Gemeinsame Stellungnahme zum Film "Die
Passion Christi"
von Präsident Paul Spiegel, Karl Kardinal Lehmann und Bischof Wolfgang
Huber
Am 18. März 2004 startet der umstrittene Film "Die Passion Christi"
in den deutschen Kinos. Wie kein anderer Bibelfilm zuvor hat dieser Film
schon im Vorfeld erhebliche Kontroversen unter Vertretern verschiedener
Religionen, Theologen und Filmexperten hervorgerufen. Ebenso extrem sind
die Reaktionen der Besucher: Einige sind tief beeindruckt und fühlen
sich angeregt, über die Passion Christi intensiver nachzudenken.
Andere sind durch die brutalen Bilder, vor allem der Geißelung und
Kreuzigung, schockiert und empfinden den Film als belastend.
Das Ausmaß der brutalen Szenen der Gewalt empfinden
wir als überaus verstörend. Die rohen, lauten Szenen der Geißelung,
des Kreuztragens und der Kreuzigung selbst muten den Kinobesuchern viel
zu und überschreiten für viele die Grenze des Erträglichen.
Wenn die ständigen Gewaltdarstellungen der Medien immer weiter überboten
werden sollen, endet dies in einer fast unaufhaltsamen Spirale der Grausamkeit.
Mit dieser drastischen Darstellung verkürzt der Film die Botschaft
der Bibel auf problematische Weise. Der Film birgt die Gefahr in sich,
das Leben Jesu auf die letzten zwölf Stunden zu reduzieren.
Wie die bisherige Diskussion gezeigt hat, liegt ein weiteres
Problem des Films in der Darstellung der damals beteiligten Juden. Unabhängig
davon, ob der Film von seiner Intention her antisemitisch ist, besteht
die Gefahr, dass der Film im Sinne antisemitischer Propaganda instrumentalisiert
werden kann. Zwar enthält der Film durchaus Ansätze zu Differenzierungen
in der Darstellung der jüdischen Figuren, insgesamt erweckt er jedoch
den Eindruck einer negativen Überzeichnung zum Beispiel des Hohen
Rates und breiter Schichten des jüdischen Volkes. Die Darstellung
des Films birgt die Gefahr, dass antisemitische Vorurteile wiederaufleben.
Dies ist besonders brisant angesichts einer Situation in Europa, in der
ein Erstarken antisemitischer Tendenzen erkennbar ist.
Wir warnen gemeinsam nachdrücklich vor jeder Instrumentalisierung
des Films und des Leidens Jesu im Sinne antisemitischer Propaganda. Die
christlichen Kirchen haben ausdrücklich erklärt, dass der Antijudaismus
zur christlichen Schuldgeschichte gehört. Sie weisen die These von
einer Kollektivschuld des jüdischen Volkes und jede Form von Antisemitismus
und Rassismus entschieden zurück. Die Beziehungen zwischen Christen
und Juden sind heute von gegenseitigem Respekt und Anerkennung geprägt.
Wir fordern alle Verantwortlichen auf, entschieden dafür einzutreten,
dass diese guten Beziehungen nicht durch eine sich auf diesen Film berufende
Instrumentalisierung des Leidens Jesu beeinträchtigt werden.
Berlin, Bonn, Hannover, 18. März 2004
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