Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

 

Israelische Rabbiner streiten über die Heiligkeit Gazas

Mit der Ankündigung des israelischen Premierministers Ariel Scharon, die jüdischen Siedlungen im Gazastreifen demnächst zu räumen, ist unter den Rabbinern des Landes ein Streit ausgebrochen, ob Gaza und Gazaland zum Heiligen Land gehören, das deshalb nicht aufgegeben werden darf. Während die Siedlerrabbiner ein allgemeines Fasten ausgerufen haben, "um den teuflischen Beschluss ungültig zu machen und die gesamte Nation Israel zu retten", erklären andere Rabbiner, Gaza und Gazaland gehören gar nicht zum Land Israel nach alten talmudischen Bestimmungen und beanspruche so keine besondere Heiligkeit.

Beide Seiten führen für ihre Argumentation die Bibel, den Talmud und die Geschichte der Stadt an. Nach der Bibel wurde die Stadt dem Stamm Juda zugesprochen. Er hat die Stadt und den Bezirk aber nicht einnehmen können. Nach der Vertreibung der Kanaanäer übernahmen das griechische Seevolk der Philister, das vom Meer aus zur selben Zeit in das Land Kanaan eindrang wie die israelitischen Stämme aus der Wüste, das Gebiet und machten Gaza zu ihrer Hauptstadt. Der israelitische Held Simson ließ hier in Philisterhaft den Tempel des Dagon einstürzen und begrub mit sich zahlreiche Philister unter den Trümmern des Hauptheiligtums der unbeschnittenen Griechen.

Erst König David vermochte die Stadt zu erobern und machte sie tributpflichtig. Weiterhin besiedelten aber Philister den Raum, bis das Gebiet assyrisch und später ägyptisch wurde. Das wiedererstandene jüdische Reich unter den Hasmonäern vermochte die Stadt 96 v. Chr. zu erobern. Die völlig zerstörte Stadt wurde von den Römern durch Pompejus wieder aufgebaut. Gaza kam zur Provinz Judäa, blieb aber eine heidnische Stadt und wurde als eine der letzten Städte Palästinas im 6. Jahrhundert christlich.

Wenn auch immer eine große jüdische Gemeinde in der Stadt lebte, wovon noch eine großartige byzantinische Synagoge zeugt, die 1965 entdeckt wurde, so erklärt der Talmud doch die Stadt als außerhalb der Grenzen des historischen Landes Israel liegend, in dem die biblischen landwirtschaftlichen Bestimmungen von Verzehntung und dergleichen zu gelten haben. Erst im Mittelalter, als es eine große jüdische Siedlung in Gaza gab, beschlossen die Rabbiner der Stadt, dass Gaza zum Land Israel gehört und abgabepflichtig ist. Besondere Berühmtheit errang Gaza im Jahr 1666 mit dem Auftreten des Pseudomessias Schabtai Zvi, wobei Gaza zur Hauptstadt der neuen messianischen Bewegung wurde.

Die letzten Juden verließen Gaza im großen antijüdischen Aufstand der Palästinenser im Jahr 1929. Nach der Eroberung des Gazastreifens im Krieg 1967 wurden im Gazastreifen mehrere jüdische Siedlungen angelegt. Es leben aber keine Juden in Gazastadt selber. Heute leben in ca 30 Siedlungen 7500 Juden unter über einer Million Palästinensern im Gazastreifen. Michael Krupp

Bildhauer Tumarkin mit dem Israel Preis ausgezeichnet

Der Bildhauer Jigal Tumarkin, das enfant terrible der israelischen Kunst, ist der diesjährige Gewinner des Israelpreises auf dem Gebiet der bildenden Kunst. Tumarkin, 70 jährig, äußerte sich überrascht über die Ehrung, nicht, dass er sie nicht verdient hätte, sagte er, "wenn ein Bildhauer in Israel den Preis verdient hätte, dann bin ich es, und das ist wahr seit 1970. Aber ich stand immer am Ende der Liste wegen meines großen Maules."

Tumarkin wurde 1933 in Hamburg geboren und kam als Dreijähriger mit seiner Mutter in das damalige Palästina. Als überzeugter Kommunist ging er 1955 nach Ostberlin ans Brechttheater und arbeitete als Bühnenbildner für das Theater. 1961 kehrte Tumarkin nach Israel zurück und machte sich hier einen Namen als Avantgarde Künstler mit Antikriegsdenkmälern. In Israel, Frankreich, Deutschland, Spanien und Japan befinden sich heute mehr als 100 Plastiken auf öffentlichen Plätzen. Als wichtigstes Kunstwerk von ihm gilt das Holocaustdenkmal auf dem Rabin Platz in Tel Aviv vor dem Rathaus der Stadt. Michael Krupp

Orthodoxe Stadträte wollen Rodins "Denker" nicht nach Jerusalem lassen

Orthodoxe Stadträte aller Fraktionen, die Mehrheit im Jerusalemer Stadtrat, haben sich den Plänen der Stadt widersetzt, eine Kopie der Plastik Rodins, "Der Denker" nach Jerusalem zu bringen und im Zentrum der Stadt aufzustellen. Das Pariser Rodin Museum ist bereit, die Kopie zu erstellen. Das Geld, 2 Millionen Dollar, ist von einem privaten Spender zur Verfügung gestellt worden. Der Denker von Rodin gilt als seine beste Plastik. Sie zeigt einen sitzenden, nackten Mann, in nachdenkender Haltung, das Kinn auf der Hand aufgestützt.

"Diese Skulptur wird nicht nach Jerusalem kommen. Ein nackter Mann in der heiligen Stadt - undenkbar", reagierte Vizebürgermeister Eli Simajof von der orientalisch-orthodoxen Schas-Partei. "Judentum verbietet Skulpturen in Menschengestalt", sagte der aschkenasische Stadtrat, Schlomo Rosenstein.

Vor Jahren hatte die Stadt ein Geschenk der Stadt Florenz aufgrund orthodoxen Widerstandes ablehnen müssen, eine Kopie von Michelangelos David, ein ebenso nackter Mann, den die italienische Stadt Jerusalem zu ihrem 3000 jährigen Jubiläum schenken wollte. Diesmal wollen die säkularen Stadträte aber nicht aufgeben. Der selbst orthodoxe Bürgermeister Uri Luplianski befindet sich in einer schwierigen Lage. Michael Krupp

Oberrabiner im Vatikan - Mythen und Wahrheit

Am Freitag Morgen sind die beiden israelischen Oberrabbiner gemeinsam zu ihrer historischen Reise in den Vatikan aufgebrochen, der orientalische Shlomo Amer, und der aschkenasische Jona Metzger. Beide hatten zuvor die Erlaubnis ihrer Vorgänger im Amt eingeholt, Metzger die des ehemaligen aschkenasischen Oberrabbiners Josef Eljashiv, und Amer die des ehemaligen sefardischen, orientalischen Oberrabbiners und Mentors der Schaspartei, Ovadia Josef. Es ist der erste Besuch beider Oberrabbiner zusammen im Vatikan, denn bisher hatten sich die Oberrabbiner den Dialog mit den andereren monotheistischen Religionen aufgeteilt, der Orientale war zuständig für den Islam, der Aschkenase für das Christentum.

In der israelischen Presse ist der Besuch mit Mythen und Sagen umwoben, als seien die Oberrabbiner aufgebrochen, um in den Verließen des Vatikans nach den verlorenen Schätzen des zweiten Tempels zu suchen, vor allem nach dem goldenen Leuchter, der mit den heiligen Musikinstrumenten und anderen Kultusgeräten des Tempels nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. nach Rom verbracht wurde, wie man heute noch auf dem Titusbbogen in Rom sehen kann, der als Siegestor in Rom nach der Bezwingung des widerspenstigen Judäas nach 5 Jahren Aufstand gebaut wurde und den triumphalen Einzug der Römer in die Stadt Rom mit jüdischen Kriegsgefangenen und den Beutestücken aus dem Tempel zu Jerusalem plastisch darstellt.

