„Der
Judenmission ist abzusagen“ – Die Differenzierung des „Zeugnisses“
von Robert Brandau
Innerhalb der Theologischen Fakultät blieb es nicht bei der Erklärung
der 13 Professorinnen und Professoren. 7 Mitglieder der Fakultät richteten am
20.7.1992 einen offenen Brief, verbunden mit einer Stellungnahme, an den
Präsidenten der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche
Hannovers, E. Krömer. Der Brief wurde an verschiedenen Stellen veröffentlicht.
Im Wortlaut heißt es:
»Sehr
geehrter Herr Dr. Krömer!
Der
Vertreter der Göttinger Theologischen Fakultät in der Landessynode hat in deren
Sitzung am 8.5.1992 anläßlich des Berichtes des Ausschußes für Weltmission und
Ökumene ein Votum abgegeben, in dem er der ›Judenmission‹ das Wort redet, eine
Aussage über das geschwisterliche Verhältnis von Christen und Juden
beanstandet, Warnungen vor neuem Antisemitismus abzuschwächen sucht und den
Aufruf zu einer angesichts von ›Auschwitz‹ nötigen Neubesinnung der Theologie
in Frage stellt.
Das hat
in der kirchlichen und außerkirchlichen Öffentlichkeit erhebliche Irritationen
und Kritik ausgelöst.
13
Kollegen und Kolleginnen an der Fakultät haben sich deswegen veranlaßt gesehen,
eine Erklärung zum ›Christlichen Zeugnis gegenüber den Juden‹ zu
veröffentlichen ..., die auf eine Unterstützung dieses Votums hinausläuft,
obwohl sie den anstößigen Begriff ›Judenmission‹ vermeidet.
Als
Mitglieder derselben Fakultät erlauben wir uns im Blick auf beide Vorgänge
Ihnen die folgende Stellungnahme zu übersenden mit der Bitte, sie den
Mitgliedern der Synode zur Kenntnis zu geben. Wir bitten auch um Ihr
Verständnis, daß wir dieses Schreiben als offenen Brief herausgeben. Das
sachliche Gewicht der hier zur Debatte stehenden Fragen und das in vielen
kirchlichen wie außerkirchlichen Kreisen bestehende Interesse lassen uns diesen
Weg angebracht erscheinen.
In der Begegnung mit Menschen aller Religionen und
Weltanschauungen haben Christen das in Jesus Christus offenbare Heil Gottes zu
bezeugen. Nach den zahlreichen Fehlwegen christlicher Mission können sie das
nur selbstkritisch tun und ihr Zeugnis nur bewähren, indem sie auch die
Überzeugungen der anderen achten.
In der
Begegnung mit Juden haben Christen sich der engen, unlösbaren Verbindung der
Kirche mit Israel als dem Bundesvolk Gottes bewußt zu sein. Die wegen der Treue
Gottes bleibende Erwählung des jüdischen Volkes gibt dem Verhältnis von
Christen und Juden einen besonderen Charakter. Christliches Zeugnis gegenüber
Juden kann daher nicht einfach dem allgemeinen Zeugnis gegenüber allen anderen
Menschen zugeordnet werden.
›Judenmission‹
war und ist für Juden entscheidend verbunden mit der Erinnerung an gewaltsame
Unterdrückung, zwangsmäßig durchgeführte oder gesellschaftlich aufgenötigte
Übertritte und Taufen. Angesichts dessen müssen die Kirchen alle
judenmissionarischen Aktivitäten grundsätzlich überdenken. Der ›Judenmission‹
ist abzusagen, da der Vater Jesu Christi der Gott Israels ist und Christen
daher mit Juden eine wesentliche Grundlage des Glaubens gemeinsam haben.
Christen
in Deutschland sind durch eine lange Tradition der Entfremdung und Feindschaft
gegenüber den Juden in die Vorgeschichte und die Geschichte der Judenvernichtung
im ›Dritten Reich‹ verwickelt. Christliches Zeugnis gegenüber Juden muß daher
in Deutschland das Bekenntnis der eigenen Schuld und Mitverantwortung
miteinbeziehen. Dadurch wird die Botschaft des Neuen Testaments nicht
verschwiegen oder verfälscht, sondern in geschichtsbewußter Weise erneut zur
Sprache gebracht.
