Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

 

Israelisch-palästinensische Fernseh-Koproduktion

Zum ersten Mal in der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts wurde eine israelisch-palästinensische Kooperation, der Film "Auf dem Weg zum Dialog", gleichzeitig vom palästinensischen und israelischen Fernsehen ausgestrahlt. Der Film zeigt ein israelisches Fernsehteam in Begegnungen und Interviews im palästinensischen Raum, und ein palästinensisches Team in Israel. Die Produzenten sind Yoram Binur, Palästina-Korrespondent des 2. Kanals des israelischen Fernsehens, und Slava Abu Libdan vom plaästinensischen Fernsehen. Als dritter Partner war die ARD mit Thomas Morawski beteiligt, der die abenteuerliche Reise der beiden mutigen Journalisten mit seinen Kommentaren begleitete.

Binur besuchte Hebron, Beit Jala, Jericho, Nablus und Abu Dis. Er traf mit vermummten Al Aksa-Brigade Kämpfern zusammen, die ihn von früheren Interviews gut kannten. Überhaupt hatte man den Eindruck, dass Binur durchaus in den palästinensischen Orten zu Hause und als Partner akzeptiert war. Probleme machten hin und wieder israelische Soldaten, die den israelischen Jornalisten nicht in die palästinensischen Kampfgebiete hineinlassen wollten. Im Kontakt mit den Palästinensern war für Binur sein ausgezeichnetes Arabisch hilfreich.

Die palästinensische Partnerin Abu Libdan hatte auf dem Mechane-Jehuda Markt in Jerusalem, im orthodoxen Viertel Mea Schearim , in der gemischt bevölkerten Stadt Jaffo, in den Westbank-Siedlungen Ele Sinai und Teqoa schon größere Schwierigkeiten, als palästinensische Journalistin akzeptuiert zu werden. Sie sprach auch kein Hebräisch, was sie bedauerte, sondern konnte nur in Englisch mit den Menschen verkehren, mit Siedlern wie Kriegsdienstverweigerern, Gegenern und Befürwortern des Friedensprozesses. Der Film wurde in den Originalsprachen gezeigt, der deutsche Kommentator sprach Englisch. Nichthebräische Texte wurden in der israelischen Fassung mit hebräischen Untertiteln versehen. Michael Krupp

Lebensdaten von fast 3 Millionen Holocaust-Opfern im Internet

"Ich würde es schön finden, wenn jemand sich erinnern wird, dass einmal ein Mensch gelebt hat mit dem Namen David Berger". Das schrieb David Berger in seinem letzten Brief an eine Freundin 1941 in Wilna, bevor er von den Nazis umgebracht wurde. Er war damals 20 Jahre alt. Sein Name ist einer unter knapp drei Millionen Namen, die in der "Halle der Namen" in der Holocaust-Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem in Israel verewigt ist.

Nach jahrelanger Vorbereitung hat Yad Vashem jetzt sein gesamtes Material über Holocaust-Opfer ins Internet gestellt. Durch die neue Möglichkeit des Internet erhofft sich die Gedenkstätte einen bedeutenden Zuwachs an Namen von Holocaust-Opfern.

Auf der Pressekonferenz Ende November auf der die Datenbank vorgestellt wurde, sagte der Direktor der "Halle der Namen", Alexander Avraham, es werde zwar niemals möglich sein, alle Namen der im Holocaust Umgekommenen zu erfassen, da ganze Großfamilien und ganze jüdische Gemeinschaften ohne einen Überlebenden vernichtet wurden, trotzdem erwarte er, dass noch sehr viel mehr Namen aufgefunden werden können. Bei einer Aktion, die Yad Vashem 1999 nur in Israel gestartet hatte, habe man mit 20 bis 30.000 neuen Namen gerechnet und 400.000 Namen seien eingegangen.

Seit Jahren können Angehörige beim Besuch der Gedenkstätte Namen von Bekannten und Verwandten, die im Holocaust umgekommen sind, auf sogenannten "Zeugnisseiten" zu Protokoll geben. Wie gesagt sind bisher knapp 3 Millionen Namen auf diese Weise zusammen gekommen. Außerdem wurden vorhandene Listen aus den Konzentrationslagern ausgewertet. Dies wurden aber meist vor Kriegsende vernichtet. Außerdem wurden gegen Ende des Krieges solche Listen gar nicht mehr angelegt.

Zur Presskonferenz hatte einer der bekanntesten Schriftsteller des Holocaust, Eli Wiesel, ein Gruß-Video geschickt. Er sagte darin, wie wichtig es für ihn gewesen sei, auf einer Zeugnis-Seite all das komprimiert zum Ausdruck zu bringen, was er versucht habe, in vielen Büchern zu beschreiben. Auch die ehemalige Präsidentin des Europäischen Parlaments, Simone Veil, sowie Israels Ministerpräsidenten, sagten in Video-Grußbotschaften, für wie wichtig sie es ansehen, dass jetzt jeder Jude in der Welt die Möglichkeit habe, die Datenbank durchzusehen und zu vervollständigen.

Der Direktor der Gedenkstätte, Avner Shalev, sagte, bisher sei es schwierig gewesen, genügend Zeugnisse von Überlebenden einzusammeln. Nicht jeder Jude besuche Israel und die Gedenkstätte. Jetzt komme die Datenbank in jedes Haus in der gesamten Welt und dadurch hoffe man, endlich 5 vor 12, bevor die letzten Überlebenden sterben, fehlende Daten zu bekommen.

Shalev zeigte ein Bild einer Großfamile aus Polen, das kurz vor dem Krieg aufgenommen worden war, die 25köpfige Familie Pitel aus Polen, vom 94jährigen Großvater bis zum Säugling. Einer dieser Familie, Josef Pitel, war kurz vor dem Holocaust nach dem damaligen Palästina ausgewandert und hat so überlebt. Alle anderen sind umgekommen. Die Nachkommen des Josef Pitel, wie andere Überlebende und Angehörige der zweiten Generation bei der Pressekonferenz anwesend, hatte nach dem Tod des Josef Pitel das Bild Yad Vashem übergeben mit detailierten Angaben über die umgekommenen Familienmitglieder.

Auf der Website www.yadvashem.org kann mit einem ausgeklügelten Suchsystem jeder Name, der sich in der Datenbank befindet, aufgesucht und alles vorhandene Material, einschließlich Fotos, gesichtet werden. Man hat die Möglichkeit, persönliche Kommentare und zusätzliche Informationen einzugeben. Die Gedenkstätte ist an allen Einzelheiten interessiert. Manchmal ist über den Namen hinaus nichts bekannt, stellenweise sind aber auch Einzelheiten über das Schicksal der Person verfügbar.

