Rabbiner belegen "Grüne
Linie" mit dem Bann
Die Entscheidung der Erziehungsministerin Yuli Tamir,
die Grenze von 1967, die sogenannte grüne Linie wieder in die israelischen
Schulbücher einzufügen, hat einen wahren Sturm der Empörung
bei den Rechten und den rechten Religiösen ausgelöst. Ein Gremium
von Rabbinern, das der chassidischen Habad-Richtung und der Siedlerbewegung
nahe steht, hat einen religiösen Bann gegen solche Schulbücher
verhängt. "Man darf diese Bücher nicht lesen und man darf
sie nicht zu Hause haben", sagte einer der Initiatoren, Rav David
Druckman, Oberrabbiner von Kirjat Motzkin. Der Vorschlag der Ministerin
sei Häresie.
"Die Erziehungsministerin Yuli Tamir hat mit ihren
Aktionen einen offenen Krieg gegen den Heiligen, gepriesen sei er, erklärt
und gegen das Land Israel", sagte ein anderer Unterzeichner des Banns,
Rav Shalom Dov Wolfa. "Die Ministerin hat sich den Feinden Israels
angeschlossen, die seit Generationen versuchen, Israel zu vernichten.
Die Ministerin möge sich daran erinnern, was Ariel Scharon passiert
ist, der sich ebenso gegen die Siedlungen in Judea, Samaria und Gaza versündigte",
eine Anspielung auf das Koma, in dem sich der ehemalige Ministerpräsident
seit Anfang 2006 befindet.
Yuli Tamir hat inzwischen Rückendeckung auch von
Ministerpräsident Ehud Olmert bekommen. Man könne sich nicht
beschwerden, wenn bei Palästinensern und Arabern Israel auf ihren
Landkarten nicht erscheine, wenn wir so tun, als gäbe es kein Palästina,
sagte die Ministerin. Die Grenze von 1967 sei von keiner Regierung je
aufgehoben worden und stelle die Basis für eine zukünftige Friedensregelung
dar, sagte der Abgeordnete der Linkspartei Meretz-Jachad, Avschalom Vilan.
Gesetzesvorschlag: Auch Kinder
eines jüdischen Vaters als Juden anerkennen
Der Vorsitzende der Linkspartei Meretz-Jachad, Jossi Beilin,
hat einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der auch Kinder eines jüdischen
Vaters als Juden anerkennt. Bisher sind als Juden nur Kinder einer jüdischen
Mutter anerkannt. Beilin begründet seinen Gesetzesvorschlag damit,
dass im Zeitalter des DNA die Entscheidung nur nach der Mutter antiquiert
ist. Mit dieser Gesetzesänderung könnten 300.000 Neueinwanderer
aus der ehemaligen Sowjetunion, die keine jüdische Mutter, aber einen
jüdischen Vater haben, als Juden anerkannt werden.
Beilin geht in seinem Gesetzesvorschlag noch einen Schritt
weiter und will nicht nur liberale Konversionen, sondern sogar säkulare
Konversionen zum Judentum zulassen. "Wenn Leute sich als Juden ansehen,
... warum soll der Staat sie nicht als Juden anerkennen", sagte Beilin.
Eine säkulare Konversion zum Judentum stellt sich Belin so vor, dass
jemand seinen festen Willen ausdrückt, zum jüdischen Volk zu
gehören, etwas Hebräisch spricht und sich um jüdische Angelegenheiten
kümmert.
In der Gesetzesvorlage heißt es: Zum Zweck der Registrierung
als Jude "soll jedes Individuum als Jude anerkannt werden , das zumindest
einen jüdischen Elternteil hat oder das der jüdischen Religion
durch eine religiöse Konversion beigetreten ist oder das sich dem
jüdischen Volk in einer nicht religiösen Weise angeschlossen
und sein Schicksal mit dem jüdischen Volk verbunden hat und das kein
Mitglied einer anderen Religion ist."