Trotz
›Auschwitz‹ wagen Juden es heute wieder, in Deutschland zu leben. Neu erstandene
jüdische Gemeinden geben uns ein Zeugnis ihres Glaubens. Wir nehmen das bewegt
wahr und freuen uns über die dadurch eröffnete Möglichkeit zu Begegnung und
Dialog.
Göttingen,
den 20.7.1992
Christoph
Bizer, Eberhard Busch, Manfred Josuttis, Gerd Lüdemann, Berndt Schaller, Klaus
Schwarzwäller, Hartmut Stegemann
Professoren
an der Theologischen Fakultät der Georg-August-Universität
In der Sprache und im Duktus bezieht sich die Stellungnahme der Göttinger
»7« deutlich auf den Rheinischen Synodalbeschluss und die EKD-Studie »Christen
und Juden II« von 1991. Dies ist nicht zufällig so, gehörte doch Schaller zu
den Mitverfassern der Studie.
Als grundlegend für alle weiteren Ausführungen
hat die zwischen den Ziffern 1 und 2 stattfindende Differenzierung zwischen der
selbstkritischen, respektvollen missionarischen Begegnung der Christen mit
Menschen aller Religionen und Weltanschauungen einerseits und der besonderen Begegnung
der Kirche mit Israel als dem Bundesvolk Gottes auf Grund der bleibenden
Erwählung des jüdischen Volkes andererseits zu gelten.
Die Formulierung »In der Begegnung mit Menschen aller Religionen und Weltanschauungen ...«[1] erinnert an das biblische
panta ta ethnä (Mt 28,19). Die Stellungnahme rezipiert den üblichen biblischen,
frühjüdischen und patristischen Sprachgebrauch, wenn sie alle Religionen und Weltanschauungen exklusiv und nicht inklusiv
Israel versteht. »Kommt das Neue Testament auf die Welt der Völker zu sprechen,
so sind die Völker in der Regel Gegenbegriff (Relationsbegriff) zu Israel. Die
Völkerwelt wird von Israel her anvisiert.«[2]
Die Stellungnahme widerspricht somit einem universalistischen Verständnis, das
hinter der Erklärung der Göttinger »13« steht, nach dem Israel mit dem Kommen
Christi von selbst in die Reihe der anderen Völker zurücktritt und in den
Missionsbefehl an »alle« Völker eingeschlossen wird (Subsumtionsmodell).[3]
In
der Wortwahl dieser These 1 der Erklärung der Göttinger »7« drückt sich implizit
die Rezeption ökumenischer Dialog- und Missionstheologie aus. In deutlicher Abgrenzung
zu einem ökumenischen und dann auch zu dem in der Erklärung der Göttinger »13«
verwendeten universalistischen Missionsverständnis, wird dann allerdings die
Begegnung mit dem Judentum aus sachlich-theologischen Gründen voneinander abgegrenzt.
Israel
als das bleibend erwählte Gottesvolk kann deshalb nicht dem allgemeinen
missionarischen Zeugnis der Kirche, wie es allen anderen Menschengegenüber zu
gelten hat, zugeordnet werden.
Inhaltlich
nimmt die Stellungnahme der Göttinger »7« damit Differenzierungen vor, wie sie
aus der niederländischen Israel- und Missionstheologie, aus Barths Israellehre,
seiner Stellungnahme zur Judenmission, aus dem Rheinischen Synodalbeschluss und
der EKD Studie »Christen und Juden II« bekannt ist.
Die
genaue Analyse der Wortwahl zeigt, dass These 2 der Stellungnahme bis in die
Wortwahl hinein eine Rezeption des Rheinischen Synodalbeschlusses darstellt.[4]
Dies bedeutet, dass das christliche Zeugnis dem Judentum gegenüber auf Grund
der bleibenden Erwählung Israels kein missionarisches Zeugnis mit dem Ziel sein
kann, die Existenz des erwählten Gottesvolkes in die heidenchristliche Kirche
hinein aufzuheben.
