Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

 

Archäologen glauben, das Synhedrium-Gebäude in Tiberias gefunden zu haben

Israelische Archäologen haben in einer neuen Ausgrabungs-Kampagne ein großes Basilika-förmiges Gebäude gefunden. Der Leiter der Ausgrabungen, Yizhar Hirschfeld, Archäologe der Hebräischen Universität Jerusalem, geht davon aus, dass es sich bei der Basilika um das Gebäude des Synhedrins handelt, der höchten Autorität der jüdischen Selbstverwaltung in römischer und byzantinischer Zeit. Das Gebäude stammt aus dem dritten Jahrhundert, der Zeit, in der die jüdische Selbstversaltung von Sephoris nach Tiberias übersiedelte.

Der größte Spezialist für diese Zeitepoche, Ahron Oppenheimer, von der Tel Aviver Universität, besuchte die Ausgrabungsstätte und kam zu dem gleichen Ergebnis. In Tiberias befand sich die jüdische Selbstverwaltung bis zur Zwangsauflösung durch die Byzantiner im Jahr 429 n.Chr. In dem Gebäude tagte der Oberste Jüdische Rat, das Synhedrin. Hier wurde im fünften Jahrhundert der palästinische Talmud vollendet. Die Archäologen hoffen, durch weitere Ausgrabungen, mehr Klarheit über diese für das Judentum wichtige Epoche zu erreichen.

Kurz vor der neuen Ausgrabungssaison hat Chefarchäologe Jishar Hirschfeld Pläne veröffentlicht, nach denen das antike Tiberias als einer der Hauptattraktionen des Landes wieder hergestellt werden soll. Das alte Tiberias, südlich der jetzigen Stadt, das sich auf 25 qkm entlang des Sees Genezaret erstreckt, war einst Hauptstadt der Provinz Galiläa und beherbergte in seiner Blütezeit im dritten und vierten Jahrhundet 25. bis 30.000 Einwohner.

Tiberias wurde von Herodes Antipas im Jahre 19/20 nach der Zeitrechnung als seine Hauptstadt erbaut und erhielt den Namen des regierenden Kaisers Tiberius. Da es auf jüdischen Gräbern erbaut war, galt es für fromme Juden als unrein. Im neuen Testament wird niemals erwähnt, dass Jesus Tiberias besucht hat, obwohl sein Hauptwirkungsbereich, Kapernaum, nur 10 km von Tiberias entfernt ist. Trotz der Vorbehalte wurde Tiberias später Sitz der jüdischen Selbstverwaltung und Platz des Synhedriums. Hier wurde die Mischna um das Jahr 200 abgeschlossen, das Kernstück des Talmud.

Tiberias besitzt eine Reihe von wertvollen Antiquitäten, die langsam Jahr für Jahr ausgegraben werden. Besonders wichtig ist das Gebäude des Synhedriums und die Synagoge mit wertvollen Mosaikfußböden. Im Bereich der Synagoge lassen sich 8 Bebauungsschichten vom 3. bis zum 11 nachchristlichen Jahrhundert ausmachen. Michael Krupp

Oberrabbiner bittet Papst um Aufruf gegen Antisemitismus

In einem Brief hat der israelische Oberrabbiner, Jona Metzger, aufgefordert, jede Art von Antisemitismus, die durch den umstrittenen Film "Die Passion Christi" von Mel Gibson hervorgerufen werden könnte, zu verurteilen. Der Oberrabbiner appelliert an den Papst, die seit dem zweiten vatikanischen Konzil 1965 aufgebauten guten Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum durch einen solchen Film nicht zu gefährden. Metzger habe den Film selbst nicht gesehen, habe aber verlässliche Nachricht darüber.

"Der Vatikan muss erklären", schreibt der Oberrabbiner an den Papst, "dass die jüdische Nation, das jüdische Volk Jesus nicht getötet hat." Der Film suggeriere eine jüdische Kollektivschuld am Tode Jesu und sei dadurch in der Lage, die alten antijüdischen Hasstiraden gegen die Juden zu erneuern.