Die Datenbank verfolgt mehrere Aufgaben. Es gibt Leuten die Möglichkeit, nach Vermissten zu suchen und alle in Yad Vashem verfügbaren Informationen abzurufen. Zu zahlreichen Namen gibt es mehr als eine Zeugenaussage, die sich ergänzen. Zum anderen haben Überlebende die Möglichkeit, fehlende Namen und Schicksale hinzuzufügen. Auf diese Weise wird es möglich sein, wenigstens das Andenken an die vielen Toten des Holocaust wach zu halten und in Erinnerung zu bringen. Michael Krupp

"Mit einer Stimme" - Christen, Juden und Moslems gemeinsam zum Lobe Gottes

Über hundert Sängerinnen und Sänger und Musikanten, Juden, Christen und Moslems, haben im Notre Dame Zentrum auf der Grenze zwischen Ost- und Westjerusalem durch ein Konzert die gemeinsame Wurzel der drei monotheistischen Religionen mit Gesängen und Musikstücken ihrer religiösen Tradition unter Beweis stellen wollen. Finanziert wurde der Abend vom framzösischen Außenministerium, den Französischen Konsulat in Jerusalem und der "Le Secours Catholique / Caritas France".

Chöre verschiedener Gemeinschaften, der katholische Chor der Mönche und Nonnen des Klosters in Abu Gosh, der christliche Kinderchor aus Taibe, der alle christlichen Denominationen beherbergt, der "Karawan-Chor" aus dem galiläischen Dorf Ibbilin, der Armenier Goussan Aljanian, mehrere jüdische Chöre und Orchester wie der "Jerusalem Oratorium Kammer Chor" und der arabisch-jüdische Chor "Ashira", das sufisch moslemische Ensemble "Al-Inshad Al Maqdissi" und andere demonstrierten nicht nur eine Ökumene der drei monothestischen Religionen, sondern auch eine innerchristliche Ökumene, was im nahöstlichen Raum noch schwieriger zu sein scheint als anderswo.

Juden, Christen und Moslems, Israelis und Palästinenser sangen gemeinsam zum Lob Gottes. Der Abend schloss mit dem hebräischen Lied zur Begrüßung des Schabbats "Shalom alechem, malache haschalom", gegrüßt seid ihr, Engel des Friedens, gefolgt von einer arabischen Version "Salaam aleikom" von Palästinensern vorgetragen. Mit dieser Art Tätigkeit wollen die Veranstalter den Frieden, und auch den Religionsfrieden, im Heiligen Land fördern, wie es in einer begleitenden Broschüre heißt. Das ganze Konzert ist bald als CD zu erwerben. Michael Krupp

Gerechte der Völker

Das Prädikat "Gerechte der Völker" ist die höchste Auszeichnung, die der israelische Staat an Nichtjuden vergibt. Es ist die Auszeichnung für Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens Juden in der Zeit der Naziherrschaft geholfen, sie versteckt, ernährt oder die Flucht ins nichtbesetzte Ausland ermöglicht haben. Über 20.000 Menschen wurden seit 1963, als zum ersten Mal die Auszeichnung vergeben wurden, mit diesem Titel geehrt. Über die Würdigkeit der betreffenden Personen entscheidet ein Komitee der Holocaust-Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem unter dem Vorsitz eines ehemaligen Richters des Obersten Gerichts auf Grund von Zeugenaussagen geretteter Juden.

Die so ausgezeichneten haben bei einem Besuch in Israel das Recht, einen Baum in ihrem Namen in der "Allee der Gerechten der Völker" auf dem Gelände von Jad Vashem zu pflanzen. Häufig tun dies die Nachkommen der Ausgezeichneten, nachdem sehr viele der Judenretter erst posthum ausgezeichnet werden konnten. 1996 wurde "der Garten der Gerechten der Völker" auf dem Gelände von Yad Vashem eingerichtet, in dem die Namen aller Geehrten, geordnet nach Ländern, eingemeißelt sind. Seitdem werden Zeremonien der Auszeichnung in diesem Garten abgehalten, wenn sie in Jerusalem stattfinden. Die Ehrung kann aber auch in einer der Botschaften Israels in der Welt Platz haben.

Die meisten "Gerechten der Welt" stammen aus dem Land, in dem der Großteil der Judenvernichtung stattgefunden hat und aus dem der Hauptanteil der ermordeten Juden stammt, Polen. Über 5800 Frauen und Männer wurden bisher auf diese Weise geehrt. Das nächste Land ist Holland mit über 4580 Judenrettern. Es folgen Frankreich mit über 2360, die Ukraine mit fast 2000, Belgien mit über 1380, Ungarn mit über 640 Personen. Erst nach Weißrussland (ca.530), Litauen (über 500) und Slowakei (ca. 440), folgt Deutschland mit 383 Nichtjuden, die ihr Leben zur Rettung von Juden eingesetzt haben.

Die genauen Zahlen sind auf der Website von Yad Vashem www.yadvashem.org zu entnehmen. Hier findet sich auch der Beginn einer Datenbank, die einmal die Lebensdaten und Heldentaten aller Judenretter aufzeigen soll. Für Deutschland kann man hier die schon fertiggestellten Berichte über einige hervorragende "Gerechte der Völker" lesen wie Oskar und Emilie Schindler, den Krupp Beauftragten Bertold Beitz, den Ingenieur Hermann Friedrich Graebe, die Katholiken Gertrud Luckner und Bernhard Lichtenberg und den Protestanten Hermann Maas, um nur einige Namen zu nennen. Michael Krupp

Delegation der Badischen Kirchenleitung in Israel und Palästina

Eine Delegation der badischen Kirche unter der Leitung von Landesbischof Ulrich Fischer hat Anfang Dezember Israel und Palästina besucht. Im Vordergrund standen Kontakte mit den deutschen evangelischen Instituten im Heiligen Land. Zwei Pastoren, der Pfarrer der Pilgerseelsorge auf dem Augusta Viktorai Gelände, Rüdiger Scholz, und der Pfarrvikar an der Erlöserkirche in der Jerusalemer Altstadt, Philip Kampe, kommen aus Baden. Der Jerusalemer Propst, Martin Reyer, führte die Delegation in die komplizierte und schwierige Situation der deutschen Gemeinde und der örtlichen Christen in Jerusalem und Umgebung ein.

Weiter im Programm standen nach einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem Gespräche mit der arabischen lutherischen Kirche und ihrem Bischof Munib Younan, Gespräche mit der anglikanischen Kirche, mit der die badische Kirche besondere Beziehungen unterhält, und ein Besuch im Patriarchat der Griechisch-Orthodoxen Kirche. Den Besuchern kamen auch die guten Kontakte, die die deutsche Gemeinde mit dem ehemaligen Oberrabbiner des israelischen Militärs, Mordechai Piron, unterhält, zu gute. Die Delegation traf auch mit Studierenden des evangelischen Programms "Studium in Israel" und des katholischen Dormitio-Programms zusammen. Den Abschluss der Reise bildete eine Predigt des Bischofs in der deutschen Erlöserkirche.