All diese Pracht gilt seit dem fünften Jahrhundert verschollen, nachdem die Westgoten und Vandalen die Stadt mehrfach geplündert hatten. Was noch an wertvollen Sachen versteckt und zurückgeblieben war, wurde in späteren Jahrhunderten in die neue Hauptstadt des byzantinischen Reiches, nach Konstantinopel, heute Istanbul, verfrachtet. Das Gold ist sicher längst eingeschmolzen und die mythischen Tempelgeräte sind für immer verschollen. So wird es keine Rückführung der größten Symbole des Judentums nach Jerusalem geben können und einige Beobachter spekulieren, dass die ganzen Geschichten erfunden wurden, um den Papstbesuch der beiden Oberrabbiner in der ultraorthodoxen Bevölkerung, die dem Christentum sehr skeptisch gegenübersteht, schmackhaft zu machen.

Was die Oberrabbiner wahrscheinlich wohl zu Gesicht bekommen werden, sind die reichen Schätze an hebräischen Handschriften, die sich nicht in der Verließen des Vatikans, sondern in der wohlgeordneten und katalogisierten Bibliothek des Vatikans befinden. Dies ist bei weitem der größte Schatz an hebräischen Handschriften, den es in der Welt gibt. Über die Hälfte aller Talmudhandschriften, die weltweit den Verfolgungswahn durch die christliche Welt überlebt haben, befinden sich heute im Vatikan und stehen der wissenschaftlichen Welt zur Einsicht zur Verfügung.

Dieser Schatz wurde im 16. Jahrhundert im dreißigjährigen Krieg aus der Palatina Bibliothek in Heidelberg geraubt. Deutsche Humanisten hatten durch ausgedehnte Reisen durch den Orient diese wertvollen Handschriften jahrzehntelang zusammengetragen. Jüdische Wissenschaftler in Deutschland forderten so in vielen Veröffentlichungen des 19. Jahrhunderts die Rückführung in die angestammte Heimat, Deutschland. Es ist ein Glück, dass sie in dieser Angelegenheit nicht erfolgreich waren, denn alle hebräischen Handschriften und Fragmente, die in Heidelberg lagerten, sind in den Wirren des letzten Krieges verbrannt. Ob die israelischen Oberrabbiner ein Recht auf diesen Schatz haben, der vielleicht wertvoller ist als der goldene Leuchter, ist fraglich und auch die angeblich von privat gestifteten 16 Millionen zum Ankauf des goldenen Leuchters dürften dafür für den Erwerb der Handschriften nicht ausreichen.

So wird den Oberrabbinern, wenn sie denn etwas davon verstehen, das intellektuelle Vergnügen bleiben, in diesem Schatz der jüdischen Literatur zu blättern und sich inspirieren zu lassen. Ein historischer Besuch wird es auf alle Fälle sein. Michael Krupp

Alexandria Nachfolge Treffen in Kairo

In Nachfolge des historischen Alexandria Treffens sind in Kairo erneut christliche, jüdische und moslemische Oberhäupter in Kairo zusammengekommen, um das Bekenntnis des Alexandria Treffens zu wiederholen und zu bekräftigen. In Alexandria war auf einem ersten Treffen dieser Art im Januar 2002 beschlossen worden, dass sich die Religionshäupter der drei monotheistischen Religionen für die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen den verfeindeten Parteien, gegen Gewalt und für einen dauerhaften und gerechten Frieden in der Region einsetzen wollen.

Das Besondere an dem jetzigen Treffen war, dass auch ein prominenter Vertreter der Hamasbewegung an dem Treffen teilnahm, dessen Identität allerdings nicht bekannt gegeben wurde. Prominentester Verteter aus Israel war der ehemalige Oberrabbiner von Norwegen und Minister in Israel, Rabbi Michael Melchior, der auch am Alexandria Treffen teilgenommen hatte. Wichtigste Vertreter der Palästinenser waren die Minister Imad al-Faluji und Scheikh Tajsir al-Tamimi. Die Delegierten wurden auf einer Abschlussversammlung vom höchsten islamischen Oberhaupt Ägyptens empfangen, Scheikh Mohammed Sajed Tantawi, dem Imam der al-Azhar Universität und Moschee. Michael Krupp

Lateinischer Patriarch widerspricht dem Präsidenten

Auf einem Empfang für eine Delegation der katholischen Bischöfe aus aller Welt ist es zu einem Eklat gekommen und zu einer heftigen Diskussion zwischen einem ärgerlichen Staatspräsidenten und einem entschiedenen Patriarchen. Es ging um das Thema Terror und Okkupation und was zuerst ist und die Ursache für das andere.

Das Treffen fand anlässlich des vierten internationalen Bischofstreffen zur Situation der Christen im Heiligen Land statt auf Einladung des lateinischen Patriarchen Michel Sabach. 29 Bischöfe und Priester aus aller Welt hatten sich zu einer viertägigen Konferenz getroffen. Die deutsche Bischofskonferenz war durch den Vorsitzenden der deutschen Kommission Justitia et Pax, dem Trierer Bischof Reinhard Marx vertreten.

Der Staatsempfang beim Präsidenten sollte den Bischöfen die Gelegenheit geben, Fürsprache zur Milderung der schweren Situation der palästinensischen Christen einzulegen. Dazu kam es aber nicht, da der Präsident, Mosche Katzav, mit einer langen Rede zur politischen Situation und zu Gewalt und Terror begann, der das israelische Leben seit Ausbruch der zweiten Intifada vor mehr als drei Jahren bestimmt. Katzav sagte, es werde keinen Frieden in der Region geben, wenn der palästinensische Terror nicht aufhöre. Sabach konterte, es werde der Terror nicht enden, solange die Okkupation und die unmenschliche Behandlung der Palästinenser nicht aufhöre. Alles habe eine Ursache und die Okkupation sei eine der Ursachen für den Terror.

Sichtlich empört reagierte Katzav: "Damit legitimisieren Sie Terror. Als geistliches Oberhaupt müssen Sie Terror in jeder Form ablehnen." "Ist die Erschießung eines einjährigen Babys und der Mutter, die ihre Kinder schützen will, ein Befreiungskrieg?" fuhr der Präsident fort, "ich kann es nur kalten Mord nennen. Ich verstehe ihre Unterstützung für das palästinensische Volk. Es ist ihr absolutes Recht. Aber Sie müssen jede Art von Terror verurteilen."

Sabach erinnerte an die strenge Verurteilung von Terror durch den Papst. Darin seien sich die katholischen Kirchenhäupter einig. Wenn aber die Leiden, die durch die Okkupation hervorgerufen werden, gemildert werden könnten, könnten auch die Regierungen Israels und der Palästinenser stärker gemeinsam gegen den Terror vorgehen. Dies würde eine klare Botschaft an beide Völker sein, dass sie wirklich Frieden wollten. Sabbach versprach, er und seine Kollegen würden fortfahren, für die Sicherheit der Menschen in Israel einzutreten, er fordere aber auch dasselbe für das palästinensische Volk.

Neben dem deutschen Vertreter nahmen Bischöfe aus den USA, Kanada, Frankreich, England, Italien und der Schweiz teil. Sie berieten mit örtlichen Vertretern des Vatikans in Israel und Palästina und Vertretern der Heimatkirchen die schwierige Situation der Christen unter Moslems und Juden. Sie informierten sich über die konkreten gesellschaftlichen Auswirkungen der aktuellen Krise am Beispiel der Bethlehemer Universität und über Möglichkeiten praktischer Hilfe. Michael Krupp

Der armenische Patriarch: Wir werden von jüdischen Zeloten auf der Straße angespuckt

Auf der ersten Sitzung von Kirchenfürsten im Innenministerium haben sich Kirchenvertreter bitter beschwert über Belästigungen, die Kirchenleute in Ordenstracht von jüdischen religösen Jugendlichen zu erdulden hätten. Der armenische Patriarch, Torkom Manoogian, sagte, er sei selber wie andere Ordensleute mit Flüchen belegt und angespuckt worden. Die Polizeivertreter auf der Sitzung entschuldigten sich, sie schützten Prozessionen und dergleichen, könnten aber nicht jeden einzelnen Geistlichen auf seinen Wegen in der Stadt begleiten.