In der Erklärung des Vatikanischen Konzils "Nostra Aetate" von 1965 hatte die katholische Kirche das jüdische Volk von der Kollektivschuld am Tod Jesu freigesprochen. Gibson gehört zu einer Gruppe konservativer Katholiken, die den Reformkurs der Kirche und die Erklärungen des zweiten vatikanischen Konzils ablehnen. Michael Krupp

Rabbiner vergleicht Rückzug aus Gaza mit Münchener Abkommen mit den Nazis

Auf einer Versammlung der Gruppe "Rabbiner für die Einheit des Landes Israel" in Jerusalem haben ca. 200 Rabbiner zum Sturz der Regierung aufgerufen, falls Ministerpräsident Ariel Sharon seine Pläne, die jüdischen Siedlungen aus dem Gazastreifen abzuziehen, in die Tat umsetzen sollte. Einer der Rabbiner, David Ha-Kohen aus Bat Jam bei Tel Aviv, verglich die Pläne mit dem Münchener Abkommen von 1938. "Auflösung der Siedlungen ist ein Verbrechen gegen das jüdische Volk", sagte Ha-Kohen, "und dafür gibt es keine Vergebung. Jedes Abkommen, die Siedlungen zu evakuieren ist wie das Münchener Abkommen mit den Nazis."

Die Rabbiner haben zu einer Massen-Gebetsversammlung an der Klagemauer aufgerufen und zu Gebeten zur selben Stunde im ganzen Land, falls jemand verhindert ist, zur Klagemauer zu kommen.

Dem Aufruf einer Gruppe von rechten Rabbinern waren 5000 Gläubige gefolgt, um gegen "den teuflischen Beschluss", wie sie es nannten, Scharons zu protestieren, 21 Siedlungen im Gazastreifen und 3 vereinzelt liegende Siedlungen in der Westbank zu räumen. Trotz strömenden Regens hielten die Protestierenden 2 Stunden im Gebet aus, bliesen das Schofar Horn, das bei Katastrophen zu blasen ist, lasen Psalmen und hörten Predigten gegen den Rückzug verschiedener Rabbiner. Im Gazastreifen leben ca. 7500 Juden unter 1,3 Millionen Palästinensern, in einer Art Ghettosiedlungen, die stark befestigt sind und vom israelischen Militär bewacht werden. Nach dem Protestgebet umkreiste die Menge die Altstadtmauern. Michael Krupp

Mauereinsturz unterbricht Besuche des Tempelberges für Nichtmoslems

Die Besuche für Nichtmoslems auf dem Tempelplatz sind vorübergehend unterbrochen worden. Die Mauer, die den Aufgang zum Mugrabi Tor stützt, ist Mitte Februar eingestürzt. Das Mugrabi Tor ist das einzige von den israelischen Polizei kontrollierte Tor. Als Ursache für den Einsturz nennen israelische Archäologen das Erdbebeben, das in einer Stärke von 5,3 der Richter Skala in der Woche zuvor den Nahen Osten heimgesucht hatte, und die anhaltenden Schneefälle in der Nacht zuvor. Die Palästinenser machten die Ausgrabungen zur Erweiterung des Platzes vor der sogenannten Klagemauer für den Einsturz der Mauer verantwortlich. Die Erweiterungen waren im Jahr 1967 direkt nach der Eroberung der Altstadt durch die Israelis vorgenommen worden.

Die 10 m hohe Mauer ist im Gebiet des für Frauen reservierten Platzes vor der Klagemauer niedergegangen. "Wie durch ein Wunder" sei keine der 150 Frauen, die zur Zeit des Mauersturzes auf dem Platz waren, verletzt worden. Die Sektion für die Frauen ist für die Zeit der Restaurierarbeiten gesperrt. Der Rabbiner der Mauer, Shmuel Rabinovitch, sagte, man werde die Abteilung für die Männer unterteilen und den Frauen einen Platz vor der Mauer einräumen. Nach orthodoxem Bruahc dürfen Frauen und Männer nur getrennt beten.

Die Jerusalemer Archäologin Eilat Mazar sagte, der Einsturz der Mauer zeige, wie wichtig eine gründliche Überprüfung des ganzen Tempelbereiches sei. Vor einiger Zeit sei auch eine Mauer des islamischen Museums auf dem Tempelplatz in der Nähe der Klagemauer eingestürzt. Die Reparaturen an der Südmauer seien noch nicht abgeschlossen und die Ostmauer weise auch Anzeichen für ein Einsturzgefahr auf. Seit Ausbruch der Intifada vor drei Jahren habe es keine archäologische Supervision des Tempelbezirkes mehr gegeben. Michael Krupp

Hoherpriester der Samaritaner verstorben

Der Hohe Priester der Samaritaner, Schalom Ben Amram, ist im Tel Aviver Shiba Krankenhaus 82 jährig verstorben und auf dem heiligen Berg der Samaritaner Garizim beerdigt worden. Zu seinem Nachfolger wurde Elazar ben Tzadaka bestimmt.

