen Türken oder Jordanier waren, die christlichen Briten oder jetzt die jüdischen Israelis sind.

Das Rücken des koptischen Stuhles in den Schatten eines äthiopischen Baumes bedeutete deshalb eine schlimme Verletzung der Regeln. Hinzu kam angeblich noch der Versuch einer äthiopischen Nonne, den koptischen Geistlichen zu "berühren". Damit war dem Gewaltausbruch keine Schranke mehr gesetzt, bis die Polizei kam und versuchte, die frommen Kampfhähne auseinander zu halten.

Neues Öl ins Feuer goss der israelische Minister für innere Sicherheit, als seine Vertreter bestimmten, dass der koptische Mönch künftig zehn Minuten lang pro Tag unter Polizeischutz seinen Stuhl unter den Baum setzen dürfe. Das konnten die Äthiopier nicht akzeptieren. Der äthiopische Botschafter wurde gerufen und versprach, den Streit zu schlichten.

Die Zeitung Haaretz berichtet, dass auch der ägyptische Geschäftsträger in Tel Aviv eingeschaltet werden solle, um auf höchster Regierungsebene die Frage des verrückten Stuhles vom Tor um Baum zu schlichten.

Ulrich W. Sahm
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Bald nur noch ein Oberrabbiner für Israel
Der sephardische Oberrabbiner Israels, Elijahu Bakschi-Doron, erwägt seinen Rücktritt, damit es künftig nur noch einen Obberrabbiner für Israel gebe. Der Staat würde dutzende Millionen Schekel einsparen, wenn im Oberrabbinat nicht mehr zwei separate Rabbiner-Büros unterhalten werden müssten. In Tel Aviv gibt es schon einen Präzedenzfall für die Zusammenlegung der Ämter. Rabbi Schlomo Amar, wurde vor anderthalb Monaten zum gemeinschaftlichen Stadtrabbiner gekürt.

Wie die Zeitung Jedijot Achronot berichtet, habe Bakschi-Doron schon geheime Gespräche mit seinem Partner, dem aschkenasischen Oberrabbiner Rabbi Israel Meir Lau, und führenden Persönlichkeiten des religiösen Establishment geführt.

Sepharden (Spanien) werden traditionell die orientalischen Juden genannt, während der Begriff "Aschkenas" (Deutschland) für die europäischen Juden steht. Doch seit Jahrhunderten leben Juden dieser beiden Richtungen zusammen, was dazu führte, dass es in fast jeder Stadt der Welt, wo Juden leben, neben einer aschkenasischen Synagoge auch eine sephardische steht. Der Unterschied zwischen Sepharden und Aschkenasen ist nicht weltanschaulicher Art, wie bei Protestanten und Katholiken, sondern beschränkt sich im Wesentlichen auf unterschiedliche Gebräuche, abweichende Sitten, die Gebete zu singen und ähnliches. Vieles ist nur Folklore ohne tiefere religiöse Bedeutung.

Bakschi-Doron bezeichnete die vermeintlichen Unterschiede zwischen Aschkenasen und Sepharden einen "Bluff". Bei Fragen des koscheren Essens, der Reinheitsgesetze und den Hochzeitsregeln seien längst alle Unterschiede aufgehoben, weshalb auch die Institution von zwei separaten Oberrabbinern überflüssig geworden sei.

Sprecher der fromm-orientalischen Schass Partei äußerten Bedenken gegen diese Entwicklung. Sie befürchten, dass ihr geistiger Chef, der ehemalige sephardische Oberrabbiner Ovadja Josef an Macht und Einfluss verlieren könnte, weil eine Abschaffung des sephardischen Oberrabbinats eine Entlassung von hunderten orientalischen Bediensteten des Oberrabbinats nach sich ziehen würde.

