Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich Sahm, Jerusalem

 

Vorschlag zum Religionsfrieden unterbreitet

Das "Israelische Institut für Demokratie" hat nach mehrjähriger Beratung zwischen religiösen und säkularen Kreisen einen Kompromissvorschlag zum Zusammenleben von Religiösen und Säkularen im Staat vorgelegt, dessen Ergebnisse Mitte März veröffentlicht wurden. Der Vorschlag befasst sich vor allem mit zwei Problemen, der Schabbatheiligung und der Eheschließung. Der Kompromiss fordert von Religiösen wie Säkularen Zugeständnisse. Vertreter der orthodoxen Parteien im Parlament haben ihren Widerstand gegen den Kompromiss bereits angemeldet.

Nach dem Vorschlag der Kommission unter dem Vorsitz des früheren Vorsitzenden des Obersten Gerichts, Meir Schamgar, soll der Schabbat der nationale Ruhetag des Staates Israel sein. Jeder Handel und jede erwerbsmäßige Tätigkeit soll verboten werden. Dafür sollen aber alle Unterhaltungs- und Vergnügungsstätten von Kultur und Sport offen und ein reduzierter öffentlicher Verkehr möglich sein. Bisher gibt es keinen öffentlichen Verkehr am Schabbat, aber viele Großkaufhäuser, besonders am Rande der Kibbutzim, sind geöffnet.

Die religiöse Eheschließung soll beibehalten werden. Es soll aber auch die Möglichkeit geben, säkulare Eheschließungen einzugehen, die aber nur den Namen "Partnerbund" erhalten sollen. Bisher gibt es keine Zivilstandesämter in Israel und alle Eheschließungen sind nur vor religiösen Gerichtshöfen möglich. Die Kommission äußerte sich nicht zu der Frage, ob in einem "Partnerbund" auch gleichgeschlechtliche Verbindungen möglich sein sollen, darüber sollen Gerichte in Zukunft entscheiden. Zur Überwachung des Friedens zwischen Religiösen und Säkularen soll ein Schiedsgericht eingesetzt werden zur Entscheidung aller strittigen Fragen, dem unter anderen der Vorsitzende des Obersten Gerichts, der Staatspräsident und der Parlamenstssprecher angehören sollen. Michael Krupp

Frauen arbeiten mehr, lernen mehr und verdienen weniger

Statistiken zur Situation der Frau in Israel anlässlich des internationalen Frauentages Anfang März zeigen eine anhaltende Vormachtsstellung der Frau in Bildung und Leistung und eine Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. 2004 studierten in Israel 134.000 Frauen und 105.000 Männer, die Frauen haben bessere Noten als die Männer, aber auf dem Arbeitsmarkt regieren die Männer. Das Durchschnittseinkommen eines Mannes ist umgerechnet 1500 Euro im Monat, das einer Frau knapp 1000 Euro oder 62 Prozent vom Einkommen des Mannes.

Aus den Statistiken geht weiter hervor, dass das Heiratsalter der israelischen Frauen seit den 70er Jahren konstant ist und bei 24 Jahren liegt (in Europa liegt es bei 28 Jahren), und das erste Kind wird durchschnittlich im 25. Lebensjahr der Frau geboren. Der Durchschnitt der Kinder einer israelischen Frau liegt bei fast drei im Gegensatz zu ein einhalb Kindern in Europa. 10 Prozent der israelischen Mütter sind allein erziehend. Im jüdischen Bereich gibt es einen leichten Frauenüberschuss, im arabischen eine leichten Männerüberschuss. Michael Krupp

Jüdische, arabische und drusische Frauen demonstrieren für den Frieden

Unter dem Banner "Frauen, Versöhnung, Frieden", haben 500 jüdische, arabische und drusische Frauen, Israelinnen und Palästinenserinnen, in Tel Aviv für eine stärkere Beteiligung von Frauen am Friedensprozess demonstriert. "Wenn Männer Krieg machen und das Schlachtfeld beherrschen, sollten Frauen mehr Verantwortung für den Frieden haben", sagte Talia Livni, Vorsitzende des Frauenverbandes Naamat. Keine einzige Frau gehöre zu der israelischen Delegation für Friedensgespräche, sagte eine andere Sprecherin, aber bei der palästinensischen Seite sähe es nicht besser aus. So werde es nie Frieden geben.

Wenn Krieg und Gewalt die Domäne der Männer seien, so seien Frieden und Ausgleich die Domäne der Frauen, sagte Salwa Hadeep, die Vizeministerin für Frauenfragen im palästinensischen Parlament. "Alle Frauen, unabhängig von ihrem nationalen oder ethnischen Hintergrund, sorgen sich um den Frieden", sagte Hadeep in ihrer Ansprache in Arabisch, die mit "Schalom" begann, bevor sie das traditionelle "Salaam Aleikum" sagte und ihre Rede mit "Meine arabischen und palästinischen Schwestern und meine jüdischen israelischen Freundinnen" begann. Sie schloss mit einem arabischen Sprichwort: "Wenn du einem Mann was beibringen kannst, kannst du es auch einem Affen. Wenn du einer Frau etwas beibringen kannst, so ihrer ganzen Familie und ihrem Anhang, der ganzen Gesellschaft. Zusammen können wir Frieden beibringen." Michael Krupp

Tausende feiern Abschluss des siebenjährigen Talmudstudiums

Zehntausende von orthodoxen Juden in aller Welt haben den feierlichen Abschluss des täglichen Talmudstudiums von 7 Jahren und fünf Monaten begangen. In Israel fand die Hauptveranstaltung im Jad Elijahu Fußballstadion nahe Tel Aviv statt. Fast die gesamte Führungsspitze der Orthodoxie war hier versammelt und Tausende Talmudhochschüler. Einige der Rabbiner flogen nach der Veranstaltung direkt nach Polen, nach Lublin, wo die Hauptveranstaltung in Englisch und Russisch abgehalten wurde.

In Lublin war am Neujahr des Jahres 5684, am 11. September 1923 nach dem christlichen Kalender, das allgemeine Massentalmudstudium eingeführt worden. An jedem Tag werden an Hunderten von Hochschulen eine Seite des Talmuds gelernt. In 7 Jahren und 5 Monaten ist danach der gesamte Talmud einmal durchstudiert worden. Der neue Zyklus begann am 2. März 2005 und wird am 2. August 2012 zu Ende gehen, zufällig fällt dieser Tag auf den Vollmond des Freudenfestes am 15. des jüdischen Monats Av. Der Brauch, zusammen in Massen den Talmud zu studieren geht auf einen Brauch in Babylonien zurück, wo um das Jahr 500 der Talmud endredigiert wurde. Der Talmud ist nach der Bibel das wichtigste Werk des Judentums. Michael Krupp