Der Berg Garizim steht unter israelischer Militärkontrolle. Der palästinensische Gouverneur von Nablus, Mahmoud Alalouz, sagte bei der Beerdigung: "Er war ein weiser Mann und ein Freund aller Bewohner von Nablus." Er bezeichnete ihn als treuen Freund der Palästinenser und als einen ergebenen Parlamentarier. "Dies ist ein großer Verlust." Der Hohe Priester war Abgeordneter im palästinensischen Parlament. Arafat übersandte ein Beileidstelegramm. In Haaretz heißt der Hohe Priester Saloum Cohen. Er ist in Nablus geboren, auf dem Berg Garizim, studierte an der Najah Universität in Nablus, danach auf einem samaritanischen Seminar. Sein Vater war ebenso Hoher Priester. Später lehrte Saloum Cohen am samaritanischen Seminar. Neben seinen geistlichen Tätigkeiten fungierte er als Schächter (koscherer Schlachter) für die Gemeinschaft. In seinem profanen Beruf war er Teppich- und Kristall Handwerker.

Von der einst zahlreichen Gemeinde der Samaritaner ist heute nur eine Gemeinschaft von fünf Familien oder 650 Personen übriggeblieben, die zur Hälfte im palästinensischen Nablus, dem biblischen Sichem, dem Zentrum der Samaritaner, und dem Berg Garizim leben, zur anderen Hälfte im israelischen Holon. Die im Alten wie Neuen Testament häufig erwähnten Samaritaner sind die Nachkommen des Nordreiches Israel, das im 8. Jahrhundert v.Chr. von den Assyrern zerstört wurde, sie lebten mit den Juden, Nachkommen des Südreiches Juda, meist in Feindschaft, die heute beigelegt ist. Im palästinensischen Bereich gelten die Samaritaner als Juden. Sie sind im palästinensischen Parlament mit einem Abgeordneten vertreten.

Die Samaritaner haben als heilige Schrift nur die fünf Bücher Moses und das Buch Josua, beides in althebräischer Schrift überliefert. Der Text weicht leicht von der hebräischen Bibel ab. Seit der Zerstörung ihres Tempels durch den jüdischen Herrscher Hyrkanos vor über 2000 Jahren halten die Samaritaner ihre Feste auf dem Berg Garizim unter freien Himmel ab. Zu Pessach schlachten sie noch die Pessachlämmer wie zur Zeit Jesu im Jerusalemer Tempel. Oberhaupt der Gemeinde ist der Hohe Priester, der auch bei den Opfern eine besondere Rolle spielt. Die eigentliche Linie der Hohen Priester ist im 16. Jahrhundert ausgestorben. So werden die amtierenden Hohen Priester heute aus einer der 5 Familien bestimmt. Michael Krupp

Scharfe Kritik an antiislamischen Äußerungen von Touristeminister Benni Elon

Äußerungen des Touristenministers Benni Elon, Christen sollten anstatt Juden Moslems missionieren, sind von israelischen jüdischen und arabischen Sprechern scharf zurückgewiesen worden. Elon hatte vor einer Versammlung evanglikaler Christen die Besucher aufgefordert, "von Moschee zu Moschee zu ziehen und den Moslems das Licht zu bringen". Ein Sprecher des Ministeriums, Dagiv Rotenberg, erklärte, der Minister habe nur die Terroristen unter den Moslems gemeint.

"Erinnere alle moslemischen Mörder an das Gebot 'Du sollst nicht töten'. Mach sie zu guten Christen und zu guten Menschen", hatte der Minister der extrem rechten Partei "Nationale Union", den Christen geraten. "Wenn alle verstehen würden, dass die Juden, die in ihr Land zurückgekehren, keine Kolonialisten sind, sondern dass sie ein biblisches Gebot erfüllen, sehe die Situation anders aus." Mit Christen, auch wenn sie feindlich eingestellt sind, gäbe es immer eine gemeinsame Grundlage zur Verständigung durch die Bibel, mit Moslems sei das nicht der Fall, weil sie der Bibel Lügen und Entstellungen vorwerfen.