Die israelischen Araber fordern
die Rückkehr in ihre ehemaligen Dörfer
Auf einer Konferenz in Nazareth hat die rechtliche Vertretung
der Araber in Israel, Mossawa, die Anerkennung der israelischen Araber
als gleichberechtigte Bürger im Judenstaat gefordert. Dazu gehöre
das Recht, in die Dörfer, aus denen die Araber 1948 vertrieben wurden,
zurückzukehren. Damit vergebe der Staat sich nichts, weil das demographische
Gefüge dadurch nicht beeinflusst werde, "weil wir ja (bereits)
hier sind", wie es Jafar Farrah, der Direktor des Mossawa Zentrums
ausdrückte. Ein Viertel aller israelischen Araber seien Flüchtlinge
im eigenen Land.
Weiter forderte die Vertretung der Araber in Israel die
Änderung der israelischen Fahne und der israelischen Nationalhymne,
weil sich die israelischen Araber darin nicht wiedererkennen könnten.
Die Araber seien bereit, vollgültige und loyale Staatsbürger
Israels zu sein, mit allen Pflichten, forderten dafür aber auch alle
Rechte.
Römischer Bogen gefunden
Bei der Renovierung der Hurva Synagoge haben Archäologen
einen vollkommen erhaltenen römischen Bogen entdeckt, der ursprünglich
der Eingang zum Cardo war, der Hauptstraße des römischen und
byzantinischen heidnischen Jerusalems, in jenen Tagen Aelia Capitolina
genannt. Nachdem der Cardo bereits nach der Wiedereroberung der Jerusalemer
Altstadt in den siebziger Jahren ausgegraben worden war, ist dies der
einzige erhaltene vollständige Bogen, 5 m hoch, der besseren Aufschluss
über die Architektur der römischen Stadt gibt.
Bei den Ausgrabungen anlässlich des Wiederaufbaus
der Synagoge, die 2003 begannen, entdeckten die Archäologen auch
zahlreiche Gebäudeteile aus der Zeit des Zweiten und Ersten Tempels,
darunter Brandspuren, die aus der Zeit der Eroberung Jerusalems durch
die Römer im Jahr 70 n.d.Z. stammen, sowie drei getünchte Ritualbäder
aus der Zeit des Zweiten Tempels, die in den Felsen gehauen waren.
Die Hurva Synagoge war das Wahrzeichen des jüdischen
Viertels bis zur arabischen Eroberung 1948, als sie niedergebrannt wurde.
Sie war bis dahin die größte Synagoge des heiligen Landes und
Jerusalems. Sie sieht auf eine bewegte Geschichte zurück, die in
die Anfangszeit Jehuda ha-Hassids zurückgeht, der das Grundstück
im Jahr 1700 gekauft hatte.
Jehuda ha-Hassid war einer der wichtigsten Prediger der
Kryptoschabtaiiten gewesen, der durch Deutschland und Osteuropa zog und
zahlreiche Anhänger um sich sammelte. Im Jahr 1700 kamen ca. 1500
Gläubige zusammen und brachen auf verschiedenen Routen, über
Land und auf dem Seeweg, ins gelobte Land auf. An die 500 Gefolgsleute
des Juda sollen dabei umgekommen sein. Knapp 1000 erreichten Jerusalem,
wo zu der Zeit ca. 1200 Juden, darunter 200 Aschkenasen lebten.
Die Ankunft der sehr armen und ausgezehrten Juden, die
offensichtlich der ketzerischen Lehre anhingen, verschlechterte die Situation
der Juden in Jerusalem. Nachdem Juda das Land für den Synagogenbau
gekauft hatte, starb er wenige Tage danach im Oktober desselben Jahres.
Dies wurde allgemein unter Schabtaisten und orthodoxen Juden als böses
Zeichen gedeutet. Zahlreiche Gefolgsleute des Juda zogen nach Europa zurück,
manche traten zum Islam oder zum Christentum über, darunter Judas
Neffe.