Für den Bischof war dies der erste Besuch in der Region. Er sagte, er sei von der Begegnung mit den so unterschiedlichen Institutionen und Menschen, Einheimischen und Deutschen, die hier leben, tief bewegt. Dieser Besuch werde die Beziehungen der Badischen Kirche mit Institutionen in Israel und Palästina für die Zukunft bestimmen. Michael Krupp

Zum ersten Mal in Israel: Aschenbeisetzung

Zum ersten Mal in der Geschichte Israels, haben die Rabbiner eine Aschenbeisetzung nach dem Religionsgesetz zugestimmt. Alexander Zoshorov , ein Einwanderer aus den GUS, darf die Asche seiner vor fünf Monaten in Russland verstorbenen und krematisierten Mutter nach Israel bringen und hier beisetzen. Die Kremation ist nach dem jüdischen Religionsgesetz verboten. Jetzt fanden Rabbiner eine Lösung, die Beisetzung einer krematisierten Leiche dennoch zu erlauben.

Das Religionsgesetz besagt: "Eine Person, die den Wunsch äußert, nach ihrem Tod krematisiert zu werden, weist damit den Glauben an die Auferstehung der Toten zurück sowie die anderen geistlichen Vorteile der Erdbestattung. Die Asche verliert dadurch die Heiligkeit, die einem toten Körper innewohnt. Als Ergebnis davon schließt eine Aschenbestattung die Person von der Auferstehung der Toten aus."

Jetzt fanden die Rabbiner eine fünfzehn Jahre alte Bestimmung. die besagt, dass Juden in der damaligen Sowjetunion nicht die genügenden Kenntnisse hatten, um die Tragweite einer Kremation zu verstehen. Außerdem seien die meisten Bewohner der Sowjetunion zur Kremation gezwungen worden. In diesen Fällen sind die krematisierten Toten den verbrannten Opfern des Holocaust und anderer Judenverfolgungen gleichzustellen, die Gott auch aus der Asche zum Leben auferwecken kann. Michael Krupp

Rampe zum Tempelplatz soll abgerissen werden

Die Rampe neben der sogenannten Klagemauer, die zum Mugrabitor auf den Tempelplatzes führt, soll abgerissen und neu gebaut werden. Das Mugrabitor ist der einzige Zugang zum Tempelplatz, der von der israelischen Polizei kontolliert wird und durch das jüdische wie andere nichtmoslemische Besucher den Tempelplatz betreten. Ein Teil der Mauer, der die Rampe hält, ist im vorigen Jahr nach einem Erdbeben eingestürzt und in den Frauenbetplatz vor der Klagemauer gestürzt. Wie durch ein Wunder kam damals niemand zu Schaden.

Ingeneure der Stadtverwaltung Jerusalems fürchten, dass durch starke Regenfälle, die für die Winterzeit zu erwarten sind, die Mauer vollends einstürzen und eine Katastrophe verursachen kann. Die Stadt hat umgerechnet 1 Million Euro für die Reparaturen bereitgestellt. Die Arbeiten konnten aber bisher nicht in Angriff genommen werden, weil die archäologischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Michael Krupp

Weihnachten in Jerusalem und Bethlehem

Der Einzug des Jerusalemer Patriarchen, Michel Sabach, am Mittag des Heiligen Abend war wie jedes Jahr von pfeifenden und trommelden Pfadfindern aus Bethlehem begleitet und von 1000 Honoratioren und Bürgern Bethlehems in einer langen Autokolonne gefolgt. Bis zur Stadtgrenze hatten ihm berittene israelische Polizisten das Eherengeleit gegeben. Die Straßen von Bethlehem waren anders als in früheren Jahren nicht geschmückt, auch der große Baum auf dem Krippenplatz blieb dieses Jahr kahl. Stadt und Kirchen hatten sich darauf geeinigt, aus Trauer über den Tod Arafats. Der einzige Schmuck am Krippenplatz waren so zwei große Bilder des palästinensischen Idols.

Zum ersten Mal seit Ausbruch der zweiten Intifada sorgten bewaffnete palästinensische Polizisten für die Sicherheit der Feierlichkeiten. In Jahr zuvor waren sie unbewaffnet gewesen. Die israelische Militärbehörde hatte die gesamte Kontrolle für die Weihnachtszeit der palästinensischen Polizei überlassen. Sehr viel zu ordnen gab es aber in der fröhlichen Menge nicht, die allerdings aus Liebe den lateinischen Patriarchen fast zu ersticken drohte.

Die Araftabilder waren das einzige, das an ihn und die Vergangenheit erinnerte. Auf Arafats Platz in der Kirche in der Mitternachtsmesse, der in den letzten Jahren leer und nur mit einer Kefije, der arabischen Kopftracht, bekleidet geblieben war, weil die Israelis den palästinensischen Präsidenten seit 2001 nicht mehr nach Bethlehem gelassen hatte, saß jetzt sein provisorischer Stellvertreter bis zu den Wahlen, Mahmoud Abbas, der sich die Gelegenheit vor den Wahlen als geeigneter Nachfolger zu erscheinen, nicht nehmen lassen wollte. Der Moslem Abbas hatte zuvor die der Geburtskirche gegenüber liegende und sie überragende Omar al Katab Moschee aufgesucht, um beiden Bevölkerungsteilen der Stadt gerecht zu werden.

Auch diese Weihnachtsfeiern waren recht politisch, wie es in einem so heiß umkämpften Gebiet nicht anders sein kann. Abbas benutze die Gelegenheit zu Treffen mit örtlichen Kadern der Fatach, der staatsbildenden Partei Palästinas. Zu der wartenden Menge sagte er: "Wir bitten Gott, dass alle Religionen in diesem Land in Frieden und Sicherheit leben können. Ich hoffe, das nächste Jahr wird viel besser werden als dieses. Wir strecken unsere Hand den Israelis zu Friedensgesprächen entgegen. Wir beten, dass das Jahr 2005 das Jahr eines wirklichen Friedens und des Wohlstands sein wird, für das palästinensische und das israelische Volk, für Juden, Moslems und Christen in aller Welt."

Etwas düsterer war die Weihnachtsbotschaft des Patriarchen in der Mitternachtsmesse: "Unsere Situation ist weiterhin vom Konflikt, Gewalt, Unsicherheit, Furcht, militärischer Besatzung, der Trennmauer, der eingesperrten Städte und von Häuserabrissen überschattet. Palästina und Israel muss den teuflischen Zirkel von Gewalt durchbrechen und eine neue Gesellschaft von Brüdern und Schwestern schaffen, in der niemand den anderen kontrolliert, den anderen okkupiert, den anderen in Unsicherheit stürzt und des anderen Freiheit raubt."

