Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

Wahl in Israel: Pyrrhussieg für Scharon - Ergebnisse und Analysen
2003 Scharon saß niedergeschlagen und schweigend unter Freunden, als die Hochrechnungen der Likudpartei einen Wahlsieg mit 37 Mandaten vorhersagten. "Das ist jetzt nicht die rechte Zeit zum Feiern", sagte der ernst dreinblickende Wahlsieger spät in der Nacht im Tel Aviver Kongresszentrum. Fähnchenschwenkende Jugendliche tanzte zu den Klängen des Wahl-Jingle "Das Volk will Scharon". Tiefernst rief der 75 jährige Scharon die Arbeitspartei auf, "enge politische Interessen" zu überwinden und sich der "nationalen Verantwortung" zu stellen. Scharon redete von "dem mörderischen Hass der Terrororganisation und der Gefahr eines bevorstehenden Krieges (im Irak)...Israel darf jetzt nicht gespalten sein, aufgefressen durch Hass. Israel braucht Stabilität, sonst vertieft sich noch die Krise." Sogar einen künftigen palästinensischen Staat erwähnte Scharon. Die jubelnden Likud-Anhänger stifteten dazu nur mäßigen Applaus.

Der kürzeste Wahlkampf mit der niedrigsten Wahlbeteiligung seit der Staatsgründung hat für Ariel Scharon alle Alternativen für eine Koalition geschaffen. Scharon könnte mit einer stabilen Mehrheit rechnen, gleichgültig ob er sich für eine "kleine Koalition" mit den Rechten und Frommen entscheidet, für eine "weltliche" Koalition ohne Fromme oder für eine "Koalition der nationalen Einheit" ohne die kleinen Parteien. Aber Scharon will angeblich Neuwahlen, falls er nicht jene Koalition der Nationalen Einheit zustande bringt, die ihm vorschwebt. Er will aus einer Position der Stärke historische Entscheidungen fällen können.

Schock löste der Niedergang der israelischen Linken und das Verschwinden des Friedenslagers aus. Die Arbeitspartei verlor ein Drittel ihrer Kraft und sackte auf 19 (zuvor 25) Mandate ab. 20 Mandate galten als Schmerzgrenze zwischen Niederlage und Debakel. Wahlverlierer Amram Mitzna, 58, hielt eine wirre Rede. Mit seiner Weigerung, Scharon künftig wieder als "Feigenblatt" zu dienen, bezeichnete er es als einen "Wahlsieg", die Koalitionsbemühungen Scharons blockieren zu können. Als hätten die Sozialisten vom Wähler keine vernichtende Abfuhr erhalten, sagte Mitzna kämpferisch: "Die Arbeitspartei hat einen Weg, eine Identität und ein Ziel." Nach der Nationalhymne stimmten Mitzna und Genossen nationalistische Volkslieder an, wie sie Pfadfinder in den Pionierzeiten am Lagerfeuer sangen. "Mögen sie doch wenigstens diesmal nicht mit dem ausgeleierten Akkordeon ihre anachronistischen Lieder anstimmen, die wie ein nostalgischer Totenkult klingen", kommentierte Doron Rosenblum im Haaretz diese unwirkliche Szene.

Die Vorläufer der Arbeitspartei haben Israel gegründet, aufgebaut und bis 1977 unangefochten regiert. Der "unbekannte" Mitzna, ein Wahlkampf "mit täglich wechselnden Schlagworten" und "taktische Fehler" treffen nicht allein den Kern des Scheiterns. Denn einen "Untergang" erlitt auch die linke, ideologisch dem "Frieden" verpflichtete Meretz-Partei. Sie stürzte von 10 auf nur 6 Mandate in die Bedeutungslosigkeit. Parteichef Jossi Sarid ist bei rechten Israelis der wohl meistgehasste Politiker, ein wandelndes Symbol für Konzessionsbereitschaft und Dialog mit den Palästinensern. In der Wahlnacht übernahm er die "volle Verantwortung" für das eigene Scheitern und verkündete seinen Rücktritt. In ein Jammertal gerieten auch die drei arabischen Parteien. "Die Araber sind unterrepräsentiert, denn wegen des schlechten Abschneidens von Meretz und der Arbeitspartei werden Araber auch auf deren Listen nicht in die Knesset einziehen", klagt Lutfi Senjora, Chefredakteur einer arabischen Wochenzeitung.

Der wahre Grund für den Niedergang der "Linken" liegt an der Enttäuschung über den Friedensprozess. Vor elf Jahren erlangte das linke Lager unter Rabin mit 64 von 120 Mandaten eine absolute Mehrheit. Jetzt sind ihm nur noch 33 Sitze verblieben. Auch Ehud Barak erhielt als Befürworter des von Rabin gestarteten Friedensprozesses mit der PLO eine überwältigende Mehrheit. Doch mit Ausbruch der Intifada und dem palästinensischen Terror, dem die Israelis trotz massiver militärischer Einsätze fast machtlos gegenüberstehen , versank die Bevölkerung in Panik und Hoffnungslosigkeit. Schimon Peres verhandelte auch noch unter Scharon, brachte aber nicht einmal einen Waffenstillstand zustande. Die Hoffnungen auf Frieden mit den Palästinensern und Versöhnung mit der arabischen Welt verflüchtigten sich mit jedem Selbstmordattentat. Längst gestehen die "Architekten" der Osloer Verträge "Fehler" ein. Die "Rechten" hatten stets vor Anerkennung der PLO, Vertrauen in Arafat und Bewaffnung der "Freischärler" gewarnt. Der naive Glaube des Friedenslagers an Arafats Unterschrift zu einem Gewaltverzicht erhielt schon 1996 mit den schweren Attentaten in Tel Aviv und Jerusalem ernste Kratzer. Damals versuchte noch alle Welt mit einem eilig einberufenen Gipfel in Scharm A Scheich den Friedensprozess zu retten. Im Juli 2000 in Camp David bot Ehud Barak dann den Palästinensern die "ultimativen Konzessionen" an. Dennoch sagte Arafat "Nein" und verwirklichte mit Ausbruch der Intifada den schlimmsten Alptraum der Israelis: einen mörderischen Krieg innerhalb der eigenen Grenzen mit akuter Gefährdung der israelischen Bevölkerung. Das hat es seit der Gründung Israels 1948 nicht mehr gegeben.

Trotz der von Amerikanern, manchen Europäern und sogar Palästinensern mitgetragenen Enttäuschung über Arafat machte sich das israelische "Friedenslager" zunehmend unglaubwürdig, indem es weiter in Arafat einen vertrauenswürdigen "Partner" sah und quasi als "Lohn für die Gewalt" weiteres Land, Abbau von Siedlungen und Rückzug anbot. Der Widerspruch, Fehler beim Friedensprozess einzugestehen, aber weiter an diesen Fehlern festzuhalten, brachte die Abfuhr.