Das Oberrabbinat ist eine staatlich finanzierte Institution mit großer Macht in Israel. Wegen der im Orient üblichen Trennung von "Kirche und Staat" verwaltet das Oberrabbinat alle standesamtlichen Aufgaben für den jüdischen Bevölkerungsteil. Ebenso überwacht das Oberrabbinat alle Supermärkte und viele Restaurants im jüdischen Sektor Israels, wo darauf geachtet wird, dass alle Speisen "koscher" sein müssen. Tausende "Koscheraufpasser" wachen im Auftrag des Oberrabbinats in Schlachtereien in Argentinien, Thunfischfabriken in Thailand und in den Küchen der koscheren Restaurants darüber, dass die Koschergesetze des jüdischen Religionsgesetzes genau eingehalten werden, darunter ein Verbot gewisse Tiere wie Schwein und Meeresfrüchte zu genießen oder die strikte Trennung von Fleisch und Milch.

Ulrich W. Sahm
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Thais ersetzen Palästinenser als Gastarbeiter
Im Heiligen Land mangelt es nicht an Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie Vertretern der wichtigsten Weltreligionen.

Neuerdings macht sich eine weitere Weltreligion im Staat Israel bemerkbar. Der Priester Payom ist aus Thailand angereist, um tausende buddhistische Gastarbeiter seelsorgerisch zu betreuen. Im Gemeinschaftszentrum des Kibbuz Jesud Hamaalah sitzt der kahlgeschorene Priester auf einem blauen Sessel auf der Bühne, während etwa hundert Thai-Arbeiter brav die Kinostühle bevölkern und den Worten des Geistlichen im gelben Gewand lauschen. Auf einer Sabbatdecke hat Payom Utensilien für die Andacht ausgebreitet: eine Buddhastatue, ein paar Räucherstäbchen, Kerzen.

"Benehmt Euch gut und verletzt nicht die Liebe, die euch die israelischen Arbeitgeber entgegenbringen", predigt der Mönch. Die Arbeiter sollten keine Wildtiere töten, Karten spielen und sich des Alkohols enthalten. "Gutes Benehmen" sei eine Voraussetzung dafür, dass die Israelis nicht Chinesen den Thais vorziehen.

Tausende Thailänder haben seit der ersten 1987 ausgebrochen Intifada die palästinensischen Gastarbeiter aus den besetzten Gebieten ersetzt. Die Palästinenser erschienen wegen Streiks oder Sperrungen immer seltener zur Arbeit und wurden für die israelischen Landwirte zunehmend zu einem Sicherheitsrisiko. Mehrere Landwirte wurden von Palästinensern ermordet. Um dennoch die schwere Handarbeit auf den Feldern und in den Gewächshäusern zu garantieren und die Ernte einzuholen, besannen sich die Israelis auf Thais. Zu Tausenden wurden sie eingeflogen um für einen geringen Lohn aber mit großem Fleiß die Arbeit zu erledigen. In allen landwirtschaftlichen Gemeinden, in Israel aber auch in den besetzten Gebieten wie im Süden des Gazastreifens und in der Jordansenke, sieht man Thais auf den israelischen Traktoren. Die Thai-Männer gelten als zurückhaltend und sind bei den Israelis besonders beliebt. Aber sie haben in Teilen Israels dem Wildleben schweren Schaden beigefügt. Sie jagten geschützte Tiere, die Juden nicht verspeisen, für die Thais aber eine willkommene Abwechslung auf dem Speisezettel bedeuten, darunter Hunde.

Der Priester Payom riet seinen Landsleuten, angesichts der schlechten Wirtschaftslage in Israel nicht zu verzagen. Sie sollten sich trotz der gesunkenen Gehälter wie "Studenten in den USA" fühlen, um die israelischen Anbaumethoden zu erlernen. Vielleicht könnten sie ihr Wissen dann nach ihrer Rückkehr in ihre Dörfer in der Heimat anwenden.

