Die Wüste lebt. Ein Solarpark im Negev
von Joanna Nittenberg

Ben Gurions Traum, die Wüste zu beleben, gewinnt immer mehr an Realität. Israel ist zweigeteilt - im Norden ein dicht besiedeltes Gebiet mit bestorganisierter Infrastruktur und im Süden weite ausbaufähige Wüstenlandschaften. Angesichts der Enge des Landes gab es schon immer Bestrebungen, der Wüste mehr Leben einzuhauchen. Einem Schüler und Weggefährten von Ben Gurion, Lova Eliav, gelang es, einige dieser Visionen zu verwirklichen. Lova Eliav, dynamisch und ideenreich, engagierte sich zeit seines Lebens für die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Menschen, Völkern und für den Frieden. Gleich nach dem Krieg 1945 war er maßgebend an der illegalen Einwanderung nach Palästina tätig - während Asher Ben-Natan die Einwanderung von Österreich organisierte, war es Eliav, der in Italien tätig war. Interessanterweise trugen beide den Decknamen Arthur. Lova setzte sich auch als einer der ersten für intensive Gespräche mit den Palästinensern ein und erhielt 1979 auch dafür gemeinsam mit dem später ermordeten Issam Sartawi den Bruno Kreisky- Preis für Menschenrechte. In den achtziger Jahren initiierte er die Gründung der Stadt Arad, die heute wegen ihres hervorragenden Klimas für Asthmatiker großes Ansehen genießt und vor allem vielen Neueinwandern eine neue Heimat bot. Sein jetziges Baby heißt Nitzana, eine in Sichtweite der ägyptischen Grenze gelegene Siedlung, deren Ansätze zukunftweisend für die Region sind. Nitzana - viele Israelis wissen nicht einmal, wo es genau liegt - kann auf eine glorreiche Vergangenheit zurückblicken, war immer einer der wichtigsten Schnittpunkte der Region, eine Verbindung zwischen Asien und Afrika. Strategische und kulturelle Bedeutung erlangte dieses Gebiet bereits 100 v. Chr., unter dem Königreich der Nabateaner und auch später unter byzantinischer Herrschaft kam es zu einer wirtschaftlichen Blüte. Erst das Osmanische Reich brachte einen Niedergang dieser Gegend mit sich. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkannten die Türken wieder die wichtige strategische Lage und auch die Briten zogen sich 1917 nach dem Rückzug aus dem Negev hier zurück.

Das heutige Nitzana geht auf eine Initiative von Lova Eliav, der hier ein Zentrum für die Erziehung sowohl für Juden als auch für Araber schaffen wollte. Darüber hinaus wurde es eine Zufluchtstätte für junge Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, Äthiopien und anderen Länder, die ohne Eltern ins Land kamen. Hier können sie die Wüstenlandschaft erforschen und ein Ulpan (intensiver Hebräisch-Unterricht) bietet ihnen die Chance, sich schneller in die Gesellschaft zu integrieren. Aber auch viele junge Israelis aus allen Teilen des Landes kommen, um die Faszination der Wüste zu erleben und sich mit deren Möglichkeiten auseinander zu setzten. Große Chancen für eine zukunftweisende Entwicklung bietet die Verwertung des einzigartigen Grundwassers dieser Gegend, das aus einem großen unterirdischen See hervorgeht, dessen Salzgehalt zwar größer als normal ist, aber gerade dies fördert den Anbau gewisser Gemüse- und Obstsorten. So werden z. B. die Cherry-Tomaten von hier in die ganze Welt exportiert. Auch ein reger Weinanbau wird hier betrieben, da die gleichmäßigen Temperaturen sich fördernd auf die Reben auswirken. Ferner gibt es noch eine Bienenzucht, aus der hochwertiger Honig sowie andere Produkte wie Seife, Cremen und Medikamente gewonnen werden. Friede - Shalom - Peace ist die Hauptmotivation von Lovas Aktivitäten und sein Freund, der weltberühmte Bildhauer Dan Karavan, hat dies auch künstlerisch und im wahrsten Sinne des Wortes plastisch dargestellt. Auf hundert Säulen, die bis zur ägyptischen Grenze führen, ist das Wort Frieden in hundert Sprachen verewigt - sogar in Blindenschrift. Also Symbol dafür, dass nur der Friede dem Land Wohlstand und Erfolg bringen kann.

Zentrum all dieser Aktivitäten wird nun ein sich im Entstehung befindendes riesiges offenes Museum bilden, ein wissenschaftlicher Themenpark, in dem Jugendliche und interessierte Erwachsene mit der Sonnenenergie experimentieren können. Unter anderem ist es das Ziel, zukünftige Genies zu animieren, neue Forschungen in dieser Richtung zu betreiben. Kurse und Workshops mit Universitätsprofessoren unterstützen diese Intensionen. Prophetisch meint Lova dazu: "In absehbarer Zukunft wird man sich wundern, dass die Sonne, die offenkundig für alle sichtbar ist, nicht besser genutzt wurde und man stattdessen unnötig kostspielige und umwelt -verschmutzende Methoden zur Energiegewinnung einsetzte."

Der Keren Hajessod Österreich sowie die Sacta Raschi Foundation sind an diesem Projekt maßgebend beteiligt, das bereits jetzt eine Touristenattraktion ist und in einigen Jahren noch weiter ausgebaut werden soll. Anlässlich einer vom Keren Hajessod organisierten Reise hatten die Teilnehmer, allen voran Mag. Leon Widecky, der dieses Projekt seit den Anfängen unterstützt, vor Ort Gelegenheit, sich von den enormen Leistungen, die hier vollbracht wurden, zu überzeugen. Der faszinierende Eindruck einer Wüste, die vor unseren Augen zum Leben erwacht, wird allen unvergesslich bleiben.

Illustrierte Neue Welt, Wien, Dezember05/Januar06

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