Die israelische Öffentlichkeit war in diesem Jahr mehr als je zuvor auf das größte Fest der westlichen Christenheit im Radio und im Fernsehen vorbereitet worden. Im Kinderprogramm lief ein halbstündiger Film über das Leben Jesu und christliche Geistliche wie der Schreiber dieser Zeilen waren eingeladen, etwas über das Christentum zu erzählen.

In der Weihnachtsnacht in Jerusalem gab es ein Leben, wie es die schlafende Altstadt von Jerusalem sonst nicht kennt. Vor allen Kirchen hingen Trauben von jüdischen Israelis, die wegen Überfüllung in den Kirchen keinen Platz mehr fanden. Die protestantische Erlöserkirche war bis zum Ersticken gefüllt. Anders als in früheren Jahren waren es nicht nur die jungen Israelis, die zurück aus Indien jetzt die Schönheit der Christen kennen lernen wollten, Gruppen aller Altersstufen waren vertreten und füllten die Kirchen, so dass die Stammgemeinden kaum noch zu erkennen waren. Viel von der deutschen Predigt haben sie wohl in dem internationalen Gottesdienst in der Erlöserkirche in Arabisch, Englisch, Deutsch und Hebräisch nicht verstanden, und auch nicht vom deutschen Predigtext aus dem Johannesevangelium: "der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes". Das waren wohl 90 Prozent der Kirchenbesucher an diesen Heiligem Abend.

Die Geschäftsleute in Bethlehem waren unterschiedlicher Meinung über das diesjährige Weihnachtsfest. Die Jerusalem Post zitierte einen davon, George Kanawati, einen Ladeninhaber am Krippenplatz: "Dies ist besser als gar nichts. In den letzten 3 Jahren hatten wir überhaupt keine Touristen. Wir hoffen, dass das nächste Jahr besser wird". Schon am nächsten Tag war es besser. Am 1. Weihnachtstag besuchten laut Jerusalem Post 130 Busse und 15.000 Touristen die Stadt. Dies hat es lange nicht mehr gegeben. So fängt das neue Jahr recht hoffnungsvoll an. Und für Bethlehem folgt noch das orthodoxe Weihnachtsfest am 6. Januar und am 18. das der Armenier. Michael Krupp

Neujahrsempfang für die christlichen Oberhäupter beim Staatspräsidenten

Alle Redner auf dem diesjährigen Neujahrsempfang des israelischen Staatsempfangs für die Oberhäupter der christlichen Kirchen gedachten zuerst der Toten, die in der Naturkatastrophe in Südostasien ums Leben gekommen waren. Angesichts dieser Katastrophe scheinen unsere täglichen Konflikte, die wir selbst verschuldet haben, fast bedeutungslos, sagte der Präsident, Mosche Katzav. Was die Situation im Nahen Osten betrifft, zeigte sich der Präsident zufrieden. "Ich bin zum ersten Mal optimistisch", sagte er. Er bezichtigte den arabischen Terror als Hauptursache für den Unfrieden in der Region und sagte, dass in den letzten 5 Jahren, seit Ausbruch der zweiten Intifada im Jahr 2000 mehr Israelis in Terrorakten ums Leben gekommen seien als in den 50 Jahren zuvor seit Staatsgründung.

Die Kirchen rief er auf, als Mittler zwischen dem israelischen Staat und der christlichen Welt im Ausland für den Frieden aufzutreten. Er bedauerte die starke Abwanderung der Christen aus dem nahöstlichen Raum und sagte, dass die Region auf den Beitrag der arabischen Christen nicht verzichten könne.

Als Antwort auf die Worte des Präsidenten sprach im Namen aller Christen Israels der griechisch-orthodoxe Erzbischof und Sekretär des Patriarchen Irenäus I, Aristarchos, bedankte sich bei den staatlichen Behörden, die auch nach der Auflösung des Religionsministerium und der Überführung des Amtes für die christlichen Angelegenheiten in das Innenministerium, in vollem Unfang weitergegangen sei. Er sagte, dass die Christen alles tun werden, um den Frieden im Nahen Osten zu fördern. Die Kichen lehnen jede Gewalt, zumal im Namen Gottes, aufs schärfste ab. Er schloss mit einem Psalmzitat in hebräischer Sprache.

Zum ersten Mal war auch der griechisch-orthodoxe Patriarch in vollem Ornat erschienen, nachdem er endlich nach jahrelangem Zögern vom Staat Israel in seinem Amt bestätigt eworden war. Da es auf Grund der gegenwärtigen Regierungskrise keinen Innenminister gibt, der für die Christen zuständig ist, sprach ein Regierungsbeamter des Innenministeriums, Israel Einan. Michael Krupp

Wieder Judenhass in Deutschland

Die israelische Zeitung Jedijot Achronot widmete eine ganze Seite dem Judenhass in Deutschland. Der Autor, Eldad Beck, erzählt in aller Ausführlichkeit antisemitische Vorgänge in Bochum. Etwa 1100 Juden hätten in Bochum vor dem Holocaust gelebt. Die meisten seien ermordet worden. Nur 33 seien nach dem Krieg wieder zurückgekehrt. Dank der russisch-jüdischen Einwanderung sei die Gemeinde seit Anfang der neunziger Jahre wieder auf ihre Vorkriegsgröße angewachsen. Deshalb wurde beschlossen, an der Stelle der 1938 in der Kristallnacht angezündeten Synagoge ein neues modernes Gemeindezentrum mit Gotteshaus zu errichten. Die Stadt Bochum wolle ein Drittel der Kosten tragen.

Doch dann, so Beck, seien Neonazis aktiv geworden. Per Flugblätter hätten sie gegen den "überflüssigen" Bau der Synagoge protestiert und einen Einwanderungsstopp russischer Juden gefordert. Sie durften dank der "Meinungsfreiheit" auf dem Baugelände demonstrieren. Kurz danach seien auf dem Friedhof von Bochum 50 jüdische Grabsteine geschändet worden. Dem aus Israel stammenden Rabbiner, Jakob Luft, sei das Auto mit Farbebespritzt worden. Die Reifen wurden zerstochen und die Scheinwerfer zertrümmert.

Seit diesen Ereignissen in Bochum, so Beck, hätten deutsche Rechtextremisten "beeindruckende Fortschritte" gemacht. Ihre Parteien seien gestärkt worden, während der Antisemitismus längst "breite Bevölkerungsschichten" erfasst habe. "Der Antisemitismus ist zu einer Normalität geworden", heißt es in Jedijot Achronot. Am geplanten Tag der Einweihung des Holocaustmahnmals in Berlin wolle die "Deutsche Nationalpartei" aus Protest eine Demonstration am Brandenburger Tor veranstalten, unter dem Motto "Gegen 60 Jahre Befreiungslüge. Genug mit dem Schuldgefühl."