Weiter beklagten die Kirchenvertreter die Erschwerung durch das Ministerium, für Geistliche Visen zu bekommen. Ebenso seien die Kontrollen an den Grenzen, besonders zu Jordanien, häufig demütigend für Geistliche. Der koptische Erzbischof, Anba Abraham, sagte, er habe seine Schuhe ausziehen müssen und ihm sei sein goldenes Kreuz das er immer auf der Brust trage, abgenommen und einem Sicherheitstest unterworfen worden. Die Sitzung im Innenministerium fand statt, nachdem das Ministerium für religiöse Angelegenheiten seit 1. Januar 2004 aufgelöst ist und die Kompetenzen für die nichtjüdischen Gemeinschaften in Israel an das Innenministerium übergegangen sind. Michael Krupp

Israels Staatspräsidenten zu Christen auf dem Neujahrsempfang: Ich bin optimistisch

Auf dem traditionellen Neujahrsempfang für die Oberhäupter der christlichen Gemeinschaften in Israel hat Israels Staatspräsident, Mosche Katzav, in Anwesenheit der drei Patriarchen von Jerusalem sich optimistisch über die Friedensaussichten für das Jahr 2004 gezeigt. Es gebe vereinzelte Anzeichen auf palästinensischer Seite, die Mut zur Hoffnung machten. Israels Außenminister, Silvan Schalom erinnerte an seinen Besuch Papst Johannes Paul II vor zwei Wochen und bezeichnete den Papst als einen wahren Freund des jüdischen Volkes und einen Friedensapostel. Bischof Aristarchos dankte im Namen der Christen Israels für die Unterstützung, die die christlichen Gemeinschaften in Israel erhalten. Alle Redner schlossen mit der Bitte um Frieden in der Region.

Katzav sagte, dass Israel seit zehn Jahren, seit den Vertägen von Oslo, alles für den Frieden täte. Er nannte als Helden des Friedens Jitzchak Rabin mit der Unterzeichnung der Osloer Verträge 1993, Ehud Barak mit seinem Friedensangebot in Camp David 2000 und Arieh Scharon mit der Akzeptierung des sogenannten Fahrplans der Großmächte für einen Frieden in diesem Jahr. Der Terror sei die größte Gefahr für den Frieden, nicht nur in Israel, aber besonders hier. Wenn diePalästinenser den Terror einstellten, brauche kein Sicherheitszaun gebaut werden und brauchten israelische Soldaten keine Razzien in palästinensischen Gebieten durchzuführen. Verhandlungen seien der einzige Weg zum Frieden und nicht Gewalt. So sei es auch zum Frieden mit Ägypten und Jordanien gekommen. Er hoffe, dass bald Verhandlungen mit Syrien aufgenommen werden könnten. Aber der wichtigste Partner Israels und das Tor zu einem Frieden im Nahen Osten seien die Palästinenser.

Silvan Schalom ging auf die Situation der christlichen Araber in Israel ein und bezeichnete die Gründung einer christlichen Universität in Ibbelin, Galiläa, als einen Schritt in der Anerkennung der christlichen Araber im Staat Israel. Noch niemals zuvor seien die religiösen Oberhäupter so herausgefordert gewesen wie heute, ihre Stimme zu erheben angesicht von Terrortätern, die aus der Entfernung von einem Meter auf schlafende dreijährige Kinder schössen mit dem Ruf Alla al akbar, Gott ist groß. Diese Menschen handelten nicht im Namen Gottes.

Zum Schluss wurde Bischof Aristarchos, der Sekretär des griechischen Patriarchen Ireneos I, der weiterhin vom Staat Israel nicht anerkannt ist, aufgefordert, "seine Worte zu sagen". Aristarchos machte klar, dass er nicht in seinem Namen, sondern in dem des Patriarchen und so für alle Christen in Israel spreche. Er sagte, die Region leide unter der Gewalt, der Gewalt der Terroristen und der der militärischen Aktionen. Dieser Teufelskreis müsse durchbrochen werden. Israel als der stärkere müsse den Anfang machen. Michael Krupp

Palästinenser im autonomen Bethlehem feiern Weihnachten unter sich
10.000 Palästinenser und einige Touristen begrüßen den Einzug des Patriarchen in Bethlehem

Israelisches Militär wie palästinensische Polizisten waren außerordentlich freundlich an ihren jeweiligen check-points, es gab keine Schlangen, zügige Abfertigung und den Gruß "merry christmas for you". Der Zugang an der Festung des Rahelgrabes war für normale Autos nicht passierbar, nur für die Karavane des Patriarchen. Nachdem man auf Umwegen in die Stadt gekommen war, schien sie wie verlassen. Bis sich das Bild plötzlich wandelte. Kurz vor der Absperrung der palästinensischen Polizei vor dem Zentrum der Stadt standen sie schon da, die Trommler und Pfeifer-Chöre der Pfadfinder, ganz kleine Mädchen und größere Jungen, einige hielten davon Arafatbilder hoch, die einzigen Arafatbilder in der Stadt, bis auf das große Plakat mit dem Bild des Reis vor dem Rathaus gegenüber der Geburtskirche.

Alles war anders als im letzten Jahr. Damals war Bethlehem von den Israelis besetzt gewesen, für drei Tage des Weihnachtsfestes hatten sich die israelischen Tuppen zurückgezogen. Es gab keine Trommler und Pfeifer und keinen Weihnachtsschmuck auf den Straßen. Die Polizisten, die den Einzug des Patriarchen regelten, waren unbewaffnet und in Zivil. In diesem Jahr war Bethlehem wieder autonome Stadt, seit fünf Monaten eine der wenigen palästinensischen Städte ohne Besetzung, wenn auch abgeschnürt an den Zufahrtswegen. Dieses Jahr wimmelte es überall von Polizisten in Uniform, manche mit Pistolen, die meisten unbewaffnet. Alle freundlich, besonders den wenigen Fremden gegenüber, die sie vor den Scharen von Bettlern beschützten. Bethlehem ist arm georden ohne Touristen seit dem Ausbruch der zweiten Intifada vor drei Jahren.

Über tausend Polizisten sicherten den Weg durch die Stadt bis zum Krippenplatz vor der Geburtskirche ab. Der Weihnachtsschmuck über den Straßen war spärlich, aber es gab ihn. Ganz Bethlehem hatte sich zur Begrüßung des Patriarchen und seiner Kolonne eingefunden. Die Zeitung Haaretz schätzte die Menschenmenge auf dem Krippenplatz allein auf 10.000 Menschen. Moslems mit ihrer hergebrachten traditionellen Tracht, mit Kefije und Frauen mit Kopftuch standen neben modern gekleideten christlichen Jugendlichen, die den letzten Schick der Pariser Mode angezogen hatten, einige mit Weihnachtsmännermütze, überall schwebten Weihnachtsmänner-Ballons in der Luft, neben Mickkymouse, Bären und anderen Ungetümen. Aus den Lautsprechern dröhnte Weihnachtsmusik, Jingle Bells und Silent night.

Zwei Stunden zogen Trommler und Pfeifer-Trupps über den Krippenplatz, Dudelsack-, Posaunen- und Trompetenbläser. Pfadfinderverbände jeder Schule im Raum Bethlehems waren vertreten, bis der Patriarch endlich eintraf, feierlich - soweit das im Gedränge und nach dem Zusammenbruch der Absperrungsrige der palästinensischen Polizisten möglich war - von den Würdenträgern der Stadt und dem Aufgebot des örtlichen Klerus. Als der Patriarch kam, kam die Sonne durch die Wolken. Vor dem Eingang der Geburtskirche schwenkte der Patriarch noch einmal die Weihrauchgefäße über die Menge und verschwand dann gebückt durch die niedrige Eingangstür in die Geburtskirche, die Tür, die so niedrig gehalten ist, damit die Sarazenen in ihrer Zeit nicht mit den Pferden in die Kirche einreiten konnten.