Erst
in These 3 wird der umstrittene Begriff Judenmission gebraucht. Hier wird eine
doppelte Differenzierung vorgenommen. Einerseits wird mit Verweis auf die
problematische Praxis der Judenmission (Unterdrückung, Nötigung, Zwangstaufen)
die Forderung erhoben, aus eben diesen historischen Gründen die
Judenmission grundsätzlich zu überdenken.
Diesem
historischen Argument wird nun ein weiteres theologisches zur Seite gestellt,
das als Grundlage dazu dient, der Judenmission kategorisch eine Absage zu
erteilen: Da der Vater Jesu Christi der Gott Israels sei, teilten Juden und Christen
eine wesentliche Grundlage ihres auf dieser Basis gemeinsamen Glaubens.[5]
Nicht
nur die bleibende Erwählung Israels als Gottesvolk, sondern die gemeinsamen
Glaubensgrundlagen verwehren der (heiden)christlichen Kirche die Judenmission,
so der zentrale theologische Tenor der Stellungnahme in deutlicher Anlehnung
an die Äußerungen Schallers im Rahmen seines Albanivortrags. Das von Strecker
auf der Synode in Frage gestellte geschwisterliche Verhältnis zwischen Juden
und Christen auf Grund gemeinsamer Glaubenstraditionen wird hier implizit zur
Voraussetzung und nicht erst zum durch missionarische Bemühungen herzustellenden
Ziel der Begegnung.
Ein
christliches Zeugnis gegenüber Juden wird jedoch nicht ausgeschlossen. Es hat
allerdings auf Grund der gemeinsamen Glaubensbasis einen dezidiert anderen
Inhalt als das missionarische Zeugnis anderen Menschen gegenüber.
These
4 greift diese Überlegungen auf, indem angesichts der Geschichte der Entfremdung
und Vernichtung des Judentums im »Dritten Reich« das christliche Zeugnis
gegenüber dem Judentum nur ein kontextuelles und damit ein geschichtsbewusstes
in Form eines Schuldbekenntnisses sein kann.[6]
Auch hier wird der Einfluss des Rheinischen Synodalbeschlusses evident, für den
die Erkenntnis christlicher Mitverantwortung
und Schuld am Holocaust ein Aspekt der geschichtlichen Notwendigkeit einer Erneuerung
des Verhältnisses zwischen Christen und Juden darstellt[7]
und zum zeugnishaften Bekenntnis der
Christenheit in Deutschland zur Mitverantwortung und Schuld am Holocaust führt.
These
5 nimmt das Judentum in Deutschland und dessen wachsende Gemeinschaft nicht
unter dem Blickwinkel möglicher missionarischer Adressatenschaft, sondern unter
dem Aspekt der Dankbarkeit in den Blick. Es ist für die Stellungnahme der
Göttinger »7« ein Grund der Freude, das Zeugnis jüdischen Glaubens in Begegnung
und Dialog trotz »Auschwitz« wieder hören zu können.
Der
theologische Aspekt hinter diesen emotional gefärbten Sätzen dürfte die
Einsicht sein, dass die Kirche für ihren Glauben das jüdische Glaubenszeugnis
notwendigerweise braucht, um Kirche bleiben zu können.[8]
Sie erinnert wiederum an die EKD-Studie CuJ II, in der das »Lernen von Israels
Gegenwart«,[9]
d.h. das Lernen von konkreten jüdischen Menschen in jeweiliger Zeitgenossenschaft,
vor allem bedeutet: »In geistlicher Verbundenheit mit Israel lernen zu glauben,
zu handeln, zu hoffen als Jünger Jesu.«[10]
Die Freude über die neugewonnenen Möglichkeiten zu Begegnung und Dialog trotz
»Auschwitz«, wie sie in der Stellungnahme zum Ausdruck kommt, hat deshalb einen
eminent wichtigen theologischen Aspekt, der »Judenmission« von dieser »Freude«
her fragwürdig werden lässt: Zuallererst in der Begegnung, im Hören auf das
jüdische Glaubenszeugnis, d.h. erst in geistlicher Verbundenheit mit Israel lernt
die heidenchristlich gewordene Kirche »zu glauben, zu handeln, zu hoffen als
Jünger Jesu.«
V.3.4. Erwählung, Rechtfertigung und
gemeinsame Glaubensgrundlagen: Zusammenfassung
Der
beschriebene »Göttinger Streit« verbleibt im Wesentlichen in den kontroversen
Argumentationsstrukturen, wie sie vor allem von dem Konflikt um den Rheinischen
Synodalbeschluss her bekannt sind.