In Deutschland versuche man, die Existenz eines Antisemitismus zu verleugnen. "Nur in extremen Fällen" hätten sich deutsche Gerichte antisemitischer Fälle angenommen. Beck wies auf eine Anhörung zum Thema Antisemitismus im Bundestag hin, die kürzlich stattfand.

Beck behauptet, dass Antisemitismus auch in deutschen Fußballklubs verbreitet sei. Gegnerische Vereine würden "Jüdische Klubs" bezeichnet. Gegnerische Spieler und unbeliebte Schiedsrichter würden "Juden" geschimpft. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen Spieler der Nationalmannschaft die "Untergrundbahn nach Auschwitz" und "Steckt sie gleich in den Toaster" gerufen hätten. Beck erwähnt in seinem Artikel auch eine antisemitische Karikatur, für die sich der Chefredakteur freilich entschuldigt und einen als antisemitisch empfundenen Kommentar von Ludwig Watzal beim Deutschlandradio gegen den israelisch-amerikanischen Medienzar Haim Saban. Er beklagt sich auch über einen böswilligen "Judenwitz", der während einer Sendung "Der Große Bruder" von RTL gefallen sei. Nach physischen Attacken auf Juden in Berlin "vermeidet es die Polizei gegen arabische Täter vorzugehen, um sie nicht zu erhitzen". Ulrich W. Sahm

Salomons Ställe wieder stabil

Die unterirdischen Hallen in der Südostecke des Tempelberges, die sogenannten "Salomonischen Ställe", in der Kreuzfahrerzeit errichtet und durch Umbauarbeiten der muslimischen Behörden akut einsturzgefährdet, seien jetzt stabilisiert worden. Das teilte Schuka Dorfman, Leiter der israelischen Antikenbehörde, allen zuständigen Stellen mit.

Vor Beginn des Ramadan hatte Israel damit gedroht, die Zahl der Betenden drastisch einzuschränken, wenn nicht die einsturzgefährdeten Stellen abgesperrt und gestützt würden. Die muslimische Behörde behauptete zunächst, dass die Israelis Propaganda betrieben und den Moslems die Kontrolle über den Tempelberg entreißen wollten. Doch Israel befürchtete, für einen Einsturz und Tod von Menschen verantwortlich gemacht zu werden, obgleich die Moslems den Israelis den Zugang zu den Salomonischen Ställen verweigern.

Durch Fotos wurde bewiesen, dass tiefe Risse durch die Gemäuer gingen. Die Wakf-Behörde der Moslems gab schließlich nach. Jordanische und ägyptische Fachleute sowie Palästinenser übernahmen entsprechend der israelischen Anweisungen die notwendig gewordenen Renovierungsarbeiten. In einer Presseerklärung der Antikenbehörde hieß es, dass im Laufe des vergangenen Monats Metallanker in das mürbe Gemäuer eingezogen wurden. Verwitterte Steine seien ausgewechselt worden.

Der Ingenieur der Antikenbehörde, Ofer Cohen, meint, dass die unmittelbare Einsturzgefahr der östlichen Außenmauer des Tempelberges ausgeräumt worden war. Dennoch sei eine ständige Überwachung der Gemäuer und ihre Renovierung weiterhin notwendig. Ulrich W. Sahm

Jeder fünfte Israeli unter der Armutsgrenze

In einem in Jerusalem von der Nationalversicherung vorgelegten jährlichen "Armutsreport" heißt es, dass etwa 1,4 Millionen Israelis unter der Armutsgrenze leben, darunter etwa 660.000 Kinder und Jugendliche. Das sind etwa 100.000 mehr Arme als im Vorjahr. Die meisten Menschen in diesen Kategorien finden sich unter den Ultraorthodoxen, den Arabern, alleinerziehenden Familien und kinderreichen Familien. Unter den 700.000 Alten Israels leben etwa ein Fünftel unter der Armutsgrenze. Deren Lage dürfte sich im nächsten Jahr durch eine Anhebung der Renten um Summen zwischen 13 und 40 Euro entscheidend verbessern, heißt es im Finanzministerium. In Israel gibt es 231.000 Arbeitslose, fast ein Zehntel der Arbeitskräfte.

Die Nationalversicherung macht die drastischen Kürzungen bei der Sozialhilfe verantwortlich für die grassierende Armut in Israel. Die Kürzungen durch Finanzminister Benjamin Netanjahu waren notwendig geworden wegen der seit Ausbruch der Intifada verspürten Rezession in Israel. Die Kosten des Kampfes gegen palästinensischen Terror, die Weltrezession und der Zusammenbruch der High-Tech Industrie verursachten das Schrumpfen der israelischen Wirtschaft. Zudem ist Netanjahu der Meinung, dass Israel es sich nicht mehr leisten könne, ein Wohlfahrtsstaat wie bisher zu sein. "Geht arbeiten" lautet sein Motto an die Arbeitslosen.

Besonders die Auswirkungen des Terrors machen sich nach Ansicht von Beobachtern in allen Lebensbereichen bemerkbar. Israelis haben lange Zeit Restaurants und Einkaufszentren gemieden, aus Angst, getötet zu werden. Ebenso blieben die Touristen aus dem Ausland aus. Die Tourismusindustrie war einer der größten Arbeitgeber Israels und eine der größten Einnahmequellen. Damit einher ging auch die Angst von Geschäftsleuten, Israel zu besuchen. Die kritische Sicherheitslage führte zu einem Rückgang der ausländischen Investitionen in Israel. Auch der Handel mit den Palästinensergebieten ist wegen der notwendig gewordenen Sicherheitskontrollen stark zurückgegangen. Ulrich W. Sahm

Israel will Charterflüge für Pilger subventionieren

Bis zu 15.000 Dollar Subvention können Charterflugunternehmen vom israelischen Tourismusministerium pro Flug erhalten, wenn sie nach Israel von Orten fliegen, wo es keine direkten Flugverbindungen gebe. Das gelte für Länder wie Südafrika oder Skandinavien, aber durchaus auch für deutsche Städte wie Stuttgart.

Rafi Schalev, der europäische Marketingdirektor des Tourismusministeriums bestätigte auf Anfrage, dass Israel tatsächlich aus den Katalogen der deutschen Tourismusgroßunternehmer wie TUI verschwunden sei. Nur noch kleinere Unternehmen bieten weiterhin Reisen nach Israel an. Doch weil sich der Touristenfluss langsam erhole, nachdem die Gewalttaten während der Intifada abgeflaut seien, gelte es jetzt, die Gelegenheit zu nutzen. Aus diesem Grund habe das Tourismusministerium rund 2 Millionen Euro bereitgestellt, um Charter-Flüge zu fördern.