Anders als im letzten Jahr zierte kein Arafat Bild den Eingang der Grabeskirche. Überhaupt gab es viel weniger politische Parolen. Scharon wurde nicht als blutrünstiges Monster dargestellt. Vor der Stadtverwaltung hing ein Papstzitat "Nicht Mauern braucht das Heilige Land, sondern Brücken" und "Macht Bethlehem nicht zu einem Ghetto". Jemand hielt ein Plakat in die Luft mit dem Text "Die Mauer stranguliert den Geburtsplatz Jesu". In seiner Predigt in der Mitternachtsmesse nahm der Patriarch auch Bezug auf die Mauer, sie werde weder Sicherheit noch Frieden bringen. "Die Wahrheit ist, Krieg zerstört Volk und Land und kann nicht ein Volk zum Schwigen bringen, das nach Freiheit dürstet." "Ganz Bethlehem ist ein großes Gefängnis", sagte der Patriarch vor dem israelischen Fernsehen.

Das Traurige auch an diesem Weihnachten war das Fehlen von ausländischen Pilgern. Nur 1200 ausländische Besucher gäbe es dieses Weihnachtsfest, sagte Bethlehems Bügermeister Hanna Nasser vor der Presse, und bis zum Ende der Weihnachtssaison am 18. Januar, dem armeinischen Weihnachtsfest, erwarte man nur 15.000 ausländische Besucher und das gegenüber 50.000 Fremden täglich in den guten alten Zeiten vor Ausbruch der Intifada, wo es keinen Platz in den Herbergen Bethlehems gegeben hat. Immerhin seien 50 Prozent der Hotels dieses Jahr belegt, meist allerdings durch Journalisten. Mehr als 100 Fernsehcrews berichteten aus Bethlehem life. Denn Bethlehem, auch mitten in der Krise des Nahostkonflikt, ist weiterhin die Königin der Welt zu Weihnachten. Michael Krupp

Israelisches Gericht verurteilt Enteignungstaktiken der Regierung aufs Schärfste

Das Tel Aviver Magistrats-Gericht hat die Enteignungspolitik der Regierung aufs Schärfste verurteilt. Das Gericht war von mehreren Palästinensern angerufen worden, deren Böden in der Gegend Jerusalems von der Regierung zum Bau des so genannten Verteidigungszaunes enteignet worden waren. Die Regierung hatte den Besitzern als Entschädigung eine Summe von umgerechnet 2500 Euro für 1 Dunam (1000 qm) angeboten, was nach Angesicht des Gerichts einer Vehöhnung der Landbesitzer gleichkomme.

Die Regierung beruft sich dabei auf Notstandsgesetze aus dem ersten Jahr nach Staatsgründung von 1949, wonach sie ermächtigt ist, lediglich 5 Prozent des eigentlichen Marktwertes als Entschädigung zu bezahlen. Das Gericht stellt fest, dass Notstandsgesetze maximal eine Dauer von drei Jahren haben und deshalb nicht mehr herangezogen werden können. Das Gericht fordert die Regierung auf, mit den Bodenbesitzern zu einer anderen Entschädigung zu kommen. "Die Regierung steckt ihren Kopf in den Sand und vermeidet es, angemessene Aktionen zu unternehmen", so das Gerichtsurteil. Michael Krupp

Extreme Religiöse auf beiden Seiten belegen Genfer Abkommen mit dem Bann

Palästinensische und israelische religiöse Führergestalten haben das inoffizielle sogenannte Genfer Abkommen mit dem Bann belegt. Die "Palestinian Religious Scholars Assosiation", eine der führenden palästinensischen islamischen Körperschaften in der palästinensischen Autonomie erließ eine Fatwa, eine religionsgesetzliche Entscheidung, die es jedem Moslem untersagt, ein Abkommen zu unterzeichnen, das nicht die Rückkehr der Flüchtlinge nach Israel beinhaltet. Ein Zusammenschluss von 250 rechten Rabbinern bezeichnete die Initiatoren des Abkommens als "Verräter", die zu ächten seien.

Die moslemische Fatwa stellt fest, dass jeder Flüchtling, der bereit ist, Kompensationen anzunehmen und auf die Rückkehr zu verzichten, als Verräter anzusehen ist, wie jemand, der seinen Besitz an den Feind verkauft, "Widerstand ist der einzige Weg, das palästinensische Problem zu lösen", heißt es in der Fatwa. Die Rabbiner fordern, dass die Initiatoren von Genf vor Gericht gestellt und als außerhalb der menschlichen Gesellschaft (brotherhood of humanity) stehend erklärt werden sollen. Die Rabbiner sind besonders empört über die Absicht des Genfer Abkommens, den Tempelberg an die Moslems übergeben zu wollen.

Das inoffizielle Genfer Abkommen von israelischen Oppositionellen und Palästinensern, das mit Schweizer Hilfe zustande gekommen ist und am 1. Dezember 2003 in Genf feierlich veröffentlicht wurde, sieht eine gegenseitige Anerkennung eines palästinensischen und jüdischen Staates vor, Jerusalem soll geteilt und Hauptstadt beider Staaten sein, nur das jüdische Viertel und die sogenannte Klagemauer bleiben unter israelischer Verwaltung, der Templberg selbst aber unter moslemischer. Dafür verzichten die Palästinenser auf das Rückkehrrecht der Flüchtlinge in das israelische Staatsgebiet mit einigen Ausnahmen. Michael Krupp

Israel gegen Antisemitismus in Europa

Ariel Scharons Warnungen über einen steigenden Antisemitismus in Europa, wobei von 17 Millionen Moslems in Europa eine besondere Gefahr für Juden ausgehe, wird mit einer diplomatischen Kampagne ergänzt.

Israels Diplomaten sollen die Regierungen ihrer Gastländer auffordern, eine "Gesetzgebung gegen Hass" durchzusetzen. Gedenken an den Holocaust und "Erziehung zu Toleranz" nannte Nimrod Barkan, Leiter der Abteilung für jüdische Angelegenheiten in der Welt im israelischen Außenministerium als zweiten Punkt. Toleranz sollte für Juden wie Moslems gelten. Weiter fordere Israel eine Anwendung bestehender Gesetze gegen Rassenhetze und Hass, sowie klare Stellungnahmen öffentlicher Persönlichkeiten gegen antisemitische Auswüchse

Kritik an Israels Politik sei nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen, sagte er. Eine genaue Linie zwischen legitimer Kritik und antisemitischen Aussagen wollte er nicht ziehen. Kritik an Israel trage antisemitische Züge, wenn sie "ungenau, verzerrt und irreführend" sei. Barkan betonte: "Wir haben viele Freunde. Viele Europäer sind sich der Gefahren des Antisemitismus bewusst."

Barkan unterschied zwischen "rotem, braunem und grünem" Antisemitismus. "Roter Antisemitismus" sei unter französischen Intellektuellen verbreitet die Juden absprechen, eine "Nation" zu sein, weshalb der jüdische Staat "kein Existenzrecht" habe. "Wir können deren ideologische Gleichsetzung von Juden mit französischen Kolonialisten in Algier nicht akzeptieren", sagte Barkan.

Der "braune" Antisemitismus sei "latent" bei etwa 25 Prozent der Europäer vorzufinden. "Der Anstieg des Antisemitismus in Deutschland um 3 Prozent seit 1998, wie es der Stern herausgefunden habe, beunruhigt uns nicht sonderlich", sagte Barkan. "Drei Prozent liegen innerhalb der üblichen Irrtumsmarge von Umfragen." Sichtbare Anzeichen dieses Antisemitismus wie Le Pen, Haider, Möllemann, Hohmann und Günzel zeigten, dass Antisemiten in ihren Ländern keinen Fuß fassen könnten. Problematischer sei es in Osteuropa, wo die "Auschwitzlüge" nicht einmal verboten sei.

