Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

 
Emil Fackenheim gestorben

Der aus Deutschland stammende Religionsphilosoph und Begründer der Theologie nach Auschwitz, Emil Fackenheim, ist am 19.9. im Alter von 87 Jahren in Jerusalem verstorben.

Fackenheim wurde 1916 in Halle geboren. Er studierte rabbinische Theologie an der liberalen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. 1938 wurde er nach der Reichspogromnacht verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht. Nach der Freilassung im Februar 1939 gab ihm die Gestapo sechs Wochen Zeit, das Land zu verlassen. Ihm gelang die Auswanderung nach Schottland und 1940 nach Kanada, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte. Von 1948 bis 1984 war er Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie an der Universität Toronto. Nach seiner Emeritierung wanderte er 1984 nach Israel aus und lehrte an der Hebräischen Universität.

Bis in die letzten Tage seines Lebens hinein, war Fackenheim schriftstellerisch tätig. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und Aufsätze. Er schrieb in Englisch. Nur weniges ist in Deutsch, Französisch oder Hebräisch erschienen. Fackenheim war ein ausgezeichneter Philosoph. In seinen frühen Jahren beschäftigte er sich mit der arabischen und mittelalterlichen jüdischen Philosophie. Später setzte er sich mit dem deutschen Idealismus und besonders mit Hegel auseinander.

Sein besonderes Verdienst ist aber die philosophische und theologische Auseinandersetzung mit dem Holocaust. Er gilt als Begründer der Holocaust-Theologie. Sein wichtigster Grundsatz war das "Gebot", Hitler keinen posthumen Sieg zukommen zu lassen. Dieses Gebot bezeichnete er als das neue zu den 613 jüdischen Geboten hinzugekommene 614. Gebot. Aufgrund dieses Grundsatzes billigte er auch eine Rückkehr der Juden nach Deutschland nach der Schoah.

Theologisch folgerte er aus diesem Grundsatz, dass die "Gott ist tot" Theologie abzulehnen ist. Es sei unmöglich dem Holocaust irgendeinen Sinn zu geben. Aber der Holocaust erfordert eine theologische Antwort. Diese sei weniger im Denken zu finden, denn das Denken ist mit dem Holocaust an ein Ende gekommen, sondern in der Tat: Hitler keinen posthumen Sieg zu geben, weiter zu leben. In diesem Sinn ist für Fackenheim auch der Staat Israel eine Antwort auf den Holocaust.

Fackenheim schreibt: "Was gebietet die Stimme von Auschwitz? Es ist den Juden verboten, Hitler nachträglich siegen zu lassen. Es ist ihnen geboten, als Juden zu überleben, damit das jüdische Volk nicht untergehe. Es ist ihnen geboten, der Opfer von Auschwitz zu gedenken, damit das Andenken an sie nicht verloren gehe. Es ist ihnen verboten, am Menschen und seiner Welt zu verzweifeln und Zuflucht entweder im Zynismus oder der Jenseitigkeit zu suchen, damit sie nicht dazu beitragen, die Welt den Mächten von Auschwitz auszuliefern. Schließlich ist es ihnen verboten, am Gott Israels zu verzweifeln, damit das Judentum nicht untergehe."

Fackenheim war sehr am Dialog mit dem Christentum und mit ChristInnen interessiert. Ihn schmerzte die Entfremdung vieler Christen vom Judentum und dem Staat Israel nach dem 1967er Krieg und besonders dem 1973er Krieg. Vor deutschen Studenten in Jerusalem versuchte er das in einer Parabel zu erklären: Zwei Freunde gehen in einer angeregten Diskussion spazieren, plötzlich gerät der eine von ihnen in einen Sumpf und droht zu versinken. Er schreit um Hilfe. Worauf sein Freund ihm antwortet: Schade, wir hatten eine so gute Diskussion bis du vom Thema ablenktest.

Zur deutschen Sprache und deutschen Kultur kehrte er nach seinen eigenen Aussagen in der Begegnung mit dem Studienprogramm deutscher Studenten an der Hebräischen Universität, Studium in Israel, zurück, eine Begegnung, die ihm sehr wichtig war. 1988 hielt er die Laudatio bei der Preisverteilung der Buber-Rosenzweig-Medaille für das Studienprogramm. Auf Einladung bereiste er später auch mehrfach Deutschland, hielt Gastvorlesungen und Vorträge an vielen Universitäten in Deutschland, auch in seiner Geburtsstadt Halle. Hier und an anderen Universitäten wurde er mit dem Ehrendoktor und anderen Auszeichnungen gewürdigt. Michael Krupp

Israelische Piloten wollen Todeskommando-Flüge verweigern

Israelische Piloten wollen Todeskommando-Flüge zur Liquidierung von gesuchten Anführern palästinensischer Gruppen verweigern. Die Piloten denken daran, eine eigene Verweigerungsgruppe zu bilden, von der sie sich versprechen, mehr Einfluss auf die israelische Öffentlichkeit zu haben als das bisherige Verweigerungsgruppen hatten, da die Piloten einen besonders hohen Achtungsgrad in der Bevölkerung haben. Der Bericht sagt nicht, wie groß die Gruppe der verweigerungswilligen Piloten ist.

Außer einigen Vorfällen aus dem Beginn des Libanonkrieges, in denen sich Piloten geweigert hatten, Stadtteile von Beirut zu bombardieren - Vorfälle, die jetzt erst bekannt geworden sind - gab es in der Luftwaffe bisher keine Verweigerungen. Die Aktionen damals haben keinerlei disziplinarische oder sogar strafrechtliche Folgen gehabt. Die Armee ist stillschweigend zur Tagesordnung übergegangen. Michael Krupp

Fortgang der Arbeit der Auschwitzfahrer

Auf Einladung der Konrad Adenauer Stiftung Jerusalem und der Israel Interfaith Association (der interreligiösen Gesellschaft Israels) haben sich im Konrad Adenauer Kongress Zentrum in Jerusalem 300 Besucherinnen und Besucher eingefunden, um die Pläne der Auschwitzfahrer-Gruppe für die Zukunft zu diskutieren. Hauptredner waren der Dozent der Beer Scheva Universität, Thabet Abu Ras, von arabischer und der Schriftsteller Jossi Klein-Halevi von jüdischer Seite.

Nach Begrüßungen durch Vertreter der beiden Veranstalter, Johannes Gerster und Michael Krupp, sprach sich der Iniator der Gruppe, der Archimandrit Emil Schufani aus Nazareth, für eine Beibehaltung eines unpolitischen Kurses und eine Ausrichtung auf eine moralische Veränderung der arabischen und jüdischen Gesellschaft in Israel aus. Unpolitisch bedeute nicht, keinen Einfluss auf die Politik zu nehmen. Geplant seien Gespräche mit hochrangigen Politikern in Israel.

Der erste Hauptredner, Thabet Abu Ras, sprach sich für eine stärkere politische Ausrichtung aus. Anknüpfend an die Empfehlungen der Or- Kommission, die die Unruhen vom Oktober 2000 in Israel zu untersuchen hatte, bei denen 13 Araber im Polizeifeuer umkamen, müsse man jetzt daran gehen, die Vorschläge der Kommission, eine größere Anerkennung der arabischen Minderheit in Israel, durchsetzen. Am Tag zuvor hatte die israelische Regierung die Vorschläge der Kommission als zukünftige Handlungsbasis im Umgang mit der arabischen Bevölkerung in Israel als Regierungspolitik akzeptiert.