Zwei
grundsätzlich und kategorial einander entgegenstehende Positionen werden noch
einmal deutlich:
1. Rechtfertigung
statt Erwählung
Eine
die Judenmission bzw. ein missionarisches Zeugnis dem Judentum gegenüber bejahende
theologische Einstellung denkt universalistisch in dem Sinne, dass mit dem
Kommen Jesu Christi das Judentum in den Kreis der Religionen und
Weltanschauungen und damit aus seiner besonderen Gottesbeziehung heraustritt
und zum Adressaten des kirchlichen Missionsauftrags wird. Diese Denkstruktur
kann mit dem Begriff der »Subsumtion« umschrieben werden. Seine Wurzeln liegen
in der judenmissionarischen Programmatik des 19. Jahrhunderts und deren Identifizierung
von Heidenmission und Judenmission. Dementsprechend werden die biblischen
Belegstellen Mt 28 und Apg 1,8 judenmissionarisch interpretiert. Wobei die Tendenz
deutlich wird, diese ungeschichtlich-biblizistisch zu Schlüsselbelegen der
heidenchristlichen Judenmission zu stilisieren.
In
dem Votum Streckers vor der Hannoverschen Synode wird ein weiteres Merkmal
judenmissionarischer Grundhaltung deutlich: Das Kommen Jesu Christi, speziell
jedoch Kreuz und Auferweckung Jesu, sind Ausdruck der Krisis Israels.[11]
Wie alle Menschen wird auch das jüdische Volk durch die heidenchristliche
Glaubensforderung vor die Entscheidung des Glaubens an Jesus gestellt ist. Ein
vorgegebenes geschwisterliches Verhältnis von Juden und Christen auf der
Grundlage des Glaubens an den einen Gott Israels ist damit ausgeschlossen. »Geschwister«
im theologischen Sinne können Juden und Christen allenfalls durch Bekehrung der
Juden zur heidenchristlichen Kirche werden. Faktisch bedeutet die Bestreitung
einer »geschwisterlichen Beziehung« durch Strecker und die missionarische
Bezeugung Jesu als Heil der Welt[12]
in Verbindung mit dem Programm einer Subsumtion die Bestreitung der bleibenden
Erwählung Israels.[13]
Dahinter steht theologisch ein kerygmatisch-existentiales Verständnis
des Evangeliums: »Frei erwählt werden kann ja nur ein einzelner. Würde ein
Kollektiv erwählt, wäre Gott gebunden.«[14]
Aus
der Entwicklung und Wiederbelebung der Judenmission nach 1945[15]
ist ein relativierender und verharmlosender Umgang mit der Shoa, mit
»Auschwitz«, bekannt. An diese Haltung knüpfen sowohl Strecker in seinem Votum
vor der Synode, als auch die Erklärung der Göttinger »13« an. Formulierungen
wie »Auschwitz als Konkretion des Bösen, um das Christen immer schon wissen«[16]
oder »besondere Belastung und Verantwortung«[17]
zeigen dies. Eine Infragestellung oder zumindestens eine Überprüfung der
Judenmission aus historischen Gründen erfolgt nicht, weil ein überzeugendes
Bekenntnis zur christlichen Mitverantwortung und Schuld an der Shoa nicht im
Blick ist. Wer jedoch meint, nach der Shoa Theologie und Judenmission treiben
zu können, »als wäre nichts geschehen«, hat die theologischen Dimensionen
dieses »Zivilisationsbruches«[18]
und dessen hermeneutische Bedeutung nicht erkannt. Geschichts- und damit
kontextlose Wahrheiten sind aber noch nicht die Wahrheit des Evangeliums.
2. Bleibende Erwählung und
gemeinsame Glaubensgrundlagen
Den
Überlegungen Schallers und der Göttinger »7« stehen die Positionen Streckers
und der Erklärung der Mehrheit der Göttinger Theologischen Fakultät diametral
und theologisch fundamental entgegen.