Einige Jahre später wurde auf dem von Juda erworbenen
Grundstück mit dem Bau der Synagoge begonnen, aber das Schicksal
war dem Bau weiterhin nicht hold. Die aschkenasische Gemeinde konnte die
Schulden, die sie für den Bau bei Arabern aufgenommen hatte, nicht
zurückzahlen, worauf die Araber das halbfertige Gebäude mitsamt
der vierzig Torarollen darin verbrannten. Die Ruine erhielt so ihren Namen
Hurva, Ruine. 140 Jahre blieb die Ruine in diesem Zustand bis Schüler
des großen Talmudgelehrten, des Gaon von Wilna, sich der Ruine erbarmten
und mit dem Neubau begannen.
Zwei Tage nach der Eroberung der Altstadt durch die arabische
Legion 1948 meldete der Jordanische Offizier: "Zum ersten Mal seit
1000 Jahren ist kein einziger Jude im Jüdischen Viertel von Jerusalem
zurückgeblieben. Kein einziges Gebäude ist intakt gelassen .
Das macht eine Rückkehr von Juden für immer unmöglich."
Reste eines römischen Triumphbogens
auf dem Tempelplatz gefunden
Die Zeitung Haaretz berichtete über einen Stein mit
einer monumentalen Inschrift in Lateinisch, der nach Ansicht israelischer
Archäologen aus einem Triumphbogen stammt, den die Römer anlässlich
ihres Sieges über die Provinz Judäa in Jerusalem auf dem Tempelplatz
errichtet haben. Es handelt sich sozusagen um ein Gegenstück zu dem
berühmten Titusbogen in Rom, der aus selbem Anlass errichtet worden
war. Über eine römische Bautätigkeit auf den Trümmern
des zerstörten Jerusalems 60 Jahre vor Gründung der heidnischen
Stadt Aelia Capitolina war bisher nichts bekannt.
Das Bruchstück ist 97 mal 75 cm groß und enthält
5 Teilzeilen einer längeren Inschrift, die den Sieg der Römer
über Judäa festhält. Die Entdeckung des sensationellen
Funds machte der ungarische Archäologe Tibor Grull bei einem Besuch
des Tempelberges vor drei Jahren, als er sich zu Studienzwecken längere
Zeit in Israel aufhielt. Die Verwaltung des Tempelberges, der moslemische
Wakf, erteilte dem ausländischen Archäologen die Erlaubnis,
den Stein zu photographieren und zu veröffentlichen. Leute des Wakf
erklärten dem Archäologen, der Stein sei beim Wegräumen
des Schutts vor dem Eingang zu den sogenannten Salomonstellen, die 1999
in eine Moschee umgebaut wurden, gefunden worden.
Die Inschrift enthält den Namen Flavius Silva, der
durch den jüdischen Historiker Josephus Flavius als Eroberer der
letzten jüdischen Festung im Land Israel nach der Zerstörung
Jerusalems, Massada, in die Geschichte eingegangen ist. Flavius Silva
war Gouverneur Judäas von 73 bis 80 nach der Zeitrechnung. Die Festung
Massada in der judäischen Wüste am Toten konnte erst im Jahr
73 nach einer mühevollen Belagerung und der Aufschichtung eines Mammutwalls
eingenommen werden. Flavius Silva und seine Soldaten fanden aber eine
verbrannte Festung vor, dessen jüdische Verteidiger sich durch Selbstmord
vor dem Schicksal, in römische Kriegsgefangenschaft verkauft zu werden,
gerettet hatten.
Über den Verbleib des Steinfragments ist nichts bekannt.
Wahrscheinlich befindet es sich noch im Besitz des Wakf, der jegliche
Ausgrabungen auf dem Tempelplatz bisher abgelehnt hat.