Einen anderen Weg beschrieb Klein-Halevi. Die politischen Aktivitäten eines jeden Mitglieds der Gruppe seien ihm unbenommen. Aber dafür gäbe es dutzende von Organisationen, die sich damit beschäftigen. Als Nachkomme von Holocaustüberlebenden strebe er eine innere Umkehr im Herzen in der jüdischen und arabischen Bevölkerung an, die eine Aussöhnung zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen möglich machen könne. Auf die Frage, wie begegnen wir einer zunehmenden religiösen Gewalt, sagte er, wer an einen pluralistischen Gott glaube, müsse ihm mit derselben Intensität, mit dem ganzen Herzen und allen Vermögen dienen wie das die fanatischen Anhänger eines fundamentalistisch verstandenen Gottes täten. Nur so könne man auch dem Terror begegnen.

Von der Gruppe der Auschwitzfahrer selbst waren zahlreiche Juden und Araber erschienen, aus Tel Aviv, Beer Scheva, Jerusalem und Nazareth. In der anschließenden Diskussion ging es vor allem um die Frage, wie religiöser Terror einzudämmen sei und wie man mit der Holocaust-Leugnung im arabischen Sektor, besonders in den palästinensischen Gebieten und in den arabischen Nachbarstaaten umzugehen habe. Die Gruppe der Auschwitzfahrer, inzwischen ein eingetragener Verein, setzt sich aus den 300 israelischen Arabern und Juden zusammen, die Ende Mai gemeinsam nach Auschwitz gefahren ist, um die Wurzel des jüdischen Traumas zu ergründen, die auch eine jüdische arabische Aussöhnung in Israel verhindert. Michael Krupp

Ratsvorsitzende Kock beendet Israel/Palästina Reise

Der Ratsvorsitzende Manfred Kock hat eine fünftägige Reise nach Israel und die palästinensische Autonomie abgeschlossen. Anlass der Reise war die Stärkung der einheimischen und lokalen Kirchen in der Region. Reisebegleiter war der bayrische Bischof Johannes Friedrich, der vor Jahren selbst Propst in Jerusalem war und die Situation vor Ort sehr gut kennt. Die Delegation besuchte vor allem das Gebiet Beit Jalla, Bethlehem und Bet Sahur südlich von Jerusalem.

Einer der Höhepunkte der Reise war der Besuch des Anfang des Monats eingeweihten neuen Internationalen Begegnungszentrums Ad-Dar in Bethlehem bei der lutherischen Weihnachtskirche, das auch architektonisch Beachtung in Israel gefunden hat. Von einem finnischen Architekten entworfen und mit Geld (4 Millionen Euro) der finnischen Regierung errichtet, vereinigt es moderne Architektur, gelungene Einbettung in einen historischen antiken Ort und Zweckmäßigkeit. Durch die Initfada und die mehrfache Besetzung Bethlehems war das Projekt immer wieder zum Erliegen gekommen. Die Besucher beeindruckte vor allem das vielfältige Leben im Begegnungszentrum mit Theatervorführungen, Vorträgsreihen und einer großen Anzahl von Kursen für die einheimische Bevölkerung.

Der Besuch aus Deutschland diente auch einer besseren Einbettung der lutherischen Kirchen in das allgemeine kirchliche Gefilde Israels und Palästinas. Die Unabhängigkeit der fremdsprachigen Auslandskirchen, der sogenannten lokalen Kirchen, von denen die deutschsprachige die größte ist mit fast 200 Mitgliedern, von der einheimischen lutherischen Kirche, der sogenannten Evangelischen Lutherischen Kirche in Jordanien (ELCJ), wurde festgeschrieben und soll in einem regelrechten Vertragswerk zwischen den Kirchen verankert werden. Die ELCJ ist die einzige lutherische Kirche in Asien mit zusammen 3000 Gläubigen in Israel, Palästina und Jordanien.

Bei einem Abschiedsessen bekam der Ratsvorsitzende, der an diesem Tag seinen 67. Geburtstag feierte, vom Jerusalemer Propst Martin Reyer, eine Bethlehemer handgeschnitzte Krippe überreicht. Es sei sehr schön, in Jerusalem seinen Geburtstag zu feiern, sagte Kock, die Stadt sei so alt, dass das eigene Alter in Relation dazu überhaupt keine Rolle mehr spiele. Michael Krupp

Datierung des Shiloah-Tunnels um 700 v.u.Z.

Neueste radiometrische Messungen haben die biblische Datierung des Jerusalemer Shiloah-Tunnels auf die Zeit um 700 v.u.Z. bestätigt. Der Wassertunnel, der von der Shiloah-Quelle zum Teich von Shiloah am Fuß der biblischen Davidsstadt führt, könnte demnach wirklich unter der Regierung des judäischen Königs Hiskia erbaut worden sein. Die Datierung hat sich bisher allein auf die zwei Erwähnungen in II Könige 20,20 und II Chronik 32,3f. und die Beschreibung der Shiloah-Inschrift gestützt, die heute in einem Museum in Istanbul aufbewahrt wird. Der Erbauer wird in dieser Inschrift aber nicht genannt. Das Forschungsergebnis widerlegt eine jüngste These, die den Tunnel in eine viel spätere Zeit datiert.

Der Tunnel versorgte Jerusalem mit Wasser und bewahrte so die Jerusalemer Bevölkerung während der Belagerungszeit durch die Truppen des assyrischen Königs Sanherib 701 v.u.Z. vor dem Tod. Er ist 500 m lang und wurde ohne die üblichen vertikalen Hilfsschachte erbaut - eine architektonische Meisterleistung jener Zeit. Der Shiloam-Tunnel ist eines der ältesten Bauwerke der Welt, das bis heute genutzt wird.

Untersucht wurde organisches Material aus dem Mörtel des Tunnels (Carbon-14-Methode) und Stalaktiten, die seit dem Bau des Tunnels gewachsen waren (Uran-Thorium-Methode). Das Projekt leiteten Dr. Amos Frumkin vom Geography Department der Hebräischen Universität in Jerusalem, Dr. Aryeh Shimron, Israel Geological Survey, und Dr. Jeff Rosenbaum der Reading University in England. Das Forschungsprojekt war das erste, das ein in der Bibel genanntes Bauwerk radiometrisch untersucht hat. Ein ausführlicher Bericht erschien am 11. September in der Wissenschaftszeitschrift "Nature". Michael Krupp

Siedlerrabbiner befürworten Besuche des Tempelplatzes

Der Ausschuss der Rabbiner der jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten hat der herkömmlichen orthodoxen Meinung widersprochen, dass es Juden verboten sei, den Tempelplatz zu betreten. Unter dem Vorsitz von Rabbiner Dov Lior beschloss das Gremium, das Verbot sei hinfällig, weil man heute wisse, wo der Tempelplatz gestanden habe und wo das Allerheiligste sei. Es sei deshalb erlaubt, gewissen Gebiete des Tempelplatzes zu betreten.