Die größte Gefahr gehe vom "grünen Antisemitismus" aus. Unter den Moslems in Europa werde der arabisch-israelische Konflikt zu einer jüdisch-muslimischen Auseinandersetzung gemacht. Da würden Juden und Israelis mit den Nazis gleichgesetzt. Die meisten physischen Attacken auf europäische Juden seien in den letzten Jahren von muslimisch-arabischen Kreisen ausgegangen. Barkan prophezeit akute Terrorgefahr für Europa, nachdem radikal-islamische Organisationen Anschläge auf jüdische Einrichtungen auf der Insel Dscherba (wobei es deutsche Touristen traf), in Casablanca und in Istanbul verübt hätten. Die Anschläge in der Türkei zeigen, dass dieser Terror Juden treffe, weil sie als "Kopf der Schlange" gelten. Doch eigentlich seien amerikanische, britische und europäische Interessen das Ziel. Ulrich W. Sahm

Katholischer Tourismus in Israel

Der israelische Tourismusminister Benny Elon ließ in einer Pressemitteilung einen "deutlichen Anstieg" des katholischen Pilgertourismus verkünden. Katholiken hätten seit April wieder ihre Reisen ins Heiligen Land aufgenommen, so der Minister. Bis zum Ende des Jahres 2003 erwartet er eine Million Touristen insgesamt. Wie üblich vergleicht das Tourismusministerium die Zahlen jeweils mit dem Vorjahr. So habe es eine Zunahme von 48 Prozent bei italienischen Touristen, 92 Prozent bei den Spaniern und 29 Prozent bei den Besuchern aus Südamerika gegeben. Bei diesen Statistiken wird freilich nicht erwähnt, dass das Jahr 2002 wegen des palästinensischen Terrors und israelischer Militäraktionen, darunter der Besetzung und Belagerung der Geburtskirche in Bethlehem eines der schlechtesten Jahre überhaupt für die israelische Tourismusindustrie war. Im Boom-Jahr 2000 kamen etwa drei Millionen Touristen nach Israel. Und diese Zahl wäre noch höher geworden, wenn nicht im letzten Quartal schon die Intifada Besucher aus dem Ausland abschreckte.

Der Minister hob in seiner Presseerklärung den Besuch einer Pilgergruppe um den italienischen Kardinal Pio Laghi hervor. Die Reise sei durch die Opera Romana Pellegrinaggi organisiert worden. Msgr. Liberio Andreatta, Generaldirektor dieses Reiseunternehmens, gab in einer eigenen Presseeklärung bekannt, dass er 25.000 Pilger im Jahr 2000 ins Heilige Land geschickt habe, während es in diesem Jahr bisher nur 1200 waren. "Wir hoffen, bis zum Ende des Jahres auf 1500 zu kommen." Ulrich W. Sahm

Reflexionen über Christen im Heiligen Land

Der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabah, hat "Reflexionen über die Anwesenheit der Kirche im Heiligen Land" veröffentlicht. Sie wurden im Rahmen einer "Theologischen Kommission" ausgearbeitet. Darin wurden die Lehren der Kirche erwähnt und die Beziehungen mit Juden und Moslems, Terror und die übrigen Schwierigkeiten des täglichen Lebens im Heiligen Land. In den 19 Punkten der "Reflexionen" wird als Erstes der Terror als "unlogisch, irrational und nicht akzeptables Mittel zur Lösung von Problemen" verurteilt. Im nächsten Punkt wird die Gewalt verurteilt. Die israelische Besetzung schaffe "ungerechte Situationen", aus denen der Terror hervorgehe. Verurteilt wird auch die "Mauer", die im "Land und in den Herzen der Menschen" errichtet werde. "Manche behaupten, das Heilige Land sei unheilig geworden."

Die Beziehungen der Kirche zum Judentum seien geprägt durch die Lehren des Judentums. Die seien eine "Wurzel" der Kirche. Bedauerlich seien die Jahrhunderte langen Feindseligkeiten in der Geschichte der jüdisch-christlichen Beziehungen. Im Nahen Osten hätten die Christen jahrhundertlang zusammen mit den Juden den Status einer Minderheit in einer überwiegend muslimischen Umgebung geteilt, während im Westen die Christen die überwiegende Mehrheit stellten. Der heutige Kontext der lokalen Kirche im Heiligen Land sei einmalig, denn die Kirche existiere seit 1948 in einem jüdischen Staat mit einer jüdischen Mehrheit, während die nationale Identität der Mehrheit der (christlichen) Gläubigen "eingeschlossen" sei in den Konflikt zwischen Israel und der arabischen Welt und spezieller in den Konflikt zwischen Israel und Palästinensern. Die Autoren der "Reflexion" heben hervor, dass es auch eine Hebräisch-Sprechende Gemeinde gebe, die unter den Juden lebe. Erst kürzlich habe der Papst einen Bischof für diese Gemeinde ernannt. Die Kirche suche ständig nach einem Dialog "mit unseren jüdischen Brüdern und Schwestern". Die Kirche sei Zeuge der israelischen militärischen Okkupation palästinensischen Landes, heißt es da, gleichwohl sei der jüdisch-christliche Dialog von den "politischen Optionen Israels" zu trennen. Während die Gläubigen in Israel in einem "permanenten Dialog des Lebens und der Freundschaft mit ihren jüdischen Nachbarn leben, würden die katholischen Institutionen in den palästinensischen Gebieten die Gläubigen über das Judentum und dessen Erbe belehren. (Eine Nachfrage bei Schwester Bosco, der Leiterin der katholischen Schmidtschule in Ostjerusalem ergab, dass es seit Jahren keine Hebräischkurse für die Schüler gebe, angeblich, weil sich kein "guter Lehrer" zu dem gebotenen niedrigen Gehalt finde. Auch andere jüdische Themen würden in der Schule "überhaupt nicht" gelehrt)

Im Verhältnis zu den Moslems sei die Realität von Land zu Land unterschiedlich. Im Heiligen Land sei das Zusammenleben mit Moslems seit 1400 Jahren von der Suche nach einem Equilibirum zischen Modernität, Pluralismus, Demokratie und einem Streben nach Friede und Gerechtigkeit geprägt. Die Haltung der Christen sei bestimmt durch die positiven Lehren der Kirche über Moslems seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil.

In dem Kapitel über die "Realität" wird zwar über allgemein gute Beziehungen gesprochen, doch es werden auch Schwierigkeiten angedeutet: gegenseitiges Unwissen, Unsicherheit durch ein Vakuum bei den Behörden, Diskriminierung und versuchte Islamisierung unter "bestimmten politischen Bewegungen". Ulrich W. Sahm

Der Staat Israel verliert seine Moscheen

Mangelndes Geld, Desinteresse, fehlendes Einfühlungsvermögen und Ignoranz dürften die Gründe dafür sein, dass der Staat Israel zunehmend die Kontrolle über die insgesamt 363 aktiven Moscheen im jüdischen Staat verliert. Fast 1,2 Millionen Moslems werden durch diese Moscheen religiös versorgt. Wie die Rabbiner für die jüdische Bevölkerung sind auch die Imame Staatsbeamte. Doch im Laufe der letzten Jahre haben sich die Moslems in Israel organisiert und eigene Moscheen mit eigenen Geistlichen eingerichtet. Nur noch 100 Moscheen, weniger als ein Drittel, werden mit staatlich eingesetzten Predigern besetzt, die per Ausschreibung ausgewählt werden und denen oft eine minimale religiöse Ausbildung fehlt. Zwei "Islamische Bewegungen" die radikale nördliche und die eher gemäßigte südliche haben inzwischen die Kontrolle über 149 Moscheen erlangt. Weitere 74 Moscheen werden durch private Spenden finanziert, während die übrigen 40 teilweise vom Staat unterstützt werden.

Die Abteilungsleiterin für islamische Angelegenheiten im israelischen Religionsministerium, Chaja Gan, sagte der Zeitung Haaretz, dass die Belange der Moslems in Israel beim Finanzministerium angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage keinerlei Gehör finden. Deshalb baue der Staat keine neuen Moscheen. "Religion bedeutet Macht", kommentiert sie den Konkurrenzkampf zwischen dem israelischen Religionsministerium und den islamischen Bewegungen, die sich durch Zuwendungen aus dem Ausland, vor allem Saudi Arabien, finanzieren. Die Geistlichen der islamischen Bewegung verfügen wenigstens über ein paar Jahre Ausbildung in der Scharia, dem muslimischen Religionsrecht. Während das israelische Religionsministerium für einen angehenden Geistlichen oder Vorbeter ein Gehalt in Höhe von 3000,- Schekeln (576,- €) Bruttogehalt anbietet, erhalten Berufseinsteiger bei den islamischen Bewegungen um die 1.350,- € Grundgehalt.