Archäologische Schätze
im Schutt des Tempelberges
Der Schutt vom Tempelberg, den die Palästinenser
1999 in Hunderten von Lastwagen ins Kidrontal kippten, entpuppt sich zu
einer wahren Fundgrube zur Geschichte des Tempels und der Stadt Jerusalem.
In einem nationalen Mammutprojekt, an dem Hunderte von Freiwilligen beteiligt
sind, Studenten, Soldaten, Touristen und sogar ultraorthodoxe Rabbiner,
die gemeinhin mit Archäologie nichts zu tun haben wollen, ist der
gesamte Schutt auf einen Platz nahe der Hebräischen Universität
auf dem Skopusberg gekarrt worden. Hier wird er durchsiebt und auf jedes
kleinste Detail untersucht. Noch niemals ist in der Geschichte der israelischen
Archäologie eine solche Masse Schutt untersucht worden.
Damals, als die Moslems in Eigenregie und ohne Erlaubnis
der israelischen Behörden oder des Amtes für Altertümer
begannen, den Schutt auf dem Tempelplatz wegzuschaffen, um einen breiten
Eingang zu den sogenannten Pferdestellen König Salomos (der Name
täuscht, die unterirdische Konstruktion stammt aus der Zeit Herodes
des Großen) unterhalb des Tempelplatzes zu schaffen und dort eine
unterirdische Moschee anzulegen, die mehreren Zehntausend Gläubigen
Platz bietet, hatten israelische Archäologen und Politiker dies als
größtes Verbrechen an der Geschichte Israels bezeichnet.
Das Unternehmen leiten die israelischen Archäologen
Gabriel Barkai und Tsachi Zweig. Aus allen Perioden der Siedlungsgeschichte
Jerusalems sind Funde ans Tageslicht gekommen, angefangen mit Steingeräten
aus prähistorischer Zeit, die zehntausend Jahre alt sind, bis hin
zu einer Gewehrkugel der Armee des Generals Allenby, der Jerusalem 1917
eroberte und damit die türkische Herrschaft über diesen Teil
der Erde beendete.
Während die Funde aus der Zeit Davids und Salomos,
der den ersten Tempel baute, recht gering sind, ist die Zeit danach, die
der judäischen Könige besonders im achten und siebten vorchristlichen
Jahrhundert, besonders reichhaltig vertreten, was zeigt, dass Jerusalem
und der Tempelplatz in dieser Zeit einen besonderen Aufschwung erlebten.
Funde aus dieser Zeit sind Steingewichte zum Abwiegen von Silber, geprägtes
Silber, "Münzen", gab es in dieser Zeit noch nicht, sowie
Stempel, Siegel, Kleingeräte, Schmuck und dergleichen.
Der interessanteste Fund ist ein Siegel, das den Namen
Galijahu ben Imer trägt. Die Familie Ben Imer ist eine bekannte Priesterfamilie
aus der Zeit des Propheten Jeremia. Im 20. Kapitel des Jeremiabuches wird
berichtet, wie Paschhur ben Imer Jeremia verhaften ieß, als er dessen
Unheilsbotschaft vernommen hatte. Ben Imer wird hier als Vorsteher im
Haus des HERRN bezeichnet.
Aus der persischen Zeit wurden Kleinmünzen im Tempelschutt
gefunden, eine trägt als Symbol die Athener Eule und daneben in althebräischer
Schrift die aramäische Bezeichnung der Provinz Judäa "Jehud".
Diese recht seltene Münze ist auf der modernen Ein-Schekel Münze
des Staates Israel abgebildet, die heute noch in Umlauf ist. Weitere Münzfunde
stammen aus ptolemäischer (ägyptischer) und seleukidischer (griechisch-syrischer)
Zeit. Hunderte von hasmonäischen Münzen wurden gefunden, angefangen
von Johann Hyrkanos des Ersten im zweiten vorchristlichen Jahrhundert
bis hin zu Mattatja, dem letzten Hasmonäer, der Herodes dem Großen
unterlag.
