Nachhilfeunterricht für israelische
Ministerialbeamte in Sachen Christentum
Auf einem Tagesseminar für höhere Ministerialbeamte
der verschiedenen israelischen Ministerien, die mit christlichen Angelegenheiten
zu tun haben, wurde den Beamten Gelegenheit gegeben, verschiedene Aspekte
des Christentums kennen zu lernen und mehr über das Leben der verschiedenen
christlichen Gemeinschaften in Israel zu erfahren. Der Studientag war
von Daniel Rossing, dem ehemaligen Direktor der Abteilung für christliche
Angelegenheiten im Religionsministerium organisiert. Allen Teilnehmer
wurde eine Mappe ausgehändigt mit den wichtigsten kirchlichen Erklärungen
zum Judentum in hebräischer Übersetzung.
In zwei Vortragsveranstaltungen ging es zuerst um die
Wandlungen innerhalb der christlichen Welt gegenüber Juden und Judentum.
Referenten waren der protestantische Theologe Michael Krupp und der ehemalige
Oberrabbiner David Rosen vom Amerikanisch-Jüdischen Komitee. Rosen
begann sein Referat mit der Feststellung, dass es engegen der verbreiteten
Meinung in der Vergangenheit berühmte und führende Rabbiner
gegeben habe, die eine positive Einstellung zum Christentum eingenommen
hätten. Im weiteren schilderte er den Wandel innerhalb der katholischen
Kirche von Judenfeindschaft zu Judenfreundschaft, die er als revolutionär
bezeichnete. Rosen hatte entscheidenden Anteil am Zustandekommen des Staatsvertrages
Israels mit dem Vatikan und im festverankerten Dialog mit dem Vatikan.
Krupp schilderte die Veränderungen im protestantischen
Raum, der von israelischer Seite als problematischer angesehen wird als
das Verhältnis zur katholischen Kirche. Zum einen gebe es keine vergleichbare
Leitungsstelle für die Protestanten wie den Vatikan. Zum anderen
sind zahlreiche Kirchen in Hilfsprogramme für die palästinensische
Seite verwickelt, was eine natürliche Solidarisierung mit der betreuten
Seite beinhalten kann. Die stärkere Bindung zur Mission und fundamentalistische
Gruppen im protestantischen Raum stellten ein weiteres Problem dar. Die
theologischen Veränderungen im Verhältnis zum Judentum seien
nicht weniger imposant als in der katholischen Kirche.
In einer weiteren Vortragsrunde sprachen Daniel Rossing
und der Sekretär des griechisch-orthodoxen Patriarchen, Erzbischof
Aristachos, über die einheimischen Kirchen. Hier wurde auch diskutiert,
was gegen die horrende Unkenntnis des Christentums in israelischen Schulen
getan werden könne. Ein Besuch beim armenischen Patriarchen und bei
verschiedenen kirchlichen Einrichtungen in der Jerusalemer Altstadt führte
die Ministerialbeamten tiefer in das Leben der Christen in Jerusalem ein.
Abschluss des Abends war ein gemeinsames feierliches Abendessen mit den
wichtigsten Oberhäuptern der christlichen Kirchen in Jerusalem. Der
Seminartag war ein weiterer Versuch, das innerreligiöse Klima in
Jerusalem auf Ministerialebene zu verbessern. Michael Krupp
Einweihung der ASF-Jugendbegegnungsstätte
Am Sonntag ist eine neue Jugendbegegnungsstätte in
Jerusalem, das Beit Ben Yehuda - Haus Pax, mit offizieller deutscher und
israelischer Beteiligung eingeweiht worden. Das Haus wird von der Aktion
Sühnezeichen/Friedensdienste betrieben, die seit 1962 in Israel tätig
ist. Die Begegnungsstätte setzt sich aus dem historischen Wohnhaus
des Neuschöpfers der hebräischen Sprache, Elieser Ben Yehuda,
und einem dreistöckigem Neubau zusammen. Alle Redner, darunter der
Bürgermeister von Jerusalem, Uri Lupolianski, der ehemalige israelische
Botschafter in der Bundesrepublik, Avi Primor, und der deutsche Botschafter
in Israel, Rudolf Dreßler, betonten die wichtige Rolle, die die
Aktion Sühnezeichen als Brückenbauerin zwischen Israel und Deutschland
geleistet hat.