Die geringe Wahlbeteiligung wird als Zeichen für Politik-Verdrossenheit, Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit gewertet. Die Mehrheit der Israelis sieht wohl auch in Scharon nicht den Retter der Nation. Scharon scheint den richtigen politischen Instinkt zu besitzen, trotz seines Wahlsieges auf einer großen Koalition zu bestehen.

Überraschung löste ein "Aufstand der Bürgerlichen" aus. Der Kochbuchautor, Holocaustüberlebende und Talkshowmeister Tommy Lapid schaffte mit seiner Schinui Partei 15 (zuvor 6) Mandate. Im offenen Hemd und mit ungekämmten schütteren Haaren versprach Lapid: "Wir werden Israel verändern." Jeder jüdische Bürger solle beim Militär dienen und Steuern zahlen, schwor Lapid und jagte Frommen wie Ultraorthodoxen einen Schrecken ein. Viele ultraorthodoxe Juden lassen sich mit Kindergeld und Sozialhilfe von Steuer zahlenden weltlichen Bürgern Israels durchfüttern. Zugleich tragen die weltlichen Juden fast allein die Bürde der Landesverteidigung, während die Orthodoxen mit dem Vorwand, heilige Schriften zu studieren, jeden Dienst für die Allgemeinheit ablehnen.

Schinui ist die drittgrößte Partei. Die fromme Schass-Partei wurde von 17 auf nur noch 11 Sitze reduziert. Überraschend ist Lapids Erfolg vor allem deshalb, weil der Streit zwischen sekulären und frommen Juden um die Gestaltung des "jüdischen Staates" in den Hintergrund gerückt schien, angesichts des Terrors und der Wirtschaftslage. Dabei meinen die Analytiker auch, dass Schinui zum "neutralen" Auffangbecken geworden ist für enttäuschte Wähler der rechten wie linken Parteien, die sich weder für Mitzna noch für Scharon entscheiden konnten.

"Wie erklären Sie sich das Phänomen, dass viele Israelis für Parteien stimmen, deren politisches Programm sie nicht teilen oder die gegen ihre persönlichen Interessen handeln?" Der politische Soziologe der Tel Aviver Universität, Joram Peri, ging dieser Frage nach und stellte fest, dass die Israelis sich wie "Stammeswähler" verhielten.

Eine klar umrissene Gruppe stellen nach Angaben von Peri "die palästinensischen Bürger Israels" dar, mit 1,2 Millionen Menschen etwa ein Fünftel der Bevölkerung, überwiegend muslimisch und mit "gespaltener Identität". Sie empfinden als Israelis, identifizieren sich aber mit den Palästinensern jenseits der "grünen Grenze".

Die "Neueinwanderer aus russischsprachigen Ländern" stellen ebenso eine fast homogene Gruppe dar. In den vergangenen zehn Jahren sind etwa eine Million "Russen" aus der ehemaligen Sowjetunion eingewandert. Sie haben sich noch nicht vollständig integriert, vertreten eine eigene "Kultur" und stehen eher "rechts" als Reaktion auf ihre "kommunistische" Vergangenheit. Weil sie jedoch überwiegend weltlich-unreligiös sind, stehen sie den ebenso rechten Siedlern sehr fern.

Die "Ultraorthodoxen", im Wesentlichen aus Osteuropa stammende sehr fromme Juden mit eigener Tracht und strikten Sitten, wählen je nach Sekte oder Gruppenzugehörigkeit ihre eigenen Parteien. Deren politische Programme konzentrieren sich auf die Förderung jüdischer Bräuche im Staat Israel, haben aber keine eigene Meinung zu der "großen Politik" formuliert. Einige dieser "ultraorthodoxen" Parteien vertreten sogar eine "anti-zionistische" Ideologie und sind gegen die Siedlungspolitik. Neben den Arabern vermehren sich die Ultraorthodoxen wegen ihres Kinderreichtums am schnellsten. Zusammen mit den Arabern stellen sie die wirtschaftlich schwächste Gruppe unter den Israelis.

Die kleinste ausgeprägte Gruppe unter den sechs von Peri definierten "Stämmen" seien die "nationalistisch-Religiösen". Dazu rechnet er den harten Kern der Siedler und jene Gruppen, die eine Verbindung zwischen Religion und Nationalismus geknüpft hätten. Sie wählen vor allem die Nationalreligiöse Partei. Nur ein kleiner Teil der rund 220.000 Siedler zählt zu dieser Gruppe gezählt. Viele Bewohner der Stadt Maaleh Adumim sind "normale" Israelis ohne jegliche Siedlerideologie.

Sehr viel schwerer zu definieren seien die beiden großen Gruppen, die den Rest der Bevölkerung und damit auch die große Mehrheit bilden. Üblicherweise wird zwischen "Aschkenasen", also europäischen Juden und "Sepharden", aus dem Orient stammenden Juden, unterschieden. Doch diese Kategorisierung sei falsch, irreführend und wegen verwischter Grenzen längst überholt.

Peri schlägt als Oberbegriff für die "europäischen" Juden eher das Wort "Nordler" und für die Orientalen "Südler" vor, wobei er eher an die Geographie der Stadt Tel Aviv und weniger an die Herkunftsländer denkt. Im Norden der israelischen Metropole leben die Neureichen, die Yuppies, die Beschäftigten in der High-Tech-Industrie, die besser Ausgebildeten. Im Süden eher die Unterbemittelten, die Arbeitslosen, die Benachteiligten. Der Bruch in der israelischen Gesellschaft gehe längst nicht mehr entlang der ethnischen Grenzen, sondern lasse sich besser am "Kulturkonsum" ablesen. Während die Nordler in die Oper gingen, hören die "Südler" orientalische Musik. Die Nordler lesen die Zeitung "Haaretz", während die Südler die Abendzeitungen vorziehen.

Likud und Arbeitspartei verstehen sich als Sammelbecken für beide bürgerlichen "Stämme". Die wohlhabenden Industriellen jedoch fühlen sich bei den "Sozialisten" der Arbeitspartei eher zuhause als bei der "konservativ-bürgerlichen" Likudpartei. Die "Arbeiter" wählen aus kulturellen Gründen eher den volkstümlichen Likud und nicht die Sozialisten. Und weil es sich in beiden Fällen um Stammeswähler handelt, wird deutlich, dass die Menschen hier Parteien wählen, die oft gegen ihre eigentlichen Interessen handeln.

Erstmals hätten die weltlich ausgerichteten "Nordler" mit der Schinui-Partei eine eigene Bewegung geschaffen, die den Kulturkampf gegen die Traditionalisten und Frommen aufgreife. Die orientalisch-traditionell ausgerichteten "Südler" haben schon seit den achtziger Jahren mit der Schass-Partei eine vergleichbare Bewegung geschaffen. In der letzten Knesset war sie auf Kosten der Likudpartei mit 17 Mandaten vertreten.