Aus der Zeit Herodes des Großen, wie die seines
Nachfolgers Herodes Archelaos, der Zeit der römischen Prokuratoren,
einschließlich der des Pontius Pilatus, sind zahlreiche Münzen
und andere Kleinfunde ans Tageslicht gekommen. Erstaunlich ist nach Ansicht
der Archäologen, dass auch aus byzantinischer Zeit, der christlichen
Zeit Jerusalems, zahlreiche Funde gemacht wurden, darunter Münzen,
Votivgaben und Öllampenscherben mit der Aufschrift "Das Licht
Christi scheint allen schön". Bisher war angenommen worden,
dass der Tempelberg in dieser Zeit öde und verlassen war. Neben Kleinfunden
sind auch architektonische Elemente gefunden worden, die aus einer Kirche
zu stammen scheinen.
Danach verebbt etwas der reiche Schatz an Fundstücken,
vermutlich, weil, nachdem die islamischen Heilgitümer im 7. Jahrhundert
fertiggestellt waren und der Platz sorgfältig ausgepflastert worden
war, wenig in den Untergrund gelangen konnte, der jetzt weggeschafft wurde.
So hat der Skandal, den die moslemische Ausschachtung 1999 hervorrief,
mit der Durchsiebung des Schutts ein happy end gefunden, das aber längst
noch nicht an sein Ende gelangt ist, denn Hunderte von Tonnen Tempelbergschutt
gilt es noch zu durchsieben.
Der letzte Rabbiner verlässt
Baghdad
Rabbi Emad Levy, der letzte amtierende Rabbiner von Baghdad,
hat am letzten Jom Kippur bekannt gegeben, dass er die Isolierung, in
der sich die Juden befinden, aufgeben und versuchen will, nach Israel
auszuwandern. Levy ist einer der ca. ein Dutzend verbliebener Juden in
Baghdad, das 1948 noch 100.000 Juden beherbergte.
Levys Vater hat gleich nach der Offensive der Amerikaner
2003 das Land verlassen. Er sei geblieben, um einen pflegebedürftigen
Achtzigjährigen zu versorgen. Dieser sei jetzt in der Obhut von verlässlichen
Kurden, so dass er von seiner Pflicht entbunden sei.
Ein Gemeindeleben gebe es nicht mehr, sagte Levy. So sei
besonders der Jom Kippur sehr schwer für ihn gewesen, alleine in
seinem Haus zu fasten. Die Juden Baghdads lebten wie in einem Gefängnis.
Keiner traue sich, sein Haus zu verlassen, in der Furcht entführt
oder ermordet zu werden. Alle verbliebenen Juden seien überaltert.
Es gäbe keine Zukunft mehr für Juden im Irak. Nach 2500 Jahren
ist das babylonische Exil an sein Ende gekommen.
Säkulare und religiöse
Juden wollen nicht zusammen wohnen
Nach einer Umfrage der Organisation Zav Pius erklärten
62 Prozent ultraorthodoxer Juden, dass sie nicht in einem Haus mit säkularen
Juden zusammen wohnen wollen. 57 Prozent der säkularen erklärten
dasselbe gegenüber ultraorthodoxen Juden. Aber sogar von den gemäßigt
religiösen sind 51 Prozent gegen ein Zusammenwohnen mit den Ultraorthodoxen.
50 Prozent der Säkularen und 37 Prozent der gemäßigt Religiösen
sind der Ansicht, dass die Ultraorthodoxen Schmarotzer sind und den Staat
ausnutzen. 7 Prozent der Ultraorthodoxen halten die säkularen Juden
nicht für vollwertige Juden.
Zav Pius, auf Deutsch Einberufungsbefehl zur Versöhnung,
ist eine vom Staat geförderte Organisation, die sich zur Aufgabe
gesetzt hat, religiöse und säkulare Juden zusammenzubringen.
Wie man sieht, gibt es da noch viel zu tun.