Der Priester ist nun schon zum dritten Mal nach Israel gekommen, um die Thais seelsorgerisch zu betreuen. Gegenüber der Zeitung Haaretz sagte er, keine Angst vor der Visite in Israel gehabt zu haben. Doch habe er Sorgen der Gastarbeiter gehört. Einige wurden schon Opfer palästinensischer Anschläge. Payom riet ihnen, sich nicht zu Stellen zu begeben, wo sich viele Menschen aufhalten.

Einige Thais hätten in letzter Zeit zunehmend Probleme mit dem Alkohol, "um sich zu beruhigen". Der Thai Botschafter in Israel, Domdasch Bonag, der den Geistlichen bei seinem Besuch in Israel begleitete, meinte, dass der Besuch von Payom "die Erneuerung religiöser Riten unter den Gastarbeitern aus Thailand ermögliche".

Der kürzliche schwere Anschlag im Süden von Tel Aviv hat bei dem "alten Busbahnhof" vor allem illegale Gastarbeiter getroffen, die sich in diesem ärmlichen Viertel mit Prostitution und Drogenhandel vor dem Zugriff der Polizei verstecken, um nicht des Landes verwiesen zu werden. Einige Verletzte weigerten sich, ins Krankenhaus evakuiert zu werden, weil sie befürchteten, identifiziert und deportiert zu werden.

Gemäß Schätzungen der Behörden halten sich in Israel mehr als 200.000 teils "illegale" Gastarbeiter auf, viele davon Thais, Philippinen, Chinesen, Rumänen und Türken. Im Süden Tel Avivs gibt es auch ganze Familien aus Schwarzafrika.

Die große Zahl von Angehörigen fremder Religionen haben die Behörden mit großen Problemen konfrontiert, weil im jüdischen Staat, wie in allen Ländern des ehemaligen osmanischen Reiches, die standesamtlichen Aufgaben nur von der staatlich anerkannten Religion vorgenommen werden. Akut wurde das Problem schon unter Ministerpräsident Begin Anfang der achtziger Jahre, als der 130 vietnamesische "Boatpeople", auf Booten geflüchtete Südvietnamesen, nach Israel einließ und sich dann herausstellte, dass es in Israel keinen "neutralen" Friedhof für Verstorbene gibt, die weder Juden, Christen noch Moslems sind. Inzwischen stellen einige Kibbuzim gegen Bezahlung ihre Friedhöfe für solche "Problemfälle" zur Verfügung.

Ulrich W. Sahm
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Patriarch beklagt sich über Israel
Der griechisch-orthodoxe Patriarch Irineos beklagte sich in einem großen Interview mit der Zeitung Haaretz über eine schlechte Behandlung durch den Staat Israel. Ein Jahr nach seiner Wahl habe der Staat Israel ihn immer noch nicht anerkannt, wobei Israel immer wieder "unbegründete Beschuldigungen" wegen seiner angeblichen Nähe zu der palästinensischen Autonomiebehörde äußere, ohne die Vorwürfe zu konkretisieren. Der Patriarch sagte, dass er nach schweren Terroranschlägen im vergangenen Monat einen Brief an den Staatspräsidenten Katzav geschickt habe, in dem er unzweideutig die Terroranschläge verurteilt habe. Der Patriarch beteuert, geistlicher Führer der griechischen Kirche zu sein und sich von politischer Betätigung fern zu halten.

Der Patriarch sagte in dem Interview weiter, dass sich seine Synode und er selber von Atallah Chana distanzieren, der in arabischen Ländern herumreise, pro-palästinensische Propaganda verbreite und sich als "Sprecher des Patriarchats" bezeichne. Der Patriarch sagte, dass Chana nicht der Sprecher sei und dass er nur seine Privatmeinung verbreite. Diesen Standpunkt habe er durch Leserbriefe auch den arabischen Zeitungsredaktionen mitgeteilt.