Schass und Schinui verdanken ihren Erfolg diesem von Peri ausgemachten "Stammesverhalten" der Wähler. Denn der Chef der Schinuipartei, Buchautor und Talkshowmeister Tommy Lapid, denkt politisch eher "rechts", während die Schinui-Wähler aus der "linken" Arbeitspartei oder der noch linkeren Meretzpartei stammen. Die Führung der "sephardisch" frommen Schasspartei hatte keine Gewissensbisse, zusammen mit der linken Arbeitspartei die Osloer Verträge mit den Palästinensern auszuhandeln und in der Folge "heilige jüdische Gefilde" an die Palästinenser abzugeben. Doch die Masse der eher ungebildeten Schass-Wähler stammt aus dem nationalistischen Likudblock und trägt ihr Herz auf der rechten Seite. Gleichwohl hat die Wählerschaft der Schasspartei nur wenig Verständnis für die national-religiöse Ideologie der Siedler.

Schinui und Schass seien also typische "Stammesparteien", deren Wähler nicht der Politik der Parteiführung zustimmen. (Ulrich W. Sahm)
Neues interreligiöses Programm in Jerusalem proklamiert
Am Ende eines internationalen interreligiösen Seminars des Shalom-Hartman-Instituts in Jerusalem ist ein neues interreligiöses Forschungsprogramm veröffentlicht worden. Das Institut vergibt an lokale und internationale Theologen der drei monotheistischen Religionen Jahres- und Halbjahresstipendien, um gemeinsam an Forschungsthemen, die für die drei Religionen von Bedeutung sind, arbeiten zu können.

Das Programm besteht aus drei Teilen. Lokale Theologen sollen die fortlaufende Arbeit garantieren. Sie treffen sich zweimal in der Woche mit der zweiten Gruppe, internationalen Theologen, die für ein halbes oder ein ganzes Jahr nach Jerusalem kommen. Die dritte Gruppe besteht aus jungen Postdoktorat-Wissenschaftlern, die ein Jahr die Möglichkeit bekommen sollen, sich an den Beratungen zu beteiligen. Allen Theologen ist genügend Zeit für eigene Studien eingeräumt. Das Stipendium beträgt 20.000 Dollar für ein halbes Jahr.

Zentrum der Forschungsarbeit wird das Shalom-Hartman Institut in Jerusalem sein. Das Institut ist ein vorwiegend aus Amerika finanziertes privates Forschungsinstitut, das jetzt sein 25 jähiges Jubiläum gefeiert hat. Es befindet sich in der Nähe des Jerusalem Theaters im Zentrum der Stadt und ist für seine moderne architektonische Bauweise ausgezeichnet worden. Es ist geräumig genug, jedem der Wissenschaftler ein eigenes Zimmer und Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung stellen zu können. Die Teilnehmerzahl jeder dieser Gruppen ist auf 10 Personen beschränkt. Das Hartman Institut ist neoorthodox mit einer liberalen Einstellung, die auch anderen Strömungen im Judentum Raum zur Mitarbeit einräumt.

Die zuende gegangene Konferenz hatte das Thema "Jenseits der Grenze - Sünde und Ausschließung bei Juden, Christen und Moslems". Höhepunkt der Konferenz waren die Beiträge von moslemischer Seite. 16 der 60 Teilnehmer waren moslemische Gelehrte aus Israel und Europa, darunter der Präsident der italienischen moslemischen Gemeinschaft, Scheikh Abd al Wahid Pallavicini. Prominentester christlicher Teilnehmer war der schwedische Theologe Krister Stendahl, der an der Harvard Divinity School unterrichtet. (Michel Krupp)
Jordanien beginnt mit Reparatur der Tempelplatzmauer
Jordanische Ingenieure haben mit den Reparaturen an der baufälligen und einsturzgefährdeten Südmauer des Tempelbezirks begonnen. Die Delegation unter der Leitung von Raef Najim, Vizepräsident der königlischen Baugesellschaft und ehemaliger Minister im jordanischen Parlament, traf in Israel ein und nahm ihre Arbeit auf. Die Arbeiten sollen im Frühsommer beendet sein. Das 200 qm große Stück soll nicht abgerissen werden, sondern Stein für Stein erneuert werden, sagte das jordanische Expertenteam.

Najim bezeichnete als seinen genauen Titel "Beauftragter des Jordanischen Kommittees zur Reparatur der Al-Aksa Moschee und des Felsendoms". Das Kommittee untersteht direkt dem jordanischen König. Dieses Kommittee führte auch die Reparaturen nach dem Brand der Al Aksa Moschee 1969 durch und war verantwortlich für die Vergoldung des Dachs des Felsendoms 1994. Najim griff die palästinensischen Behörden an und sagte, die Jordanier allein seien für den Tempelplatzbezirk verantwortlich. Der palästinensische Wakf (die religiöse Verwaltung) habe "keine Verbindung mit dem Gebiet und spielt darin keine Rolle".

Der Konflikt um den Tempelplatz ist nicht nur ein israelisch-palästinensischer, sondern auch ein innerarabischer. Auch während der israelischen Besetzung hatte weiterhin Jordanien die Kontrolle über den Tempelplatz behalten in enger Kooperation mit Israel. Seit 1996 ist die Verwaltung des Tempelbergbezirks praktisch in palästinensischer Hand, nachdem die Palästinenser einen eigenen Mufti eingesetzt und den von Jordanien eingesetzten nach Haus geschickt hatten. Allerdings bezahlt Jordanien weiterhin die Gehälter der Wakf Angestellten. Über die Beauftragung der Jordanier hatten Israelis und Palästinenser sich nach einem langen Streit geeinigt, da jede Partei nur eine Seite der Mauer unter ihrer Gewalt hat, die Palästinenser von innen, die Israelis von außen. (Michel Krupp)
Gesuch von Wehrdienstverweigerern abgelehnt
Das israelische Gericht hat das Gesuch auf Anerkennung von 8 Reserve-Soldaten und Offizieren abgelehnt. Die Bittsteller sind keine Verweigerer im herkömmlichen Sinne. Sie sind bereit, in Israel zu dienen, aber nicht in den besetzten Gebieten. Sie gehören zu einer Gruppe, die sich "Courage to Refuse" nennt, die sich im Januar 2002 gebildet hat und zu der inzwischen 512 Reservisten, Offiziere und Soldaten gehören.

Das Oberste Gericht, bestehend aus dem Dreiergremium der Richter Aharon Barak, Dorit Beinisch und Ajala Lebanon, lehnte die Anerkennung ab, weil eine Anerkennung "die Bande, die die Nation zusammenhalten, schwächen" würden. "Gestern war es die Opposition, im Libanon zu dienen", heißt es in der Erklärung, "heute gibt es eine Opposition in Judea und Samaria (der Westbank) zu dienen, morgen gibt es eine Opposition, die Siedlungen in der Westbank zu räumen... Die Armee des Volkes droht zu einer Armee zu werden, in der jede Einheit lediglich nach seinem eigenen speziellen Gewissen handelt."