Der
Subsumtion Israels unter »alle« Religionen und Weltanschauungen wird unter
deutlichem Rekurs auf den Rheinischen Synodalbeschluss und die ihn prägenden
theologischen Traditionen (K. Barth) mit der Postulierung der bleibenden
Erwählung Israels zum Volk Gottes gewehrt. Die in der Treue Gottes allein
begründete bleibende Erwählung und die damit dem Judentum zugesprochene
Legitimität und Dignität seiner Existenz und seines Glaubens sowie die
gemeinsamen Grundlagen des Glaubens von Juden und Christen an den Vater Jesu
Christi, der der Gott Israels ist, führen zu einer radikalen Absage an die
Judenmission als Programm einer Integration und Aufhebung des Gottesvolkes Israel
in die ökumenische Völkerkirche. Der zentrale Satz der Stellungnahmen, wonach
das christliche Zeugnis gegenüber dem Judentum nicht dem allgemeinen Zeugnis
gegenüber allen anderen Menschen zugeordnet werden kann, impliziert eine
grundlegende, sachlich-theologische Differenzierung innerhalb des ansonsten
indifferenten Zeugnisbegriffes: einem »missionarischen Zeugnis« in der
Begegnung mit den Religionen und Weltanschauungen und einem »innerbiblischen«
mit dem Judentum auf der Basis des gemeinsamen Glaubens an den Gott Israels.
Entscheidend
für die Absage an die Judenmission sind in der Stellungnahme der Göttinger »7«
allein theologische Gründe. Historische Überlegungen führen allenfalls zu einem
»grundsätzlichen« Überdenken dieser Praxis.
Sowohl
die Position Schallers als auch die Stellungnahme der Göttinger »7« vertreten
in deutlichem Unterschied zu Strecker und der ihn stützenden Erklärung der
Göttinger »13« eine dezidierte Theologie nach Auschwitz, d.h. eine
geschichtsbewusste, kontextuelle Theologie. Entgegen allen erhobenen Vorwürfen,
die schon gegenüber dem Rheinischen Synodalbeschluss erhoben wurden, ist nicht
zu erkennen, dass »Auschwitz« damit ein »Offenbarungscharakter«[19]
zugesprochen würde.
Die
Argumentationsstrukturen im vorliegenden Konflikt sind im Wesentlichen bekannt.
Dies gilt mit einer bezeichnenden Einschränkung: In seinem »Albanivortrag« hat
Schaller auf ein weithin unbeachtetes exegetisches und theologisches Problem
aufmerksam gemacht, das es verdient, vertieft zu werden:
Er
stellt die Frage nach dem Subjekt der missionarischen Sendung, indem er eine
Judenmission durch die heidenchristliche Kirche als höchst fragwürdig und
biblisch nicht belegt kritisiert.[20]
Ohne dies auszuführen, deutet Schaller damit einen Sachverhalt an (Mt 10,5ff im
Verhältnis zu Mt 28,18ff), der für das Matthäusevangelium grundlegend ist und
sich in der paulinischen Mission (1 Tess 1,9f) wiederholt: Nämlich die
begriffliche und sachlich-inhaltliche Differenzierung zwischen einer
innerjüdischen Verkündigung Jesu zur eschatologischen Sammlung des Gottesvolkes
Israel einerseits, und der anhebenden Völkermission von Juden- und Heidenchristen
andererseits.[21]
V.3.5. Christologie
und Eschatologie: Offene Fragen
Es
bleibt in der Erklärung der Göttinger »7« noch offen, wie – angesichts der
bleibenden Erwählung Israels, des gemeinsamen Glaubens an den Gott Israels und
des Bekenntnisses christlicher Schuld und Mitverantwortung sowie der Freude
über neue Begegnungen und des Lernens in Israels Gegenwart –, das christliche
Zeugnis gegenüber Juden im Unterschied zum »allgemeinen Zeugnis gegenüber allen
anderen Menschen«[22] inhaltlich
zu füllen ist. M.a.W.: Was unterscheidet sachlich-theologisch das
»missionarische Zeugnis« gegenüber allen Menschen von dem »Zeugnis« vor dem