Das Ben Yehuda Haus steht unter Denkmalschutz. Es wurde
der Aktion Sühnezeichen 1970 zur Verfügung gestellt. Begegnungen
zwischen israelischer und deutscher Jugend fanden in einer Baracke im
Hinterhof des Grundstückes statt. Für 1,4 Millionen Euro konnte
nach zehnjähriger Planung nun ein modernes Zentrum eingeweiht werden,
das nicht nur den Gruppen der Aktion Sühnezeichen, die mit jährlich
ca. 20 Freiwilligen in Israel vertreten sind, zur Verfügung steht,
sondern auch anderen deutschen Jugendgruppen offen stehen soll, die Israel
über das Touristische hinaus kennenlernen wollen. Die Gelder zur
Erweiterung des Zentrums stammen vorwiegend von deutschen protestantischen
Kirchen und deutschen Stiftungen. Michael Krupp
Manche Gäste hatten schon am 27. Oktober in Berlin
mit Joschka Fischer und Botschafter Schimon Stein an einem Festakt teilgenommen.
Zur Zeit leisten 25 junge Deutsche einen einjährigen Freiwilligendienst
in Gedenkstätten, Altersheimen für Holocaustüberlebende
oder bei behinderten Kindern.
"Man wird sich als Deutscher bewusster während
eines Aufenthaltes in Israel", sagte die derzeitige Leiterin von
ASF in Israel, Sabine Lohmann.
Die Eltern des ultraorthodoxen Jerusalemer Bürgermeisters
waren aus Karlsruhe und Frankfurt ins Land gekommen. Lupolianski war voll
des Lobes für jene ASF-Freiwilligen, die "keinen Wind machten,
sondern in aller Ruhe wie ein Fruchtbaum schweigend Früchte hervorbrachten".
Der ehemalige Botschafter Avi Primor erzählte von den Anfängen
der deutsch-israelischen Beziehungen. Die Wiedergutmachungszahlungen seien
von Konrad Adenauer und David Ben Gurion "aus eiskalten staatlichen
Interessen" gegen den Willen der israelischen Bevölkerung beschlossen
worden. Israelische Pässe trugen damals den Aufdruck "gültig
für alle Länder außer Deutschland". Primor sagte:
"Uns störte, dass die Deutschen die Vergangenheit verdrängten."
Das sei die Stimmung in Israel gewesen, als im Rahmen von Aktion Sühnezeichen
die ersten jungen Deutschen kamen, um ausgerechnet mit Holocaustüberlebenden
Kontakt zu suchen. "Sie wurden schwer beleidigt, denn Nazis gab es
in Israel nicht, an denen diese Opfer ihre Wut auslassen konnten",
berichtete Primor und meinte: "Sie brachen das Eis mit den Menschen,
nicht auf Staatsebene."
Johannes Gerster, Vertreter der Konrad Adenauer Stiftung
in Jerusalem, betrachtete mit großer Sorge die künftige Entwicklung.
Die Distanz zwischen Israel und Europa werde immer größer.
Jene deutschen Politiker sterben aus, die von einer besonderen Verantwortung
für Israel getrieben waren. Die Berichterstattung über Israel
sei "unfair und nicht ausgewogen". Reiseveranstalter hätten
fast ausnahmslos Israel aus ihren Katalogen gestrichen. Aber, so Gerster,
Deutschland habe eine "dauerhafte Verpflichtung, für das Lebensrecht
Israels einzustehen und nicht mit Häme und Kritik billige Vorschläge
zu machen, was Israel tun sollte, damit es Frieden für die Palästinenser
gebe." Dazu sei der Konflikt viel zu kompliziert und vielschichtig.
Unter Applaus schloss Gerster: "Wenn es ASF nicht schon gäbe,
hätten wir ausgerechnet heute jeden Grund, diese Organisation neu
zu erfinden." Ulrich W. Sahm
Oberrabbiner verurteilt antichristliche
Ausschreitungen vor Kirchenhäuptern
Der israelische Oberrabbiner, Jona Metzger, hat die Oberhäupter
von 14 Kirchen in sein Büro in Jerusalem eingeladen und sich bei
ihnen für antichristliche Ausschreitungen seitens ultraorthodoxer
Kreise gegenüber dem christlichen Klerus entschuldigt. "Als
Söhne Abrahams sind wir Brüder", sagte der Oberrabbiner,
"wir verurteilen jeden Akt, der religiöse Menschen degradieren
will."
Auf dem Treffen, das als historisch bezeichnet wurde,
beschwerten sich viele Kirchenmänner über die ständige
Belästigung durch ultraorthodoxe Jugendliche. Der armenische Bischof
Aris Shirvanian sagte, die Rabbiner müssten mehr dafür tun,
ihre Jugendlichen daraufhin zu erziehen, sich an solchen Akten nicht zu
beteiligen. Auslöser für dieses Treffen war ein Vorfall vor
zwei Wochen, wo ein ultraorthodoxer Jeshiva-Schüler einen armenischen
Erzbischof und sein Kreuz bespuckt hatte.
