Herrlich: Wir haben Ferien und Urlaub!
Aber jüdische und arabische Kinder in Israel fürchten sich vor
Raketen.
von Otto Schenk
verfasst am 19.7.2006, einen Tag vor seinem Tod
Die "Oase der Hanna", hebräisch Neve
Hanna, ist ein Kinderheim in der israelischen Stadt Kirat Gat in der Negev
Wüste. Der deutsche Neve Hanna Verein unterstützt die Arbeit
vor Ort in Israel, wo auch Begegnungen und gemeinsame Ausflüge von
jüdischen und moslemischen beduinischen Kindern und Familien stattfinden.
Der dort spielende folgende Dialog ist der Realität der gegenwärtigen
Situation in Israel nachempfunden.
Misstrauisch blickt der kleine Josef zum blauen, sommerlich
heißen Himmel. "Kommen die feindlichen Raketen aus dem Gazastreifen
auch bis zu uns? Treffen sie auch mein Heim, meine Oase der Hanna'
in der Wüstenstadt Kiriat Gat?"
Die Einschläge im nahen Aschkalon am Mittelmeer sind
bis hierher zu hören. "Wir wollten doch baden fahren ans Mittelmeer."
Ist zu gefährlich. Geht nicht.
Gelangweilt kickt Josef einen Ball über den glühend
heißen Fußballplatz vor der Bäckerei. "So ein Mist,
wir wollten mit der Gruppe in unser schönes Ferienhaus in Rosch Pinna
fahren. Dort oben in Galiläa, wo es fein kühl ist. Geht nicht.
Auch dort schlugen Raketen ein. Sie kamen vom Libanon."
Da kommt die Erzieherin Batia über den Hof gelaufen.
Sie schleppt einen Picknickkasten. Er wurde gebraucht bei einem sehr gelungenen
Ausflug mit den Kindern der Tageshorte und deren Eltern und Freunden.
"Wo wart ihr denn eigentlich?" fragt Josef und spielt weiter
mit dem Ball.
"Na, in Haifa und in Akko", gibt Batia Auskunft.
"Es waren auch viele Beduinenfrauen mit und wir hatten jede Menge
Spaß. Aber mir wird ganz Angst, wenn ich daran denke, denn jetzt
schlagen in der großen Hafenstadt Haifa auch Raketen ein. Schon
mehr als 10 Menschen sind getötet worden und viele verletzt."
Josef bleibt stehen und fragt Batia: "Warum schießen
die vom Libanon auf uns? Was haben wir denen denn getan?" "Da
fragst du aber wirklich etwas Richtiges", sagt Batia und setzt mit
großem Knall den Picknickkasten ab. "Das versteh ich auch nicht.
Mit dem Libanon haben wir Israelis überhaupt keine Probleme. Die
Grenze ist klar und international anerkannt. Wir wollen nichts von ihnen
und sie nichts von uns. Aber die Unruhestifter der Hisbollah wollen einfach
nicht mit uns in Frieden leben." "Und was sollen wir nun machen?",
fragt Josef und dotzt seinen Ball dabei heftig auf. "Weiter normal
leben", sagt Batia, nimmt ihren Kasten wieder auf und ruft beim Weggehen:
"Unsere Freunde in Deutschland haben uns eben Geld geschickt, damit
ihr doch in Urlaub fahren könnt. Der Heimleiter sucht schon einen
sicheren Platz." "Hört sich gut an," murmelt Josef
und bummelt zurück in die Gruppe.
Eine kleine, stille Szene am Rande des schrecklichen Konfliktes.
Wir sollten an die Menschen denken, und für sie beten, wenn wir im
Schwimmbad liegen, den Urlaub genießen und fröhlich durch die
Lande fahren.
www.nevehanna.de
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