Mit der Entscheidung des Gerichts wird einer der Bittsteller, Leutnant der Reserve David Zonsheine, eine dreiwöchentliche Haftstrafe abzusitzen haben. "Das (ins Gefängnis gehen) ist die beste und wichtigste Pflicht, die ein Soldat in der Armee für Israel leisten kann", sagte Zonsheine. Die Bittsteller hatten vom Gericht verlangt, ihre Verweigerung als legitim anzuerkennen, da die Besetzung von 3 Millionen Menschen ohne nötige zivile Versorgung, ungesetzlich sei. (Michel Krupp)
Neujahrsempfang des Staatspräsidenten für die christlichen Oberhäupter
Der Präsident des Staates Israel, Mosche Katsav, und der Außenminister des Staates, Benjamin Netahnjahu, ließen es sich nicht nehmen, vor den Oberhäuptern der christlichen Gemeinschaften in Israel, beim traditionellen Neujahrsempfang für die christlichen Oberhäupter Ende Dezember eine halbe Stunde über die Grauen des Terrors zu reden. Der Präsident adressierte seine Rede bewusst an geistliche Oberhäupter und brachte indirekt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass es keine eindeutige Verurteilung des Terrors durch die Oberhäupter in der letzten Zeit gegeben hat. Im Gegenteil, der lateinische Patriarch hatte noch in seiner Weihnachtsrede den Terror als Folge der israelischen Besetzung bezeichnet und in israelischen Augen dadurch gerechtfertigt. Es gehe nicht um einen interreligösen Konflikt, sondern um einen politischen mit den Palästinensern. Israel sei zu großen Zugeständnissen bereit, sagte der Präsident.

Demgegenüber waren die Reden des orientalisch-orthodoxen Relionsminister, Ascher Ouhana, und des christlichen Sprechers, des griechisch-orthodoxen Bischofs Aristarchos, Sekretär des immer noch nicht von Israel anerkannten orthodoxen Patriarchen Irenäus I, eher protokollarisch korrekt. Der Religionsminister wünschte den Christen ein friedlicheres Jahr als es das vergangene gewesen war, und der Bischof sagte, er wolle in diesen Zeiten durch Kritik die Spannung nicht noch erhöhen. Eher solle sich jeder selber fragen, wo er versagt oder gesündigt habe, dass wir in solch schweren Zeiten leben. Er schloss seine Rede mit einem versöhnlichen Wort in Hebräisch und dem Wunsch auf ein endlich friedlicheres Neues Jahr.

Die zahlreich vertretene Presse interessierte sich vor allem für die orthodoxe Kirche, ihre arabischen Sprecher, und den nicht anerkannten Patriarchen griechischer Abstammung. Noch rechtzeitig vor dem Staatsempfang hatte der israelische Sicherheitsdienst seine Bedenkung gegen die Anerkennung des Patriarchen zurückgezogen, auch Ministerpräsident Ariel Scharon hat bekannt gegeben, dass er für die Anerkennung ist. Aber noch gibt es erheblichen Widerstand in Regierungskreisen und ebenso in arabischen Kreisen der orthodoxen Kirche. Der Patriarch war vor ein einhalb Jahren gegen den Widerstand der israelischen Regierung von der Kirchen-Synode gewählt worden und von den Palästinensern und Jordaniern, die ebenfalls zum Herrschaftsbereich des Partriarchats gehören, anerkannt worden. Eine Anerkennung durch die Regierungen fordert das orthodoxe Kirchenrecht.

Die Israelis warfen dem gewählten Patriarchen enge Kontakte zu Palästinenserchef Arafat vor. Inzwischen beschuldigt Arafat den Patriarchen, proisraelisch zu sein, an die Israelis Böden verkaufen zu wollen und fordert seine Ersetzung durch einen arabisch-stämmigen Patriarchen. Die orthodoxe Kirche ist der größte Grundstückbesitzer im Nahen Osten und die einzige bodenstämmige Kirche, die nicht von einem Palästinenser verwaltet wird.

Der umstrittene Patriarch war anwesend und wurde von allen freundlich begrüßt, aber er war nicht in seinem Patriarchenornat erschienen. Die griechisch-orthodoxe Kirche ist die eigentliche bodenständige Kirche in Israel und Palästina und besitzt Primatsrecht unter den Kirchen des Heiligen Landes. (Michel Krupp)

Kein Stern über Bethlehem und nicht nur Regenwolken dämpfen die Festfreude
Zwei Tage vor Weihnachten hatte sich die israelische Armee aus dem Zentrum von Bethlehem zurückgezogen, das sie vor einem Monat besetzt hatte, nachdem ein Selbstmörder aus Bethlehem sich in Jerusalem in die Luft gesprengt und 11 Menschen in den Tod mitgerissen hatte. Schon am Vortag war kein Soldat auf dem ganzen Weg zum Krippenplatz durch die engen Gassen von Bethlehem mehr zu sehen. Auf dem Krippenplatz nur bettelnde Kinder wie man es früher in Gaza gewöhnt war und aufdringliche Händler, die die wenigen Fremden angingen, zu kaufen, sonst verhungerten ihre Kinder zu Hause.

Zum ersten Mal seit Menschengedenken gab es keinen Weihnachtsschmuck auf den öffentlichen Plätzen und Straßen, keine Lichterketten, Sterne und Girlanden, die große Kiefer auf dem Krippenplatz vor dem "Bethlehemer Friedenszentrum" war ohne Schmuck, nur auf dem Gebäude der Stadtverwaltung gegenüber der Geburtskirche prangte ein einsamer Neonbeleuchtung "Merry Christmas". So zeigte das israelische Fernsehen in diesem Jahr Bilder von Weihnachtsdekorationen in aller Welt, aber nicht aus Bethlehem. Wer diesmal in Israel Weihnachtsfreude erleben wollte, musste nach Nazareth fahren, wo die üblichen Umzüge stattfanden.

Doch die religiösen Feiern nahmen ihren Lauf wie jedes Jahr. Am religiösen status quo, der sich dreimal zur Weihnachtszeit wiederholt, am westlichen Weihnachtsfest, zwei Wochen später am orthodoxen und zuletzt am 18. Januar am armenischen Weihnachtstermin. Gegen Mittag am 24. Dezember trafen fast zur gleichen Zeit auf dem Platz vor dem orthodoxen Eliaskloster noch auf israelischem Gebiet zwei Autokolonnen aufeinander, eine kleine von Jerusalem herkommend und eine große, an die 60 Wagen, von Bethlehem her. Die Jerusalemer Kolonne wurde vom Wagen des lateinischen Patriarchen, Michel Sabbach angeführt.