Der Jeschivastudent, Nathan Zvi Rosenthal, der in der
vorigen Woche einen armenischen Erzbischof und sein Kreunz bespuckt hatte,
hat nach einer Meldung der Zeitung Haaretz von Montag, den 18.10., den
Erzbischof um Verzeihung gebeten. Das Treffen zwischen dem Jeschivaschüler
und dem Erzbischof fand auf der Polizeistation in der Jerusalemer Altstadt
statt, es beteiligten sich neben den beiden noch der Vater des ultraorthodoxen
Jungen und die Rabbiner der Talmudhochschule, an der Rosenthal lernt,
sowie Häupter der armenischen Kirche. Der betroffene Erzbischof,
Nourhan Manougian, nahm die Entschuldigung an. Die Polizei ließ
verlauten, dass die Entschuldigung Rosenthals ihn nicht von einer gerichtlichen
Belangung freikaufe.
Rosenthal sagte, er sei so erzogen worden, dass die Christen
Götzenanbeter seien und Götzendiener seien im Land Israel nicht
zu dulden. Die Rabbinen der Talmudhochschule, Jeschivat Har Ha-Mor, sagten,
sie versuchten ihre Schüler im Geist der Toleranz zu erziehen. Es
sei das erste Mal, dass ein Schüler ihrer Hochschule in eine solche
Sache verwickelt worden sei. Sie würden alles in ihrer Macht tun,
um weitere Übergriffe dieser Art auszuschließen. Die Har Ha-Mor
Jeschiva genießt ein hohes Ansehen unter den orthodoxen Kreisen
des Landes.
Über das Ergebnis der Besprechungen berichtete der
Oberinspektor der Polizei, Schlomo Raanan, vor dem Innenausschuss des
israelischen Parlaments, der zu einer dringlichen Sitzung über antichristliche
Vorfälle in Jerusalem, die sich in der letzten Zeit gehäuft
hatten, zusammen gekommen war. An dieser Sitzung nahmen auch Vertreter
der wichtigsten Kirchen sowie Verordnete des Jerusalemer Stadtparlaments
teil. Der Vorsitzende des Ausschusses, Juri Stern von der rechten Nationalen
Union, sagte, diese Vorkommnisse seien unakzeptabel und zeugen von Ignoranz
und Dummheit. Es wurde beschlossen ein ständiges Kommittee aus christlichen
und jüdischen Geistlichen zu bilden, um diese Vorkommnisse besser
bekämpfen zu können.
Der ehemalige Oberrabbiner, Israel Lau, antichristliches
Benehmen ultraorthodoxer Kreise aufs Schärfste verurteilt. Priester
und das Kreuz zu bespucken "ist ein Spucken ins Angesicht des Judentums",
sagte Lau. Solches Benehmen sei gefährlich, hässlich und moralisch
zu verabscheuen. "Schutz von allem, was einer anderen Religion heilig
ist, ist das Fundament der jüdischen Souveränität über
Jerusalem." Der ultraorthodoxe Bürgermeister der Stadt, Uri
Lupoliansky sagte, er werde einen Kommissar einsetzen, der solche Übergriffe
in Zukunft verhindern solle. Auch andere Rabbiner haben sich gegen das
antichristliche Benehmen einiger Ultraorthodoxer gewandt. Michael Krupp
Größte
Renovierung des Tempelberges seit 400 Jahren
Das jordanische "Komitee zur Renovierung der Al-Aksa
Moschee und des Felsendoms" plant eine komplette Renovierung des
Tempelberges in einer Größenordnung wie sie seit dem Umbau
des Tempelberges durch die Türken vor 400 Jahren nicht vorgenommen
wurde. Das ganze Projekt beläuft sich auf 400 Millionen Dollar. Jordanien
hofft, einen Teil des Geldes von der UNESCO zu bekommen, die 1982 die
Al-Aksa Moschee mit dem Prädikat "Kulturwelterbe" ausgezeichnet
hat.
Im Rahmen der Renovierungen soll auch ein fünftes
Minarett an der Ostseite des Tempelplatzes errichtet werden entsprechend
den fünf Säulen des Islam. Die vier existierenden Minaretts
finden sich an der Westseite des Tempelplatzes. Raef Nijem, der Vorsitzende
der jordanischen Kommission, die mit israelischer Erlaubnis arbeitet,
sagte, die Planung zur Errichtung des Minaretts würden bis Ende des
Jahres abgeschlossen, so dass Anfang des nächsten Jahres mit dem
Bau begonnen werden könne. Die jordanische Kommission ist eine der
drei islamischen Behörden, die um die Erhaltung des Tempelplatzes
wetteifern. Die anderen beiden sich die palästinensische Behörde
und die israelische Islamische Bewegung. Michael Krupp
Rabbiner verurteilen religiöse
Wehrdienstverweigerung bei Siedlungsräumungen
Nachdem in den letzten Tagen Aufrufe von zahlreichen Rabbinern
erschienen waren, Befehle zu Siedlungsräumungen zu verweigern, hat
sich ein Kreis von Rabbinern gemeldet, der solche Verweigerungen aufs
schärfste verurteilt. Einige dieser Rabbiner sind selbst Siedlungsrabbiner,
wie Schlomo Riskin der Westbankstadt Efrat zwischen Bethlehem und Hebron,
die sich häufig gegen jede Siedlungsräumung ausgesprochen haben,
eine Befehlsverweigerung halten sie allerdings für illegal. Die Rabbiner
kommen zu dem Schluss, dass eine massive Befehlsverweigerung religiöser
Soldaten und von Siedlern zu einem Bürgerkrieg führen wird.