Genderfreundliches neues jüdisches
Gebetsbuch
Die religiöse Schulbewegung Tali, die der konservativen
Richtung im Judentum nahe steht, hat ein neues Gebetsbuch herausgebracht,
dass die Kinder vom zarten Alter an ein neues Verständnis vom Verhältnis
der Geschlechter beibringen und sich der modernen Welt anpassen will.
Mehr oder weniger ist es ein gekürztes orthodoxes Gebetsbuch, in
entscheidenden Fragen aber abgewandelt.
So ist neben der maskulinen Form "mode ani"
(ich danke dir) auch die feminine zur Auswahl gestellt, "moda ani".
Entscheidende Partien in den Morgensegenssprüchen sind abgewandelt.
Statt "Ich danke dir, dass du mich nicht zum Sklaven gemacht hast",
heißt es "Ich danke dir, dass Du mich frei gemacht hast";
statt "dass du mich nicht als Frau erschaffen hast": "dass
du mich nach Deinem Ebenbild erschaffen hast". Neben den drei Erzvätern
Abraham, Isaak und Jakob werden auch die vier Erzmütter erwähnt,
Sara, Rebecka, Lea und Rahel.
Gegenüber Kritikern, dass sich damit das Schulwerk
aus dem bisherigen Konsensus herauslöse, in dem es ein abweichendes
Gebetsbuch geschaffen habe, das es den Kindern später schwerer mache,
sich in einem orthodoxen Gottesdienst zurechtzufinden, sagten die Autoren,
ein allgemein verbindliches orthodoxes Gebetsbuch gäbe es ohne hin
nicht und dies sei ein weiteres unter einer Reihe von Gebetsbüchern.
Auch im reichlichen Bilderschmuck weichen die Autoren
vom Herkömmlichen ab. Sie zeigen nicht immer kleine Jungens mit der
gewöhnlichen Kippa, sondern auch mit einer Baseball-Kappe und anderen
Kopfbedeckungen, während Mädchen hin und wieder eine Kippa tragen.
Das neue Gebetsbuch gibt es bisher nur in Hebräisch,
es soll aber auch mit Übersetzung in Amerika erscheinen und in anderen
Ländern, die für den neuen Weg der Talischulen offen sind.
Der lange Weg der Herzl-Kinder
zum Grab des Vaters
Die Zeremonie auf dem Herzlberg in Jerusalem an einem
strahlenden Mittwoch Nachmittag hatte alles von einem happy end einer
griechischen Tragödie in sich. Nach 76 Jahren wurden die Gebeine
der beiden Herzl Kinder Hans und Pauline dem Wunsch ihres Vaters entsprechend
auf dem Berg, der den Namen der Familie trägt, beigesetzt. Die Zionistische
Bewegung hatte sich lange gegen diesen Akt gewehrt, jetzt bekannte der
Vorsitzende dieser Bewegung, Zeev Bielski, dass "menschliche Gerechtigkeit"
gesiegt habe.
Das Schicksal der Kinder Herzls ist das klassische Beispiel
der Kinder eines großen Mannes, die an dieser Größe zugrunde
gingen. Theodor Herzl, der Begründer des politischen Zionismus hatte
sein kurzes Leben und sein Vermögen ganz dieser Idee, der Idee des
Judenstaates, gewidmet. Und es muss mit Recht gefragt werden, ob der Staat
Israel jemals entstanden wäre, wenn dieser Herzl nicht sein Letztes
für die Erfüllung dieses Traums gegeben hätte, denn was
Herzl vorgefunden hatte, waren die Bemühungen gutmeinender "Freunde
Zions", die buchstäblich mit ihren Händen den harten Boden
Palästinas umgruben, aber ohne jedes staatsmännisches und politische
Konzept.