Die israelische Regierung hat Irineos die traditionell automatische Anerkennung verweigert, weil Gerüchte aufgekommen waren, dass der neue Patriarch griechischen Grundbesitz in Israel an die palästinensische Autonomiebehörde verkaufen oder verpachten könnte. Große Teile Jerusalems, darunter das Grundstück auf dem die Knesset und der Präsidentenpalais stehen, gehören der griechischen Kirche. Der Patriarch dementierte in dem Interview die ihm unterstellten Absichten. Der Patriarch beklagte sich darüber, dass der Staat Israel ausgerechnet gegen ihn vorgehe, einen griechischen Staatsbürger und deshalb neutral in dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Israel tue besser daran, gegen palästinensische Kirchenführer vorzugehen, die deutlich Position bezogen hätten. In Klammern fügte der Autor der Meldung im Haaretz ein, dass wohl der lateinische Patriarch Michel Sabbah gemeint sei, gegen den der Grieche polemisiere.

Wegen vermeintlicher "Rufschädigung" hat der griechische Patriarch Klagen gegen zwei israelische Zeitungen eingereicht und eine Million Dollar Schadensersatz verlangt. Die Zeitungen Maariv und Makor-Rischon hatten dem Patriarchen eine persönliche Nähe zu Arafat und seiner Autonomiebehörde nachgesagt.

Ulrich W. Sahm
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Israel nimmt Geistliche ins Visier
Israelische Geheimdienste und Militärs haben die Absicht, jetzt "die Ärmel hochzukrempeln" und das "gesellschaftliche Phänomen" der Selbstmordattentate "bei der Wurzel zu packen". Wie die Zeitung Haaretz berichtet, sei beabsichtigt, die Häuser von Selbstmordattentätern zu zerstören und deren Familienangehörige vom Westjordanland in den Gazastreifen zu deportieren. Diese Aktionen sollten gezielt gegen Mütter vorgenommen werden, die vor laufender Kamera vor oder nach den Attentaten die Selbstmorde ihrer Söhne begrüßt hätten.

Neu ist ein Vorschlag, jetzt auch gezielt gegen muslimische Geistliche vorzugehen und sie zu verhaften, falls sie in den Moscheen in ihren Predigten Selbstmordattentate begrüßt und gefördert hätten. Ins Visier sollen auch solche Geistliche genommen werden, die sich mit Selbstmordattentätern persönlich getroffen und ihnen den Segen zu den Mordaktionen gegen Juden gegeben hätten. Schon früher sei erwogen worden, die Lautsprecheranlagen von Moscheen zu zerstören, über die solche Hetzpredigten in der ganzen Umgebung der Gotteshäuser zu hören seien.

Ein hoher israelischer Militär habe bei einer Beratung gesagt, dass die Selbstmordattentate nur im Rahmen einer von Geistlichen und Politikern "geschürten Stimmung in der Gesellschaft" möglich geworden seien.

Um Erfolg zu haben, müsse Israel sehr vielfältig gegen die Selbstmordattentäter und ihre Drahtzieher vorgehen, also manchmal gar nichts tun oder aber sehr unterschiedliche Methoden einsetzen.

Bei der Beratung wurde klar, dass das vor einigen Monaten von Militärs entworfene "Portrait des klassischen Selbstmordattentäters" längst nicht mehr stimme.

Nur noch 64 Prozent der 54 Selbstmordattentäter, deren Hintergründe analysiert worden seien, entsprächen dem klassischen Profil eines jungen ledigen Mannes, etwa 25 Jahre alt und fanatischer Muslim. Zwar seien immer noch 95 Prozent aller Selbstmordattentäter ledig, aber es seien auch Familienväter unter ihnen gewesen, 5 Frauen und Minderjährige. Zehn seien Mitglieder der weltlichen Fatachbewegung und zwei der ebenfalls nicht fanatisch frommen Dschihad Organisation. Nur die Hälfte der Attentäter seien Männer im Alter zwischen 20 und 25 gewesen. Fast alle gehören der Mittelklasse an. Kein einziger Selbstmordattentäter sei ein führendes Mitglied einer Terrororganisation oder stammte aus einem "wohlhabenden Haus".