Das Oberrabbinat und die Mehrzahl der orthodoxen Rabbiner lehnen weiterhin das Betreten des Tempelplatzes ab. Inzwischen haben mehrere Tausend Nichtmoslems, unter ihnen wenige orthodoxe Juden, den Tempelplatz besucht, nachdem die israelische Polizei ihn nach fast dreijähriger Schließung vor zwei Wochen öffnete. Außer kleinereren Zwischenfällen verliefen die Besuche friedlich. Es kam zu keinen nennenswerten Auseinandersetzungen mit den islamischen Behörden, die den Tempelplatz verwalten, oder islamischen Besuchern.

Die islamischen Behörden verbieten weiterhin den Zugang zu den beiden heiligen Stätten auf dem Tempelplatz, dem Felsendom und der Al Aksa Moschee. Vor drei Jahren waren diese Gebäude gegen eine Eintrittsgebühr von 9 Dollar für Nichtmoslems zugänglich. Der Felsendom darf auf keinen Fall von orthodoxen Besuchern betreten werden, weil man hier den Ort des früheren jüdischen Tempels vermutet. Am Eingang zum Tempelplatz gibt es eine jüdisch-orthodoxe Wache, die sich Tempelwache nennt, und jüdische Bescuher davor warnt, gewisse Gebiete des Tempelplatzes zu betreten. Michael Krupp

Or-Kommission: Rechte für Araber

Sprecher der arabisch-jüdischen Gruppe der Auschwitz-Fahrer haben auf einem Treffen in Nazareth die Anerkennung der Rechte der Araber in Israel durch die Or-Kommission als Meilenstein in den jüdisch-arabischen Beziehungen in Israel bezeichnet. Zum ersten Mal sei in einem Dokument einer Regierungskommission zugegeben worden, dass arabische Bürger des Staates seit Bestehen des Staates diskrimiert worden sind. Die Or-Kommission hat die Ausschreitungen im Oktober 2000 in Galiläa untersucht und dabei unter anderem festgestellt, dass die Polizei mit ungebührlicher Härte gegen arabische Demonstranten vorgegangen sei. Bei den Auschreitungen waren 12 israelische Araber, ein Palästinenser und ein Jude ums Leben gekommen. Der über 800 Seiten umfassende Bericht war am Montag veröffentlicht worden und hatte namhafte Politiker und Polizeiobere beschuldigt.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte eine jüdische Holocaustüberlebende die Gruppe aufgefordert, in einer Schweigeminute der Opfer der Unruhen zu gedenken. Die arabisch-jüdische Gruppe unter der Leitung des griechisch-katholischen Archimandriten Emil Shufani hat sich auf dem zweiten Nachbereitungstreffen der Auschwitzfahrt als Verband begründet und weitere gemeinsame Aktionen zu einem besseren Verständnis von Arabern und Juden in Israel angekündigt. Die Gruppe war Ende Mai mit 300 Personen, 150 Arabern und 150 Juden gemeinsam nach Auschwitz gefahren. Die arabischen Iniatatoren wollten damit das jüdische Trauma verstehen lernen, das ihrer Meinung nach Juden daran hindert, zu einem Verständnis mit den arabischen Mitbürgern zu gelangen. Unter den jüdischen Mitreisenden war eine Reihe von Holocaustüberlebenden und ihren Kindern und Kindeskindern. Michael Krupp

Die meisten Israelis sind mit ihrem Leben zufrieden

83 Prozent der Israelis sind zufrieden mit ihrem Leben, 82 Prozent mit ihrer Arbeit und 94 Prozent mit ihrer Familie. Das ergab eine Umfrage unter 7000 erwachsenen Israelis, die Anfang August veröffentlicht wurde. Je mehr die Leute verdienen, um so glücklicher sind sie. Während in der Gruppe mit einem monatlichen Einkommen von unter umgerechnet 400 Euro nur 77 Prozent totz allem glücklich sind, sind es 91 Prozent in der Gruppe mit einem Monatseinkommen von über 800 Euro. Alteingesessene jüdische Bürger des Staates sind glücklicher als Neueinwanderer und arabische Bürger. Frauen beschwerten sich mehr über Einsamkeit (38 Prozent) als Männer (26 Prozent).

Zu ihrer Stellung zur Religion befragt, bekannten sich 6 Prozent der Juden als ultraorthodox, 10 Prozent als orthodox, 13 Prozent als traditionell religiös und 43 Prozent als nichtreligiös. In der arabischen Bevölkerung Israels bezeichneten sich 10 Prozent als streng religiös, 49 Prozent als religiös, 22 Prozent als nicht sehr religiös und 20 Prozent als nichtreligiös. Die Befragung unterschied bei der arabischen Bevölkerung nicht zwischen Moslems (über 90 Prozent) und Christen. Michael Krupp

Öffnung des Tempelberges für Nichtmoslems ohne Zwischenfälle

Die Öffnung des Tempelberges Ende Augustist bisher ohne Zwischenfälle verlaufen. Der Tempelberg ist ab sofort täglich außer dem islamischen Feiertag Freitag täglich von 9 bis 11 Uhr geöffnet, wie das auch vor dem umstrittenen Besuch des damaligen Oppositionsführers Ariel Scharon auf dem Tempelplatz vor fast drei Jahren der Fall war. Seit dem Besuch war der Tempelplatz auf Beschluss der israelischen Polizei für Nichtmoslems geschlossen, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Einige hundert Christen und Juden, Touristen und Israelis, machten von der neuen Möglichkeit, den Tempelplatz zu besuchen, Gebrauch. Offiziell bestritt der Direktor des Wakf, der moslemischen Behörde, die praktisch den Tempelplatz verwaltet, Adnan Husseini, dass der Wakf in die Besuche eingewilligt habe. Israelische und palästinensische Kreise ließen aber verlauten, dass es ein stillschweigendes Einverständnis des Wakf gäbe. Der Wakf ist besonders über den Ausfall der hohen Eintrittsgebühren besorgt, die Besucher der beiden Hauptgebäude auf dem Tempelplatz, der El Alsa Moschee und des Felsendoms, zu bezahlen haben.

Jüdisch orthoxe Kreise, darunter der ultraorthodxe Bürgermeister Jerusalems, Uri Lupoliansky, kritisierten die Öffnung. Nach orthoxem Verständnis ist es Juden verboten, den Tempelplatz zu betreten, da nicht bekannt ist, wo genau der jüdische Tempel stand und sich das Allerheiligste befand. Durch unbewusstes Betreten des Allerheigsten durch Unbefugte, und das sind alle außer dem Hohen Priester am Versöhnungstag, könnte der Platz entweiht werden. Der Rabbiner der sogenannten Klagemauer, der Westmauer des Tempelplatzes, Schmuel Rabinowitz, gab bekannt, er werde wieder ein Schild am Eingang zum Tempelplatz anbringen lassen, das das Betreten des Tempelplatzes Juden ausdrücklich verbietet. Michael Krupp

Fälschungsreport über Ossuarium und Joasch-Tafel im Internet

Der komplette Report der 14-köpfigen Untersuchungskommission der israelischen Antikenbehörde, die das angebliche Ossuarium des Herrenbruders Jesu mit der Aufschrift "Jakob, Sohn des Josef und Bruder des Jesus" sowie eine angeblich fast 3000 Jahre alte, dem König Joasch zugeschriebene Monumentalinschrift geprüft hat, ist jetzt in englischer Sprache im Internet veröffentlicht worden.