Als Herzl 1904 gerade 44 Jahre alt starb, hinterließ
er eine Witwe und drei kleine Kinder ohne jedes Vermögen. Nachdem
auch die Frau Herzls 1910 starb, blieben die drei Waisenkinder der Fürsorge
der Zionistischen Organisation ausgeliefert, der sie Herzl in seinem Testament
anvertraut hatte. Herzl hatte aber noch anderes in seinem Testament von
der Zionistischen Organisation gefordert, er verlangte, dass, wenn sich
sein Traum erfüllt haben würde, er und seine nächsten Anverwandten
im neu entstandenen Judenstaat beigesetzt werden mögen, Seite an
Seite.
Die Kinder Herzls genossen eine recht und schlecht verlaufende
Erziehung auf Kosten der Zionisten in England. Pauline, die älteste
Tochter Herzls, hatte ein Leiden der Mutter geerbt und galt als geistig
krank. In dieser ihrer Krankheit, die nur mit Tabletten ertragen werden
konnte, konnte auch ihr jüngerer Bruder Hans, selbst völlig
mittellos, nicht helfen. Als Pauline im September 1930 vermutlich an einer
Überdosis an Tabletten in Bordeaux starb, konnte ihr Bruder seine
Skrupel, nicht genügend seiner Schwester beigestanden zu haben, nicht
überwinden. Nachdem er aus London angereist drei Tage kopflos durch
Bordeaux herumgeirrt war, ging er schließlich in einen Laden, kaufte
einen Revolver und erschoss sich, noch ehe seine Schwester begraben worden
war. In einem Abschiedsbrief verlangte Hans, im Sarg seiner Schwester
gemeinsam mit ihr begraben zu werden. Auch dieser Wunsch wurde nicht erfüllt.
Hans Herzl hatte besonders unter der Größe
seines Vaters gelitten. Von der Zionistischen Organisation unterhalten,
konnte er sich mit deren Gedankengut und dem Erbe seines Vaters nicht
anfreunden. Die zionistische Idee hielt er für einen fatalen Irrtum
des Judentums. Seine Gedanken ähnelten denen des frühen Theodor
Herzls, das Judentum solle eine Symbiose mit dem Christentum eingehen,
den Papst anerkennen und gemeinsam für ein jüdisch-christliches
Erbe in dieser Welt kämpfen. Die Staatenlosigkeit des Judentums sei
gerade seine Stärke. Schließlich trat Hans Herzl zum Christentum
über, was ihn zum absoluten Außenseiter stempelte.
"Ich bin eine einsame, verzweifelte, traurige und
bittere Gestalt", schrieb Hans Herzl ein Jahr vor seinem Selbstmord
an seinen Freund Marcel Sternberger. "Niemand hört auf einen
Konvertiten. Ich habe alle meine Brücken verbrannt. Mein Leben ist
ruiniert. Niemand würde es bedauern, wenn ich eine Kugel durch meinen
Kopf jagte. Ich kann so nicht weiterleben."
Sternbergers Frau, Ilse, veröffentlichte 1994 die
Biographie der Herzl Kinder unter dem treffenden Titel "Princes without
a Home", fußend auf einer Biographie ihres Mannes über
Hans Herzl in den 40er Jahren, deren Erscheinung die zionistische Organisation
aus Sorge um die Reputation des Gründers der Zionistischen Bewegung
aber zu unterdrücken gewusst hatte. Die Zionistische Organisation
kam auch einer weiteren Bitte der Kinder nicht nach, neben ihrem Vater
in Wien begraben zu werden, aus demselben Motiv heraus. Über die
Kinder Herzl sollte möglich wenig an die Öffentlichkeit dringen.
Hans Herzl soll dann zum Judentum zurückgekehrt sein,
vermutlich schließt man das daraus, dass er neben seiner Schwester
Pauline auf dem jüdischen Friedhof in Bordeaux begraben wurde. Immerhin
hat dieses Argument dem sefardischen Oberrabbiner Shlomo Amar geholfen,
ein halachisches Gutachten abzugeben, das die Überführung der
Gebeine der Herzlkinder nach Jerusalem ermöglichte.