Unterirdisches Akko im Sommer für Touristen geöffnet

Die Kreuzfahrerstadt Akko ist fast vollständig erhalten, behaupten Archäologen. Die Stadt, in der Kreuzfahrer 200 Jahre gelebt haben, wurde nach der Eroberung nicht zerstört, sondern einfach unbewohnt gelassen. 500 Jahre später haben die Türken darüber das neue Akko gebaut. Die Kreuzfahrerstadt muss also einfach freigeschaufelt werden. 5 Prozent der Stadt sind bisher freigelegt. Dieser Teil soll jetzt ab Juni dieses Jahres für Touristen zugänglich werden, ein Teil davon war bereits vorher freigegeben. Das neu zugängliche Gelände schließt eine vollständig erhaltene große Kapelle ein, Straßen, Läden, Versammlungshallen, einen riesigen Esssaal, Innenhöfe und Kreuzgänge, alles in einem Zustand, als hätten die Kreuzfahrer erst gestern die Stadt verlassen. Akko wird so zur best erhaltendsten Kreuzfahrerstadt der Welt. Michael Krupp

Streit im Lager der Siedlerrabbiner

Äußerungen des Siedlerrabbiners Schlomo Aviner haben große Empörung im Lager der Siedlerrabbiner hervorgerufen. Aviner, Rabbiner der Westbanksiedlung Beth El und Leiter der Talmudhochschule Ateret Kohanim, hatte in einem Interview mit der Internetseite Ynet erklärt: "Am Tag der Räumung stehen wir auf und verlassen das Haus, ohne Gewalt anzuwenden." Aviner sprach sich für vehemente Demonstrationen vor dem Rückzug aus, aber wandte sich gegen jede Gewaltanwendung und Befehlsverweigerung, sowohl bei den Soldaten als auch bei den Siedlern. Damit setzte sich Aviner, einer der anerkanntesten Rabbiner der Siedlerbewegung, in klaren Widerspruch zur Gesamtheit der Siedlerrabbiner, die zu Befehlsbeweigerung unter den Soldaten aufgerufen hatten und zu aktivem Widerstand gegen die Räumung bei den Siedlern. Michael Krupp

Arabischunterricht an 14 jüdischen Schulen

In einem Pilotprojekt haben 14 Schulen im Norden Israels beschlossen, obligatorischen Arabischunterricht von der fünften Klasse an, einzuführen. Bisher ist Arabisch ein Wahlfach an israelischen Schulen, das wenig gewählt wird. In allen arabischen Schulen in Israel hingegen ist Hebräisch ab der fünften Klasse Pflichtsprache. Die Sprachkenntnisse sollen ein besseres Verstehen zwischen den Bevölkerungsgruppen ermöglichen. 12 der Schulen befinden sich in Haifa, einer Stadt mit 20 Prozent arabischer Bevölkerung. Der Bürgermeister von Haifa, Jona Jahav, sagte Haaretz gegenüber, er hoffe, dass seine Stadt in Zukunft bilingual werde.

Nach den Unruhen in Nordisrael bei Ausbruch der zweiten Intifada im Oktober 2000, in denen 13 Araber umkamen, wurden zahlreiche Treffen zwischen jüdischen und arabischen Schülern in Israel eingerichtet, diese Treffen litten aber an Sprachschwierigkeiten. Die Schüler hätten großes Interesse an diesem Austausch. Immer wieder wandten sich die Schüler an ihre Lehrer, gewisse Sätze, die sie ihren Nachbarn mitteilen wollten, zu übersetzen. Michael Krupp

Wohnstätten der biblischen Edomiter ausgegraben

Amerikanische und jordanische Archäologen haben mit deutscher Beteiligung Wohnstätten der biblischen Edomiter in Khirbet en-Nahas in Transjordanien ausgegraben. Khirbet en-Nahas heißt übersetzt Kupfer-Ruinenenstätte. Es handelt sich um ein altes Kupfergewinnungsgebiet. Ca. 100 Gebäude und Befestigungsanlagen wurden gefunden, die aus dem 12. bis 9. vorchristlichen Jahrhundert stammen. Damit konnte die Ansiedlung der Edomiter in diesem Gebiet gegenüber früheren Ausgrabungen um 300 Jahre vorverlegt werden. Dies entspricht biblischen Berichten über die Edomiter zur Zeit der Einwanderung der israelitischen Stämme nach Palästina und der Königszeit Davids und Salomos. Bisher war bemängelt worden, dass es für die biblischen Berichte über die frühe Existenz der Edomiter in diesem Gebiet keine archäologischen Beweise gäbe.

Die Ausgrabungen wurden von dem amerikanischen Archäologen Thomas Levy von der Kalifornien Universität in San Diego geleitet. Zu dem Ausgrabungsteam gehörte auch der Deutsche Andreas Hauptmann vom Deutschen Bergbau Museum.

Die Edomiter sind nach der Bibel ein Brudervolk der Israeliten. Nach der Bibl ist Esau der Stammvater der Edomiter, der Bruder Jakobs, beides Söhne von Isaak. Nach anfänglich guten Verhältnissen zwischen Edomitern udn Israeliten verschlechterten sich die Beziehungen mit Sesshaftigkeit der Israeliten. Später wurden die Edomiter von den Nabatäern aus Ostjordanien vertrieben und wurden im Negev in Südisrael sesshaft. Schließlich wurden sie nach der Unabhängigkeit Israels im zweiten vorchristlichen Jahrhundert von den Hasmonäern zwangsbekehrt. Der im Neuen Testament erwähnte König Herodes war ein Nachkomme dieser bekehrten Edomiter oder Idumäer, wie sie in dieser Zeit genannt wurden. Michael Krupp

Unruhen zwischen Drusen und Christen in Maghar

Das Oberhaupt der Drusen in Israel, Scheikh Muafek Tarif ist Anfang März in der Botschaft des Vatikans in Israel mit dem Nuntius des Vatikans, Pietro Sambi, zusammengetroffen, um die Lage im drusisch-christlich-muslimischen Dorf Maghar in Galiläa zu besprechen. Mehrere Dutzend christliche Familien sind seit den pogromartigen Unruhen in dem Dorf drei Wochen zuvor noch nicht in ihre Wohnungen zurückgekehrt. 1000 christliche Schüler, dreiviertel der christlichen Schüler des Dorfes, haben bisher aus Angst vor Angriffen ihre Schulen nicht mehr aufgesucht.

Das Drusenoberhaupt sicherte zu, alles zu tun, um zu normalen Umständen und zu einem friedlichen Zusammenwohnen aller Bürger wieder zurück zu finden. Drusische Freiwillige seien bereit, zuerstörte Häuser und Geschäfte wieder aufzubauen. Der Schaden beläuft sich nach christlichen Angaben auf mehrere hundert Millionen Euro.

Der Konflikt zwischen Drusen und Christen war ausgebrochen, nachdem jugendliche Drusen behauptet hatten, christliche Mitschüler hätten Fotomontagen nackter Frauen mit den Köpfen drusischer Schülerinnen ins Internet gestellt. Ein Gerücht, das sich später als unwahr herausstellte.