Der arabische Abgeordnete, Achmed Tibi, bezeichnete die Äußerungen Elons als antisislamisch und rassistisch und dazu angetan Islamfeindschaft zu schaffen. Rabbiner Michael Melchior, Parlamentsabgeordneter der religiösen Partei Meimad, nannte die Äußerungen "verrückt". "Diese Erklärung ist eine Kriegserklärung an den Islam, welche neue Feindschaft gegenüber dem Judentum hervorrufen wird", sagte der Parlamentarier, der seit Jahren im interreligiösen Dialog mit dem Christentum und Islam beschäftigt ist. "Es gibt keine größere Beleifdigung für die Moslems als diese". Michael Krupp

Merkwürdiges Einlegeblatt im Pass von Touristen

Der israelische Tourismusminister Benny Elon wurde in der vergangenen Woche im Vatikan vom Präsidenten der Bischofskonferenz wegen eines Einlegeblattes angesprochen, das seit Januar jedem nach Israel einreisenden Touristen und Pilger in den Pass gelegt wird. Unter dem Titel "Willkommen im Staat Israel" wird den Besuchern Israels mit Deportation und einer erneuten Einreiseverweigerung gedroht, falls sie es wagen sollten, ohne vorherige schriftliche Genehmigung in die palästinensischen gebiete zu reisen, darunter auch zu zahlreichen christlichen Heiligen Stätten in Bethlehem, Hebron oder Nablus, dem biblischen Sichem. "Dieses Einlegeblatt schadet erheblich im Ruf Israels und wir sind dagegen", zitiert der Sprecher des Tourismusministeriums, Golan Josifon, seinen Minister bei dem Treffen im Vatikan. "Wir tun alles, um eine Änderung dieses Blattes zu erreichen, damit es eindeutig nur für den Gazastreifen, nicht aber für das Westjordanland gelte."

Im Gespräch sagte der Sprecher weiter, dass er nicht wisse, wer für die problematischen Formulierungen auf dem Einlegeblatt verantwortlich sei. Ansprechpartner des Tourismusministeriums sei der Verteidigungsminister. Der Sprecher sagte weiter, dass er hierzu bisher keine öffentliche Erklärung abgegeben habe und dass unbekannt sei, ob und wann das Einlegeblatt umformuliert werde.

Im Augenblick erhalten alle Touristen weiterhin das alte Blatt, was de facto ein Besuchsverbot für Bethlehem bedeutet, falls die israelischen Behörden ihre eigene Verordnung beim Wort nehmen sollten. Eine Stellungnahme des Verteidigungsministers steht noch aus. Ulrich W. Sahm

Neue Impulse für Holocausterziehung

Acht Erzieher des Berliner Instituts "Neue Impulse" haben während einer Studienfahrt durch Israel neue Wege der Holocausterziehung erkundet. Wie die Jerusalem Post berichtet, haben sie das Massuah Institute für die Erforschung des Holocaust im Kibbutz Tel Yitzhak besucht, um neue Wege der Erziehung über den Holocaust zu erkunden. Das Institut will den Jugendaustausch fördern und junge Deutsche nach Israel schicken, um mehr Gespür für die Vergangenheit zu erhalten. "Wegen der Ausbreitung des Neuen Antisemitismus in Europa ist es wichtig, dass deutsche Studenten mehr über den Holocaust erfahren", sagte der Leiter des Instituts Neue Impulse, Pastor Rudi Pahnke, der israelischen Zeitung.

Nach Angaben der Massuah Direktorin, Aya Ben-Naftali, wollten zunehmend mehr junge Deutsche "die Verantwortung ablegen und die Vergangenheit ignorieren." Es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen den Versuchen, einen "Schlussstrich" unter die Vergangenheit zu ziehen und dem ansteigenden Antisemitismus in Europa. Ulrich W. Sahm

Terror im Schutze christlicher Kirchen

Der ehemalige israelische Gouverneur von Bethlehem, Mosche Elad, behauptete in einem Rundfunkinterview, dass palästinensische Terroristen "im Schatten und teilweise sogar mit Unterstützung christlicher Kirchen und Institutionen in Bethlehem" handeln. Es gebe durchaus "feindliche Aktivitäten" der christlichen Kirchen. Die palästinensischen Extremisten wissen, so Elad, dass Israel gegen Bethlehem nicht so scharf vorgehe wie etwa gegen Hebron oder Nablus. Israel wolle keine Konflikte mit der christlichen Welt. "Die Christen interessieren sich nicht für die Einzelheiten und für die volle Wahrheit. Sie interessieren sich einfach nur dafür, dass ihre Einrichtungen nicht beschädigt werden", sagte Elad.