Anstoß für diese Rückführung hatte
der Historiker Ariel Feldstein gegeben. Er hatte vor sechs Jahren im zionistischen
Archiv in Jerusalem das Testament Theodor Herzls ausgegraben und darin
den Wunsch des großen Mannes gefunden, mit den Gebeinen seiner nächsten
Anverwandten in Jerusalem seine letzte Ruhestatt zu finden. Diesen Wunsch
hatte Israel 1949, als die Gebeine Herzls von Wien nach Jerusalem überführt
wurden, wie gesagt, bewusst nicht erfüllen wollen, jedenfalls was
die Kinder Herzls betraf. Vater, Mutter und Schwester Herzls ruhen tatsächlich
auf dem Herzlberg neben ihrem großen Anverwandten.
Feldstein hat seit seiner Entdeckung keine Ruhe gegeben
und versucht, die wichtigsten Politiker des Staates und der Zionistischen
Organisation zu überzeugen, dass endlich Gerechtigkeit der Familie
des Judenstaatgründers geschehen müsse. Nachdem der sefardische
Oberrabbiner, der selbst nach London und Bordeaux gereist war, um die
Hintergründe der Familiengeschichte zu erörtern, sein Placet
gegeben hatte, konnte die Überführung vonstatten gehen. In Bordeaux
wurden unter dem Beisein von Vertretern der jüdischen Gemeinde und
des Staates Israel die Gebeine ausgegraben. Paulines Leichnam hatte sich
in einem Eisensarg, wie die Presse zu berichten wusste, erstaunlich gut
erhalten, während von dem Leichnam von Hans in dem armen Holzsarg
nicht viel übriggeblieben war.
Am Mittwoch, den 20. September 2006, fast auf den Tag
76 Jahre nach dem Tod der Geschwister, war es dann soweit, Mitglieder
der zionistischen Jugendorganisation trugen die Särge von Hans und
Pauline zu ihrer letzten Ruhestätte neben dem Grab ihres Vaters.
Gavriel Herzl, ein entfernter Verwandter der Familie, sagte das Kaddisch,
das Totengebet, Ministerpräsident Ehud Olmert hielt eine Ansprache
und sprach nicht nur von einer "nationalen, sondern auch menschlichen
Pflicht" dem Begründer des modernen Zionismus gegenüber.
Es fehlten der Oberrabbiner Amar, der die Rückführung
ermöglicht hatte, wohl als Reaktion auf die scharfe Kritik, die er
vom ultraorthodoxen Lager für seine Entscheidung hatte einstecken
müssen. Es fehlte auch der orthodoxe Bürgermeister der Stadt,
Uri Lupolianski. Es fehlten auch Politiker, die ihre Abneigung über
die Beerdigung eines "Konvertiten zum Christentum" auf dem heiligen
Herzlberg öffentlich bekannt machten.
Immerhin, Gerechtigkeit ist dem letzten Willen des Judenstaatgründers
schließlich geschehen, "besser spät als niemals",
sagte eine weitere entfernte Verwandte der Familie, Liora Herzl. Aber
ganz konnte das Testament Herzls nicht erfüllt werden. Trude Herzl,
das dritte Kind und die jüngste Tochter Herzl, die ihren Vater nicht
mehr bewusst kennen gelernt hatte, weil sie bei seinem Tod zu klein war
und ihr Vater auch sonst selten zu Hause war, Trude Herzl konnte nicht
in Jerusalem beigesetzt werden. Trude, die von der Nachricht vom Tod ihrer
Geschwister in Wien überrascht worden war, wurde nach dem Anschluss
Österreichs von den Nazis nach Theresienstadt verschleppt, wo sich
die Spuren ihres weiteren Lebens verwischen. Ihr Grab, wenn sie ein eigenes
je hatte, ist unbekannt. Ihr Sohn, der einzige direkte Nachkomme des Zionistenführers,
nahm sich 1946 durch einen Sprung von einer Brücke in New York das
Leben.
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