Die Rabbiner wehren sich auch gegen die Behauptung der
Verweigerungsrabbiner, dass die Aufgabe von Land ein schwerer Verstoß
wie das Essen von Schweinefleisch oder die Entweihung des Schabbats bedeute.
Riskin führt Beispiele aus der Bibel und der jüdischen Geschichte
an, dass jüdische Herrscher zur Stärkung des Gesamtlandes Teile
des Landes Israel aufgegeben haben. Das merkanteste Beispiel ist die Entscheidung
Rabban Jochanan ben Sakkais bei der Belagerung durch die Römer 70
n.Chr., Jerusalem aufzugeben und nach Javne zu gehen. Michael Krupp
Mit Glaube und Humor gegen Trauma
Nach Terroranschlägen in Israel sind stets ultraorthodoxe
Männer mit leuchtend gelben Kitteln als Erste zur Stelle. Das sind
die Volontäre von "Zaka". Sie haben die grausige Aufgabe,
die Leichen zu bergen und jedes noch so kleine Leichenteilchen in den
explodierten Bussen und aus den Bäumen einzusammeln, damit die Toten
möglichst "vollständig" beerdigt werden können.
Dr. Howard Fine hat in seiner Dissertation für die
Surrey University in Großbritannien jetzt festgestellt, dass diese
Männer weniger unter posttraumatischen Störungen leiden als
die allgemeine Bevölkerung. Auch im Vergleich zu Rettungshelfern
in anderen Ländern, erweisen sich die israelischen Leicheneinsammler
als deutlich standhafter. Nur bei 2,4 Prozent der Zaka-Leute wurde das
Posttrauma festgestellt, während in der allgemeinen Bevölkerung
Israels bis zu 9,4 Prozent darunter leiden. Gemäß der Studie
helfe den Zaka-Leuten das "gesellschaftliche Klima", die unterstützende
Gemeinde und das Gefühl eines religiösen Sendungsbewusstseins.
Ein 28 Jahre alter Ambulanzfahrer, Kobi Rosenstein, sagte: "Natürlich
glauben auch Polizisten an ihre Arbeit, aber bei uns kommt der Glaube
an den Wert des Lebens und des Respekts für die Toten hinzu."
Bei schweren Anschlägen in Tel Aviv und Jerusalem wandten sich die
Polizisten an Rosenstein: "Dreh den Toten um und schau, ob er Ausweispapiere
in der Tasche trägt." Die Polizisten waren dazu unfähig.
Gemäß der Studie von Fine liege bei 71 Prozent
der Zaka-Freiwilligen die Gefahr, unter dem posttraumatischen Syndrom
zu leiden, sehr niedrig. Bei 27 Prozent wurde die Gefahr "ähnlich
wie in der Bevölkerung" gewertet. Bei etwa 2 Prozent liege das
Syndrom vor. Bei den Rettungsmannschaften in New York nach dem 11.9. hätten
13 Prozent unter posttraumatischen Symptomen gelitten, während in
der allgemeinen amerikanischen Bevölkerung die Anfälligkeit
bei 23 Prozent liege (im Vergleich zu 9,4 Prozent bei Israelis).
Laut Fine sei für die mentale Kraft der Zaka-Freiwilligen
mitentscheidend, dass 72 Prozent Militärdienst geleistet haben und
sich dabei an schreckliche Anblicke gewöhnt hätten. Wichtig
sei auch das Verhalten ihrer Ehefrauen und deren Bereitschaft, sich die
Geschichten ihrer Männer anzuhören, wenn sie so ihre seelische
Last loswerden. Als "befreiend" bezeichnet Fine auch den schwarzen
Humor der Zakaleute. Während der Arbeit seien sie völlig ernst,
weil sie da noch die Toten ehren müssen. Sowie sie aber ihre Arbeit
erledigt hätten, würden sie sich mit schwarzem Humor über
die Toten und die gerade erlebten Anblicke befreien.