Der Selbstmordattentäter aus dem Dorf Hussan westlich von Bethlehem, hatte am Morgen in einem Industrieviertel im Süden Jerusalems einen Linienbus bestiegen und sich in der "Deutschen Kolonie" nahe dem Bahnhof Jerusalems in die Luft gesprengt. Eine Analyse der Leichenteile ergab, dass nicht sieben, wie ursprünglich vermutet, sondern acht Israelis getötet worden seien. Viele der Opfer, darunter über sechzig Verletzte, sind Schüler.

Der ehemalige Gouverneur sagte weiter, dass die El Aksa Brigaden unter dem Befehl Arafats den Anschlag jetzt, einen Tag vor der Anhörung beim internationalen Gerichtshof in Den Haag verübt hätten, weil sie genau wüssten, dass Israel zunächst nicht darauf reagieren werde, um nicht in negative Schlagzeilen zu geraten. Nach der Anhörung sollte Israel jedoch hart zuschlagen und auch keine Rücksichten mehr auf die christlichen Einrichtungen in Bethlehem nehmen, wenn von dort der Terror gegen israelische Bürger ausgehe.

Bethlehem war mehrmals von der israelischen Armee besetzt und wieder geräumt worden. Die palästinensischen Sicherheitsbehörden hatten versprochen, dass sie terroristische Aktivitäten gegen Israel unterbinden würden. Gleichwohl war der Selbstmordattentäter auf den Bus Nr. 19 vor drei Wochen in Jerusalem ein palästinensischer Polizist aus Bethlehem. Einen Monat davor hatte ebenfalls ein Polizist aus Bethlehem einen Anschlag auf eine Straßensperre gemacht und zwei Soldaten erschossen. In beiden Fällen reagierte Israel nur mit einem kurzfristigen Eindringen nach Bethlehem, der Sprengung des Hauses der Attentäter und Verhaftungen. Ulrich W. Sahm

Schweine: Israels tickende Bombe

Das israelische Fernsehen entdeckte eine neue "tickende Bombe" für die 1,5 Millionen Bürger im Norden Israels rund um Haifa. Gemeint sind nicht Palästinenser mit Sprengstoffgürtel, sondern Schweine.

Kaum bekannt, aber für viele nicht-fromme jüdische Israelis eine geschätzte Delikatesse sind Schinken und Schnitzel vom Schwein. In Tel Aviv ist es eher schwer, ein wirklich koscheres Restaurant zu finden. Gleichwohl wird Schwein fast nirgendwo angeboten, sondern lediglich "weißes Fleisch". Aber jeder weiß, was gemeint ist.

Schweine werden in Israel in mehreren Kibbuzim und christlichen Dörfern gezüchtet. In Kibbuzim wie Mizra wurde für die Schweine eine Art Empore aus Beton gebaut. Denn der Kibbuz ist auf "jüdischem" Boden errichtet worden und da gibt es die Regel, dass so unkoschere Tiere wie das Schwein nicht auf jüdischem Boden stehen dürften. So kam man auf die Idee, die Tiere "über" dem Boden stehen zu lassen. Anders in dem christlichen Dorf Iblin, das jetzt das Opfer des neuesten "Schweineskandals" des israelischen Fernsehens geworden ist. Täglich würden da zehntausend Schweine geschlachtet, im Jahr seien es 200.000, hieß es in der Reportage. Die Schweinezucht dort gehe nicht mit rechten Dingen zu, denn das Blut der geschlachteten Tiere werde in ein offenes Becken geleitet, versickere ungeklärt in den Boden und gerate so ins Grundwasser. Der Reporter sprach von einer "tickenden biologischen Bombe" und dankte der Umweltministerin, sofort eine Überprüfung der Missstände veranlasst zu haben.