Früher habe es solche Förderungsprogramme vor allem für Flüge aus Skandinavien nach Eilat gegeben, wohin die Urlauber zu einem Sonnen- und Badeurlaub geflogen seien. Um auch Pilgergruppen eine Chance zu bieten, so Shalev, habe man mit der Neuauflage dieser Subventionen beschlossen, die Chartermaschinen auch den Flughafen bei Tel Aviv ansteuern zu lassen. Die Subvention werde gezahlt, wenn der Charterunternehmer zwischen 40 und 80 Prozent der Sitze einer Maschine fülle. Denn wenn er weniger als 40 Prozent der Plätze verkaufe, dann stornieren Charterunternehmer die geplanten Flüge. Bei mehr als 80 Prozent verkaufter Sitze sei schon ein Gewinn garantiert, sodass sich eine Subvention erübrige. Voraussetzung sei, dass die Passagiere ein komplettes Reisepaket buchen, damit die Charterflieger nicht zur Konkurrenz für die Linienmaschinen etwa der El Al oder der Lufthansa werden.

Shalev erklärte, dass sich die Subvention für den Staat Israel auf jeden Fall lohne. Denn einerseits gelte es gerade jetzt, die lukrativste Deviseneinnahmequelle, den Tourismus, wieder anzukurbeln, nachdem sich eine Beruhigung der politischen Lage ergeben habe. Zudem gelte bei Charterfliegern die Regel, dass ihre Kunden mindestens 7 Tage im Land bleiben, Hotels, Busse, Touristenführer, Restaurants und andere Dienstleistungen benutzen. Eine Erneuerung der Touristenreisen gilt in Israel auch als ein wichtiges Mittel, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Ulrich W. Sahm

Keine erzwungene Einweisung mehr in frommen Lebenswandel

Der Weg einer jüdischen Braut unter die Haube ist teilweise sehr mühsam. Am Tag vor der Hochzeit muss die Braut ins Tauchbad (Mikve) um für ihren künftigen Mann rituell rein zu sein. Nur mit dem "Zettel" der Mikve, darf der Rabbi die Hochzeitszeremonie vornehmen.

Weil aber die standesamtlichen Angelegenheiten in Israel entsprechend einer alten Regel aus der Osmanischen Zeit fest in der Hand der anerkannten Religionen ist, bei den Juden bei den orthodoxen Rabbinern, waren auch andere unangenehme Zwänge üblich, die nichts mit dem bindenden Religionsgesetz zu tun haben. So wurden Bräute verpflichtet, von einer Rabbinerin eine Einweisung in frommen Lebenswandel zu erhalten. Dabei kam es vor, dass weltlich ausgerichtete junge Frauen, die beim Militär gedient hatten, als "Prostituierte" geschimpft wurden, weil die Rabbinerin vorehelichen Geschlechtsverkehr vermutete. Die jungen Bräute wurden angewiesen, ihrem Mann zu dienen, wenn er von der Arbeit kommt und ähnliche altmodische Vorstellungen. Eine Rabbinerin habe einmal Bräuten erklärt, dass sie die Koscher-Gesetze und die Sabbatregeln einhalten müssen, damit ihr Mann nicht in Sünde lebe.

Das Israel Religious Action Center (IRAC), eine Stelle für Rechtsberatung der in Israel nicht offiziell anerkannten Reform-Juden hatte beim Obersten Gericht geklagt gegen diese erniedrigenden Einweisungen in religiöses Verhalten in der Ehe. Um nicht vom Obersten Gericht, einer weltlichen Institution, die gemäß den Staatsgesetzen und nicht gemäß dem jüdischen Religionsgesetz urteilt, zu einer Abschaffung dieser Einweisungskurse gezwungen werden, haben die beiden Oberrabbiner Schlomo Amar (Sephardisch) und Jona Metzger (Aschkenasisch) die Rabbinerinnen angewiesen, künftig ihre persönlichen Vorstellungen und Ansichten für sich zu behalten. Künftig sollen den Bräuten nur noch die sogenannten Nidah-Regeln beigebracht werden. Sie bedeuten, dass eine Frau fast zwei Wochen lang im Monat, während ihrer Tage, dem Mann "verboten" ist. Erst nachdem die Frau im rituellen Tauchbad untergetaucht ist, darf sie sich nach dieser Periode wieder ihrem Mann nähern. Ulrich W. Sahm

Weihnachtsbotschaft des katholischen Patriarchen

Die Weihnachtsbotschaft des lateinischen Patriarchen in Jerusalem, Michel Sabbah, stand im Zeichen der "Aussichten auf Frieden" nach so vielen "Gebeten, geopferten Leben, so vielen Tränen und so viel Leid". Während die Israelis, so der Patriarch, immer noch nach Sicherheit suchen, sehnen sich die Palästinenser nach einem Ende der Besatzung, Freiheit und Unabhängigkeit.

Der Patriarch behauptete, dass die Palästinenser einen "Friedensplan angenommen" hätten, was die Israelis "ebenfalls tun sollten". Auf Anfrage, welchen Friedensplan er denn meine und was er beinhalte, erklärte der Patriarch, dass die Palästinenser "zu Friedensgesprächen bereit seien", was er über die Israelis nicht behaupten könne.

Die Gespräche zwischen dem israelischen Tourismusminister und seinem palästinensischen Amtskollegen bezeichnete der Patriarch als "machiavellistisch". Es mache keinen Sinn, über Einreiseerleichterungen für Touristen und Pilger in den Weihnachtstagen zu reden und gleichzeitig die "Mauer" weiterzubauen. Die verwandle die heilige und freie Stadt Bethlehem "in ein riesiges Gefängnis" sagte Sabbah.

In seiner vorformulierten Ansprache, die erstmals auch auf Hebräisch verteilt wurde, forderte er Israel auf, die militärischen Interventionen und die "Jagd auf Gesuchte" einzustellen, weil das "nur noch mehr Gefangene und Tote" erzeuge. Mit keinem Wort erwähnte er den täglichen Raketenbeschuss vom Gazastreifen aus, was als Rechtfertigung für die israelischen Interventionen gilt, noch die täglichen Versuche, Selbstmordattentäter nach Israel zu schicken, weshalb Israel Jagd auf "Gesuchte" macht.