Ein hoher muslimischer Geistlicher sagte der Zeitung Haaretz, dass sich die Gehaltsquelle des Imam auch auf dessen Botschaft in den Predigten auswirke. Wer vom Religionsministerium finanziert werde, müsse sich hüten, politische Themen zu berühren. Imame, die von der islamischen Bewegung das Gehalt beziehen, seien freier, auch für die islamischen Parteien und deren Ziele zu werben. Ulrich W. Sahm

"Sieg des Lebens"

"Für uns ist es ein Sieg des Lebens", sagt Toni Matar, arabischer Inhaber des Restaurant Maxim in der Nordisraelischen Stadt Haifa. Im Oktober hatte sich eine Selbstmordattentäterin aus Dschenin in dem von Juden und Arabern gemeinsam geführten Restaurant gesprengt und 21 Menschen getötet. Das Gasthaus wurde dabei schwer beschädigt. "Maxim" wurde bis auf die Grundmauern ausgeschält und neu errichtet. Jetzt soll dieses "Symbol jüdisch-arabischen Zusammenlebens" neu eröffnet werden. Andere Restaurants, die durch Terroranschläge zerstört wurden, haben längst wieder ihre Tore geöffnet und erfreuen sich vieler Kunden. "Mike´s Place" in Tel Aviv, wo im Frühjahr drei Menschen von einem britischen Selbstmordattentäter ermordet wurden, sei jeden Abend so voll wie vor dem Anschlag. Café Hillel in Jerusalem, im September Ziel eines Anschlags, war schon nach einem Monat wieder renoviert. Heute stehen freilich mehr Wächter vor der Tür als man Gäste in dem Café sitzen sieht. Auch Café Moment, wenige Meter von der Residenz des Premierministers in Jerusalem entfernt und Ziel eines schweren Anschlags im März vor einem Jahr, ist zu jeder Tageszeit gut besucht. Allerdings ist der Eingang heute befestigt und rund um die Uhr gutbewacht.

Die Pizzeria Sbarro, eines der ersten von Selbstmordattentätern zerstörte Restaurant in Jerusalem hat nicht mehr so viel Laufkundschaft wie früher, was am wirtschaftlichen Niedergang des Stadtzentrums von Jerusalem liegen mag. An einer Wand hängt eine Gedenktafel für die 11 Toten, darunter eine Großfamilie aus Holland mitsamt den Kindern, und ein flackerndes elektrisches "ewiges Licht". "Wir lassen uns durch den Terror nicht besiegen, und lassen auch nicht die respektvollen Beziehungen zwischen Juden und Arabern in Haifa zerstören", sagt noch der Inhaber von "Maxim" in Haifa. Ulrich W. Sahm

Christliche Informationen über Israel

Eine aufwendig gestaltete Internetseite mit vielen Bildern, interaktiven Landkarten, Videos und informativen Texten liefert "möglichst akkurate Einblicke" ins Heilige Land, so die Selbstdarstellung des Portals www.my-holyland.com. Speziell für Christen ist der "Gospel-Path" gedacht. Da gibt es virtuelle Einführungen in Wege entlang der Heiligen Stätten in Galiläa und Jerusalem, sowie eine Bildershow christlicher Zeremonien.
Die Lauder School of Government, Diplomacy and Strategy im Interdisciplinary Center in Herzliya hat die Seite entwickelt. Federführend ist Hani Ziv, Autorin mehrer Bücher über Israel.
Nützlich für Pilger sind die aufgelisteten Kirchen aller Konfessionen mitsamt Besuchszeiten und Telefonnummern.
Ungewöhnlich sind die vielen Luftaufnahmen israelischer Städte und der Heiligen Städte. Ulrich W. Sahm

Christen und Juden sind keine "geschützte Minderheit" mehr

Im Rahmen der Radikalisierung des Islam vor allem in Saudi Arabien droht Christen und Juden in islamischen Ländern der Verlust des Status einer "geschützten Minderheit". Zu diesem Schluss gelangt eine Analyse islamischer Fatwas, Rechtssprüche, durch den Islamforschers und Berater des israelischen Außenministeriums, Jonathan D. Halevi.

Der Sieg der Islamisten über die Sowjets in Afghanistan, die Errichtung des weltweiten Netzwerks der El Kaeda sowie die Verbreitung des Islam in Europa werde von radikalen Islamisten als ein "Weg zur Restauration des Islam als dominierende Macht in der Welt" wahrgenommen. Christen und Juden in dieser neuen "Weltordnung" verlieren ihren Status als Dhimmi, geschützte Minderheit, seitdem militante muslimische Geistliche vor allem in Saudi Arabien zunehmend zu Massenmord gegen ganze Gruppen und Völker von "Ungläubigen" aufrufen, anstatt wie früher nur den Tod von gewissen Individuen (wie Salman Rushdie) zu fordern. Halevi sieht hier die Gefahr einer ideologischen "Legitimierung von Genozid".
Der Dschihad (Heilige Krieg) gegen die USA werde als "Recht auf Selbstverteidigung" bei dem "Terrorkrieg der USA gegen Nationen des Islam" aufgefasst. Ein Streit sei zwischen einem führenden Mitglied von El Kaeda und einem saudischen Gelehrten ausgebrochen, ob Moslems das Recht hätten, nur vier Millionen Amerikaner umzubringen oder aber eher zehn Millionen. Die Beteiligung der Bürger von Demokratien an der Regierungspolitik durch Wahlen bedeute, dass sie "Kombattanten" seien und nicht als unschuldige Zivilisten gelten könnten. Demokratie sei eine "verbotene Innovation, die muslimischen Werten widerspreche und einer "Ketzerei" entspreche.

Eine gewisse Abschwächung dieser Ideologie entdeckte Halevy in Saudi Arabien seit dem 12. Mai 2003, als die Saudis gezwungen wurden, gegen El Kaeda vorzugehen. Seitdem hätten einige saudische Geistliche aufgerufen, muslimische Häretiker nicht mehr als "vernichtenswert" zu beschreiben. Saudi Arabien wurde von einer Serie schwerer Bombenanschläge heimgesucht, bei denen auch viele Moslems ums Leben kamen. Die "harte Doktrin" dieser Geistlichen gegen Christen und Juden habe sich jedoch nicht geändert.

Der israelische Forscher hat seine Analyse mit Verweisen zu den im Internet verbreiteten muslimischen Fatwas (Richtsprüchen) in der Zeitschrift "Jerusalem Viewpoints" veröffentlicht und per Internet weltweit verteilt. Ulrich W. Sahm

Gespräch mit dem Entdecker des "Herodes-Ankers"

"Vor einem Monat machte ich einen Spaziergang am Ufer des Toten Meeres und erkannte den Anker. Der Form nach stammt er aus römischer Zeit." Reines Holz lugte aus dem Salzblock heraus, der sich um den Anker herum gebildet hatte. So beschreibt Dr. Gideon Hadas eine sensationelle archäologische Entdeckung aus der Zeit Jesu.

Hadas lebt schon viele Jahre im Kibbuz Ein Geddi, einer wasserreichen Oase am Westufer des Toten Meeres. Der Archäologe hat vor seiner Haustür viel zu tun: "Wir graben gerade ein Haus aus der herodianischen Epoche aus, im Jahr 68 während des ersten jüdischen Aufstandes gegen die Römer zerstört." Am Ufer des Toten Meeres wurde vor zweitausend Jahren nach einem verloren gegangenen Rezept ein Balsamparfum hergestellt, das in die ganze damalige Welt exportiert wurde und von Kleopatra bevorzugt wurde. Anders als heute war das Tote Meer damals eine sehr reiche Gegend, die auch von König Herodes wegen ihrer Heilquellen bevorzugte.