Das Schwein als solches erregt in Israel verständliche Emotionen, weil es absolut unkoscher ist. Eine viel schlimmere Verseuchung der Bäche und Flüsse in Israel verursachen freilich die Schlachtereien von koscheren Tieren. Tonnenweise wird da Salz auf das frisch geschlachtete Fleisch gestreut, um ihm jegliche Flüssigkeit zu entziehen, vor allem Blut, dessen Genuss den (frommen) Juden verboten ist. Das Salz für das Koschern von Fleisch bedeutet gemäß einer anderen Reportage, die vor einigen Wochen gesendet wurde, eine in der Welt unvergleichbare Belastung für das Grund- und Trinkwasser in Israel. Doch niemand käme in Israel auf die Idee, das "koschern" des Fleisches zu verbieten, weil es die Flüsse verseucht. Ulrich W. Sahm

Arafat will auf dem Tempelberg begraben werden

Palästinenserpräsident Jassir Arafat scheint über seinen Tod nachzudenken. Gemäß Pressemeldungen habe er prüfen lassen, auf dem jüdischen Tempelberg, seit 1300 Jahren unter muslimischer Herrschaft und als Haram esch Scharif bekannt, beerdigt zu werden. Die El Aksa Moschee dort gilt als drittheiligstes Heiligtum nach Mekka und Medina.

Die radikale "muslimische Freiheitspartei", angeblich eine "winzige Fraktion" mit großem Einfluss auf die Wakf-Behörde, die das Sagen auf dem Berg hat, äußert in Flugblättern "scharfen Widerspruch". "Wir warnen vor diesem üblem Ungläubigen, der eine christliche Ungläubige geheiratet hat und warnen vor einer Verunreinigung der heiligen El Aksa Moschee", heißt es in dem Flugblatt. Eine Beerdigung auf dem Berg sollte nur "feurigen Moslems" vorbehalten bleiben.

Die muslimische Freiheitspartei stellte sich auch gegen die Beerdigung des PLO-Vertreters in Jerusalem, Faisal Husseini. Der erlag 2001 einem Herzinfarkt in Kuwait. Gemäß einer Behauptung von Arafat, weil er drei Wochen zuvor israelisches Tränengas eingeatmet habe.

Die gleiche Gruppe verhinderte im Dezember den ägyptischen Außenminister Ahmed Maher daran, in der El Aksa Moschee zu beten und verursachte einen für Arafat sehr peinlichen diplomatischen Zwischenfall. Maher wurde verprügelt und im Hadassa-Hospital behandelt.

Ein rechtsradikaler israelischer Abgeordneter, Arjeh Eldad, Nationale Union, brachte in der Knesset eine Gesetzesvorlage ein, um jegliche Begräbnisse auf dem Tempelberg zu verbieten. Eldad will verhindern, dass der Tempelberg, wo einst der Tempel Salomos stand und wo Jesus bei den Pharisäern in die Lehre ging, zu einem "palästinensischen Nationalsymbol" werde. Eldad behauptet, dass eine arabische Familie über "Grundbesitz nahe der Klagemauer" verfüge, und die Absicht habe, diesen für ein Begräbnis Arafats zur Verfügung zu stellen. (so wie Josef von Arimathea sein gekauftes Familiengrab für das Begräbnis von Jesus "zur Verfügung" stellte). Eldad argumentiert, dass seit der Zeit des Zweiten Tempels (der Periode Jesu) Begräbnisse innerhalb der Stadtmauer Jerusalems verboten gewesen seien. (Diese Regel galt in der Tat auch in der Periode Jesu). Eine einzige Ausnahme sei für die Gefallenen des jüdischen Viertels 1948 gemacht worden." Zynisch schlägt Eldad vor, dass der in Kairo geborene Arafat in Ägypten begraben werden sollte, so wie viele Juden in Israel, in ihrem "Land der Väter" begraben werden wollen.

Der arabische Knesset-Abgeordnete Ahmad Tibi, ein enger Vertrauter Arafats, warf Eldad vor, "Palästinenser im Leben und im Tod zu verfolgen". Ulrich W. Sahm

Mel Gibson "leugnet Holocaust"

Die renommierte israelische Antisemitismusforscherin Anat Peri behauptet in einem Kommentar in der Zeitung Maariv, dass es einen Zusammenhang zwischen Mel Gibsons Film "Passion" und der antisemitischen "Auschwitzlüge" gebe.

