Skandale gab es also bei der EKD-Reise nicht
von Michael Krupp

Um es vorweg zu sagen: Ein Skandal war die Reise des Rates der EKD nicht, auch wenn mancher das so sehen wollte. Trotzdem gibt es einiges kritisch zur Reise anzumerken. Wie gesagt, war es die erste Reise des Rates in dieses Krisengebiet, das aber auch ein Schmelzpunkt der Religionen ist, den der Rat vielleicht gründlicher hätte kennen lernen können. Viele Pastoralkollegs aus Deutschland, und sogar Gemeindegruppen haben aus ihrer Reise Israel und in die palästinensischen Gebiete mehr gemacht als diese historische Reise des Rates.

Sicherlich war erstes Anliegen des Rates, die deutsch evangelischen Einrichtungen und ihre Arbeit kennen zu lernen. Interreligiöse Begegnungen gab es im Zusammenhang mit Gemeindetätigkeiten, wie das Gespräch mit der Professorin Hanna Safrai, die seit dem Beginn von "Studium in Israel", das jetzt fest zum Bestand der Tätigkeit der EKD in Israel gehört, zu den ReferentInnen dieses wichtigen Studienprogramms gehört. Sie lobte die guten Kontakte mit den Studierenden und deren wissenschaftliches Interesse am Judentum, eine Erscheinung, die vor dreißig Jahren nicht denkbar gewesen wäre.

Ebenso positiv verlief das Gespräch mit dem ehemaligen Oberrabbiner des israelischen Militärs, mit dem die Gemeinde seit Jahren enge Kontakte pflegt. Hier konnte der Rat lernen, dass die Jerusalemer Gemeinde nicht im luftleeren Raum lebt und sehr wohl Gespräche mit der jüdischen Umwelt führt, auch theologische. Ein dritter Gesprächspartner war Daniel Rossing, eine Säule des interreligiösen Gesprächs.

Es gab dann noch eine Begegnung mit dem aschkenasischen Oberrabbiner, Jona Metzger, bei dem das jüdische Religionsoberhaupt den Ratsvorsitzenden Huber bat, sich für die entführten israelischen Soldaten einzusetzen. Beide Seiten betonten, die Kontakte weiter zu pflegen und instrumentalisieren. Und dann gab es ein feierliches Mittagessen, auf dem die verschiedenen palästinensisch-israelischen und mit der Gemeinde locker verbundenen kirchlichen Gruppen die Möglichkeit hatten, sich vorzustellen, drei Minuten bekam jede Gruppe, so auch die Israel Interfaith Association, aber ein echtes Kennenlernen dieser Arbeit war auf diesem Weg nicht möglich. Alles in allem war das etwas zu wenig für eine solch wichtige Gruppe wie den Rat der EKD. Eine Begegnung mit islamischen Vertretern fand gar nicht statt, immerhin hatte die Israel Interfaith Association ihren moslemischen Präsidenten zu dem Treffen mitgebracht, Dr. Muhammad Hourani vom Hartman Institut.

Was also interessierte den Rat mehr als solchen Gedankenaustausch? Die evangelikalen Gruppen und der Judenmissionar Berger aus Ein Karem. So wurde der Christustreff in Jerusalem besucht und die Jesusbrüder in Latrun, nicht aber das benachbarte Neve Shalom, wo man etwas mehr über das Zusammenleben von Juden, Christen und Moslems hätte erfahren können.

Sicher gibt es auch unter den Evangelikalen aufrechte Christen und das auch in Israel. Daran ist gar nichts auszusetzen. Diese Vorliebe des Rates zu diesen Gruppen scheint aber einen Trend in den Religionen überhaupt aufzuzeigen, wobei die fundamentalen Kreise immer stärker das religiöse Leben bestimmen. In Israel und Palästina gilt das für Christen, Juden und Moslems. Und in diesen Sog scheint auch der Rat der EKD sich langsam zu verirren.

Ich wll mit einem positiven Punkt schließen: Die feierliche Vertragsunterzeichnung zwischen der EKD und der arabischen lutherischen Kirche. Dass dieses gelungen war, ist sicher der zähen Verhandlungstaktik einiger EKD Vertreter zu verdanken, voran dem Altpropst und Bischof von Bayern, Dr. Johannes Friedrich, und der unnachgiebigen Haltung der Pröpste, den jetzigen, Dr. Uwe Graebe, eingeschlossen, der den Vorwurf, die EKD habe sich an die arabische Kirche verkauft, eindeutig widerlegt.

Im ersten Teil wird die theologische gemeinsame Linie beschworen, die alle Kirchen, die die ökumenischen Konzile anerkennen unterschreiben können und "die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche" bekennen, wie es in dem Vertrag heißt. Selbstverständlich ist auch die Zusicherung der Abendmahls- und Kirchengemeinschaft. Von Bedeutung sind aber eigentlich die Punkte, die das Zusammenleben der deutschen evangelischen Gemeinde in Jerusalem mit der arabischen festlegen. Hier wird festgehalten, dass das "Grundvermögen nicht übertragbar ist". "Die Eigentumsrechte der Evangelischen Jerusalem Stiftung in Bezug auf Grundstücke und Gebäuden von Propstei und Erlöserkirche werden in Jerusalem durch den Propst wahrgenommen." Arabische und deutsche Gemeinde sind gleichberechtigt und keine untersteht der anderen. "Bischof und Propst üben ihr jeweiliges Amt unabhängig voneinander aus, auch wenn sie, wo immer möglich, zusammenarbeiten." Das schriftlich festgehalten und von beiden Seiten feierlich unterschrieben zu haben, ist sicher der größte Erfolg dieser ersten Reise des Rates der EKD in das Paradies der Konflikte.

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