In der Bethlehemer Kolonne waren all die christlichen Würdenträger der ehemals christlichen Städte Bethlehem, Beit Jalla und Beit Sahur, die den Weg über den Grenzposten nach Israel hinein nicht gescheut hatten. Der Bethlehemer Bürgermeister war nicht darunter, er empfing den Patriarchen in der Geburtskirche. Die Begrüßung zwischen den christlichen Würdenträgern und den israelischen Militärs und israelischen Verbindungsleuten war manchmal fast herzlich. Trotz des Nieselwetters war so etwas wie eine festliche Stimmung zu spüren. Nach der Begrüßung gab der Patriarch Interviews der zahlreichlich versammelten Presse aus Israel und dem Ausland, wobei er zum wiederholten Mal die Abdankung der Politiker forderte, die nicht in der Lage seien, Frieden zu stiften, vor allem der israelischen Politiker, zur Not aber auch Arafats.

Bis zum nahen Checkpoint begleitete berittene israelische Polizei den Wagen des Patriarchen, vorbei an einigen Hundert ausländischen, palästinensischen und israelischen Friedensaktivisten, die Schilder mit Aufrufen gegen die Besetzung in Bethlehem und Palästina hochhielten. Die Israelis ließen die Demonstranten nach Bethlehem passieren, wo sie auf dem Krippenplatz bis zum Abend demonstrierten.

Es dauerte fast eine Stunde, bis die Kolonne sich durch die engen Gassen von Bethlehem an der schaulustigen Menge vorbei bis zum Krippenplatz durchgekämpft hatte. Den Verkehr in der Stadt regelte wieder palästinensische Polizei. Palästinensische Sicherheitskräfte waren auch auf dem Krippenplatz und versuchten den Einzug des Patriarchen in die Geburtskirche durch das Spalier der bunt angezogenen Pfadfinder und Priester zu ermöglichen. Es gab keine Trommler- und Pfeifertruppe wie in den vergangenen Jahren, auch keinen Gesang der Priester, nur just, als der Patriarch ankam, setzte der Lautsprecher der Moschee gegenüber der Geburtskirche ein und rief die Moslems zum Nachmittagsgebet "Allah al Akbar", Gott ist groß.

Die Sicherheitskräfte waren in Zivil und unbewaffnet. Das sei nicht abgesprochen mit den Israelis, aber man habe verstanden, dass es so besser sei, sagte einer der Leute. Auf dem Platz hatte sich eine Menschenmenge von weit über tausend Personen eingefunden, modern gekleidete und hübsch aufgemachte palästinensisch-christliche junge Menschen, als handele es sich um eine Modenschau, neben mit ihren Kopftüchern ganz verhüllten Mosleminnen. Einige der jungen Leute trugen Weihnachtsmanns-Mützen. Die Läden um den Krippenplatz herum waren offen. "Wir können doch nicht schließen, obwohl keiner kauft, aber das würde doch alles nur noch trauriger machen", sagte einer der Händler. Auch die Post war offen, aber es gab keine Touristen, die die bunten palästinensischen Souvenir-Weihnachtsmarken kauften.

Der Regen hatte aufgehört. Es war fast so etwas wie eine Feststimmung. "Das ist gerade das Gefährliche", sagte eine der Teilnehmerinnen auf dem Platz. "Die Kinder vergessen, dass es nur eine Atempause zwischen Besetzung und Besetzung ist, sie schöpfen nach einem Monat Besetzung und Ausgangssperre Hoffnung, die in Resignation umschlägt, wenn morgen das Militär wiederkommt."

Mehrere hundert Ausländer waren unter der Menge. Dies waren aber nicht die herkömmlichen Pilger, sondern meist internationale Friedensaktivisten, die mit ihren palästinensischen Freunden, später verstärkt durch die israelischen Friedensaktivisten gegen die Besetzung demonstrierten. "Ende der Besetzung", "Lasst die Kinder zu mir kommen, Jesus Christus 1. Jahrhundert, Palästinensische Schulen 21. Jahrhundert", "Ausgangssperre gleich Inhaftierungslager", "Stille Nacht, Heilige Nacht?" zwischen Stacheldraht. Das waren die gängisten Plakate, die wie ein Wald zu beiden Seiten des Spaliers, durch das der Patriarch schritt oder besser gesagt geschoben wurde, aufragten.

Als die Dunkelheit einbrach setzte der Regen wieder ein. Die Menschenmasse hatte sich verlaufen. Der Krippenplatz wurde zum Parkplatz, erleuchtet durch die Parkplatz suchenden Autos. Es gab keine Bühne, auf der Chöre sangen, keine Verkaufsbuden und dergleichen. Die evangelikale "Internationale Christliche Botschaft" in Jerusalem hatte einige Chöre nach Jerusalem umgeleitet. Dort sangen sie auf dem Platz vor dem Bürgermeistersitz, im Regen und ohne nennenswerte Zuhörergemeinde.

Die Katharinenkirche im Komplex der Geburtskirche war zur Mitternachtsmesse voll wie jedes Jahr, übervoll. Ein Platz in der ersten Reihe war leer wie im letzten Jahr, geschmückt mit der traditionellen palästinensischen Kopfbedeckung, der Kefije, und auf dem Platz ein Schild, umrahmt von den palästinensischen Farben und der englischen Aufschrift: "His Excellency Yasser Arafat, President of the State of Palestine". Die israelische Regierung hatte es wie im letzten Jahr Arafat verboten, an den Weihnachtsfeiern teilzunehmen. In seiner traditionellen Ansprache ging der Patriarch darauf ein: "Wir wünschten, Du wärst unter uns heute Nacht, und wir rufen zu Gott, Dir Weisheit und Kraft zu schenken, in dieser schwierigen Situation Deine Mission für Frieden und Gerechtigkeit zu erfüllen."

An die Israelis gewandt sagte der Patriarch in seiner Ansprache in Arabisch und Französisch: "Blut ist in euren Städten und Straßen geflossen. Aber der Schlüssel zur Lösung des Problems liegt in euren Händen. Durch eure Maßnahmen bisher habt ihr das palästinensische Volk zuerschmettert, aber ihr habt keinen Frieden erreicht... Wir werden weiterhin unsere Freiheit und Würde einfordern... Das palästinenensische Volk möchte dem israelischen Volk sagen, wir wünschen Euch Frieden, Sicherheit und Wohlergehen. Mit diesem Frieden wünschen sich die Palästinenser Freiheit und ein Ende der Besatzung... Wir fordern von euch, dass ihr die Gründe für die Gewalt versteht, und das ist die Besatzung. Ihr braucht neue Führer mit einer neuen Vision, oder ihr müsst euren Führern helfen, eine neue Vision zu übernehmen, die allen Völkern hier Frieden und Sicherheit beschert."

