Traditionsreiche Arbeit deutscher Protestanten im Heiligen Land

(epd) Die Aktivitäten der deutschen Protestanten im Heiligen Land werden nach jahrelangem Ringen um Zuständigkeiten zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dem Lutherischen Weltbund und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land (ELCJHL) neu geordnet. An diesem Sonntag schließen EKD und ELCJHL einen Vertrag über eine Kirchengemeinschaft. Es ist der festliche Abschluss einer einwöchigen Reise des Rates der EKD durch Israel und die palästinensischen Autonomiegebiete.

Der EKD-Ratsvorsitzende, Wolfgang Huber, hat während der Reise mehrfach die besondere Bedeutung Jerusalems unterstrichen: "Dies ist der Ort, an dem der Fuß Gottes die Erde berührt hat". Wie jede andere Kirche habe auch die EKD die Aufgabe, ihre Verbindung zu Jerusalem zu halten. "Deutsche Protestanten stehen seit eineinhalb Jahrhunderten für christliches Leben an diesem Ort", sagte Huber.

Die Geschichte ist bewegt: Im Jahr 1841 errichten der preußische König Friedrich Wilhelm IV. und Königin Victoria von England ein gemeinsames Bistum, ab 1852 gibt es eine deutsche Gemeinde in Jerusalem. 1886 trennen die anglikanische und die preußische Kirche ihre Organisationen, zwei Jahre später wird der erste deutsche Propst in Jerusalem ernannt.

Durch den 1852 in Berlin gegründeten Jerusalems-Verein werden zunächst die bestehenden evangelischen Einrichtungen im Heiligen Land unterstützt, bevor der Verein ab 1860 vor allem in Bethlehem eigene Aktivitäten entwickelt und dort die Weihnachtskirche baut. Schon bald wenden sich die Missionare des 19. Jahrhunderts von ihrem ursprünglichen Ziel ab, Juden und Muslime zum Christentum zu bekehren. Die Missionsarbeit richtet sich vor allem auf orthodoxe Christen verschiedener Konfessionen, die in diesem Teil des damaligen Osmanischen Reiches leben, sowie auf Waisen.

Mitte des 19. Jahrhunderts brachte der Diakonie-Pionier Theodor Fliedner vier Diakonissen aus dem rheinischen Kaiserswerth nach Jerusalem, sie legen den Grundstein für die Arbeit der Mädchenschule "Talitha Kumi". 1854 kommt der württembergische Pietist Johann Ludwig Schneller ins Heilige Land und gründet kurz darauf das "Syrische Waisenhaus" in Jerusalem, aus dem soziale Einrichtungen und die "Schneller-Schulen" hervorgehen.

Unter Kaiser Wilhelm II. nimmt die Missionsarbeit einen Aufschwung. 1889 wird die Evangelische Jerusalem-Stiftung gegründet und 1893 in der Jerusalemer Altstadt der Grundstein für die Erlöserkirche gelegt, die 1898 vom Kaiser eingeweiht wird. Kaiserin Auguste Victoria - wegen ihres starken evangelischen Engagements im Volksmund die "Kirchen-Guste" genannt - errichtet 1898 die nach ihr benannte Stiftung auf dem Ölberg vor der Stadt. Auf dem Gelände entsteht die Himmelfahrtskirche, das Auguste-Victoria-Krankenhaus und das Deutsche Evangelische Institut für Altertumsforschung des Heiligen Landes.

Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg bricht die Arbeit der evangelischen Einrichtung in Jerusalem zusammen. Nicht zuletzt wegen des Nazi-Engagements führender Protestanten im Heiligen Land ist nach 1945 eine direkte Wiederaufnahme der Arbeit unmöglich. Der 1947 gegründete Lutherische Weltbund übernimmt die Treuhänderschaft für einen großen Teil des Geländes der Kaiserin-Auguste-Viktoria-Stiftung auf dem Ölberg. Die Evangelische Jerusalem-Stiftung fällt 1951 an die Evangelische Kirche von Deutschland.

Als Ergebnis der Missionsarbeit deutscher Protestanten wird 1959 die Evangelisch-Lutherische Kirche von Jordanien gegründet, die seit 1979 einen eigenen Bischof und heute rund 2.200 Mitglieder hat. Nach der Gründung des Staates Israel wurde das Grundstück von Talitha Kumi in Jerusalem von den Israelis übernommen. Die Mädchenschule wird 1961 in Beit Dschala im Westjordanland neu gegründet. Sie wird seit 1975 durch das Berliner Missionswerk getragen. Die Schneller-Schulen in Libanon und Jordanien werden vom Südwestdeutschen Missionswerk unterstützt.

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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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