Der Botschafter des Vatikans in Israel, Nuntius Pietro Sambi, hat zusammen mit dem lateinischen Patriarch, Michel Sabach, und anderen Kirchenfürsten nach Ende der Unruhen Ende Februar am Sonntagsgottesdienst in dem galiläischen Dorf Maghar teilgenommen und die Unterstützung des Vatikans für die bedrängten Christen ausgesprochen. Der Vatikan verfolge die Ereignisse in dem Dorf mit großer Anteilnahme, sagte Sambi. Nach dem Gottesdienst traf er mit dem zuständigen Polizeioffizier zusammen und beklagte sich über den unausreichenden Schutz, den Christen genießen. Sambi forderte die geflohenen Christen auf, in ihr Dorf zurückzukehren. An dem Gottesdienst nahmen mehrere Tausend Gläubige aus der gesamten Umgebung teil.

Der Nordzweig der Islamischen Bewegung in Israel hatte zu einer Solidaritätsaktion der israelischen Moslems für die verfolgten Christen in dem gemischt bewohnten Großdorf Maghar in Galiläa aufgerufen. Am Wochenende wurden in allen Moscheen Aufrufe der Solidaritätserklärung verlesen und Flugblätter verteilt. Am nächsten Freitag sollen in allen Moscheen nach dem Freitagsgebet Geldsammlungen veranstaltet werden, die dazu beitragen sollen, die zerstörten Häuser und Geschäfte der Christen in Maghar wieder aufzubauen.

Die Islamische Bewegung ist der religiöse Zusammenschluss der Moslems in Israel. In dem Dorf Maghar hatten vor einer Woche Ausschreitungen der Drusen gegen die Christen des Dorfes stattgefunden, wobei fast alle Geschäfte der Christen zerstört oder geplündert wurden und zahlreiche Häuser zu Schaden kamen. Viele Christen hatten fluchtartig das Dorf verlassen und sind zum Teil bisher noch nicht zurückgekehrt. Ein hohes Polizeiaufgebot sorgt für die Einhaltung der Ruhe im Dorf. Christliche und drusische Religionsvertreter haben sich für den Frieden im Dorf ausgesprochen. Die Moslems sind in dem Dorf die Minderheit.

In scharfen Worten hatte der Lateinische Patriarch, Michel Sabach, schon Mitte Februar Israel beschuldigt, die Sicherheit der Christen preisgegeben zu haben. Israel biete eine ganze Armee auf, die wenigen jüdischen Siedler in Hebron zu beschützen, die Christen in dem Großdorf Maghar seien dagegen schutzlos ihren drusischen Angreifern ausgeliefert gewesen.

Die Polizei hatte inzwischen fünf jugendliche Drusen festgenommen. Einer davon soll für das Gerücht verantwortlich sein, das der äußere Anlass für die Unruhen war: Christliche Jugendliche hätten Fotomontagen nackter Frauen mit aufmontierten Köpfen drusischer Schulmädchen ins Internet gestellt. Die Polizei beschlagnahmte auch vier Computer von Drusen, die die Bilder angeblich gesehen oder zugeschickt bekommen haben wollen. Es wurden keinerlei solcher Bilder gefunden.

Der drusische Bürgermeister des Dorfes, Ziad Dagash, sagte, die Drusen unterstützen alle Aktionen der Polizei, den Frieden herzustellen. Hauptursache seien nicht die angeblichen Fotomontagen nackter drusischer Mädchen im Internet, sondern das wirtschaftliche Elend der Drusen in dem Dorf. 30 Prozent der Drusen seien arbeitslos, während es der kleinen christlichen Gemeinde gut gehe.

Wie durch ein Wunder gab es bei den Unruhen keine Todesfälle, zwei Drusen befinden sich mit mittelschweren Schusswunden im Krankenhaus, zahlreiche Christen und ein Polizeioffizier wurden verletzt. Einige Wohnhäuser der Christen wurden demoliert, viele christliche Geschäfte geplündert. Die Polizei bezeichnete die Ausschreitungen als "Pogrom". Viele Christen verließen in ihren Fahrzeugen mit zertrümmerten Fenstern das Dorf.

Maghar, 9 km südöstlich von der Stadt Carmiel gelegen, hat 17.000 Einwohnen, von denen 58 Prozent Drusen sind, 19 Prozent Moslems und 23 Prozent Christen. Im Laufe des Samstags besuchten der Minister für innere Sicherheit, Gideon Ezra, und hohe Polizeioffiziere das Dorf, ebenso die Spitze der drusischen Geistlichkeit und christliche Oberhäupter Galiläas und arabische Parlamentsabgeordnete. Am Abend brachen die Unruhen aber erneut aus. Die Christen beschuldigten die Polizei, nicht tatkräftig gegen die drusischen Vandalen vorgegangen zu sein. Die Polizei rechtfertigten ihre Zurückhaltung damit, dass ein forsches Vorgehen gegen die Demonstranten Todesopfer gefordert hätte.

Christliche Bewohner des Dorfes sagten, die Spannungen zwischen Drusen und Christen wären in den letzten Monaten zunehmend größer geworden. Die Drusen beschuldigen die Regierung, der drusischen Bevölkerung nicht genügend beizustehen. Die Drusen leisteten Wehrdienst, wären danach aber ohne Arbeit und geeignete Ausbildung, während die Christen wirtschaftlich und berufsmäßig wohlauf seien, obwohl sie keine Wehrpflicht leisten.

Der Polizeikommandat des Bezirks, Mosche Karadi, sagte, man sei an einem Punkt angelangt, wo es kein zurück mehr gäbe, "entweder die Führungskräfte des Dorfes kommen zu einer Einigung, oder wir schreiten ein und stellen die öffentliche Ordnung wieder her". Der Pfarrer des Dorfes, Mahad Avud, sagte: "Ich habe keine Worte. Ich kann nur im Anblick der Zerstörungen weinen. Wir sind gegen jede Gewalt und auch gegen jede Verletzung der Ehre unser drusischen Brüder. Auch wenn jemand einen großen Fehler gemacht haben sollte, so ist das doch keine Rechtfertigung für das, was geschehen ist."

Die Drusen sind eine Abspaltung vom Islam im 11. Jahrhundert. Es handelt sich um eine Geheimreligion, in die nur eine kleine Schicht frommer Leute eingeweiht ist. Sie glauben an die Seelenwanderung und die Wiederkehr des im 11. Jahrhundert verschollenen fatimidischen Gewaltherrschers Al Hakim, der nach ihrem Glauben nicht gestorben ist und als Mahdi, der kommende Erlöser, wiederkommen wird. Ihr Wohngebiet sind die Berggegenden des Südlibanon, Südsyriens und Galiläas. In Israel leben ungefähr 120.000 Drusen, 1,7 Prozent von der Gesamtbevölkerung. Sie sind in Israel im Gegensatz zu moslemischen und christlichen Arabern wehrpflichtig. Michael Krupp

Ein Druse über das Pogrom von Maghar

Der drusische Verleger Samih Natur aus dem Dorf Daljat el Carmel sagte in einem Gespräch mit KNA, dass die Spannungen zwischen Drusen und christlichen wie muslimischen Arabern in Israel "schon viele Jahre andauern". Ein kleiner Funke reichte für den Ausbruch der schweren Zusammenstöße, wie es sie in Maghar in Galiläa gegeben hat. "Derartige Zusammenstöße wird es in anderen gemischten Dörfern auch in Zukunft geben", prophezeite er.