Fines Studie soll als Grundlage dienen, Helfer und Retter
in anderen Ländern seelisch vorzubereiten. Entscheidend sei die Schaffung
eines Gruppenethos und eines Sinns für die Arbeit, um bei den Freiwilligen
ein Sendungsbewusstsein zu erzeugen. Seine Studie reihe sich in die Studien
über Vietnam-Veteranen und Holocaustüberlebenden ein. Übereinstimmend
kämen alle zur Überzeugung, dass religiöse Menschen eine
bessere Überlebenschance hätten und bei traumatischen Ereignissen
weniger unter seelischen Verletzungen leiden. Ulrich W. Sahm
Motti Levy für Christengemeinden
zuständig
Der langjährige Gesandte an der israelischen Botschaft
in Berlin, Motti Levy, wurde vom Jerusalemer Bürgermeister Uri Lupolianski
zu seinem "Berater für religiöse Gemeinschaften" ernannt.
Er betreut so die christlichen und muslimischen Gemeinden Der Berufsdiplomat
wurde vom Außenministerium "ausgeliehen" und sitzt jetzt
in der Stadtverwaltung.
Levy hat insgesamt 12 Jahre in Deutschland als Diplomat
verbracht und schon als Knabe in Berlin mit seinen Eltern 5 Jahre lang
gelebt. Er ist bekannt für sein exzellentes Deutsch. Er hat Geschichte
und Mediavistik studiert und eine Forschungsarbeit über Pilgertätowierungen
in Jerusalem veröffentlicht, ein Gebrauch, der bei Christen schon
auf die byzantinische Zeit zurückgeht. Ulrich W. Sahm
Anglikaner wollen Boykott gegen Israel
Führende Mitglieder der anglikanischen Kirche wollen
ihrer Synode einen Israel -Boykott empfehlen, ähnlich dem Boykott,
wie er vor einigen Monaten von einer Presbyter-Kirche beschlossen worden
ist. Die Empfehlung wurde nach Angaben der Zeitung Haaretz am Mittwoch
in Jerusalem durch Vertreter des Anglican Peace and Justice Network (APJN)
ausgesprochen. Die Presbyterianer hatten beschlossen, jede Investmentfirma
ihrer auf 3 Milliarden Dollar geschätzten Pensionskassen zu boykottieren,
die mehr als eine Million Dollar in Israel investiert habe.
Dr. Jenny Te Paa, Leiterin einer APJN sagte nach einer
zehntägigen Tour durch die Palästinensischen Gebiete und einem
Besuch bei Jassir Arafat: "Falls unsere Delegation repräsentativ
ist für Gefühle eines großen Teils der Anglikaner, dann
haben wir gute Chancen. Die Kirche hat ihre Sympathien zunehmend dem Leiden
der Palästinenser zugewandt."
Im kommenden Februar wollen die Delegierten bei einem
internationalen Treffen von Erzbischöfen in London auch den Erzbischof
von Canterbury von diesem "moralischen Imperativ" überzeugen.
Die Delegation habe auch Treffen mit der israelischen Führung abgehalten,
genannt wurde aber nur der arabisch-kommunistische Abgeordnete Asmi Bischara,
der vor einigen Monaten während eines Besuches in Libanon und Syrien
zu einer Verschärfung des Kampfes gegen Israel aufgerufen hatte und
deshalb in Israel scharf kritisiert wurde.
Ein amerikanischer Vertreter des APJN, Biran J. Grieves,
begründete die Boykottempfehlung: "Das Wort drakonisch ist zu
schwach um zu beschreiben, was wir gesehen haben." Ein anglikanischer
Beobachter bei der UNO sprach sich ebenfalls für den Boykott aus
und für eine enge Zusammenarbeit mit den Presbytern in den USA, "damit
christlicher Glaube diesem Land Frieden bringen kann."
Der Jerusalemer Bischof Naim Ateek, Aktivist der "palästinensisch-christlichen
Befreiungsbewegung" stimmte laut Haaretz zu, dass seine Kirche den
Frieden fördern müsse und dass politischer wie wirtschaftlicher
Druck notwendige Mittel seien, um Frieden zu erreichen. Naim Ateek hatte
vor einigen Monaten ermöglicht, dass der israelische Atomspion Mordechai
Vanunu in der anglikanischen St. George Kathedrale Zuflucht bekommen konnte,
nachdem der seine 18-jährige Gefängnisstrafe wegen Geheimnisverrats
abgesessen hatte.