Auf die Anmerkung eines Journalisten, dass radikale palästinensische Gruppen erklärt hätten, den Terror fortsetzen zu wollen, bis auch Tel Aviv "befreit" sei, meinte Sabbah, dass kein Mensch auf diese Extremisten höre und dass auch Israel sie nicht "beachten" sollte. Das Oberhaupt der katholischen Kirche im Heiligen Land kritisierte entsprechend den "Bau der Mauer", die keinen Schutz biete sondern weitere Gewalt und Unsicherheit auslöse. "Die Israelis sind nicht dazu verdammt, auf Ewig in Unsicherheit und Krieg zu leben", sagte Sabbah. "Genauso sind die Palästinenser nicht verdammt, ewiglich ein Ende der Okkupation zu verlangen und auf der Straße des Todes zu weilen." Der Schlüssel liege allein bei den Israelis, weil die stark seien. Deshalb müssten sie Risiken eingehen. Auf die Frage, welche Risiken denn Israel auf sich müsse, sagte Sabbah: "Den Palästinensern Freiheit und Unabhängigkeit anbieten." Ulrich W. Sahm

Antiquitätenfälscher angeklagt

Vier Israelis und ein Palästinenser, darunter der inzwischen weltberühmt gewordene Oded Golan aus Tel Aviv, wurden von einem Jerusalemer Gericht wegen Antiquitätenfälschung angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, seit zwanzig Jahren systematisch Museen in aller Welt, Sammler und Wissenschaftler hinters Licht geführt zu haben. Sie hätten gezielt Antiquitäten hergestellt, die im Mittelpunkt historischer und religiöser Ereignisse stehen und deshalb besonders bei Gläubigen auf großes Interesse stießen. Zu den berühmtesten Fälschungen gehört ein Ossuarium mit der gefälschten Aufschrift "Jakob, Sohn des Josef, Bruder des Jesus", eine vermeintliche Inschrift des biblischen Königs Joas und ein Granatapfel aus Elfenbein, den das Israel-Museum vor einigen Jahren für eine halbe Million Euro erworben hat, der als erstes und einziges bisher entdecktes Kultobjekt eines Tempelpriesters aus der Zeit des Königs Salomon galt.

Die Untersuchung der Fälschungsfälle begann im September 2002 bei der Antikenbehörde, als die "Entdeckung" des Knochenkastens des Herrenbruders Jesu in der Presse bekannt wurde. Doch schnell bemerkte der Leiter der Behörde, Schuka Dorfmann, dass die Untersuchung für seine Behörde "eine Schuhgröße zu groß" sei. Er übergab den Fall der Polizei.

Viele Objekte, die Sammler und Museen aus "privaten Quellen" für viel Geld erworben hatten, wurden mit modernsten Methoden untersucht und stellten sich als gefälscht heraus. Die Polizei glaubt, bisher nur die "Spitze des Eisbergs" ausgemacht zu haben. Ein Polizeioffizier wirft den Fälschern den Versuch vor, "die Menschheitsgeschichte zu verdrehen", während Experten und Museen nicht ausreichend Sorgsamkeit geübt hätten, als sie ihnen angebotene Artikel aus dem Antiquitätenhandel geprüft hätten. "Eine sehr ungesunde Verbindung von Geld und Archäologie wurde aufgedeckt."

Das erste gefälschte Objekt sei der erwähnte Granatapfel gewesen. Weil diese Fälschung jedoch schon vor über zwanzig Jahren angefertigt worden ist, konnte wegen Verjährung keine Anklage erhoben werden. Oded Golan wurde in 15 von 18 Fällen des Betrugs und der Fälschung angeklagt. Dem Fälscherring gehörten weitere 8 Israelis an, mit deren Verhaftung in den nächsten Tagen gerechnet wird. Die Objekte wurden für Millionsummen verhökert.

Die Antikenbehörde ist besorgt, dass künftig wohl nur noch von ihr selber ausgegrabene und "in Situ" gefundene Objekte als echt betrachtet werden könnten.

In Verruf gekommen ist unter Anderem die angesehene Zeitschrift "Biblical Archaeology Review". Sie hat einige der jetzt als Fälschung "erwiesenen" biblischen Objekte in großer Aufmachung publiziert. Ihr Herausgeber, Hershl Shanks, ist jedoch zuversichtlich, dass sich die angeblich gefälschten Objekte doch noch als echt erweisen könnten. "Entweder wird dies als die größte Fälschungsaffäre seit jeher in die Geschichte eingehen, oder aber als der peinlichste Irrtum der israelischen Antikenbehörde", sagte Shanks der Zeitung Haaretz. Ulrich W. Sahm

Die deutsche Sprache in Israel

Drei von 120 israelischen Abgeordneten haben gegen die geplante Rede in deutscher Sprache des Bundespräsidenten Horst Köhler vor der Knesset Anfang Februar protestiert. Es sei ungehörig, vor dem israelischen Parlament in Deutsch zu sprechen, solange es noch Holocaustüberlebende gebe.

Die Geschichte der deutschen Sprache im Heiligen Land ist lang und widersprüchlich. In den zwanziger Jahren wollten die Gründer der ersten Universitäten Deutsch als Unterrichtssprache einführen. Hebräisch stand als Alternative zur Debatte. Am Ende siegte die im 19. Jahrhundert künstlich wiederbelebte Sprache der Bibel.

Deutsch war letztlich jene Sprache, in der die Idee eines "Judenstaates" geboren wurde. Der Wiener Journalist Theodor Herzl entwarf in deutscher Sprache seine inzwischen Wirklichkeit gewordenen Prophezeiungen unter den Titeln "Der Judenstaat" und "Altneuland". Die ersten großen Denker und Wegbereiter des Zionismus, der jüdischen Nationalbewegung, schrieben auf Deutsch, darunter Martin Buber, Gerschom Scholem und Ernst Simon. Bis in die dreißiger Jahre befand sich das wichtigste Zentrum jüdischer Kultur und jüdischen Denkens in Berlin.

Der Bruch kam mit den Nazis. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die deutsche Sprache nur noch mit Sprüchen wie "Achtung", "Appell" oder "Arbeit macht frei" assoziiert. Deutsche Juden beherrschten gleichwohl das Justizwesen, die Wissenschaften und die Kultur. Gerschon Schocken erbte von seinem Vater Salman den Berliner Schocken-Verlag und leitete die Zeitung Haaretz. Die "Jekkes", wie deutsche Juden abschätzig genannt werden, waren berühmt dafür, auch nach Jahrzehnten kein Hebräisch zu verstehen.