Beide archäologischen "Funde" stammen aus der Sammlung des Tel Aviver Antiquitätensammlers Oded Golan. Der wurde inzwischen von der Polizei verhört, verhaftet und gegen eine Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Bei einer öffentlichen Diskussion über die als "reine Fälschung" bezeichneten Fundstücke wurde Golan als der "der genialste Fälscher der Welt, oder Besitzer des sensationellsten archäologischen Fundes seit 2000 Jahren", bezeichnet.

Die Experten der Antikenbehörde stellten bei ihrer gründlichen Untersuchung fest, dass der Knochenkasten 2000 Jahre alt, also echt sei, dass aber die Inschrift mit den drei Namen einwandfrei eine Fälschung sei. Die Patina in den eingeritzten Buchstaben sei unnatürlich erhitzt worden und die Buchstabentypen seien von drei anderen Ossuarien aus der Epoche Jesu kopiert und nachträglich eingeritzt worden.

Im Falle der Joasch-Tafel fanden die Forscher heraus, dass nur jemand, der modernes Hebräisch spricht, die zitierten Bibelverse so gestalten und abändern konnte, wie sie auf der ebenfalls eindeutig gefälschten Tafel erscheinen. Ulrich W. Sahm

Nahöstliches Erdbeben nach 1254 Jahren bestätigt

Am 18. Januar des Jahres 749 bewegte sich ein Dorf beim Berg Tabor "vier Meilen weit weg von seinem Platz". So der Bericht eines syrischen Mönches. Ein Kopte berichtete aus Alexandrien: "Dachbalken stürzen ein. Riesige Wellen versenken die Schiffe im Meer." In Jerusalem gab es Tausende Tote. Kirchen stürzten ein und an der El Aksa Moschee entstand "schwerer Schaden". Bisher konnten die Forscher nur anhand dieser schriftlichen Quellen ungefähr ermessen, wie stark die Erdstöße des "schlimmsten Erdbebens in der Geschichte des Nahen Ostens" waren.

Im vergangenen Sommer ist der israelische Archäologe Mosche Hertel erstmals dem Erdbeben auch physisch auf die Spur gekommen. Bei Ausgrabungen in Tiberias stieß er auf zwei Grabungsschichten aus Perioden die schlechterdings nicht einträchtig neben einander liegen konnten. Zunächst fand er keine Erklärung dafür, wie Funde aus der Römerzeit neben Funden aus islamischen Epoche, ein halbes Jahrtausend später, liegen konnten. Herbeigerufene Geologen lösten das Rätsel und lieferten gleichzeitig erste zuverlässige Methoden, die Gewalt des nächsten zerstörerischen Erdbebens im Nahen Osten vorauszuberechnen.

Tiberias liegt wie die ganze Jordansenke, Jericho, das Tote Meer und Eilat im "syrisch-afrikanischen Bruch", der Schnittstelle von zwei gewaltigen Erdplatten, deren Riss sich 40.000 Kilometer weit rund um den Erdball zieht. Die östliche "arabische" Platte bewegt sich jedes Jahr durchschnittlich vier Millimeter schneller in Richtung Norden, als die westliche "Israel-Sinai" Platte. Unglaubliche Energien bauen sich auf, die erst durch Erdbeben wieder freigelassen werden.

Das Erdbeben vom Januar 749 muss mit einer Stärke von 7,5 auf der Richterskala eines der heftigsten des Nahen Ostens gewesen sei, wie sich anhand der Erdverschiebungen bei der Ausgrabung in Tiberias errechnen ließ. Über eine Strecke von hundert Kilometern, von Tiberias bis Jericho sei die Erde mit einem Schlag um anderthalb Meter in Richtung Norden gerutscht.

Nach Angaben der Forscher habe es bis zum Jahr 1033 in der Jordansenke "alle paar hundert Jahre" heftige Erdbeben gegeben. Der Geologe Dr. Schmuel Marko von der Tel Aviver Universität stellt eine düstere Prognose auf: "Seit 1033 sind fast tausend Jahre ohne größere Beben vergangen. Vor allem im Beth Schean Tal südlich des See Genezareth muss jederzeit mit einem extrem starken Erdstoß gerechnet werden."

Eine runde Mauer, von Archäologen nach einer Notgrabung als die letzte Spur des römischen Stadions von Tiberias am See Genezareth, wurde gemäß einem Bericht der Tageszeitung Haaretz abgerissen, um Platz für eine Erweiterung des "Galei Kineret" Hotels zu machen.

Die Mauer des Stadions wurde im Jahr 749 durch dieses schweres Erdbeben zweigeteilt. Der antike Historiker Josephus Flavius entging in dem Stadion als Anführer einer jüdischen Kämpfergruppe nur knapp einem Attentat, indem er in den See Genezareth sprang. Flavius stellte sich später in den Dienst der römischen Besatzer. Der Kriegsherr und spätere Kaiser Vespasian ließ seine jüdischen Kriegsgefangenen in dem Stadion antreten. Dort machte er eine grausame "Selektion", wie Haaretz in Anlehnung an die Vorgänge an der Rampe in Auschwitz schreibt. Die gesunden und kampffähigen Männer ließ Vespasian versklaven oder als "Geschenke" an den römischen Kaiser Nero schicken. Die Kranken und Alten, 1200 Mann, seien auf der Stelle hingerichtet worden, "bis sich das Wasser des See Genezareth rot färbte". Ulrich W. Sahm

Diasporamuseum schließt seine Tore

Wegen finanzieller Engpässe hat das "Diaspora-Museum" auf dem Campus der Tel Aviv Universität seine Tore "vorläufig" geschlossen. Alle Mitarbeiter erhielten die Mitteilung, dass die ab sofort einen "dreimonatigen unbezahlten Urlaub" antreten müssten. Mitarbeiter des Museums bezeichnetes es als das "wichtigste Museum des jüdischen Volkes". Das Museum enthält nur wenige "echte" Ausstellungsstücke. Vielmehr stellen Nachbildungen aus Pappmaschee und verkleinerte Modelle von Synagogen in aller Welt die Geschichte des jüdischen Volkes während der 2000-jährigen Diaspora zwischen der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 durch die Römer und bis zur Errichtung des Staates Israel 1948 dar.

Von größter Bedeutung seien die im Museum gespeicherten Datenbanken mit genealogischen Daten über alle Juden der Welt und ihre Vorfahren, soweit sie zugänglich sind.

Die Finanzmisere sei eine Folge des enorm zurückgegangenen Tourismus wegen der Intifada und einschneidenden Kürzungen der Regierung im Kulturbudget. Vor Ausbruch der Intifada haben jedes Jahr über eine Million Menschen das Museum besucht, das zum Pflichtprogramm vieler Israel-Reisender gehörte. Ulrich W. Sahm

Personalengpässe bei Franziskanern im Heiligen Land

"Einer unserer Novizen wagte es nicht einmal, zum Begräbnis seines Vaters ins Ausland zu fliegen. Er hatte kein gültiges Visum für Israel und wäre wohl nicht wieder ins Land gelassen worden", klagte Pater Vincent von der Kustodie der Franziskaner in Jerusalem. "Unsere Heilige Stätte in Kapernaum ist mit nur zwei Mönchen unterbesetzt, weil wir nicht mehr genügend Leute haben", fügt er hinzu.