Der Patriarch wünschte "Frohe Weihnachten" und vor allem, dass nächstes Jahr ein Weihnachten in Bethlehem gefeiert werde könne in Freiheit und in Frieden. (Michel Krupp)
Mehrheit der Israelis und der Palästinenser für einen palästinensischen Staat
72 Prozent der Israelis und 72 Prozent der Palästinenser sind für die Gründung eines palästinensischen Staates, mehr oder weniger in den Grenzen von 1967, und für eine Beendigung der Gewalt. Aber beide Seiten glauben, dass die andere Seite nicht dazu bereit ist. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage unter 599 Palästinensern, durchgeführt von dem palästinensischen Meinungsforschungsinstitut "Jerusalem Media and Communication Center", und unter 508 Israelis, durchgeführt von einem Meinungsforschungsinstitut der Tel Aviver Universität.

Andere Ergebnisse der Untersuchung, die von einer Gruppe in Washington und Brüssel initiiert und Mitte Dezember veröffentlicht wurden, besagen, dass 65 Prozent der Israelis der Meinung sind, dass die angewandte Gewalt zur Unterdrückung der Intifada nur weitere Gewalt auf der anderen Seite schürt. 80 Prozent der Palästinenser sind für gewaltfreie Methoden des Widerstandes. Die Fehlerquote der Untersuchung beläuft sich auf 4, bzw. 4,5 Prozent. (Michel Krupp)
Israelische und palästinensische Friedenskämpfer sehen Chancen
Auf einem Symposium anlässlich des Erscheinens eines Buches zur Jerusalemfrage des israelischen Historikers Moshe Amirav am Montag Abend, haben sich plaästinensische wie israelische Friedensaktivisten zuversichtlich gezeigt und Möglichkeiten eines Ausgleichs aufgeführt. Auf der gut besuchten Veranstaltung des "Jersalem Instituts für Israelstudien" Der Hebräischen Universität sagte der für Jerusalemfragen zuständige Beauftragte der Palästineserbehörde, Ziad Abu Zaijad, er sehe Möglichkeiten für einen Ausgleich zwischen Palästinenser und Israelis.

Beide Seiten sind Hitzköpfe, sagte Abu Zaijad, die schnell aufeinander losschlagen, aber sich auch ebenso schnell vertragen könnten. Die Camp David Verhandlungen im Sommer des Jahres 2000 seien nicht an der Flüchtlingsfrage gescheitert, kein ernstzunehmender palästinensischer Politiker, einschließlich Arafat, glaubt an eine Rückkehrmöglichkeit der palästinensischen Flüchtlinge in das israelische Staatsgebiet.

Gescheitert seien die Verhandlungen, nachdem der damalige israelische Regierungschef, Ehud Barak, die Souveränitätsfrage über die moslemischen Heiligtümer auf dem Tempelberg auf den Verhandlungstisch gebracht habe. Die moslemischen Heiligtümer seien nicht der Privatbesitz von Palästinenserchef Jasser Arafat oder des palästinensischen Volkes. Sie seien das religiöse Erbe der gesamten islamischen Welt. Es sei der größte Fehler Israels, zu meinen, sich mit einer Miliarde Moslems in der Welt anlegen zu können.

Moshe Amirav brachte zur Lösung des Problems den Vorschlag, den er zusammen mit dem verstorbenen Palästinenser Feisal Husseini erarbeitet hatte, der aber auf Ablehnung bei Arafat und der israelischen Regierung gestoßen war, die Souveränitätsrechte an ein 11 Nationen Gremium zu übertragen, die 5 Staaten mit ständiger Mitgliedschaft beim UNO Sicherheitsrat, 5 islamische Staaten, darunter Palästina, und Israel. Der ehemalige israelische Geheimdienstchef, Ami Ajalon, riet davon ab, die Souveränitätsfrage überhaupt zu berühren. So auch Abu Zaijad. Ein Kompromiss kann seiner Meinung nur so aussehen, dass die Souveränitätsfrage bewusst offengelassen wird und die Palästinenser die moslemischen heiligen Stätten auf dem Tempelplatz "verwalten", und die Israelis den Bezirg der Westmauer, die sogenannte Klagemauer. Dies sei ja auch die faktische Realität und der quasi status quo seit 1967. (Michel Krupp)
Wenig russische Einwanderer wollen konvertieren
Auf einer Konferenz übner das Problem der Konvertierungen in Israel hat der Generaldirektor der Rabbinatsgerichtshöfe, Eliahu Ben-Dahan erklärt, das Problem der Konvertierungen in Israel seien nicht die Rabbinatsgerichtshöfe, sondern die russischen Einwanderer selbst. Von den 270.000 Nichtjuden unter den Einwanderern hätten vielleicht 10.000 ein Interesse, zum Judentum zu konvertieren, 50.000 seien Christen, die anderen fühlten eine Nähe zum jüdischen Volk und zu Israel, nicht aber zur jüdischen Religion oder zur Religion überhaupt.

Asher Cohen von der religiösen Bar Ilan Universität führte die Strenge der Rabbinatsgerichte für den Unwillen zum Übertritt der Einwanderer an. Die Einwanderer lebten in einer säkularen jüdischen Gesellschaft und verständen nicht, warum sie euinen absolut orthodoxen Lebensweg wählen sollten, um zum Judentum überzutreten. Die Folge sei, dass von allen in Israel registrierten Ehen 10 Prozent Mischehen seien, alle im Ausland vollzogen, da in Israel nicht möglich.

Dahan wies darauf hin, dass trotz aller Kritik gegenüber den Rabbinatsgerichten, die Zahl der anerkannten Übertritte ständig gewachsen sei. Seien bis 1990 250 bis 300 Übertritte registriert worden , so seien es jetzt in diesem Jahr bis zu diesem Zeitpunkt bereits 3400. (Michel Krupp)
Jad Waschem muss Unterlagen über Dietrich Bonhoeffer offenlegen
Ein israelisches Gericht der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem, Jad Waschem, befohlen, die Verhandlungsprotokolle über die Ablehnung des deutschen Theologen Dietrich Bonhoeffer als Gerechten der Völker offenzulegen. Geklagt hatte eine Gruppe von amerikanischen Reformrabbinern, die behauptet, Bonhoeffer habe Juden gerettet und sei daher als "Gerechter der Völker" anzuerkennen.

Die Gedenkstätte bestreitet, dass Bonhoeffer Juden gerettet habe. Er sei lediglich in einen Fall verwickelt gewesen, wo es um die Rettung einer Judenchristin ging, die eine höhere Position in der Kirche hatte. Aber auch hier habe Bonhoeffer nur eine Empfehlung ausgesprochen, so dass die Kriterien für eine Anerkennung nicht ausreichten.