Mel Gibson weigerte sich in Interviews, antisemitische Äußerungen seines Vaters zu kritisieren. Der hatte wiederholt behauptet, es hätte keinen Holocaust gegeben, die Juden seien ganz einfach von Europa in die USA und nach Israel ausgewandert. Sie hätten den Holocaust erfunden, um Geld zu erpressen und die Welt zu kontrollieren. Gibson Junior hingegen behauptet von sich, weder Holocaustleugner noch Antisemit zu sein.

Obwohl der Film die Schuld der Juden an der Kreuzigung Jesu betone, und die Schuld der Römer schmälert, falle es in der Tat schwer, bei Gibson antisemitische Motive zu entdecken, gesteht die Forscherin.

In einem weltweit ausgestrahlten Fernsehinterview wurde Gibson gefragt, ob er nicht befürchte, dass sein Film Judenhass entfachen könnte. Gibson antwortete, er habe "Schindlers Liste" gesehen, ohne dass bei ihm Hass gegen Deutsche entflammt sei.

Der Vergleich seines Films mit "Schindlers Liste" sei kein Zufall, behauptet Peri. Gibson vergleiche zwischen der Ermordung der Juden Europas durch die Nazis und der Kreuzigung Jesu. Gibson habe in dem Interview ebenso betont, dass nicht die Juden Schuld an der Kreuzigung Jesu gewesen seien. Doch der Vergleich mit Schindlers Liste enthülle Gibsons Überzeugung, dass die Juden Jesus getötet hätten, so wie die Nazis Juden getötet haben.

Eine Leugnung des Holocaust oder seine Rechtfertigung durch Antisemiten seit der Schoah, so Peri, bezwecke keine Verneinung der Ereignisse. Vielmehr solle in der christlichen Weltordnung der Status der Juden als ewige Schuldige am Tod von Jesus gewahrt bleiben. Deshalb müssten die Juden "für alle Ewigkeit verurteilt bleiben". Der Holocaust jedoch verwandle die Juden jedoch in Ankläger, während die Christen zu "Schuldigen und Sündern" würden. Eine Anerkennung des Holocaust "erschüttert für viele Christen die Struktur ihrer Welt, nämlich die traditionelle Gleichsetzung der Juden mit dem Übel der Welt."

Die Gleichsetzung von Juden oder Israelis mit den Nazis habe so auch eine religiöse und theologische Dimension. Sie solle die Identität der Juden mit dem "Bösen" bewahren, um die Juden, trotz des Holocaust weiterhin als "Gottesmörder" darstellen zu können. Peri erwähnt in ihrer Analyse nicht ausdrücklich, dass bei den christlichen Kirchen erst infolge des Holocaust ein Umdenken eingesetzt hat und dass erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil der Gottesmordvorwurf fallen gelassen worden ist.

Die Kombination des Films von Mel Gibson mit der Holocaustleugnung seines Vaters vermittelt die Botschaft, dass der Status der Juden als Gottesmörder nicht aufgehoben worden sei, trotz christlicher Judenverfolgungen und Auschwitz. Ulrich W. Sahm

Historische Fehler in Gibsons "Passion"

Der Jerusalemer Anthropologe und Altertumsforscher Joe Zias stellte auf Anfrage von KNA eine Liste historischer "Fehler" auf, die er in Mel Gibsons Film "The Passion" entdeckt habe.

Jesus wird mit langem Haar gezeigt, doch langes Haar trugen damals nur Nazariten, also eine Form von Mönchen, nicht aber die Nazarener, die Bewohner der Stadt Nazareth. Vermutlich habe nicht Jesus selber das Kreuz getragen, sondern Simon, wie das drei von vier Evangelien berichten. Ausgerechnet Johannes, das jüngste und wohl "unhistorischste" Evangelium behauptet, Jesus habe das Kreuz selber getragen. Unhistorisch sei eine Szene, in der Jesus mit Maria über einen eben fertig gestellten Esstisch diskutiert. Die Szene sei unecht, weil die Menschen sich damals anlehnten oder zum Essen auf den Boden setzten. Der Sturz an der 14. Station des Leidensweges und die Szene mit Veronika stehe nirgends in den Evangelien und sei deshalb als unhistorisch zu betrachten.

Die Behauptung, Jesus sei an einem isolierten Ort gekreuzigt worden, sei falsch. Es war vielmehr ein sehr belebter Ort, "denn sonst wäre nicht die beabsichtigte Botschaft an das Volk rübergekommen". Pilatus ließ an das Kreuz von Jesus zur Abschreckung eine dreisprachige Inschrift mit dem Spottsatz "Jesus von Nazareth, König der Juden" anbringen, womit er zum Aufständischen gegen die römische Oberherrschaft abgestempelt wurde.