Von rund 150 Franziskanern im Heiligen Land, darunter auch Studenten, Novizen und Mönche haben seit Monaten etwa 25 ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht in Ordnung bringen können. "Wir haben die Anträge eingereicht, vom Religionsministerium ein Empfehlungsschreiben erhalten und 145,- Schekel (etwa 30 Euro) Bearbeitungsgebühr gezahlt. Dennoch erteilt das Innenministerium keine Visa." Einige Anträge hätten sogar schon das Vermerk des Geheimdienstes, der jeden Antragsteller genau überprüft, zumal viele Novizen aus arabischen Ländern wie Libanon, Syrien oder Jordanien kommen, um in Jerusalem zu studieren.

Cesar Margie, Abteilungsleiter für "christliche Angelegenheiten" im israelischen Religionsministerium, äußerte "Verzweiflung". "Jede Woche gehe ich persönlich zum Innenministerium. Aber da gibt es niemanden, mit dem man überhaupt reden kann. Alle Papiere sind in Ordnung und wir fügen Empfehlungsschreiben bei, aber die Anträge werden nicht bearbeitet. Ich habe keine Ahnung warum."

Manche Anträge befinden sich schon seit Januar in Bearbeitung. "Wir wagen schon gar nicht mehr, neue Anträge zu stellen", sagt Pater Vincent. Auch andere religiöse Institutionen, darunter Kirchen und humanitäre Hilfsorganisationen stoßen auf ähnliche Probleme beim israelischen Innenministerium. Die Verweigerung von Visa für christliche Mitarbeiter kirchlicher Institutionen erreichte einen Höhepunkt in der Zeit, als das Amt von einem Minister der jüdisch-orthodoxen Schasspartei geleitet wurde. Doch auch unter dem neuen Minister der weltlichen Schinui-Partei wurde kein Wandel sichtbar.

Eine entsprechende Anfrage beim israelischen Innenministerium musste per Fax eingereicht werden. Aus dem Amt des Sprechers verlautete: "Sowie wir Ihre Frage geprüft haben, erhalten Sie eine Antwort." Erfahrungsgemäß kann es Wochen oder gar Monate dauern, bis israelische Ministerien auf schriftliche Anfragen antworten. Oft heißt es bei einer telefonischen Nachfrage, dass das Fax "verloren gegangen" sei. Ulrich W. Sahm

Mischehen in Israel

Jede zehnte Eheschließung in Israel seit Anfang der neunziger Jahre ist eine "Mischehe". Das ergab eine Umfrage des Instituts "Geokartografia". Die Zahl der Ehen jüdischer Israelis mit Nichtjuden, darunter nicht-jüdischen Einwanderern aus Russland und Gastarbeitern liege bei etwa 800 im Jahr. Etwa 60 Prozent der befragten Israelis äußerten sich gegen solche "Mischehen", obgleich das Phänomen stark zugenommen habe. 70 Prozent der Befragten meinten, dass man die Kinder dazu erziehen müsse, nur einen jüdischen Partner auszuwählen. Die Umfrage ergab auch Zeichen eines Rassismus. 39 Prozent meinten, dass ihre Kinder, wenn sie schon einen Nicht-Juden heiraten, doch wenigstens einen Weißhäutigen wählen sollten. Nur 18 Prozent meinten, dass es ihnen gleichgültig sei, ob es ein Weißer oder Schwarzer sei. Mischehen eines Juden mit Nichtjuden, die nur im Ausland geschlossen werden können, weil in Israel nur die anerkannten Religionen standesamtliche Handlungen ausführen können, was voraussetzt, dass beide Ehepartner der gleichen Religion angehören, halten weniger als "koschere" Ehen. Die Scheidungsrate bei "Mischehen" sei doppelt so hoch wie bei Ehen mit Partnern gleicher Religionsangehörigkeit. Ulrich W. Sahm

Paul Spiegel in Jerusalem

"Wir werden niemals nach Deutschland eingewanderte Juden auffordern, das Land zu verlassen. Und wir haben niemals Juden aufgerufen, nach Deutschland zu kommen." Das sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, bei einer Pressekonferenz zum Abschluss einer seit drei Monaten geplanten Israel-Reise des Präsidiums. "Wir haben uns für Deutschland entschieden. Es ist für uns eine jüdische wie menschliche Pflicht, nach Deutschland gekommene Juden bei der Integration zu unterstützen." Gleichwohl, so Spiegel an die Adresse israelischer Kritiker, stünden die jüdischen Gemeinden offen für "Informationsabende" zionistischer wie israelischer Organisationen, die Juden in Deutschland zur Einwanderung nach Israel "zu überzeugen". In Deutschland gebe es heute die drittgrößte jüdische Gemeinde Europas. Es sei zudem die jüdische Gemeinschaft, die "am schnellsten wachse".

Seine Vizepräsidentin, Charlotte Knobloch, berichtete bei der Gelegenheit von einem neu aufgelegten Programm der EU, für solche Juden, die sich in Deutschland nicht gut integriert hätten, eine "Rückführung dieser Juden in die ehemalige Sowjetunion" zu finanzieren. Bei ihrem nächsten Treffen mit dieser EU-Kommission wolle sie den Vorschlag machen, deren Auswanderung nach Israel und nicht eine Rückführung nach Russland zu finanzieren.

Spiegel sagte, dass der ZdJ "keine orthodoxe Vereinigung" sei. Alle jüdischen Gemeinden könnten Mitglied werden, darunter auch reformierte Gemeinden wie in Weiden oder Oldenburg, die Rabbinerinnen einsetzten. "Da wir keine christlich-jüdische Vereinigung sind, bestehen wir jedoch darauf, dass nur Gemeinden und Menschen aufgenommen werden, die nach unserem Verständnis Juden sind, und nicht auch solche, die in Russland vielleicht als Juden galten, aber nicht unseren Kriterien entsprechen." Vor allem in Orten, wo es nur eine Synagoge gebe, müsse der Gottesdienst "nach dem orthodoxen Ritus" abgehalten werden. "Jeder reformierte Jude kann an einem orthodoxen Gebet teilnehmen. Aber einem Orthodoxen ist nicht zuzumuten, Gottesdienst mit Frauen im Gebetsraum abzuhalten."

Die kürzlich geplatzte "schreckliche Affäre" wurde nur am Rande erwähnt. Ohne den Namen Michel Friedmans zu erwähnen, sagte Spiegel, dass den Statuten gemäß aus dem Direktorium ein neuntes Mitglied in das Präsidium gewählt werde "um die Vakanz für füllen". Spätestens im Oktober werde ein neuer Vizepräsident gewählt. "Sie wissen alle, warum das notwendig wurde", sagte Spiegel. Ulrich W. Sahm

Ungleiche Maßstäbe der UNO Flüchtlingshilfe

Der Jüdische Weltkongress warf in einer neuen Studie ihres Jerusalemer Vorsitzenden, Avi Beker, den UNO Flüchtlingshilfeorganisationen eine politisch motivierte ungleiche Behandlung von Flüchtlingen vor.

In einer jetzt veröffentlichten Studie verglich er die Mitarbeiterzahlen und Gelder der UNWRA, die sich seit 1948 um palästinensische Flüchtlinge kümmert und der UNHCR, die sich um alle übrigen Flüchtlinge in 120 Ländern der Welt kümmere.

