Antisemitische Passagen in der Liturgie des Weltgebetstages

Vorschläge für eine Ergänzung

TheologInnen der Berliner Humboldt-Universität haben in einem Offenen Brief Kritik an der diesjährigen Liturgie für den Weltgebetstag der Frauen geübt. Beim Weltgebetstag am 7. März 2003 steht der Libanon im Mittelpunkt. In dem Offenen Brief der Teilnehmenden eines Seminars der Dozentin Dr. Ursula Rudnick heißt es:

"mit Erschrecken [ist uns] der recht offene Antisemitismus in der Gottesdienstordnung zum Weltgebetstag der Frauen 2003 aufgefallen.

In den "Stimmen aus dem Libanon" (Seite 8f) wird in der ersten Äußerung mit Israel das erste und einzige Mal im ganzen Gottesdienst ein Grund für Leid und Unrecht im Libanon konkret benannt. Durch diese namentliche Hervorhebung wird der Eindruck erweckt, dass auch alle weiteren genannten Unrechtserfahrungen allein von Israel ausgegangen seien.

Uns erscheint auch die Verwendung des Namens Nakba (Katastrophe - meint die Vertreibung der Palästinenserinnen aus Israel) für die vierte Stimme in diesem Zusammenhang nicht zufällig und damit problematisch. Die hier gemachte Aussage beschönigt die in Wahrheit sehr schwierige Stellung der meisten Palästinenserinnen im Libanon stark, und gerade hinsichtlich des aktuellen Nahostkonfliktes ist somit sofort eine negative Verknüpfung zu Israel hergestellt.

Dies allein kann durch die vorliegenden Gottesdienstordnung und die ihr vorangestellte Einführung in die jüngere Geschichte des Libanons nicht aufgefangen werden. Wir sind uns bewusst, dass die im Libanon erarbeitete Liturgie nicht wahllos ergänzt oder verändert werden kann, dennoch sind wir der Meinung, dass dieses Problem gerade in Deutschland nicht übergangen werden darf. Auch vor dem Hintergrund der Diskussion, die bereits um die Weltgebetstagsliturgie der Frauen aus Palästina entbrannt ist, sind wir verwundert, dass eine solche Kritik, wie wir sie äußern, überhaupt noch nötig ist."

Ein von Ursula Rudnick ausgearbeiteter Dialog zwischen zwei deutschen Frauen, der im Anschluss an die "Stimmen aus dem Libanon" gelesen werden kann, dient als Vorschlag der Liturgieergänzung:

Dialog zwischen zwei Frauen in Deutschland

Ursula: "Ein hartes Leben. Schwer vorzustellen für uns, die wir hier in Frieden und Wohlstand leben. Bürgerkrieg, Armut, Gewalt ... Ich als Nachkriegskind kann mir das gar nicht vorstellen."

Bärbel: "Die Älteren von uns wissen noch, was Krieg und seine Folgen bedeutet. Die Stimmen der Frauen aus dem Libanon berühren mich. Gleichzeitig werde ich ärgerlich. Als Verursacher des Leides wird hier nur Israel genannt. Wer sich nicht genau auskennt, denkt, allein der Staat Israel sei für das Leiden der libanesischen Frauen, Kinder und Männer verantwortlich. Das stimmt nicht: im Land herrschte lange Bürgerkrieg. Christen und Muslime zerfleischten sich untereinander. Syrien besetzte das Land. Viele tragen Verantwortung für diese Situation."

Ursula: "Gut, dass Du darauf hinweist."

Bärbel: "Ich bin an dieser Stelle empfindsam. Meine Tochter lebt in Jerusalem und dadurch achte ich darauf, wie Israel beurteilt wird. Ich finde es nicht gerecht, an Israel einen anderen Maßstab anzulegen als an andere Länder."

Von Kira Busch-Wagner stammt folgender Entwurf für ergänzende Fürbitten

Ewiger Gott,

vor dich bringen wir unsere Sorge, unsere Angst. Wir bitten dich: nimm von uns Misstrauen und Menschenfurcht.

Stärke unsere Zuversicht, Gräben zwischen Menschen, Gruppen und Nationen zu überwinden. Stärke die Bereitschaft , dass wir einander zuhören und verstehen.

Wir bitten dich um Frieden im Libanon und der ganzen Region. Wir bitten dich um Frieden für Israel und für seine Nachbarn. Wir bitten dich um Frieden für Palästinenserinnen und Palästinenser, wo immer sie leben.

Lass uns Wege finden, dass nicht Menschenleben geopfert werden im Streit, dass nicht Verderben unser Leben begleite nicht Lüge unsere Gedanken, nicht Hass unsere Rede.

….(weitere Fürbitten können ergänzt werden)

Dies bitten wir durch Jesus Christus, empfangen durch den Geist, geboren von Maria in deinem Volk Israel. Amen.

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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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