Die Spannungen hätten historische Ursachen. Sie gehen auf die Zeit der Staatsgründung Israels zurück, meinte Natur. Damals hätten die Drusen mit den Juden zusammengearbeitet und auch nach der Staatsgründung Solidarität mit Israel gezeigt. Neben den Beduinen sind Drusen die einzige nicht-jüdische Minderheit, deren Söhne in der israelischen Armee dienen und es teilweise zu hohen Positionen gebracht haben.

Die Drusen, ein kleines Volk mit einer eigenen "Geheimreligion", lebt verteilt über den Norden Israels, Libanon und Syrien. Auch in Libanon und Syrien erweisen sich die Drusen als treue und loyale Staatsbürger mit verantwortlichen Posten in den jeweiligen Regierungen und Militärs. Im Gegensatz zu den Arabern stören sich die Drusen nicht an den politischen Spannungen zwischen den Ländern, in denen sie leben.

Natur erzählt, dass es ausgerechnet die Drusen waren, die viele Araber im Norden Israels vor ihrer Vertreibung bewahrt hätten. "Die Israelis wollten damals alle Araber vertreiben", behauptet Natur. Die Drusen nutzen ihre Kontakte mit den jüdischen und später mit den israelischen Behörden, um ihre arabischen Nachbarn zu schützen.

In den vergangenen vier Jahren, seit Ausbruch des palästinensischen Aufstandes, der Intifada, verschärften sich die Spannungen. Während Drusen im Grenzschutz oder in der Armee die Speerspitze bei der Niederschlagung des Aufstandes bildet und so auch verantwortlich für viele getötete Palästinenser ist, solidarisierten sich die israelischen Araber eher mit den Palästinensern. Die Drusen wurden "Mörder" geschimpft und bekamen zunehmend Diskriminierungen durch ihre arabischen Nachbarn zu spüren. Erst vor wenigen Monaten machte ein Fall von "Leichenfledderei" weltweite Schlagzeilen, als ein israelischer Offizier angeblich sein Patronenmagazin bei Rafah in die Leiche eines palästinensischen Mädchens, Imad el Hams, geleert habe. Später stellte sich heraus, dass dieser Offizier ein Druse war.

"Unsere Söhne dienen drei Jahre lang im Militär, während ihre arabischen Nachbarn schon studieren oder ein Berufsleben aufbauen können. Vor allem die Christen sind dank ihrer kirchlichen Schulen und Förderung viel intelligenter als wir Drusen. Deshalb sitzen sie in den staatlichen und lokalen Behörden in Spitzenpositionen", sagt Natur. Wegen der politischen Spannungen und dem zunehmenden Hass auf die Drusen, nutzen die arabischen Beamten in der israelischen Verwaltung jede Gelegenheit, um die Drusen zu erniedrigen, behauptet der drusische Verleger.

Das Pogrom in Maghar sei deshalb nur die Spitze eines Eisbergs bei den schwierigen Beziehungen innerhalb der nicht-jüdischen Minderheiten in Israel. Ulrich W. Sahm

Deutsche im Heiligen Land

Anfang des vorigen Jahrhunderts schwebte ein deutscher Zeppelin über dem Jerusalemer Tempelberg. Die ersten modernen Ortschaften, nach Prinzipien einer Städteplanung errichtet, stammen von Deutschen. Als die Städte in Palästina nur zwischen 1000 und 5000 Einwohner zählten, errichteten Deutsche erste Industriebetriebe und legten Straßen, die inzwischen zu den zentralen Autobahnen Israels geworden sind. Eine ungewöhnliche Fotodokumentation dieser deutschen Präsenz im Heiligen Land seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hatte der israelische Forscher Jakob Eisler im Landeskirchlichen Archiv in Stuttgart wiederentdeckt und als Ausstellung in der Auguste Victoria Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg in Jerusalem eröffnet.

Unter den Blicken des an die Kirchendecke gemalten Kaisers Wilhelm II erklärte Eisler den 200 geladenen Gästen, dass er einen bislang unbekannten Film entdeckt habe mit einer vollständigen Dokumentation des historischen Besuches von Kaiser Wilhelm II im Heiligen Land. Der Film soll am 21. April erstmals aufgeführt werden. In Kreuzfahreruniform gekleidet, hoch zu Ross, betrat der deutsche Kaiser 1896 die Stadt Jerusalem durch das für ihn aufgebrochene Jaffa-Tor. Er weihte bei der Gelegenheit die lutherische Erlöserkirche nahe der Grabeskirche ein und legte den Grundstein für die Dormitio, der Hagia Sophia Maria, auf dem Zionsberg. Der Auguste Victoria Komplex mit der größten Kirche Jerusalems und einem riesigen Pilgerhospitz, das heute ein Krankenhaus für Palästinenser ist, wurde vom Kaiser entworfen.

Templer, Kaiserswerther Diakonissen, die Brüdergemeinde Herrenhut und der Berliner Jerusalemsverein waren neben der Kaisersfamilie federführend für die deutschen Protestanten. Der Palästinaverein der Katholiken Deutschlands errichtete die Schmidtschule mitsamt Hospiz. Borromäerinen errichteten mehrere Hospize und der Deutsche Verein vom Heiligen Land trug ab 1902 das Hospiz in Emmaus-Qubeibe und ab 1910 die Dormitio.

Die historischen Fotos aus einer Zeit, als die deutsche Präsenz sich schon ihrem Niedergang näherte, stammen von dem Stuttgarter Fotografen Paul Hommel (1880-1957). Durch Zufall gelangten die tausenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen in den Nachlass von Hermann Schneller, dem Enkel des Gründers des Syrischen Waisenhauses, und von dort ins landeskirchliche Archiv von Stuttgart.

Die Deutschen wurden fast vollständig von den Briten während des Zweiten Weltkriegs nach Australien deportiert, wenn sie nicht schon vorher das Land verließen, um auf Seiten der Nazis zu kämpfen. Während in den meisten Ländern der Welt nur etwa 7 Prozent der Auslandsdeutschen sich der NSDAP anschlossen, waren es im Heiligen Land etwa 17 Prozent. Die zahlreichen deutschen Ortschaften wie Wilhelmina oder Sarona wurden von den Briten beschlagnahmt und gingen 1948 in israelischen Staatsbesitz über. Im Rahmen der Wiedergutmachungsabkommen zahlte Israel an die Bundesrepublik "Wiedergutmachung" für diesen deutschen Besitz. In Sarona, heute mitten in Tel Aviv, zog das israelische Verteidigungsministerium ein. Über dem Eingang zum Verlagshaus des Ministeriums steht heute noch in gothischen Lettern: "Winzergenossenschaft".