In der Öffentlichkeit war das Deutsche verpönt. Deutsche Kultur wurde nur im Untergrund gepflegt. So war das größte Goethe-Institut der Welt, gemessen an den Sprachschülern, eine Filiale des Kulturattachée an der deutschen Botschaft in Tel Aviv. In den siebziger Jahren versuchte die Bundesrepublik etwas zu früh eine "deutsche Kulturwoche" zu veranstalten. Günther Grass wurde von Studenten mit faulen Eiern beworfen und besuchte seither niemals mehr Israel. Bei einer Aufführung von Schillers "Räuber" in Jerusalem ketteten sich rechtsgerichtete Israelis an ihre Sitze. Die Polizei bestellte damals noch keine VW-Busse, um keinen Verhafteten in die Verlegenheit zu bringen, in einem deutschen Auto abgeführt zu werden. An der Hebräischen Universität wurden jüdische Autoren wie Heinrich Heine oder Franz Kafka ohne Eintrag im Vorlesungsregister gelehrt, während Professoren auf die Barrikaden gegen die Einrichtung eines von der Volkswagenstiftung finanzierten Lehrstuhls für deutsche Geschichte. Volkswagen stand für Hitler.

Aber der Wandel in der israelischen Haltung konnte nicht mehr aufgehalten werden. Gerschon Schocken bestellte bei einem jungen deutschen Studenten an der Hebräischen Universität in Jerusalem Buchbesprechungen der neuesten deutschen Literatur. In Israel kannte man Thomas Mann, Tucholski und Hesse, nicht aber Böll, Lenz und Grass. Knapp ein Jahr nach den ersten Buchbesprechungen im Haaretz wurde Israels Buchmarkt mit Übersetzungen aus dem Deutschen überschwemmt: Der Clown, Butt, Gruppenbild mit Dame, Blechtrommel und Andere. Der Nachholbedarf war enorm.

Im Fernsehen wurde lange Zeit die deutsche Tonspur stumm geschaltet. Willy Brandt schwieg zu hebräischen Untertiteln. Doch die Tabus brachen fast unbemerkt, je "normaler" die bis heute unnormalen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland wurden. Deutsche Filme und Theateraufführungen erregen kein Aufsehen mehr und im Fernsehen werden deutsche Tonspuren schon längst nicht mehr ausgeblendet. Aber die Empfindlichkeiten, im täglichen Leben kaum bemerkbar, sind längst nicht behoben. Nur an drei Schulen wird Deutsch gelehrt. Ein Kulturabkommen gibt es bis heute nicht aber es gibt bis heute die "Israel-Nachrichten" unter der Leitung einer 80-jährigen Chefredakteurin.

Als Johannes Rau als damaliger Bundespräsidentvor der Knesset die erste deutsche Rede hielt, verließen einige Abgeordnete aus Protest den Plenarsaal. Dahinter stecken tiefe Emotionen. Als Deutscher muss man das respektieren. Denn kein noch so rationaler Hinweis auf Heine, Kafka oder Einstein kann über das Trauma des größten Massenmords der Geschichte hinwegtäuschen, als ein Drittel des ohnehin nicht sehr großen jüdischen Volkes industriell umgebracht worden ist. Viele Israelis haben keine Großeltern, Tanten oder Onkels, sondern ein schwarzes Loch in ihrer persönlichen Vergangenheit.

Wie dünn die Eisdecke ist, bekam der Dirigent Daniel Barenboim zu spüren, als er eine Prelude von Richard Wagner in Jerusalem aufführte, dem "aggressivsten Antisemiten in der Geschichte der Kultur" (so Marcel Reich-Ranicki). Über den Skandal wurde bis nach Japan berichtet. Man muss wohl im Konzertsaal gewesen sein, um nachzuvollziehen, wie tief die noch offenen Wunden sind. Bemerkenswert schnell sind Deutschland und Israel nach dem Holocaust zu Partnern und sogar "Freunden" geworden. Doch diese Beziehungen funktionieren nur mit viel Takt und Fingerspitzengefühl und gewiss ohne den künstlichen Versuch, einen "Schlussstrich" zu ziehen. Ulrich W. Sahm

Tempelberg bleibt für Juden verboten

Viele angesehene Rabbiner, darunter die beiden Oberrabbiner und der Rabbi der Klagemauer unterzeichneten ein Religionsgesetz, wonach es Juden "in der heutigen Zeit" strikt verboten sei, den Tempelberg in Jerusalem zu besuchen. Diese "Halacha" (Richtspruch) entspricht dem Wortlaut eine ähnlichen Entscheidung von 1967, kurz nach der Eroberung Ostjerusalems.

Der Tempelberg wird heute von den Moslems verwaltet. Auf ihm stehen die El Aksa Moschee und der Felsendom an jener Stelle, wo einst der Salomonische Tempel mit dem "Allerheiligsten" gestanden hat. In dem Richtspruch heißt es, dass Juden keinen Ort auf dem Tempelberg betreten dürften, um nicht versehentlich die Stelle des Allerheiligsten zu entweihen, die einst nur einmal im Jahr vom Hohepriester nach entsprechender ritueller Reinigung betreten werden durfte.

Wie die Zeitung Haaretz berichtet, bedeute dieser erneuerte Richtspruch einen "schweren Schlag" gegen radikale Gruppen, die sich für eine Zerstörung der Moscheen, für die Errichtung einer Synagoge auf dem Tempelberggelände oder gar für die Wiedererrichtung des vor 2000 Jahren durch die Römer zerstörten Tempels stark machen.

Dem Richtspruch liegen drei Prinzipien zugrunde. Da der genaue Ort des Allerheiligsten vergessen ist, könnte ein Jude gegen ein biblisches Verbot verstoßen, auf das die Todesstrafe stand. Jeder Jude heute gilt als "von Toten verunreinigt", weil er sich bei Toten aufgehalten oder aber in Gesellschaft befand, die Tote berührt haben. Eine solche "Verunreinigung" kann aber nur durch Asche der "Roten Kuh" abgestreift werden. Eine Rote Kuh gibt es aber seit 2000 Jahren nicht mehr. Das dritte Argument sei "Erfurcht vor dem Heiligen". Um die Heiligkeit nicht zu stören, dürfe ein unbeabsichtigter Fehltritt nicht zugelassen werden, auch wenn ich im Nachhinein der Tritt als "erlaubt" erweise. Um alle Zweifel auszuräumen, gelte deshalb das generelle Verbot für Juden, den Tempelplatz zu betreten.

Es sei angemerkt, dass solche Richtsprüche von Rabbinern nur auf jene einen Eindruck machen, die selber fromm sind und das Religionsgesetz auch tatsächlich befolgen. In Israel gilt nur etwa 20 Prozent der jüdischen Bevölkerung als fromm. Andererseits haben die rund 80 Prozent weltlich ausgerichteten Israel kein Interesse an einer Wiedererrichtung des Tempels. Ulrich W. Sahm

zur Titelseite

zum Seitenanfang

Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
Pfr. U.Schwemer, Theodor-Storm Str.10, 64646 Heppenheim;
Tel: 06252-71270 / Fax: 06252-72606