In Gibsons Abendmahlsszene wechseln die Frauen von Aramäisch ins Hebräische und singen das berühmte "Ma nischtana" - Lied ("Was ist heute anders als an anderen Tagen") aus der Pessach-Liturgie jüdischer Familien. Die Melodie entstand freilich erst im Mittelalter, über tausend Jahre nach Jesu Tod.

Jesus murmelt mehrfach das hebräische Wort "Adoni" (Herr) und nicht das Aramäische "Aloa", weil die Filmemacher wohl verwirrt waren wegen der richtigen Aussprache des Gottesnamens.

Die Filmmusik sei von Scorcees Film "Letzte Versuchung des Christus" mit leichten Variationen entnommen worden. Zias kommentiert dazu: "Da wird einer gekreuzigt und im Hintergrund hört man Musik."

In einer Szene mit Herodes tagen die Männer Schmuck an ihrer Kleidung. Damals war es aber jüdischen Männern strikt verboten, Schmuck zu tragen.

F. Zugibe, ein Pathologe aus New York, sagte zu Zias nach seinem Besuch im Kino: "Niemand in der Welt hätte eine derartige Prügelei überlebt, wie sie der Filmjesus durchmachte."

Als letzten Punkt erwähnt Zias das Annageln Jesu durch die Füße. In Jerusalem sind Knochen eines Gekreuzigten aus der Zeit Jesu, Johanan, Sohn des Hagkol, in einem Ossuarium auf dem Skopusberg entdeckt worden. Sie stellen den einzigen physischen Beweis für die Praxis der Kreuzigung unter den Römern dar. Es stellt sich aber heraus, dass der Nagel nicht durch den Fuß getrieben wurden, sondern seitlich durch die Beinknochen. Zias, der diesen einmaligen Fund untersucht hatte: "Die Fußknochen könnten gar nicht das Gewicht des Körpers tragen und würden auseinanderreißen." Ulrich W. Sahm

Palästinenser leiden wie Christus im Film

"Die Palästinenser sind heute noch Leiden ausgesetzt wie Jesus am Kreuz." Das sagte Nabil Abu Rdeneh, der enge Vertraute und Berater Jassir Arafats, nachdem sie gemeinsam mit einer christlichen Delegation und Chanan Aschrawi "Die Passion Christi" von Mel Gibson in dem kleinen Fernsehgerät angeschaut haben, das in Arafats Büro in der Mukata in Ramallah steht. Arafat erklärte, dass der Film "historisch und beeindruckend" sei. Die christliche Chanan Aschrawi sagte nach der Privatvorführung der DVD-Kopie: "Der Präsident hat das Gefühl, dass der Film nicht antisemitisch sei".

Bisher hat kein israelischer Filmverleih den Gibson-Film in sein Programm aufgenommen. In der Zeitung "Haaretz" erschien ein langer Kommentar zu dem Film, der "die Post-Vatikan-II-Ära von Weltlichkeit und politischer Korrektheit zurücklasse und jetzt wiederbelebe, was zwanzig Jahrhunderte lang die einzige und schlimmste Anklage gegen das jüdische Volk war: Waren es die Juden, die den Christus getötet haben." Sowie der Film auch in Israel und Palästina gezeigt werden, könnte er "die Flammen palästinensischer Wut gegen Israelis entfachen", heißt es in der Zeitung.

In der palästinensischen Gesellschaft, auch unter den Moslems, gebe es eine "starke Identifizierung" mit Jesus. In arabischen Karikaturen und Kommentaren werde Jesus als "heiliger Rebell" dargestellt, der einen hoffnungslosen aber letztlich siegreichen Todeskampf gegen die Übermacht der (römischen) Besatzungsmacht geführt habe. Bethlehems Bürgermeister und Arafat haben wiederholt behauptet, dass Jesus "der erste Palästinenser" sei. Arafat hat das in seiner ersten Rede nach dem israelischen Rückzug aus Bethlehem 1995 gesagt und in einer Botschaft an den Papst behauptet.

Die israelische Zeitung erwähnt auch palästinensische Befreiungstheologen wie Naim Ateek, wonach Jesus "ein Flüchtling war und unter Okkupation lebte". Ulrich W. Sahm

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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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