Hadas war unfähig, den Block zu bewegen. Es musste ein Schlitten gebaut werden, um den Anker mit seinem Salzkleid vom Ufer wegzubewegen. Alles zusammen wog 800 Kilo, wobei Hadas das Nettogewicht des Ankers allein auf eine halbe Tonne schätzt. "Es wurden in der römischen Welt immer nur Teile von Ankern gefunden, darunter Bleiringe, die die Querbalken mit dem Stock des typischen Admiralitätsanker zusammenhielten. Noch nirgendwo ist ein bestens erhaltener kompletter Holzanker aus der römischen Zeit entdeckt worden", sagt Hadas, wobei er die Datierung bisher nur aufgrund der Form vorgenommen habe. Dieser Ankertypus, 1,80 Meter hoch und fast einen Meter breit, sei vor allem im westlichen Mittelmeerraum üblich gewesen, bei der Handelsschifffahrt, jedoch extrem selten im östlichen Mittelmeer. "Herodes ist in Rom erzogen worden. Er hatte die beste und neueste römische Technologie in sein Land importiert. Nur so konnte er die gewaltige Bautätigkeit, darunter des Jerusalemer Tempels, bewältigen.", sagt Hadas. Als Herodes alt und krank war, sei er zu den Quellen von Kaleroi (heute in Jordanien) gekommen. Doch die heilsamen Wasser halfen ihm nicht. Der Historiker Josefus Flavius beschreibt, wie Herodes von Kaleroi nach Jericho gereist und dort gestorben sei. "Ich fantasiere jetzt mal. Es ist nicht anzunehmen, dass der alte Herodes auf dem Esel nach Jericho ritt. Der bestieg wohl seine königliche Yacht und fuhr über das Wasser." Hadas sagt, dass es viele Quellen für Schiffe und Schifffahrt auf dem Toten Meer gebe, auch in der Zeit des Herodes: Texte und Mosaiken. Einen so großen Anker dürfte nur ein "ziemlich großes Schiff, mindestens 15 Meter lang" gehabt haben, so Hadas. Der große Herrscher Herodes dürfte in der damaligen Zeit der Einzige gewesen sein, der sich ein derart großes Boot auf dem Toten Meer geleistet habe. "Wenn es heißt, dass das vor einigen Jahren am See Genezareth gefundene Schiff dem Petrus gehörte und das Jesus darauf gefahren sei, dann werde ich doch wohl behaupten können, den Anker der Yacht des Herodes entdeckt zu haben", lacht Hadas.

Den Anker entdeckte er am Strand, weil der Meeresspiegel des Toten Meeres stark gesunken ist, weil Israel und Jordanien das Wasser aus fast allen Zuflüssen zum Toten Meer umleiten und verwenden. Der Holzanker sei vermutlich schon vor drei Jahren aus dem Wasser hervorgekommen. Doch das Holz sei von den Mineralien des Tote Meerwassers durchsetzt, so dass es trotz der Berührung mit Luft nicht in Staub verfallen sei. Ulrich W. Sahm

Bischofskonferenz im Heiligen Land

Neun Bischöfe aus aller Welt, darunter Reinhard Marx, Bischof von Trier, sind zum dritten Mal dem Ruf des lateinischen Patriarchen in Jerusalem, Michel Sabbah, gefolgt, Christen im Heiligen Land zu besuchen, um ihnen zu erklären: "Ihr seid nicht allein."

Bei der nachfolgenden Pressekonferenz im Jerusalemer "Ritterpalast" redete Patriarch Sabbah von "christlicher Verantwortung" gegen Blutvergießen und gegen Okkupation, allerdings mit dem Versuch, "nicht Partei zu ergreifen". Mehrere europäische Bischofe kündigten an, ihren Regierungen und der EU in Brüssel Bericht über die negativen Auswirkungen und ihrer Eindrücke von der "Mauer" zu erstatten. Allein der deutsche Bischof Reiner Marx, der als einziger auch Christen in Nazareth, Tabgha und Haifa besucht hat, wo bei einem Selbstmordattentat im Restaurant Maxim auch Christen Opfer einer palästinensischen Selbstmordattentäterin wurden, sagte: "Die Mauer ist ein Ausdruck für die Situation. Sie zeugt von einer Situation, die nicht in eine bessere Zukunft führt." Der amerikanische Bischof sagte als einziger, dass er die Absicht habe, ein israelisches Hospital und Terroropfer zu besuchen. Alle Anderen redeten nur von ihren Eindrücken in den "besetzten Gebieten", in Bethlehem, Beth Sahour und Ramallah.

Patriarch Sabbah wurde zu seinem Streit mit dem israelischen Staatspräsidenten Mosche Katzav befragt. Sabbah: "Das war nicht ein Zusammenstoß (clash), sondern eine ganze Serie davon. Es gab sie schon und es wird sie weiterhin geben." Ausführlich erklärte Sabbah, dass man nicht ausgewogen bleiben könne, wenn ein Volk der Unterdrücker sei und das Andere unter Unterdrückung leide, Freiheit und Land fordere. Er rechtfertige nicht die Selbstmordattentate. Jedoch müsse die "Ursache des Terrors", so Sabbah, die Okkupation und die Belagerung verschwinden. Gelächter auslösend sagte Sabbah abschließend: "Möge Gott den Staatspräsidenten Katzav und mich selber segnen." Er äußerte den Wunsch, den Staatspräsidenten zu einem Privatgespräch, ohne Öffentlichkeit und Presse, treffen zu können, um über die Meinungsverschiedenheiten zu reden.

Hierzu sagte später ein Priester, der in Kairo dient: "Man muss wohl die Ursachen des Terrors in der Welt etwas differenzierter sehen. Muhammad Atta aus Kairo, der den 11. September mitveranstaltete, hatte nichts mit israelischer Okkupation zu tun."

Zur Frage, ob die Bischöfe Kritisches auch über die palästinensische Autonomiebehörde zu sagen hätten, fand sich zunächst keiner, der antworten wollte. Der schwedische Bischof erwähnte schließlich das Problem der künftigen Verfassung des palästinensischen Staates und die Frage der darin vorkommenden Garantie einer Religionsfreiheit für Christen.

Patriarch Sabbah wurde nach seinen Kontakten mit dem Hamas-Chef Scheich Jassin befragt und den Möglichkeiten, einen Waffenstillstand zu vermitteln. "Wir haben kein echtes Mandat beider Seiten, um als formelle Vermittler aufzutreten." Um mit Scheich Jassin über ein Ende des Blutvergießens zu reden, reiche nicht die "christliche Verantwortung" und der Wunsch nach Frieden. Dazu benötige er einen Brief (der israelischen Regierung).

Zur Frage, wieso die Bischofskonferenz nicht die Christen im Staat Israel beachtet und besucht habe, sagte Sabbah, der auch Bischof der Christen in Israel, Jordanien und Zypern ist, dass sich "die Kirche in Israel nicht in der gleichen schwierigen Lage befindet".

Mehrere Teilnehmer gestanden nach der Pressekonferenz, dass das Konzept dieser Bischofskonferenz "dringend geändert" werden müsse. Sie sei einseitig nur auf die Christen in den palästinensischen Gebieten und nicht im ganzen Heiligen Land ausgerichtet. Darüber habe es schon interne Diskussionen gegeben, die aber nicht in die Öffentlichkeit getragen werden sollten. Ulrich W. Sahm

Archäologische Zerstörung im Heiligen Land

Der World Archaeological Congress (WAC) hat in einer Presseerklärung die "Zerstörung archäologischer und kultureller Stätten in Palästina durch den Staat Israel verurteilt". Dr. Claire Smith, Präsidentin des World Archaeological Congress, beklagte "die Zerstörung kulturell bedeutender Orte in Städten wie Bethlehem, Nablus und Hebron durch israelische Streitkräfte." Sie betrachtet das als eine "internationale Tragödie".

Es gebe ein "Muster dieser Zerstörungen", heißt es weiter in der Presseerklärung, allerdings nur unter Berufung auf "unbestätigte Berichte". Demnach gehe das Militär in Nablus "nahe" dem Abdula-Hadi-Palast aus dem Jahr 1855 vor.

Die bestätigte Zerstörung schließe Fundstellen ein, die durch die israelische Altertumsbehörde zwischen 1967 und 1993 zum Teil ausgegraben worden seien, so Smith, allerdings ohne Orte zu nennen. Von besonderer Bedeutung sei die "Vernichtung kulturell wichtiger Stätten" durch die Mauer, welche die israelische Regierung in den Palästinensergebieten errichte.