"Gerechte der Völker" ist ein Prädikat, mit dem Nichtjuden ausgezeichnet werden, die unter Lebensgefahr Juden während des Naziterrors gerettet haben. Bonhoeffer hatte sich während der Zeit des Dritten Reiches in Amerika aufgehalten, war nach Deutschland zurückgekehrt und hatte sich dem Widerstand gegen Hitler angeschlossen. Er wurde 1943 verhaftet und ist am 9.4.1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet worden. (Michel Krupp)
Archäologische Sensationen aus Jerusalem
In Jerusalem ist eine schwarze steinerne Schriftttafel "entdeckt" worden, die möglicherweise der erste außerbiblische Beweis für die Existenz des ersten "salomonischen" Tempels in Jerusalem sein könnte. Die Tafel aus Sandstein, der aus dem Süden Jordaniens oder aus der Gegend des Toten Meeres stammt, enthält zehn Zeilen Text in der ich-Form. Der König Jehoasch, der im neunten vorchristlichen Jahrhundert während vierzig Jahren König von Jerusalem war, lobt sich auf der Inschrift für die Renovierungsarbeiten am Tempelgebäude von Jerusalem. Die Szene ist im 2. Buch der Könige, 12 ausführlich beschrieben. Der Text der Inschrift sei zum Teil identisch mit dem Wortlaut der biblischen Beschreibung.

Wie die Zeitung Haaretz berichtet, habe der israelische Archäologe Gabi Barkai von der Bar Illan Universität die sensationelle Schrifttafel untersucht und behauptet, dass dies der erste physische Nachweis für den Tempel in Jerusalem sei, den König Salomon errichtet habe und der später zerstört wurde. Über der Stelle, wo heute der muslimische Felsendom und die El Aksa Moschee stehen, wurden später mehre Male ein neuer Tempel errichten, sodass die Ruinen des ursprünglichen Tempel verschwanden. Sensationell sei nach Angaben Barkais vor allem deshalb, weil bisher noch kein so alter in Stein gehauener Text gefunden sei, der ein in der Bibel erwähntes Ereignis aus dem neunten vorchristlichen Jahrhundert fast im Wortlaut wiedergebe.

Es wurde kein genauer Fundort für die Tafel angegeben außer "Jerusalem". Doch Barkai ließ durchblicken, dass Palästinenser sie im Laufe ihrer "wilden" Ausgrabungsarbeiten auf dem Tempelberg gefunden und an einen Antiquitätenhändler in Jerusalem verkauft hätten. Der habe das Fundstück über einen privaten Sammler an das Israel-Museum gegeben, um es auf seine Echtheit zu überprüfen.

Schimon Ilani und Amnon Rosenfeld von geologischen Institut in Jerusalem, die auch schon den Grabkasten des "Jakob, Sohn des Josef und Bruder des Jesus" auf seine Echtheit überprüft hatten, untersuchten die Tafel mehrere Monate lang. So fanden sie heraus, dass sie fast 600 Jahre lang im Freien gehangen habe. Zwischen den Jahren 400 und 200 vor Christi habe die Tafel unter der Erde gelegen. Sie sei mit organischen Stoffen bedeckt gewesen, deren Alter bestimmt werden könnte. Mit einem Elektronenmikroskop entdeckten die Forscher in ihren Ritzen auch einige Goldkörnchen, möglicherweise ein Hinweis auf einen Brand während der Zerstörung des Tempels. Die Forscher des geologischen Instituts glauben, die Echtheit der Tafel nachweisen zu können. "Das ist eine authentische Sensation von Weltbedeutung", wird einer der Geologen zitiert. Andere Forscher, so auch Experten des Israel-Museums zweifeln jedoch und meinen, dass es eine Fälschung sein könnte. Problematisch ist vor allem, dass der genaue Fundort und die Umstände der Entdeckung der Tafel unbekannt seien.

Die Zweifler meinen, dass noch viel Forschungsarbeit notwendig sei. Das Alter der Tafel müssen nun auch von Graphologen festgelegt werden, sie sich in der Geschichte der phönizischen Schrift auskennen. Ein Photo der Tafel und die Ergebnisse seiner Forschungen will der Archäologe Gabi Barkai innerhalb von zwei Wochen in einer Publikation des geologischen Instituts veröffentlichen. (Ulrich W. Sahm)
Bischöfe wollen keine Stellung zu Nahost beziehen
Ein katholisches "Gipfeltreffen" mit Erzbischof Patrick Kelly aus England, Bischof William Skylstad aus den USA, Bischof Reinhard Marx aus Trier und anderen fand auf Einladung des Patriarchen Michel Sabbah in Jerusalem statt. Bei einer Pressekonferenz im "Ritterpalast", zwischen Mittelalterlichen Ritterrüstungen, in Öl gemalten Kreuzfahrern und noch-nicht-weggeräumtem Weihnachtsschmuck, redeten die Bischöfe eine Stunde lang von Hoffnung, Gebet, Versöhnung und Spiritualität. Es gehe darum, den in Not geratenen Christen im Heiligen Land zu helfen. Einem israelischen Journalisten platzte schließlich der Kragen: "Vermeiden Sie eigentlich bewusst jegliche politische Äußerung?"

Bischof Kelly aus den USA antwortete: "Das ist nicht unsere Expertise. Um eine politische Aussage machen zu können, müssten wir mehr Zugang zu politischen Daten haben." Auch Bischof Marx wehrte den Versuch der Journalisten ab, eine klare Stellungnahme zum Konflikt oder "konkrete" Ergebnisse des Bischofstreffens mitzuteilen. "Stets wird erwartet, dass wir bei dem Konflikt Partei beziehen und fixieren, welcher Partei das historische Recht zustehe." Genau das wolle aber die Kirche vermeiden, "denn die Christen sind ein Volk der Versöhner." Marx zitierte ein Wort des französischen Präsidenten de Gaulle, nach seiner Rückkehr von einem Besuch in Beirut: "Ich bin in den Orient gereist und desorientiert zurückgekehrt."

Michel Sabbah wurde nach einem "Streit" zwischen ihm und dem israelischen Präsidenten gefragt. Katzaw habe zu Sabbah gesagt, dass es Frieden erst geben könne, wenn der Terror ende. Dem habe Sabbah nach eigenen Angaben widersprochen: "Wenn es Terror gibt, dann gibt es einen Grund dafür. Und wenn Unterdrückung die Ursache des Terrors ist, dann muss erst einmal die Ursache des Terrors abgeschafft werden."

Auf die Frage wie viele Christen das Land infolge des Konflikts verlassen hätten, antwortete Sabbah: "Von etwa 50.000 Christen haben etwa 2.000 Zuflucht im Ausland gesucht, weil sie nicht die Kraft hatten, den hohen Preis zu zahlen, der ihnen abverlangt wird." Sabbach wusste allerdings nicht, welcher Konfession die geflohenen Christen angehören. Er wies freilich darauf hin, dass auch Moslems und Juden das Land verlassen hätten.