Während die UNWRA für 3,9 Millionen Menschen verantwortlich sei, kümmere sich die UNCHR um 19,9 Millionen Flüchtlinge. Der Hilfsorganisation für Palästinenser stünden 23.000 Mitarbeiter zur Verfügung, einem Mitarbeiter pro 170 Flüchtlinge. Im Gegensatz dazu verfüge die UNHCR nur über 5000 Bedienstete, einen für 4000 Flüchtlinge. Bei einem Budget von 315 Millionen Dollar für die UNWRA und 881 Millionen für die UNHCR ergebe sich eine fast doppelt so hohe Zuwendung der Weltgemeinschaft für palästinensische Flüchtlinge als für jeden anderen Flüchtling.

Auch die Definition eines Flüchtlings unterscheide sich. Bei den Palästinensern gelte der Grundsatz, dass jeder Flüchtling sei, der 1948 sein Haus und seinen Lebensunterhalt verloren habe, auch wenn er nicht das Land verlassen musste. Etwa die Hälfte der palästinensischen Flüchtlinge hat niemals Palästina verlassen. Die meisten palästinensischen Flüchtlinge leben heute in den Gebieten unter der Kontrolle der palästinensischen Autonomiebehörde, genießen aber weiterhin den Flüchtlingsstatus und erhalten bis heute von der UNO monatliche Essensrationen, Schulausbildung und andere Hilfe. Die UNHCR hingegen definiert als Flüchtlinge nur solche Menschen, die sich außerhalb ihres Heimatlandes aufhalten und berechtigte Furcht hätten, verfolgt zu werden. Während bei den Flüchtlingen weltweit die Regel gelte, dass nur die eigentlichen Geflohenen, nicht aber deren Nachkommen ein Anrecht auf den Flüchtlingsstatus haben, gelte laut UNWRA bei den Palästinenser die Regel, dass sich der Flüchtlingsstatus auch auf die nachfolgenden Generationen vererbe. Während die UNHCR die Aufgabe habe, Flüchtlinge umgehend in Drittländern anzusiedeln, falls eine Rückführung in die Heimat unmöglich sei und in jedem Fall den Flüchtlingen zu helfen, so schnell wie möglich wieder auf eigenen Beinen zu stehen, habe es sich die UNWRA zur Aufgabe gemacht, die palästinensischen Flüchtlinge so lange zu unterstützen, bis sie wieder in ihre 1948 im Kernland Israels verlassenen Häuser und Wohnungen zurückkehren könnten. Deshalb solle ihrer "temporärer Status" bewahrt bleiben in den Flüchtlingslagern im Libanon und Syrien aber ebenso in den Lagern bei Bethlehem und im Gazastreifen.

Beker wirft der UNO vor, im Falle der palästinensischen und aller anderen Flüchtlinge einen "doppelten Standard" angesetzt zu haben und das palästinensische Flüchtlingsproblem als eine "Zeitbombe" künstlich am Leben zu erhalten. Zudem wirft er der UNO vor, in den unter Obhut der UNO stehenden Flüchtlingslagern im Libanon und in den palästinensischen Gebieten die Entstehung einer "Terroristischen Infrastruktur" zugelassen zu haben, wobei immer wieder auch Schulen der UNRWA und andere Gebäude der Flüchtlingshilfeorganisation für terroristische Zwecke missbraucht würden. Ulrich W. Sahm

Judaika in den Gruften des Vatikans

Schon in wenigen Wochen könnte eines der ältesten und vielleicht aufregensten Rätsel um die Schätze des Vatikans gelöst sein: Liegt der Schatz aus dem Jerusalemer Tempel, darunter der siebenarmige Leuchter vielleicht in einem der Keller des Vatikans?

Wie die israelische Zeitung Haaretz berichtet, soll schon in wenigen Wochen ein kompletter Katalog aller Judaica-Objekte in den Museen und Arsenalen des Vatikans fertig gestellt sein. Die Idee, alle Judaica-Objekte zu registrieren hatte der israelische Staatspräsident Mosche Katzav bei einem Treffen mit dem Papst im Dezember 2002 aufgebracht. Katzav, selber ein Hobbyarchäologe, kam auf die Idee einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der jüdischen Objekte im Vatikan, als ihm bei einem früheren Besuch im Vatikan ein jüdischer Grabstein mit griechischer Inschrift aus dem ersten Jahrhunder gezeigt wurde.

Vor einem Monat habe der Vatikan die Bereitschaft zur Katalogisierung der jüdischen Objekte verkündet. Bei einem Treffen zwischen dem neuen israelischen Botschafter Oded Ben Chur und dem Direktor der Vatikansmuseen wurde abgesprochen, eine Bestandaufnahme schon bis September abzuschließen. Danach sollen die Objekte wissenschaftlich untersucht und katalogisiert werden. Dazu könnten auch israelische Wissenschaftler hinzugezogen werden.

Wie die Zeitung weiter berichtet, seien israelischen Forscher die Lagerräume der Vatikanmuseen "nicht unbekannt". Schon seit Jahren führe die Hebräische Universität Jerusalems im Vatikan ein Projekt zur Aufnahme aller jüdischen Handschriften durch. Es handle sich um etwa 800 Manuskripte aus der Zeit zwischen dem neunten und siebzehnten Jahrhundert. Bisher seien etwa 550 Manuskripte bearbeitet worden. Professor Malachi Beth Arieh von der jüdischen Nationalbibliothek glaubt nicht an sagenhafte Schätze, die noch ungehoben in den Kellern des Vatikans schlummern. "Das sind Gerüchte, die amerikanisch-jüdische Geschäftsleute seit dreißig Jahre immer wieder verbreiten."

Ein siebenarmiger Leuchter, im zweiten vorchristlichen Jahrhundert von der Hasmonäerfamilie gegossen, wurde nach Rom gebracht und in einem nur dafür errichteten Tempel aufgestellt. Der Leuchter verschwand im fünften Jahrhundert, als Rom von den "Barbaren" überfallen und geplündert wurde. Das letzte Zeugnis zu diesem Leuchter stamme von einem byzantischen Kaiser, der im neunten Jahrhundert behauptete, den Leuchter in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul gesehen zu haben.

Der Judaika-Forscher, Professor Schalom Zabar, wird im Haaretz zitiert: "Es ist schwer vorstellbar, dass dieser Leuchter über tausend Jahre im Vatikan liegt und wir nichts davon wüssten. Sogar im Vatikan gibt es keine solche Geheimnistuerei." Zabar vermutet, dass es sich bei den Judaika-Objekten im Vatikan im Wesentlichen um Geschenke von Juden für die Päpste und Funde aus jüdischen Katakomben handle. Das wichtigste Objekt sei ein jüdischer Sarkophag aus der Römerzeit mit der Abbildung des siebenarmigen Leuchters. "Jüdische Dinge interessierten die Päpste nur wenig. Die interessierten sich für die Bibel." Eine israelische Forscherin, die acht Jahre im Vatikan tätig war vermutet nur "vergoldete Untertassen aus dem vierten Jahrhundert" als bedeutungsvolle Judaica-Objekte.