Am 16. Juli hatte die Generalversammlung der Presbyterianischen
Kirchen in den USA mit überwältigender Mehrheit in einer Resolution
den jüdischen Staat als Apartheitsstaat bezeichnet und beschlossen,
jegliche Investitionen in Israel zu stoppen. Diese Versammlung vertritt
etwa 3 Millionen Christen in den USA. Die Resolution wurde beschlossen
nachdem erstmals bei einem interreligiösen Treffen in Buenos Aires
Vertreter der Katholischen Kirche den Antizionismus mit Antisemitismus
gleichgesetzt hatten. "Während die Katholiken den Antisemitismus
in jeder Form verurteilen, tun die Presbyterianer so, als gäbe es
gar keinen Antisemitismus", hatte damals Rabbiner Gary Bretton-Granatoor
von der Anti-Difamation-League (ADL) gesagt. Ulrich W. Sahm
Griechischer Patriarch beschwert
sich über israelische Polizei
Mit einem ausführlichen Brief und in einem Gespräch
mit dem amtierenden israelischen Polizeiminister Gideon Esra beschwerte
sich der griechische Patriarch Irineos über eine "Entweihung
der Grabeskirche" und über ein "brutales Vorgehen der bewaffneten
Polizisten an einem Heiligen Ort".
Der Anlass war eine Rauferei zwischen griechischen Popen
und Franziskanern in der Grabeskirche. Während die Griechen eine
Messe verlesen hätte, habe die Tür zur franziskanischen Kapelle
offen gestanden. Das sei ein Verstoß gegen die strengen Regeln des
status Quo, behaupten die Griechen. Die Franziskaner hätten der griechischen
Aufforderung, die Tür zu schließen, nicht Folge geleistet.
Daraufhin sei es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung gekommen,
die damit endete, dass vier israelische Polizisten verletzt und drei griechische
Popen in Handschellen abgeführt wurden. Weiter behauptete der Patriarch,
dass ein Trupp schwerbewaffneter Polizisten in die Kirche eingedrungen
sei, Priester und Gläubige "geschubst" habe.
Der Minister wandte sich daraufhin an den verantwortlichen
Polizeioffizier, der einige Behauptungen des Patriarchen entkräftigte.
Die Polizei habe das Geschehen gefilmt und könne beweisen, dass der
griechische Patriarch und seine Priester die Franziskaner angeschrieen
hätten und dann auf sie losgegangen seien. Sie hätten auf die
Franziskaner mit "Kreuzen und Stöcken" eingeschlagen, woraufhin
die Polizei mit Schlagstöcken die Streithähne auseinandergetrieben
habe. Die Polizei habe auch nicht "für die Franziskaner Partei
ergriffen", wie es die Griechen behaupteten. Ulrich W. Sahm
Wakf akzeptiert israelische Forderungen
Am ersten Tag des Ramadan wurde der Zugang zum Tempelberg
nach längeren Beratungen nun doch nicht eingeschränkt. Es wurden
bis zu 300.000 Moslems erwartet und entsprechend groß war das Polizeiaufgebot,
um Zwischenfälle zu verhindern. Ein Polizeisprecher teilte mit, dass
der Wakf, die muslimische Verwaltungsbehörde auf dem Tempelberg,
die akute Einsturzgefahr der "Salomonischen Ställe" eingesehen
habe. Die besonders einsturzgefährdeten Stellen wurden so abgesperrt,
dass niemand sie betreten konnte.
Der Wakf hatte in den vergangenen Jahren ohne Baugenehmigung,
ohne architektonische Überwachung und statische Prüfungen die
unterirdischen "Salomonischen Ställe" in eine der größten
Moscheen der Welt umgewandelt. Es handelt sich um die Südostecke
des Tempelberges. Hier waren die alten Strukturen aus der Zeit des Königs
Herodes von den Römern völlig zerstört worden. Der hatte
riesige Steinblöcke, bis zu 14 Meter lang und mit einem Gewicht von
150 Tonnen pro Stein verwendet, um eine leicht nach innen geneigte Außenmauer
zu errichten. Das Innere des so erweiterten Tempelberges war nicht mit
Erdreich gefüllt. Das Gewicht einer Erdfüllung hätte die
Außenmauern bersten lassen. Vielmehr wurden riesige mit Gewölben
überdeckte Hohlräume geschaffen, die "Salomonischen Ställe".
Die Kreuzfahrer renovierten den Tempelberg in der ursprünglich
von König Herodes geschaffenen Form. Doch für den Wiederaufbau
der teilweise zerstörten Außenmauer verwendeten sie nicht Riesenblöcke,
wie sie zum Beispiel an der Klagemauer noch erhalten sind, sondern wesentlich
kleinere Bausteine. Auch in anderen Details fehlte den Kreuzfahrern das
statische und architektonische Wissen, das den Baumeistern aus der Zeit
des Herodes noch zur Verfügung stand. Die gesamte Konstruktion der
Kreuzfahrer ist deshalb weniger stabil als ältere Teile des Tempelberges.
Hinzu kommen Einflüsse der Umwelt. Sie richteten an den neueren Bauten
mehr Schaden an, als an den riesigen Steinblöcken aus der Herodes-Zeit.