Die Ausstellung im Rahmen der Jubiläumsfeiern zu "40 Jahre deutsch-israelische Beziehungen" wird bis zum 5. Mai von Montags bis Freitags zwischen 9 und 13 Uhr geöffnet sein. Ulrich W. Sahm

Yad Vaschem Museum eingeweiht

Das israelische Außenministerium ist "völlig überrascht" über die große Anzahl offizieller Gäste aus dem Ausland, die der Einladung der Holocaust Gedenkstätte Yad Vaschem gefolgt sind, das neue Museum einzuweihen. Der UNO-Generalsekretär Kofi Anan, zehn Staatspräsidenten, Minister, Spender, Simone Weill, Elie Wiesel und viele andere werden an den zweitägigen Feiern teilnehmen. Unter den deutschen Gästen sind Altbundeskanzler Helmut Kohl, Bundesaußenminister Joschka Fischer und Professor Bernhard Vogel. Auch der Vatikan wird hochrangig vertreten sein. "Das ist das größte internationale Ereignis in Israel seit dem Begräbnis von Ministerpräsident Rabin", sagte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums.

Aber wie in Israel üblich, gibt es Streit. Während das Außenministerium die Botschaft ausgeben will, dass der jüdische Staat Israel die einzige denkbare Antwort auf ein Ereignis wie dem Holocaust ist, meint der Direktor der Gedenkstätte, Avner Schalev, dass Israel nur "eine von vielen Antworten" sei. Die Existenz einer jüdischen Gemeinde in New York sei genau so legitim. Schalev versucht, den "universalen Charakter" des Holocaust hervorzuheben.

Die 1953 gegründete Gedenkstätte hatte sich in der Vergangenheit auf Gedenken, die Ehrung von nicht-jüdischen Rettern, den sogenannten "Gerechten der Völker" und auf eine Dokumentierung des Holocaust konzentriert. Seit einigen Jahren verlagerte sich der Schwerpunkt auf Forschung und Erziehung.

Das jährliche Budget von Yad Vaschem beläuft sich auf 95 Millionen Dollar. Die israelische Regierung steuert 15 Millionen bei, die Claims Konferenz 25 während der Rest von jüdischen wie nicht-jüdischen Spendern aus dem Ausland getragen wird. Ulrich W. Sahm

Der expandierende Markt ultraorthodoxer Juden

Ultraorthodoxe Juden stellen in Israel eine Minderheit von 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung. Sie leben "wie im Mittelalter", so ein gängiges Vorurteil, und kleiden sich gemäß der "letzten" Mode Polens des 19. Jahrhunderts. Die Männer fallen durch schwarze Hüte, Kaftan, Bart und Schläfenlocken auf. Verheiratete Frauen tragen altmodische Pothüte oder verhüllen ihren kahlgeschorenen Kopf mit einem Kopftuch. Die unverheirateten Mädchen tragen sogar im heißen Sommer Wollstrümpfe, karierte Kleidchen wie "Heidi auf der Alm" und lange Zöpfe.

Dieser Tage wurde bei einer Konferenz festgestellt, dass die Ultraorthodoxen zwar gemäß 3000 Jahre alten biblischen Gesetzen leben, aber durchaus "mit der Zeit schreiten". 1996 studierten nur 30 ultrafromme Männer bei dem berufsausbildenden Seminar des Rabbiners Jeheskel Fogel. Inzwischen hätten sich bis zu 3000 Ultraorthodoxe angemeldet.

Die Ultraorthodoxen stellen eine separate Wirtschaftsmacht in Israel dar. Deren Markt setzt jährlich 7 Milliarden Schekel um (1,3 Milliarden Euro). Davon wollen auch nicht-fromme Geschäftsleute profitieren. Wegen der Religionsgesetze haben die Ultraorthodoxen eine eigene "strikt-koschere" Nahrungsmittelindustrie aufgebaut. Dieser Sektor ist in wenigen Jahren von 13 Prozent des Nahrungsmittelmarktes auf 25 Prozent gewachsen.

Für die Ultraorthodoxen wird Gemüse so angebaut, dass keine Würmer zwischen die Salatblätter geraten. Der Salat wird auf sterilem Sand in hermetisch geschlossenen Gewächshäusern gezüchtet. Ebenso achten die Frommen darauf, dass Gemüse nicht von Feldern stammt, die alle sieben Jahre brach liegen müssen. Da diese Regel nur für jüdische Bauern gilt, importieren die Ultraorthodoxen Frischgemüse aus Jordanien.

Die Ausweitung des orthodoxen Nahrungsmittelmarktes auf fast 25 Prozent wird nicht nur mit der natürlichen Vermehrung der Ultraorthodoxen erklärt, die dreimal so hoch ist als bei weltlichen Juden. 12 Kinder sind pro Familie keine Seltenheit, während sich weltliche Israelis eher an den europäischen Standard halten. Dennoch kaufen immer mehr weltliche Juden in orthodoxen Supermärkten. Die Waren sind preiswerter. Da gibt es weder Reklame noch Auswahl, also nur ein namenloses Waschmittel und eine Sorte Thunfisch in der Büchse auf endlosen Regalen. Diese Supermärkte wirken lieblos. Das drückt den Preis. Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der orthodoxen Supermärkte sei der "religiöse Lebenswandel" von etwa 45 Prozent der israelischen Bevölkerung. Hierbei handelt es sich um "Fromme", die koscher essen, ansonsten aber eher weltlich leben.

Etwa ein Viertel der Ultraorthodoxen lebt "spartanisch" und falle in der Öffentlichkeit nicht auf. Sie leben in "Gettos" und studieren in eigenen Institutionen. Die Hälfte der Orthodoxen lebe in einem "Kollektiv" und konsumiere ausschließlich orthodoxe Medien, so 40 Zeitungen, die allein für sie erscheinen. Ein Viertel der Ultraorthodoxen werden als "offen" definiert. In 55 Prozent aller ultraorthodoxen Haushalte stehe ein Computer. Während sich vor einigen Jahren noch 60 Prozent aller ultraorthodoxen Männer ausschließlich dem Talmud-Studium widmeten, seien es heute nur noch 30 Prozent.

Die Revolution werde von den Frauen vorangetrieben, vor allem bei der Kindererziehung. Früher galt der biblische Spruch "Wer mit dem Stock spart, hasst seien Sohn" (Sprüche 13,24). Inzwischen sind "modernere" Erziehungsmethoden verbreiteter, ohne körperliche Züchtigung. Die andere "Revolution" betreffe zunehmendes Bewusstsein für Gesundheit, Diät und richtige Ernährung.