Judentum auf der Basis des gemeinsamen jüdisch-christlichen Glaubens an den
Gott Israels? Wenn man sich nicht dem Verdacht des theologischen, insbesondere
christologischen Besitzverzichts aussetzen will, muss, wie es der Rheinische
Synodalbeschluss zumindest ansatzweise versucht,[23]
die Frage geklärt werden: Welche Beziehung hat Jesus Christus zu Israel
angesichts von dessen »Nein«, wenn es nicht Aufgabe der aus den Völkern
stammenden Christusgläubigen sein kann, dieses »Nein«, und damit Israel, durch
Mission aufzuheben? Hätte an dieser Stelle der ansonsten deutlich erkennbare Bezug
auf die EKD Studie II nicht vertieft werden müssen? Dort wird eindrücklich Röm
15,8f ausgelegt und als Zusammenfassung der Christologie des Paulus sowie als
notwendiger Interpretationsrahmen für diese Frage angeboten.[24]
Christlicher Glaube glaubt nicht an Jesus, dem Christus vorbei an den Gott Israels,
den Vater Jesu Christi, sondern glaubt doch allein durch Jesus Christus im
Heiligen Geist an diesen. Von der Zusammenfassung der Christologie des Paulus
in Röm 15 her hätte der Christus als der Bewahrer Israels, der dessen Erwählung
festmacht – auch und gerade in Gestalt der Gerichtspredigt und des Umkehrrufs
in Israel – in den Blick kommen können. Das von den Göttinger »13« eingeklagte
christliche Zeugnis gegenüber dem Judentum von Christus als dem Heil der Welt
hätte hier seine israelspezifische Konkretion erfahren. Es wäre dadurch noch
sehr viel deutlicher geworden, dass die Absage an die »Judenmission« nicht nur
eine Konsequenz aus der bleibenden Erwählung Israels, nicht nur eine Konsequenz
aus den gemeinsamen Grundlagen des Glaubens an den Gott Israels als den »Vater
Jesu Christi«, sondern letztlich eine Konsequenz der Christologie selbst ist.
Erfordert
weiterhin eine theologisch begründete Absage an das heidenchristliche Programm
der Judenmission nicht doch eine Diskussion der Tatsache, »daß Juden und
Christen unterschiedlich zu Jesus stehen«,[25]
wie es die EKD Studie II zumindest ansatzweise versucht? Ist dieser Sachverhalt
des Schismas im Volk Gottes nicht auch ein Anlass zur Trauer (Röm 9,2)? Dies
schließt sowohl die – wiederum paulinische Einsicht – in die
heilsgeschichtliche Notwendigkeit des Schismas (Röm 11,11ff), dessen Aushalten
und Respektieren ebenso ein, wie die lebendige Hoffnung auf seine
eschatologische Überwindung durch den Parusiechristus (Röm 11, 25ff). Der
wiederum, so die bemerkenswerte Erkenntnis der EKD-Studie II, nicht Jude war,
sondern »ist«.[26] Diese
Trauerarbeit der heidenchristlichen Kirche führt sie dann allerdings direkt zum
Bekenntnis eigener Schuld und Mitverantwortung darüber, Israel das einzig
ȟberzeugende Zeugnis ihrer eigenen Existenz
und damit das Zeugnis von dem erschienenen Judenkönig und Weltheiland«[27]
schuldig geblieben zu sein. »Und damit ist sie ihnen [den Juden], denen sie
Alles schuldig ist, bis auf diesen Tag Alles schuldig geblieben.«[28]
V.4.4. Der
»Tübinger Streit« 1999
Am
14. Dezember 1999 findet ein Studientag der evangelischen Theologiestudierenden
im Theologicum der Universität Tübingen zum Thema »Christlicher und jüdischer
Glaube – zwei Wege zum Heil?« statt. Als Referenten wurden die Neutestamentler
K. Wengst (Bochum) und O. Hofius (Tübingen) sowie die Systematiker N. Slencka
(zum Zeitpunkt des Studientags Lehrstuhlvertreter von E. Jüngel, jetzt Mainz)
und B. Klappert (Wuppertal) gewonnen. Weiterhin waren sog. »messianische Juden«
als Vertreter des EDI, aber kein Jude bzw. keine jüdische Theologin eingeladen.