Regenwasser drang in die Ritzen der kleineren Kreuzfahrersteine und sprengte
sie im Winter bei Frost, zumal sie mehr "Angriffsflächen"
boten, als die alten großen Bausteine. Hinzu kamen Erdbeben, die
ebenfalls den extrem schweren großen Bausteinen aus der Herodes-Periode
kaum etwas antun konnten.
In den vergangenen vier Jahren wurde nun die Statik des
delikaten und dennoch mächtigen Bauwerks zusätzlich gestört.
Ofer Cohen, Experte für Architektur und Statik bei der israelischen
Antikenbehörde, bemängelte vor allem die neue Pflasterung über
den "Salomonischen Ställen", um eine weitere Fläche
für betende Moslems zu schaffen. Hunderte Tonnen Sand und Pflastersteine
seien auf die Tonnengewölbe aus der Kreuzfahrerzeit aufgesetzt worden.
Dieses ursprünglich nicht vorgesehene Gewicht habe schon tiefe Risse
in die Gewölbe gezogen und lasse die tragenden Steine auseinander
driften. Bausand rieselt durch die Risse herab auf die Gebetsteppiche
in der unterirdischen Moschee. "Die gesamte Südostecke kann
jederzeit implodieren, in sich zusammenfallen", sagte Cohen. Falls
das passiert, wenn zehntausende Moslems sowohl in der unterirdischen Moschee
wie auf dem neuen Pflaster über den "Salomonischen Ställen"
gleichzeitig beten dann wäre eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes
kaum abzuwenden. Durch simultane Bewegungen wie Knien und Aufrichten würden
zusätzliche Schwingungen erzeugt, was die Einsturzgefahr erhöhe.
Der Zugang zum Tempelberg ist für Rettungsmannschaften mit schwerem
Gerät wie Kränen oder Bulldozern fast unmöglich. Zum Tempelberg
gelangt man nur durch die relativ kleinen Stadttore aus der Zeit des Süleimann
dem Prächtigen (15. Jahrhundert). Dennoch ist die Sondereinheit der
"Heimfront", die schon in Guatemala und in der Türkei nach
Verschütteten durch Erdbeben gesucht hat und in Nairobi wie zuletzt
im ägyptischen Taba nach den schweren Terroranschlägen im Einsatz
war, in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden.
Nachdem der Wakf die Gefahren eingesehen hat, wurden die
besonders gefährdeten Stellen in Absprache mit der israelischen Polizei
abgesperrt. Ebenso stimmte der Wakf zu, die gefährdeten Gewölbe
mit Eisenträgern zu sichern. Die früher geäußerten
Verschwörungstheorien, wonach die Israelis die Einsturzgefahr der
Gewölbe als "Vorwand" benutzen, um die Kontrolle über
den Tempelberg zu erlangen, sind in den vergangenen Tagen verstummt, zumal
die Ingenieursarbeiten in Abstimmung mit dem Wakf und den Israelis von
Jordaniern ausgeführt werden. Ulrich W. Sahm
Hitler und Stalin, Jesus und Tiberius
Der Altertumsforscher Carsten Peter Thiede setzt eine
Tradition fort. Plutarch (2. Jahrhundert) verglich Alexander mit Caesar,
Lord Alan Bullok die beiden Tyrannen des vorigen Jahrhunderts und Thiede
versucht es jetzt mit zwei "Söhnen Gottes", dem römischen
Gott-Kaiser und "guten Hirten" Tiberius und dem Gottessohn Jesus.
Ein Frevel? Eher eine originelle Methode, ein bemerkenswertes Bild der
Epoche Jesu zu entwerfen. Denn die Lebensumstände des Kaisers Tiberius
bestimmten das politische Umfeld, in dem sich Jesus bewegte. Die familiären
Verhältnisse des Tiberius sind kaum nachvollziehbar. Thiede nennt
zu viele unbekannte Namen von Adoptivvätern, Geliebten, verbannten
und ermordeten Frauen. Doch auch bei Familie Jesus mit Brüdern, Schwestern
und Cousins, einem leiblichen oder göttlichen Vater sind die Verhältnisse
kompliziert.
Thiede hat kein abstraktes Buch aus schriftlichen Quellen
verfasst, die schon tausende Male uminterpretiert worden sind (Carsten
Peter Thiede, Jesus und Tiberius, Zwei Söhne Gottes, Luchterhand,
München, 2004, 416 Seiten, ISBN 3-630-88009-6). Der Autor kennt sich
vor Ort aus. So weiß er von dem römischen Bad, das der Andenkenhändler
Elias Schama im Keller seines Hauses in Nazareth entdeckte. Für Thiede
ist diese Entdeckung der Anlass, das gar nicht so ärmliche Nazareth
zu beschreiben, wo Vater Josef als "Tekton", Bauhandwerker,
ein gutes Einkommen hatte, Sepphoris wieder aufbaute und nahe der Via
Maris lebte, der Handelsstraße zwischen Alexandrien und Damaskus.