Seit zehn Jahren, so der auf Reklame unter Ultraorthodoxen spezialisierte PR-Mann Arie Frenkel, streben immer mehr Ultraorthodoxe nach einem akademischen Titel, um am allgemeinen Arbeitsmarkt teilzuhaben. Die Ultraorthodoxen seien auch markenbewusst. So verkaufe eine bekannte Windelfirma mehr Papierwindeln an Orthodoxe als an die allgemeine Bevölkerung in Israel. 36 Prozent der Ultraorthodoxen fahren in den Urlaub in Israel oder ins Ausland. 82 Prozent der Ultraorthodoxen verfügen über ein Handy. Frenkel behauptet, eine bestimmte israelische Telefonfirma zum exklusiven Lieferanten von Handys für Ultraorthodoxe machen zu können, "sowie die Firma bereit ist, diesem Publikum ein attraktives Preispaket anzubieten". Der Grund sei einfach: um die Jugend nicht zu verderben, fordern die Orthodoxen Mobiltelefone "nur zum Telefonieren", ohne verderblichen oder sündigen Schnickschnack wie Fotografieren oder Internet-Zugang.

Ein populärer orthodoxer Kinderbuchautor Chaim Welder erzählte von Traumauflagen: 100.000 Exemplare für jeden seiner Titel. Im weltlichen Israel bringen es Bestseller nur auf einige tausend Exemplare. Mehr als die Hälfte der ultraorthodoxen Kinder habe nie Fernsehen geschaut. Es gebe es keine Alternative zu seinen Büchern.

Nicht jedes Produkt habe auf diesem Markt Erfolgschancen. Es sei "sinnlos", weltweit bei der Jugend beliebte Sportschuhe anzubieten, weil die Eltern auf der klassisch altmodischen Bekleidung ihrer Kinder bestehen. Doch gebe es eine Vielzahl von Produkten, die exklusiv nur für diesen Markt hergestellt würden. Zum Beispiel ein 20 Euro teures Spezialsieb für Mehl, um sicher zu gehen, dass sich da keine "unkoschere" Maden verstecken. Ein "segnender" Becher für Kinder, der den Segen vor dem Trinken aufsagt, wenn der Becher erhoben wird. Für das Babybettchen gibt es Abziehbilder mit den Abbildungen berühmter bärtiger Rabbis. Und für die Streijmels (die berühmten schwarzen Hüte, die jeweils zwischen 1500 und 3000 Euro kosten) gibt es für knapp 10 Euro Überzüge aus Plastik, um sie vor Regen zu schützen. Manche Ultraorthodoxe stülpen allerdings nur eine einfache Plastik-Einkaufstüte über ihre Hüte, um sie vor Nässe zu schützen. Ulrich W. Sahm

Klagemauer im Tausch für Frieden

Eine große Mehrheit der Israelis, 91 Prozent, würden selbst für einen "echten Frieden" die Klagemauer in Jerusalem nicht aufgeben wollen. Das ergab eine Umfrage, die Mitte März vorgestellt wurde. Knapp die Hälfte der Israelis, 46 Prozent, wären bereit, den Tempelberg unter gemeinsame palästinensisch-israelische oder alleinige palästinensische Kontrolle zu stellen. Keiner der Befragten wäre bereit, die Klagemauer unter volle palästinensische Kontrolle zu stellen. 6 Prozent könnten sich eine gemeinsame Kontrolle vorstellen.

Die Klagemauer gilt als das heiligste Heiligtum der Juden, obgleich in Wirklichkeit der Tempelberg das eigentliche Heiligtum der Juden ist, weil sich dort das "Allerheiligste" im ehemaligen salomonischen Tempel befand. Weil dessen genauer Ort aber unbekannt ist, dürfen fromme Juden den Tempelberg gar nicht betreten. An der Stelle des im Jahre 70 von den Römern zerstörten Tempels stehen heute auf dem Haram esch Scharif, dem "Erhabenen Heiligtum", wie die Moslems den Berg nennen, der Felsendom und die El Aksa Moschee.

Zum Patriarchengrab in Hebron, wo neben Abraham auch andere biblische Erzväter begraben sind, stimmten immerhin 13 Prozent der Befragten einer alleinigen palästinensischen Kontrolle, 33 einer gemeinsamen und 49 Prozent einer alleinigen israelischen Kontrolle zu. Für das Rachelsgrab bei Bethlehem forderten 53 Prozent der Befragten eine alleinige israelische Kontrolle über die Heilige Stätte. Ulrich W. Sahm

Abbas bestätigt über 50 Todesurteile

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas unterschrieb über 50 Todesurteile, die in den vergangenen Jahren "liegen geblieben" seien. Jassir Arafat hatte vor drei Jahren Vertretern der EU versprochen, verhängte Todesurteile nicht mehr zu bestätigen. International geächtete palästinensische "Sicherheitsgerichte" fällten die Todesurteile über kriminelle Mörder und "Kollaborateure mit Israel". Das meldeten palästinensischen Zeitungen. Die von Abbas unterzeichneten Todesurteile wurden an den Mufti Ekrem el Sabri, der höchsten muslimischen Instanz in Palästina, weitergereicht mit der Vorgabe, jeden Fall "gemäß der Scharia" (dem islamischen Recht) zu prüfen und dann endgültig zu bestätigen. Die "Organisation zur Überwachung von Menschenrechten" erklärte, dass seit der Einrichtung der Autonomiebehörde 1994 insgesamt 68 Todesurteile gefällt worden seien. Sechs Palästinenser seien aufgrund dieser "willkürlichen" Urteile von international geächteten "Sicherheitsgerichten" durch Erschießung hingerichtet worden. Berufungsverfahren sind bei diesen Gerichten ausgeschlossen. Eine Mitarbeiterin der Organisation sagte, dass die Todesurteile wegen "militärischer und ziviler" Vergehen ausgesprochen worden seien.

Yassir Arafat hatte als Präsident mehrere Todesurteile unterschrieben, zuletzt im Jahr 2001. Verurteilt wurden damals ein Kinderschänder und ein Sozialarbeiter, dem "Kollaboration mit Israel" angelastet wurde. Palästinensische Menschenrechtsorganisationen und Amnesty International protestierten gegen die Todesurteile. Sechs Todesurteile wurden vollzogen, unter anderem in Gaza und in Nablus. Eine Hinrichtung durch Erschießung im Hof der Polizeistation von Nablus wurde heimlich gefilmt und löste weltweite Proteste aus.

Sakher Bsaisso, ein hoher Funktionär der Fatah Partei bestätigte gegenüber der Jerusalem Post, dass sich unter den von Abbas bestätigten Hinrichtungskandidaten drei "Kollaborateure" befänden. Ihnen wird vorgeworfen, den Israelis verraten zu haben, wo sich gesuchte Extremisten aufhalten. Noch sei unklar, wann die Todesstrafe vollstreckt werde.

Die Todesurteile müssen in letzter Instanz vom Präsidenten der Autonomiebehörde, heute Mahmoud Abbas, bestätigt werden. Neu sei, dass Abbas die endgültige Entscheidung über den Vollzug der Todesstrafe an den Mufti abgegeben habe, der nicht gemäß den palästinensischen Gesetzen sondern gemäß dem muslimischen Religionsgesetz beschließen solle.