Auf Anfrage erklärte dazu Dr. Hanswulf Blödhorn, Leiter des Deutschen evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft mit Sitz in Jerusalem, dass ihm nur ein Fall von Zerstörung eines byzantischen Mosaiks auf der Trasse der "Mauer" nahe Jerusalem bekannt sei. Während der Bauarbeiten kam ein Mosaik zum Vorschein und wurde teilweise zerstört. Die israelische Altertumsbehörde, der per Gesetz jeder archäologische Fund gemeldet werden muss, verklagte deshalb die israelische Armee.

In der Altstadt von Nablus habe es Schäden an Gebäuden aus der osmanischen Zeit gegeben. Es sei jedoch nichts über Zerstörungen an "antiken" Stätten bekannt, wobei Blödhorn mit "antik" alles aus der Periode der Kreuzfahrer und früher meint.

In Bethlehem kam es zu Vandalismus im Sakralbereich der Geburtskirche, vor allem durch europäische Friedensaktivisten, während der Belagerung der Kirche im Frühjahr 2002. "Die palästinensischen Besatzer der Kirche haben nach Angaben von griechischen Mönchen die Geburtsgrotte respektiert und nicht betreten," sagte Blödhorn. Zwei Mosaikengel aus dem 12. Jahrhundert erlitten Beschädigungen durch einzelne Gewehrkugeln. Einem Engel wurde die Nase und einem anderen das ganze Gesicht weggeschossen. "Ansonsten weiß ich nichts von Zerstörungen antiker Stätten Bethlehem", sagt Blödhorn.

Palästinenser zerstörten nach schweren Kämpfen zu Beginn der Intifada bei Nablus das Josefsgrab, das seit der Antike von Bedeutung ist. Das Gebäude und der Katafalk stammen allerdings aus jüngerer Zeit. Ebenso gab es einen Brand in einem Gebäude über dem "Schalom al Israel" Mosaik aus dem vierten Jahrhundert In Jericho. Das Mosaik sei jedoch nicht beschädigt worden.

Der Paderborner Archäologe Carsten Thiede wies auf die schweren mutwilligen Zerstörungen von Überresten aus der Zeit der Könige Salomon und Herodes auf dem Jerusalemer Tempelberg durch die muslimische Behörde Wakf hin. Mit Baggern wurde seit November 2000 im Schatten der Intifada ohne jede Archäologenüberwachung historisches Erdreich ausgehoben, um in den etwa 2000 Jahren alten "Salomonischen Ställen" eine riesige unterirdische Moschee einzurichten. Die israelischen Behörden schritten nicht ein, um kein weiteres Blutvergießen zu verantworten. Ulrich W. Sahm

Millionen Jahre Geschichte in moderner Lagerhalle

Über zehn Millionen Jahre Geschichte des Heiligen Landes lagern jetzt in einer neuen modernen Industriehalle von 180.000 Quadratmetern Grundfläche. Im Industriegelände von Beth Schemesch, auf halber Strecke zwischen Jerusalem und Tel Aviv, hat Israels Antikenbehörde ihr neues Zentralmagazin eingeweiht. Alle archäologischen Funde seit der Staatsgründung 1948 sind nun dort auf Metallregalen und in modernen Archivschränken gesammelt. Von 1,5 Millionen Jahren alten Steinwerkzeugen der ältesten menschlichen Siedlung in Oubadije am See Genezareth über Knochenkästen aus der Zeit Jesu, byzantischen Brotstempeln zur Herstellung von Oplaten und bis hin zu einer verrosteten Kanone aus der Zeit des Napoleon liegen da etwa eine Million Fundstücke unter einem blauen Dach. "Fast ebenso viele Fundstücke befinden sich in Museen oder auf Ausstellungen in aller Welt", sagt die Archäologin Galit Litani bei einer Journalistenführung. "Es ist unsere Politik, die Stücke auszuleihen und zu zeigen. Archäologie hat einen erzieherischen Wert." Damit die Funde ausgeliehen werden können, besteht die Antikenbehörde darauf, dass sie nach einer Leihgabe wieder ins Zentrallager zurückkehren und nicht in Museumskellern verschwinden.

Nach der Restaurierung in Labors in Jerusalem werden die archäologischen Funde mit einer Nummer versehen, digital fotografiert und in der neuen Halle eingelagert. "Wir können jedes Stück bis hin zum Regal oder der Schublade lokalisieren. Eines Tages soll die ganze Sammlung ins Internet gestellt werden und jedermann zugänglich gemacht werden", sagt Litani. In Israel gebe es die weltweit erste komplett im Computer registrierte Sammlung aller archäologischen Funde eines Landes.

In die 180.000 Quadratmeter große Halle soll noch eine Zwischendecke eingezogen werden. "Durch eine Verdopplung des Lagerplatzes wären unsere Kapazitäten ausreichend für weitere zehn Jahre", meint Litani. Jeden Tag kämen neue Funde zum Vorschein. Per Gesetz müssen sie von der Antikenbehörde gepflegt und aufbewahrt werden. Wenig empfindliche Steinfunde liegen im Freien, im Augenblick noch Regen und Sonne ausgesetzt. "Zum Glück haben wir hier in Israel kein zu großes Problem mit Luftverschmutzung und saurem Regen", behauptet Litani zwischen steinernen Weinpressen und schwarzen Mörsern aus Basalt.

Die israelische Archäologie könne sich nicht mit dem Reichtum Ägyptens messen. In der Lagerhalle stehen aufgereiht auf grauen Metallregalen zahllose Amphoren, Pötte und Bruchstücke geschmückter Marmorfriesen aus der Kreuzfahrerzeit. Beeindruckend ist die Sammlung von fast tausend Ossuarien, Grabkästen aus Stein. In der Zeit des Königs Herodes wurden darin die Knochen der Verblichenen gesammelt. Einige sind schlicht in Sandstein gehauen. Andere sind wunderbar verzieht und mit dem Namen des Toten versehen.

Auf der Büroetage zieht Litani eine Schublade nach der anderen auf. Hunderte Glasfläschchen liegen da beisammen auf einer hellblauen Stoffunterlage. "Die Glasfunde stammen vor allem aus der jüdischen und der christlichen Periode, weil es sich um Grabbeilagen handelt. Die Moslems begraben ihre Toten ohne Beigaben. Obgleich auch sie wohl Glasgeschirr verwendeten, ist da nicht viel erhalten." In einer Ecke, unter einem roten Feuerlöscher, steht ein Schränkchen mit zahllosen schmalen Schublädchen aus Plastik, wie sie in Büros für Akten verwendet werden. Darin lagert eine Schmuck- und Goldsammlung aus dreitausend Jahren: Ohrringe, Spangen und beschriftete Goldblättchen, die vor zweitausend Jahren dem Toten für seinem Weg ins Jenseits auf den Mund gelegt wurden. Einige Räume sind klimatisiert für organische Funde und Fresken.

Doch in Israel gibt es auch noch andere Magazine für archäologische Fundstücke. Aus politischen Gründen dürfen sie nicht in die neue Halle von Beth Schemesch gebracht werden. Im Jerusalemer Rockefellermuseum liegen alle Funde, die vor 1967 im Westjordanland gemacht wurden, darunter auch die Tote Meer Rollen von Qumran. "Die gehören Jordanien", sagt Litani zögerlich, ohne sich weiter über "Politik" äußern zu wollen. Nur aus rein technischen Gründen, um die empfindlichen Pergamente und Papyri vor Pilzbefall und Feuchtigkeit zu schützen, sei ein Teil der wohl bedeutendsten Sammlung von Originalschriften aus der Zeit Jesu in das Israelmuseum im Westteil der Stadt ausgelagert worden. Da liegen sie in einem abgedunkelten Raum in schweren Tresoren mit Klimaanlage und Feuchtigkeitsmessern. Ulrich W. Sahm

zur Titelseite

zum Seitenanfang

Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
Pfr. U.Schwemer, Theodor-Storm Str.10, 64646 Heppenheim;
Tel: 06252-71270 / Fax: 06252-72606