Familie Jesus hatte auch Pachteinkünfte aus Landbesitz. Die Reise
der hochschwangeren Maria mit ihrem "Vormund" Josef nach Bethlehem
galt dem Steueramt. Die Geburt im Stall war kein Zeichen von Armut. Weil
man keine Zimmer im Hotel buchen konnte und alle gleichzeitig beim Steuerbeamten
vorsprechen mussten, war es schlicht eine verfügbare Notunterkunft.
"Jesus und Tiberius" besticht durch Detailwissen
in biblischen Schriften, römischer wie griechischer Literatur, Tote-Meer-Rollen
und alten Historikern. Die moderne Archäologie kommt mit überraschenden
Zufallsfunden wie mit gezielten Ausgrabungen an Wirkungsorten Jesu zu
Ehren. Erstaunlich ist, dass sogar bekannte römische Truppenbewegungen
Rückschlüsse auf die Lebensverhältnisse Jesu zulassen.
Thiede beweist, wie schon mit seinem früheren Buch "Ein Fisch
für den Kaiser", dass Jesus nicht in einem luftleeren Raum lebte,
sondern ein Sohn seiner Zeit war, tief eingebettet in eine reale weltgeschichtliche
Umwelt. Ein Vergleich der Lebenswege des Kaisers Tiberius und des Predigers
aus Galiläa ist deshalb nicht abwegig, sondern eine kulturhistorische
Bereicherung. Der Theologe Thiede kennt die Traditionstexte. Der Archäologe
Thiede hat die Orte des Geschehens eingehend bewandert. In einer für
angelsächsische Autoren typischen Art, versteht es der Deutsch-Brite
Thiede, ein Buch zu verfassen, das den Laien fasziniert und dem Fachmann
neue Erkenntnisse vermittelt.
Hochaktuelle politische Zustände im Mittleren Osten
schwingen mit: "Auch Soldaten der Besatzungsmacht sind keine Parias.
Man spricht mit ihnen, weicht dem Kontakt nicht aus, ist bereit, sie zu
taufen..." Wohl auf heutige Propaganda anspielend, schreibt Thiede:
"Das Klischee einer erbitterten Feindschaft zwischen Juden und Römern
entspricht nicht den historischen Tatsachen." Oder: "Die naive
Vorstellung, Kriege könnten dadurch verhindert werden, dass man den
Kriegsdienst abschafft, also auch den Berufsstand Soldat, teilte er (Jesus)
nicht." Sogar der moderne israelische Sperrwall findet einen historischen
Vorgänger, ausgerechnet in Germanien, wo die Römer beim Teutoburger
Wald ihre schwere Niederlage erleiden, während tausende Kilometer
davon dort entfernt der zwölfjährige Jesus im Jerusalemer Tempel
auftritt. "Neun Jahre bevor Pontius Pilatus Präfekt von Judäa
wurde, gab Tiberius alle Versuche einer Osterweiterung des Römischen
Reiches auf. Mit dem Ausbau des Limes wurde die Grenze gezogen und befestigt."
Thiede deutet geradezu "deutsch-israelische" Beziehungen vor
2000 Jahren an. Varus, der bei Nazareth die Stadt Sepphoris zerstörte,
trug nach der verlorenen Schlacht bei Osnabrück (Kalkriese) zur Grenzziehung
im Nordosten des römischen Imperiums bei. Deshalb wurde Deutschland
erst nach Karl dem Großen mit dem Schwert und gegen den erklärten
Willen der Menschen das Christentum aufgezwungen. Sogar Luther war noch
die "römische Prägung" fremd, behauptet Thiede, der
als anglikanischer Pastor in einer britischen Kaserne in Paderborn dient.
Wer nicht schon vom Glauben her von der Jungfrauengeburt
Marias überzeugt ist, wird sich auch von Thiedes Argumenten nicht
überzeugen lassen. Gleichwohl beschreibt Thiede in bestechender Weise,
dass der Begriff "Gottessohn" für den römischen Kaiser
genauso galt, wie für den jüdischen Messias. Die Hinrichtung
Jesu, in einer Zeit, als römische Kaiser und Herrscher wie Herodes
im wahrsten Sinne des Wortes über die Leichen ihrer nächsten
Angehörigen gingen, kann deshalb ganz aktuell als "Zusammenstoß
der Kulturen" bezeichnet werden, wobei der "Gottessohn"
Tiberius den konkurrierenden "Gottessohn" Jesus auf die damals
übliche Weise beiseite schaffte. Ulrich W. Sahm
|
|