Das palästinensische Gesetz sieht die Todesstrafe für Mord, Verrat, "Kollaboration mit Israel" und sogar für den Verkauf von Grundbesitz an Juden vor. Die Androhung der Todesstrafe bei Landverkauf an Juden wurde aus dem jordanischen Gesetzbuch übernommen, das die Grundlage für die palästinensischen Gesetze bildet. Während Jordanien diese Paragrafen infolge des Friedensvertrages mit Israel gestrichen hat, blieben sie bei den Palästinensern bestehen, wie ein Abgeordneter aus Gaza bestätigte. Westliche Diplomaten in Ramallah bestätigten die Angaben, wollten aber keinen Kommentar dazu abgeben. Ulrich W. Sahm

Juden droht Verlust deutscher Staatsangehörigkeit

Juden, die in der Nazizeit ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, können für sich und ihre Nachkommen problemlos einen deutschen Pass erhalten. Doch neuerdings nehmen die deutschen Behörden den Paragrafen 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes genauer als bisher. Darin heißt es ganz allgemein, dass ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit verliert, wenn er sich "freiwillig" bei einer fremden Armee oder einem "bewaffneten Verband" eines fremden Staates meldet. Ausnahmen gelten bei entsprechenden zwischenstaatlichen Abkommen. Ein Sprecher der deutschen Botschaft erklärte, dass die Einziehung zum Militär im Rahmen des Pflichtdienstes, der in Israel drei Jahre für Männer und zwei Jahre für Frauen gilt, "unproblematisch" sei. Das habe noch keinen Entzug des deutschen Passes zur Folge. Kritisch werde es jedoch, wenn sich ein Israeli mit doppelter Staatsangehörigkeit freiwillig zu einem verlängerten Militärdienst melden, etwa um Offizier zu werden. In diesem Fall müsse eine besondere Genehmigung bei den deutschen Behörden eingeholt werden. Der Sprecher der Botschaft erzählte von einem Fall, wo eine junge Israeli "Glück gehabt" habe, als sie ihren deutschen Pass verlängern wollte. Die deutschen Behörden hätten "nicht bemerkt", dass sie ein paar Monate freiwilligen verlängerten Dienst bei der israelischen Armee geleistet habe und die Israeli habe nichts von der verschärften Umsetzung des Staatsangehörigkeitsgesetzes gewusst.

Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, kritisierte im Rundfunk das "typisch israelische Wettrennen um einen deutschen Pass". Zehntausende und mehr, teilweise Enkel von deutschen Juden, "die kein Wort Deutsch sprechen, nie dort gewesen sind und keinerlei persönlichen Bezug zu Deutschland haben", bemühten sich bei der deutschen Botschaft in Tel Aviv um deutsche Reisepapiere. "Es ist ein unerträglicher Gedanke, dass hohe Beamte, Offiziere und sogar ein ehemaliger israelischer Botschafter in Deutschland versuchen, einen deutschen Pass zu erhalten. Wo bleibt da die Loyalität zum Staat Israel", fragte Primor. Er nannte nicht den Namen des "ehemaligen Botschafters", aber es kommt nur einer in Frage, da die anderen entweder tot sind, oder, wie im Falle von Ascher Ben Nathan, aus Österreich stammen.

Die deutsche Botschaft in Tel Aviv schätzt, dass etwa 60.000 Israelis auch im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit seien. Weil wegen komplizierter Verfahren viele Anträge zügig aufgearbeitet werden mussten, wurden vor zwei Jahren über 3000 neue deutsche Pässe für Israelis ausgestellt. In "normalen" Jahren liege die Zahl unter 2000. Die Passanträge bei anderen Ländern wie Ungarn liegen bei 7000. Deutschland ist deshalb keineswegs das "populärste" Land, wo Israelis einen Europass beantragen können. Ulrich W. Sahm

Bundespräsident Köhler im Kloster

"Als ich zum ersten Mal 1966 mit einer Delegation hier war, lagen Soldaten hinter Sandsäcken und Stacheldrahtrollen. Es gehörte zu Israel. Auf den Zinnen zehn Meter von hier standen jordanische Soldaten", erinnert sich Manfred Lahnstein, Präsident der deutsch-israelischen Gesellschaft, als er in der Hagia Sophia Maria auf dem Zionsberg, damals noch Dormitio genannt, auf die Ankunft des Bundespräsidenten wartete. Im Hof der Dormitio, im Schatten der historischen Stadtmauer der Altstadt Jerusalems, empfängt Abt Benedikt Lindemann den Bundespräsidenten. In dem zum Empfangssaal der Kirche, deren Grundstein Kaiser Wilhelm II auf einem vom türkischen Sultan gestifteten Grundstück gelegt hatte, saßen Nonnen in grauen oder schwarzen Gewändern, Franziskanermönche in braunen Kutten, Benediktiner, evangelische Pastoren und ein syrischer Mönch in schwarz. Dazwischen junge Menschen in Zivil mit langen Haaren: Zivis, Studenten des theologischen Studienjahrs und Volontäre in Altenheimen und in einem Sterbekrankenhaus.

Köhler stand eingerahmt zwischen Propst Martin Reyer von der lutherischen Erlöserkirche und Abt Lindemann. Das deutsche Staatsoberhaupt hieß der Abt "gemeinsam ökumenisch willkommen". Beeindruckt vom unkomplizierten Zusammenwirken von Protestanten und Katholiken sagte Köhler: "Hier ist ein Ort der Nächstenliebe, wo sich Menschen für den Frieden richtig einsetzen können und nicht nur darüber reden. Hier gibt es echtes ökumenisches Leben. In Jerusalem scheint das viel einfacher zu sein als in Deutschland, wo wir noch viele Probleme mit der Ökumene haben."

Schwester Monika vom Josefsorden leitet das Sterbekrankenhaus St. Louis auf der Grenze zwischen Ost- und Westjerusalem. Die Patienten sind Juden und Moslems, Aidskranke und Krebsleidende. Wenn die Ärzte sie aufgegeben haben, gelangen sie dorthin. "Wir glauben, dass es noch sehr viel zu tun gibt für diese Menschen in ihrer letzten Lebensphase." Pater Elias beschrieb die Aufgabe der Mönche: "Wir sind hier, um die Orte, wo Jesus gelebt hat, für alle Menschen zu behüten und bereit zu halten, die an seinen Geheimnissen teilhaben wollen."