Die Selbstmordattentäter kämen aus einer "wohlgesonnenen und fördernden Umgebung", seien also gesellschaftlich gut integriert mit ihren Aktionen. Motiviert würden einige zudem durch "Rachelust" und Ideologie. Bemerkenswert sei der Einfluss der Familie auf die Selbstmordattentäter. So seien zwei Schwestern aus Bethlehem losgezogen, sich unter Israelis zu sprengen. Einer gelang die Tat, die zweite wurde verhaftet. In einem Fall habe ein Palästinenser seinen eigenen Bruder zum Tatort gefahren.

Öffentliche Verurteilungen der Selbstmordattentate durch Arafat und die Palästinensische Autonomiebehörde seien deutlich erkennbare "Lippenbekenntnisse". Die Ehrenbegräbnisse mit Beteiligung hochrangiger Vertreter der Behörde seien ein Zeichen an die Bevölkerung, dass diese Attentate begrüßt und geduldet würden. Gleiches gelte für die Benennung von Straßen und Plätzen nach Attentätern, die von Palästinensern als "Helden" oder als "Märtyrer" verherrlicht würden. Mit öffentlichen Geldern sei die Errichtung von Trauerzelten für Hinterbliebene der Selbstmordattentäter finanziert worden.

In palästinensischen Städten werde der Märtyrertod verherrlicht. Schilder warnen vor "natürlichem Tod". Aus Samarien melden die Israelis sogar die Entstehung eines "Heiligenkults" rund um die Leichen von Selbstmordattentätern, wie das eher im Christentum verbreitet ist. Einige Leichen von Selbstmordattentätern "hätten sich wie durch ein Wunder vor ihrem Begräbnis noch einmal bewegt".

Ulrich W. Sahm
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Besorgniserregende Antisemitismus-Welle
In den vergangenen Monaten gebe es in der Welt die "schlimmste Antisemitismuswelle seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte Rabbi Michael Melchior, stellvertretender israelischer Außenminister und verantwortlich für die Kontakte mit dem Diasporajudentum. Die Häufung antisemitischer Anschläge sei "besorgniserregend". In einigen Ländern hätten die Anschläge "um hunderte Prozent" zugenommen. Israel bemühe sich darum, eine "Koalition von Geistlichen" aufzubauen, also namhaften Christen und Moslems, die bereit wären, mit ihrem Namen und ihrer Autorität gegen diese Form des Rassismus gegen Juden vorzugehen.

Nachdem in Toronto, Kanada, ein ultraorthodoxer Jude von Neonazis ermordet worden war, rief zudem die Zionistische Weltvereinigung Juden in aller Welt auf, nach Israel einzuwandern.

Gemäß Angaben der Zeitung Jedijot Achronot werden in jüdischen Institutionen in den USA und in Kanada täglich Drohbriefe empfangen. Jüdische und israelische Einrichtungen in den USA werden ausdrücklich von der El Qaeda Organisation bedroht. In London ist vor einer Woche ein aus Stuttgart stammender homosexueller Rabbineranwärter ermordet worden, während im Schottischen Swansey eine alte Synagoge durch Vandalen schwer beschädigt worden ist. In Frankreich sind seit Ausbruch der Intifada vor fast zwei Jahren mehre Synagogen verbrannt oder geschändet worden. In Berlin habe es mehrere Überfälle auf Juden auf offener Straße gegeben, darunter Frauen, die einen Davidstern an einer Halskette trugen. In Russland sind mindestens zwei Menschen getötet und eine Frau schwer verletzt worden, als sie versuchten, antisemitische Plakate zu entfernen. Hinter den Plakaten waren Sprengsätze versteckt, weil die Täter vermuteten, dass nur Juden die Tafeln mit der Aufschrift "Tod den Juden" entfernen würden.

Ulrich W. Sahm
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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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