Das israelische Außenministerium sehe in den wissenschaftlichen Kontakten mit dem Vatikan eine "große Bedeutung". Die Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan hätten mit dem Besuch des Papstes in Israel im März 2000 einen Höhepunkt erreicht, seien aber nach Ausbruch der Intifada "eingefroren" worden. Erst im Dezember vor zehn Jahren haben Israel und der Vatikan diplomatische Beziehungen aufgenommen. Ulrich W. Sahm

Grabmal des Vaters von Johannes dem Täufer

Das sogenannte "Grabmal des Absalom", im Jerusalemer Kidrontal zwischen Ölberg und Tempelberg gelegen, könnte das Grab des Priesters Zacharias gewesen sein, dem Vater von Johannes des Täufers. Das besagt eine jetzt entdeckte griechische Inschrift über dem Eingangsloch an dem etwa 2000 Jahre alten, sehr gut erhaltenen Bauwerk.

Die stark verwitterte Inschrift kann nur im Sommer bei untergehender Sonne ausgemacht werden. Deshalb ist sie den Forschern bisher nicht aufgefallen, obgleich das sagenumwobene Grabmal in alten Pilgerbüchern und modernen Bilderalben Jerusalems tausende Male abgezeichnet oder fotografiert worden ist.

Der israelische Anthropologe und Archäologe Joe Zias bemerkte die Spuren der griechischen Inschrift auf einer alten Fotografie. Er sammelte Gelder, um ein Gerüst zu errichten. Denn die Inschrift befindet sich in neun Metern Höhe. So konnte er einen Silikonabdruck machen und zusammen mit dem Dominikanerforscher der Ecole Biblique in Jerusalem, Emile Puech, die 47 Buchstaben enthaltende Monumentalinschrift von 1,2 Metern Länge entziffern: "Dieses ist das Grab des Zacharia, Märtyrer, frommer Priester, Vater des Johannes". Professor Gideon Förster von der Hebräischen Universität bestätigte gegenüber der Zeitung Haaretz, dass christliche Texte aus dem sechsten Jahrhundert behaupteten, dass Zacharja, der Vater von Johannes dem Täufer (Laut Lukas-Evangelium), als Märtyrer im Grab von "Simon dem Alten" beerdigt worden sei. Jener Simon habe zusammen mit dem Herrenbruder Jakob den Nazarener als Messias anerkannt. Die Archäologen vermuten, dass das sogenannte Absalomsgrab früher von Christen verehrt worden sei, deshalb die byzantische Inschrift.

Der Rechtsanwalt Schmuel Berkowitch, ein Experte für den Status Heiliger Stätten in Jerusalem sagte, dass das Grab als "christliche Heilige Stätte" anerkannt werden könnte, aufgrund dieser neuen Entdeckung der Archäologen. Vorläufig zählt das Grabmal zu den 20 offiziell anerkannten jüdischen Heiligen Stätten Jerusalems.

Das Absalomsgrab wurde vermutlich im ersten Jahrhundert von einer reichen Priesterfamilie errichtet. Die Architektur des Grabmals mit einem konischen Pyramidendach und Lotusblüte an der Spitze entspricht der "ägyptischen Mode", wie man sie bei einigen Bauwerken aus der Epoche Jesu vorfindet. Die eigentlichen Erbauer des Grabmals sind unbekannt, im Gegensatz zu anderen in den Fels gehauenen Gräbern in der Nachbarschaft, die bekannten Jerusalemer Priesterfamilien zugeschrieben werden konnten, etwa den Zacharias und der Ben Hesir Familie. In der jüdischen Tradition wird das Grab dem meuternden Absalom, dem Sohn des Königs David, zugeschrieben, entsprechend der Erwähnung eines "Denkmals" für Absalom im zweiten Buch Samuels. Weil Absalom aber einen Aufstand gegen den geliebten König David machte, wurde es zur Sitte der Juden in Jerusalem, das Grabmal mit Steinen zu bewerfen. So verschwand es teilweise unter den Steinen, was dazu beigetragen hat, dass das schönste aller alten Gräber Jerusalems so gut erhalten blieb.

Weil Absalom jedoch tausend Jahre vor der Errichtung des Grabes gestorben war, halten Archäologen den Zusammenhang zu dem Sohn Davids für eine "reine Legende". Im Gegensatz zu sensationellen archäologischen Fälschungen, die in jüngster Zeit bekannt wurden, darunter ein Knochenkasten des Herrenbruders Jakob, bestehe kein Zweifel an der Echtheit dieser Inschrift, weil sie "in situ" entdeckt worden sei. Übrigens: Dass Zacharias der Vater Johannes des Täufers war, steht schon im Lukas-Evangelium: Kapitel 1,5 ff mit 1,57-66 Ulrich W. Sahm

Klage gegen "alle Juden der Welt"

Die angesehene ägyptische Wochenzeitung "Al Ahram Al Arabi" hat in ihrer letzten Ausgabe ein Interview mit Dr. Nabil Hilmi, dem Dekan der Jura-Fakultät der Universität von Al-Zaqaziq veröffentlicht, in dem eine "Klage gegen alle Juden der Welt" angekündigt wird, mit der Forderung, gestohlenes Gold und Schmuck zu erstatten, das die Juden während des biblischen Exodus "gestohlen" hätten. Eine Gruppe von Ägyptern in der Schweiz habe aufgrund "historischer und religiöser Quellen" herausgefunden, dass die Juden bei ihrem "großen Auszug aus Ägypten" Gold, Schmuck, Küchengeräte, Silberornamente, Kleidung "von den pharaonischen Ägyptern mitten in der Nacht" gestohlen hätten. Diese Gegenstände hätten heute einen "unbezahlbaren Preis". Angenommen, so Hilmi, die Juden hätten auf Eselskarren eine Tonne Gold aus Ägypten in Richtung Sinai abtransportiert, wobei der Wert bei nur 5 Prozent jährlichen Zinsen sich alle zwanzig Jahre verdopple, errechnen die ägyptischen Kläger 5758 Jahre nach dem historischen Diebstahl eine Summe von mehreren Trillionen Tonnen Gold, die nun die Juden an Ägypten erstatten müssten.

Alle monotheistischen Religionen, so auch die Juden, kennen das Gebot "Du darfst nicht stehlen". Deshalb seien die Juden aus religiösen Gründen verpflichtet, das Raubgut zu erstatten. Vom rechtlichen Standpunkt, so Hilmi, wenn die Juden das Gold nicht "gestohlen" sondern nur "entliehen" hätten, seien sie heute verpflichtet, den Wert der Anleihe mit Zinseszins zu erstatten.

Hilmi ist sich im Klaren, dass die Rückzahlung dieser Schuld nicht von Heute auf Morgen zu bewerkstelligen sei. Er schlug deshalb einen "Kompromiss" vor. Die Rückzahlung könne in Raten geschehen "auf tausend Jahre verteilt".

Ohne Quellen anzugeben berichtet Hilmi, dass die ägyptischen Frauen vor über 5000 Jahren "kein Verständnis" für den Diebstahl ihrer Küchengeräte gehabt hätten, während andere, wertvollere Gegenstände, nicht gestohlen worden seien. Eine ägyptische "Polizeiuntersuchung" gegen Moses und Aaron habe ergeben, dass es den Juden "wegen ihrer perversen Einstellung" unmöglich gewesen sei, die "Annehmlichkeiten des Lebens in Ägypten" zu genießen. Mit dem geheimen Codewort "Um Mitternacht" hätten deshalb die "jüdischen Rabbis" rund 120.000 Familien den Befehl erteilt, bei Nacht und Nebel Ägypten in einem Konvoi von Eselskarren zu verlassen. Erst nachdem sie die Pharaonenarmee in der Sinaiwüste in die Irre geführt hatten, sei es ihnen möglich gewesen, ihre mitgeführte Beute zu zählen, insgesamt 300 Tonnen Gold.