Die Arbeit der Zivis trug der 24 Jahre alte Matthaeus Friedrich aus Bamberg in Niederbayern vor. Im Auftrag des "Deutschen Vereins vom Heiligen Land" und unter der Leitung von Salvatorianerinnen ist Matthaeus mit Gartenarbeiten betraut in dem 11 Hektar großen Olivenhain des arabischen Altenheimes in Emmaus/Qubeibe. Der "andere Dienst im Ausland" als Ersatz für Wehr- und Zivildienst biete ihm "die Möglichkeit der Völkerverständigung". Die kulturelle und religiöse Vielschichtigkeit im Lande führe zu einer "einzigartigen Konzentration", die wiederum eine "Lösung für den Konflikt nahezu unmöglich" erscheinen lasse. "Wir haben es in der Westbank mit einer Art Anarchie zu tun. Gesetze gibt es, die aber unzureichend sind und von einer unterentwickelten Ordnungsmacht vertreten werden. Man kann sich nur auf kulturelle und religiöse Regeln einstellen, aber nicht auf sie verlassen. Wir Deutsche haben Deutschland als Garant für unsere Unversehrtheit. Den Palästinensern kann keiner das garantieren". Für Ausländer sei Bewegungsfreiheit gegeben, nicht aber den meisten Menschen im Land. Die hohe Arbeitslosigkeit habe ihre Ursache im gegenseitigen Wirtschaftsembargo. Über seine palästinensischen Gastgeber sagt er: "Ihre Rechten und Pflichten sind geringer als die Unsrigen, obwohl wir nur Gäste sind."

Wie bei seinem ganzen Besuch in Israel hörte Köhler sehr aufmerksam zu und griff spontan Dinge auf, die er eben gehört hatte. So hatte der Volontär aus Qubeibe wörtlich gesagt: "Durch Präsentsein und sich Nichtabhalten lassen von den vielen Negativ-Schlagzeilen, wie wir sie aus den Medien kennen, sehe ich eine Chance, für die Menschen hier und gerade auch in Palästina, an eine gemeinsame Zukunft." Der Bundespräsident griff das auf und forderte von der anwesenden Presse, den Gesprächen mit den deutschen Christen in Jerusalem "zu einer großen Verbreitung zu verhelfen".

Nach dem öffentlichen Empfang in der Benediktinerabtei hat Bundespräsident Horst Köhler im kleinen Kreis ein geschlossenes Gespräch mit deutschen Kirchenrepräsentanten aus Jerusalem geführt. Daran teilgenommen haben der evangelische Propst Martin Reyer, Abt Lindemann, die Pastorin Petra Heldt und die Äbtissin Xaveria der Boromäerinnen.

Der Propst hob die Bedeutung einer unabhängigen deutschen Kirchenpräsenz im Heiligen Land hervor. Von den Kirchen einerseits, von Juden und Moslems andererseits werde diese "neutrale Stimme" geschätzt. So spiele die Erlöserkirche bei der Ökumene unter den Christen wie bei dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nach ihren Möglichkeiten eine vermittelnde Rolle.

Abt Lindemann erwähnte, dass die Dormitio deutsches Eigentum sei und deutsche Gottesdienste anbiete. Die Abtei sei ein "deutscher Hort". Ein anderer Teilnehmer meinte: "Niemand käme auf die Idee, etwa Dormitio den Palästinensern zu übergeben." Bei evangelischen Kirchen in Jerusalem, bei den Anglikanern wie bei anderen gebe es starke Bemühungen, die Kirchen zu "arabisieren" und die Kirchenleitung Palästinensern zu überlassen. Köhler versprach, das, was er in Jerusalem erlebt und gesehen habe, auch den kirchlichen Kreisen in Berlin mitzuteilen.

Sehr beeindruckt zeigte sich der Bundespräsident vom Ausmaß und der Vielfalt der karitativen Arbeit der kirchlichen Einrichtungen. "Vieles würde in diesem Land nicht funktionieren, wenn die Kirchen da nicht trotz erheblicher finanzieller Engpässe einspringen würden", erklärte ein Teilnehmer und wies auf das Sterbekrankenhaus oder das Altenheim in Emmaus/Qubeibe hin oder auch auf das Projekt von Marienschwestern, die sich um Holocaustüberlebende kümmern.

Köhler wünschte sich, dass die kirchliche Arbeit in Israel und Palästina breiter bekannt würde in Deutschland. Durch den ständigen jüdisch-christlichen Dialog und der Nähe zu anderen christlichen Strömungen könne da in Deutschland ein "Brachland" gefüllt werden. Ulrich W. Sahm

Wehrmachtsoffizier Karl Plagge wird "Gerechter unter den Völkern"

Am 11. April 2005, 11 Uhr, findet in der Nationalen Israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem die feierliche Zeremonie statt, mit der Karl Plagge posthum in den Kreis der "Gerechten unter den Völkern" aufgenommen wird.

Karl Plagge, geboren am 10. Juli 1897 in Darmstadt, verstorben am 19. Juni 1957 in Darmstadt, wurde als Reserveoffizier der Deutschen Wehrmacht unmittelbar vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion Anfang Juni 1941 mit dem Aufbau des Heereskraftfahrparks 562 Ost in Wilna / Litauen beauftragt, den er bis zum Rückzug der deutschen Truppen vor der Roten Armee im Juli 1944 kommandierte. In Wilna nahm Plagge mit Entsetzen die barbarischen Aktionen der Judenvernichtung durch die Einsatzkommandos von SS- und Sicherheitskräften und deren litauischen Hilfstruppen wahr. Er bemühte sich, in seinem Wehrmachts-Werkstattbetrieb einer möglichst großen Zahl jüdischer Arbeitskräfte (einschließlich ihrer nächsten Familienangehörigen, zwischen 1000 und 1500 Menschen) Schutz und Hilfe zu gewähren. Mit dem Argument der kriegsentscheidenden Funktion seines militärischen Großbetriebs gelang es ihm, vor der Liquidierung des Wilnaer Ghettos im September 1943 ein gesondertes Arbeitslager unter menschenwürdigen Bedingungen für seine jüdischen Zwangsarbeiter einzurichten. Als seine Wehrmachtstruppe Anfang Juli 1944 den Rückzugsbefehl nach Ostpreußen erhielten, rief er seine jüdischen Schützlinge zusammen. In einer Rede warnte er sie verschlüsselt, dass er sie nun der Gewalt der SS überlassen müsse. Mit seinem Wissen waren im Lager Verstecke vorbereitet worden, in denen etwa 250 Juden die letzten unsäglich qualvollen Tage bis zur Befreiung durch die Rote Armee überlebten.

Karl Plagges Hilfs- und Rettungsaktionen für Juden in Wilna bedeuteten eine kluge, aber gefährliche Gratwanderung zwischen extrem ausgereizten Handlungsspielräumen der Wehrmacht, harten Auseinandersetzungen mit den Sicherheitsorganen und Zuwiderhandlungen gegen allgemein gültige Anordnungen der Wehrmachtsführung, mit denen die Vernichtung der Juden sanktioniert wurden. Nur wenige Wehrmachtsangehörige leisteten einen aktiven Widerstand gegen den Holocaust, wie es Plagge tat, so eine Presseerklärung der Jerusalemer Holocaust Gedenkstätte Yad Vaschem. Ulrich W. Sahm

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