Die ausländischen Bischöfe versprachen, in ihre Gemeinden zurückzukehren, und die Menschen aufzufordern, für die Christen im Heiligen Land, "im Land der Wurzeln" zu beten. Sabbah wies darauf hin, dass Israelis wie Palästinenser "nach dem Abbild Gottes geschaffen seien und dass Got beide Völker gleichermaßen liebt." (Ulrich W. Sahm)
Griechischer Erzbischof lobt Selbstmordattentäter
Der griechische Erzbischof Atallah Hana hat bei einer öffentlichen Veranstaltung in Haifa die palästinensischen Selbstmordattentate gegen israelische Zivilisten gelobt und versprochen, sich dem Irak als "menschliches Schutzschild" zur Verfügung zu stellen, sowie die israelischen Behörden ihm seinen eingezogenen Pass erstatten würden. An der Spitze einer christlichen Delegation wolle er im Irak versuchen, die "amerikanische Oppression" abzuwehren.

Der griechisch orthodoxe Erzbischof lobte die Aktivitäten der Palästinenser tief im "Hebräischen Staat" im Namen der Religion. Wörtlich sagte er, dass jene "Selbstmordattentäter Helden sind, die im Namen der Religion handeln. Wir sind stolz auf sie." Der Geistliche verwarf die "dubiosen Versuche, gegen solche Aktivitäten zu protestieren."

Die Selbstmordattentate seien kein Suizid, wie behauptet werde - so der Erzbischof -, es seien auch keine Terrorakte, denn es seien Widerstandskämpfer gegen die Okkupation. "Wir unterstützen Selbstmordaktivitäten ohne Vorbehalte…"

Der Bericht über die Rede des Erzbischofs und die Zitate wurden im Internet auf der Homepage der radikalislamistischen Hamas-Bewegung auf arabisch veröffentlicht und dort vom israelischen Militärsprecher entdeckt. Eine Übersetzung des Textes ins Englische wurde vom Militärsprecher verbreitet, mitsamt einer Kopie des arabischen Originals.

Der Erzbischof wird vom israelischen Militärsprecher als früherer "Sprecher des griechisch-orthodoxen Patriarchats" bezeichnet, ein Titel, den ihm seine Kirche wegen seiner umstrittenen politischen Aktivitäten in der palästinensischen Autonomie und im Irak schon lange aberkannt hat. Wegen angeblicher Hetze zu Terror gegen Israelis ist der Erzbischof mehrmals zum Verhör bei der israelischen Polizei vorgeladen worden. Vor einigen Wochen wurden ihm sein israelischer Pass sowie der Diplomatenpass des Vatikans abgenommen. (Ulrich W. Sahm)
Depressive Israelis
Gemäß einer im israelischen Rundfunk veröffentlichten Studie des Dr. Roni Berger vom Institut für seelische Hilfe leiden 57 Prozent aller Israelis unter Depressionen und "Gefühlen der Niedergeschlagenheit" infolge des Terrors. Jeder zehnte Israeli leide unter "posttraumatischen Störungen" wobei sich ergeben habe, dass 16 Prozent aller Israelis, über eine Million Menschen, inzwischen von den Terroranschlägen "direkt betroffen" worden seien. Dabei handle es sich um solche, die selber bei einem Anschlag anwesend waren, oder Familienangehörige haben, die getötet oder verletzt wurden.

60 Prozent aller Israelis leiden unter einer akuten Lebensangst, weil sie befürchten, selber Opfer eines Anschlags werden zu können. Der Forscher redete vom "Gefühl des russischen Rouletts" bei dieser Angst, einkaufen zu gehen oder einen Bus zu besteigen. Weiter sagte der Forscher, dass 80 Prozent der Betroffenen Hilfe bei Sozialarbeitern oder Psychologen suchten. Die Hälfte der Betroffenen bewältigen ihre Angst und die Gefühle mit "Humor". Besonders ausgeprägt sei der "schwarze Humor" bei Rettungsmannschaften und die Mitarbeitern der ultraorthodoxen "Zaka" Organisation, die nach Anschlägen die Leichenteile einsammelt. "Dieser schwarze Humor bei diesen Leuten ist zwar schrecklich mitzuerleben, aber wir müssen ihn akzeptieren, weil diese Menschen sonst ihre schwere Arbeit nicht durchstehen würden", sagte Berger nach eigenen Begegnungen mit Zaka-Leuten. (Ulrich W. Sahm)

Reformjuden wollen auch finanziert werden
In einem Brief an "Eure Exzellenz Kanzler Schröder" fordert die "Weltvereinigung für progressives Judentum" von der deutschen Regierung, die Reformjuden in Deutschland nicht zu vergessen. Die Organisation lobt das Vorhaben der Bundesregierung, dem Zentralrat der Juden in Deutschland per Staatsvertrag zukommen zu lassen, um eine "erfolgreiche Integration" russischer Juden zu gewährleisten.

Rabbiner Uri Regev, Direktor der Vereinigung, der auch die "Union Progressiver Juden in Deutschland" angehört, wurde 1926 gegründet, hat ihr Hauptquartier in Jerusalem und ist in über 40 Ländern vertreten. Sie bezeichnet sich als die "größte jüdische Gruppe" der Welt, mit über 900 Gemeinden und 1800 Rabbinern allein in den USA. Die erste Konferenz der Reformjuden habe in Berlin 1928 unter dem Vorsitz von Leo Baeck, dem letzten Oberrabbiner Deutschlands vor dem Krieg, stattgefunden.

Trotz persönlicher Treffen mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland gebe es "Anzeichen", dass die Reformjuden von den orthodox-jüdisch geführten "Einheitsgemeinden" und "Landesverbänden" der Juden in Deutschland ausgeschlossen werden könnten.

Weil der geplante Staatsvertrag mit dem Zentralrat noch nicht publik gemacht worden sei, sehe sich Regev gezwungen, über die Presse an die Öffentlichkeit zu gehen. Die "liberalen Juden", so Regev in seinem Brief an den Bundeskanzler, spielen eine wichtige Rolle auch bei der Integration der russischen Juden. Sie hätten Sozialprogramme und bilden Rabbiner aus. Regev liefert zahlreiche Beispiele für eine Benachteiligung der Reformjuden in Deutschland. Fragen der Gemeinde von Godesberg an den Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen blieben unbeantwortet. Und in Hameln koste die Beerdigung eines Reformjuden um die 1000 Euro mehr als jemand, der sich durch den Landesverband beerdigen ließe.

"Eure Exzellenz, wir vertrauen, dass die Bundesregierung dafür sorgen tragen werde, dass die Institutionen des liberalen Judentums Teil des Vertrags mit den jüdischen Gemeinden in Deutschland sein werden." Eine Kopie des Briefes wurde an den Bundesinnenminister Otto Schily und an den Vorsitzenden des Zentralrats, Paul Spiegel, geschickt, sowie an den Vorsitzenden der Union progressiver Juden in Deutschland, Jan Mühlstein. (Ulrich W. Sahm)

zur Titelseite

zum Seitenanfang


Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
Pfr. U.Schwemer, Theodor-Storm Str.10, 64646 Heppenheim;
Tel: 06252-71270 / Fax: 06252-72606