Hilmi sagt: "Selbstverständlich zweifeln die Juden diese Geschichte an, weil das in ihrem Interesse ist." Gleichwohl gebe es Hinweise auf diesen historischen Diebstahl sogar in der Bibel (Exodus 35, 12-36)

Ein Israeli reagierte auf den Artikel lachend: "Dann sollen die Ägypter erst einmal den Juden den Lohn für die Fron als Zwangsarbeiter zahlen, als Pharao sie zwang, die Pyramiden zu bauen."

Der israelische Historiker Jair Rothmann erklärte sich im israelischen Rundfunk bereit, vor einem Gericht in der Schweiz "Moses zu verteidigen". Rothmann reagierte so auf ein Zeitungsinterview des ägyptischen Juristen Nabil Hilmi in der Wochenzeitung Al Ahram el Arabi. Hilmi hatte eine Klage gegen "alle Juden der Welt" angekündigt.

Rothmann erklärte, dass der Vorwurf gegen die Juden, nach Ägypten gekommen zu sein, um das Land der Pharaonen auszurauben, ein "uraltes Motiv der Judenhasser und Antisemiten sei", um das jüdische Volk zu diskreditieren. Schon der Historiker Josefus Flavius, ein Zeitgenosse Jesu, habe sich mit solchen Vorwürfen gegen die Juden auseinander gesetzt. Sollte es tatsächlich zu einem von Ägyptern angestrengten Gerichtsverfahren kommen, wolle Rothmann die Ägypter auffordern, dann auch die übrigen Teile der Bibel als "bare Münze" anzuerkennen. Wenn die Ägypter die mythologische Geschichte vom Auszug aus Ägypten und den mutmaßlichen historischen Goldraub für "Wahrheit" hielten, dann müssten sie genauso auch die göttliche Übergabe der Zehn Gebote an Moses auf dem Sinaiberg und natürlich die Landnahme "akzeptieren". Es gehe nicht an, so Rothmann, dass die arabische Propaganda die Verheißungen Gottes an Abraham und an das Volk Israel ableugne, gleichzeitig aber Schadensersatzforderungen aufgrund der gleichen heiligen Schriften aufstelle, die ansonsten als "Fälschung" verurteilt würden. Ulrich W. Sahm

Wissenschaftler packt die Laus

Das Bein einer 2000 Jahre alten Körperlaus, zwischen Kleidungsstücken von Rebellen auf der Herodesburg Massada am Toten Meer gefunden, animierte eine Reihe von Wissenschaftlern zu einem hochgelehrten Artikel in der Fachzeitschrift der Entomologischen Gesellschaft von Amerika. Der Jerusalemer Archäologe Joe Zias hat das Ergebnis seiner vor kurzem erst veröffentlichten Forschung an KNA übermittelt.

In der Einführung heißt es, dass die Laus der älteste Parasit der Menschheit sei. Beide Lausarten, die Kopf- und die Körperlaus, wurden schon in 10.000 Jahre altem menschlichem Haar in Brasilien entdeckt. Auch in den Mumien von Pharaonen entdeckte man immer wieder solche "Ektoparasiten". Kopfläuse heißen auf lateinisch "Pediculus humanis capitis", während die Körperlaus "Pediculus humanus humanus" heißt und sich typischerweise im "pubischen" Bereich des Menschen festsetzt. Ein ägyptisches Papyros aus dem 16. vorchristlichen Jahrhundert, also vor 3600 Jahren, empfiehlt sogar ein aus Feigenmehl hergestelltes Gegenmittel.

Die Entdeckung eines Lausbeines im Jahr 1964 im Korb 747 unter Textilien im "Lokus" (Fundort) Nr. 1093 auf Massada, beweise nun endgültig, dass die Rebellen des jüdischen Aufstandes gegen die Römer kurz nach dem Kreuzestod Jesu mit Läusen infiziert waren. Der bedeutsame Fund stammt aus einem Raum, der in den Jahren 66 bis 77 von den Aufständischen benutzt und nachher verlassen wurde. In dem Raum entdeckten die Ausgräber auch bedeutsame Ostraka, Scherben mit hebräischer oder aramäischer Aufschrift, Namen der Rebellen. Jener Lokus wurde nicht durch Feuer zerstört, das die Römer bei der Eroberung der als unbezwingbar geltenden natürlichen Felsenburg in der judäischen Wüste. Die gefundenen Textilien wurden zunächst trocken gesäubert, wobei die herausgefallenen Partikel mit einem Stereomikroskop (x6) untersucht wurden.

Für die Untersuchung des Beines der historischen Laus wurden Kopfläuse unter infizierten Kindern eines Jerusalemer Kindergartens gesammelt, während für den wissenschaftlichen Vergleich eine ganze Kolonie Körperläuse von der Londoner Schule für Tropenmedizin und Hygiene herbeigeschafft werden musste. Für die genauere Untersuchung wurde ein hochqualifiziertes Mikroskop der Firma Zeiss aus Jena eingesetzt.

Unter den modernen Geräten entpuppte sich nun das Exuvium, die Außenhülle eines Lausbeines in seinem dritten "nymphalen Stadium". Ein winziges Federchen an dem Beinfragment bewies, dass es sich nicht um eine Kopflaus handelte, wie sie die Jerusalemer Kleinkinder angeliefert hatten, sondern eher um eine Körperlaus.

Unter dem Zwischentitel "Diskussion" handeln die Forscher nun die wissenschaftliche Bedeutung ihres denkwürdigen Fundes ab. Läuse gab es im Heiligen Land schon seit über 9000 Jahren. Man hatte sie in alten Kämmen und Überresten menschlichen Haares gefunden. Forschungsarbeiten dazu hatten Mumcuoglu und Zias zuvor veröffentlicht. Läuse kommen schon in der Bibel vor und im Talmud heißt es: "Wer eine Laus am Sabbat tötet, tut (eine Sünde) als hätte er ein Kamel getötet" Zudem forderten die Rabbis aus der Zeit Jesu, dass es "unziemlich" sei, in der Öffentlichkeit die Kleidung nach einer Laus zu durchsuchen.

Zu der Laus aus dem ehemaligen Winterpalast des Königs Herodes auf Massada sagen die Forscher, dass die Rebellen während der mehrmonatigen Belagerung durch die Römer in räumlicher Enge gelebt hätten, bis sie Selbstmord verübten, um nicht in römische Gefangenschaft zu geraten und als Sklaven verkauft zu werden. "Die Enge in den Räumen förderte die Verbreitung der Körperläuse von einer Person zur anderen", konstatieren die Wissenschaftler. Sie schließen mit der wahren Sensation ihrer Entdeckung: "Unseres Wissens ist erstmals eine Körperlaus (im Gegensatz zur Kopflaus) bei einer archäologischen Ausgrabung in Israel gefunden worden." Ulrich W. Sahm

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