Auch der württembergische Landesrabbiner Joel Berger war nicht geladen. Dieser
hatte schon im Vorfeld des Studientages die judenmissionarische Praxis des EDI
als »Holocaust mit anderen Mitteln«[29]
bezeichnet.
Angesichts
des Programmentwurfs und der Einladung des EDI durch die Vorbereitungskommission
kommt es zu einem Protestschreiben der Direktoren des »Institut für antikes
Judentum und hellenistische Religionsgeschichte« und des »Institutum Judaicum«
der Theologischen Fakultät der Uni Tübingen, H. Lichtenberger und S. Schreiner
an die Vorbereitungskommission. In dem Schreiben vom 27.10.1999 äußern sie ihre
schwerwiegenden Bedenken gegen die Einladung des EDI. Es heißt dort:
»...
Gegen die Einladung des EDI in diesem Zusammenhang haben wir jedoch schwerste
Bedenken ... Dem EDI die Möglichkeit eines Seminars in unserer Fakultät zu
geben, bedeutet nicht nur, ihm ein völlig unverdientes akademisches Forum
anzubieten, sondern zugleich auch zu übersehen, daß er aus theologischen
Gründen ebenso wie wegen seines Verhaltens und seiner praktischen Arbeit nicht
einmal als Gesprächspartner und schon gar nicht als Mitglied des Evang.-Luth.
Zentralvereins für Zeugnis und Dienst unter Juden und Christen e.V. in Betracht
kommt, um wie viel weniger also in unserer Fakultät. Zudem würde eine Einladung
an den EDI für die Arbeit unserer beiden Institute eine unerträgliche
moralische Belastung sein. ... Im übrigen ... wäre es bei dem von Ihnen gewählten
Thema nicht nur wünschenswert, sondern geboten, auch die jüdische Seite zu Wort
kommen zu lassen.«[30]
Das
Schreiben hat keinen Einfluss auf die Programmgestaltung des Studientages. Der
EDI kann eine Seminargruppe abhalten. Auf diesem Studientag kommt es zu
kontroversen Debatten. So stellte beispielsweise Prof. N. Slenczka das
christlich-jüdische Verhältnis in den Rahmen des »Gebotes der Feindesliebe«[31]
und hält eine bundestheologische Zuordnung von Israel und Kirche für nicht
weniger problematisch »als die angeblich antijudaistischen Positionen, die sie
ablösen will.«[32] Vor allem
aber die Anwesenheit des EDI und dessen Missionspraxis lassen das Thema
Judenmission zum Thema werden. Durch Presseveröffentlichungen führt dieser
Streit um die Verhältnisbestimmung von Israel und Kirche und um die Judenmission
zu einem die interessierte Öffentlichkeit bewegenden Konflikt, durch den sich
die drei Tübinger evangelischen Theologieprofessoren B. Janowski (Altes
Testament), S. Schreiner (Religionswissenschaft und Judaistik) und H. Lichtenberger
(Neues Testament und Antikes Judentum) zu einer Stellungnahme herausgefordert
sehen. Diese Erklärung deutet erhebliche Meinungsverschiedenheiten auch
innerhalb der Evangelisch-Theologischen Fakultät an.
Die
Erklärung der drei Tübinger Professoren wird am 12.1.2000 im »Schwäbischen
Tagblatt« mit der Überschrift »Ein aberwitziges Unterfangen. Drei evangelische
Theologen sprechen ein klares ›Nein zur Judenmission‹« abgedruckt. Die Erklärung
hat folgenden Wortlaut:
»Es war
nicht das erste Mal, dass an der Evangelisch-theologischen Fakultät über Judenmission
diskutiert worden ist. Vor einigen Jahren bereits gab es einen ›kleinen
Studientag‹ zu diesem Thema. Nur, im Unterschied zum letzten Studientag hatte
jener kein publizistisches Echo ausgelöst.
Die anderen aber haben weder damals noch jetzt
geschwiegen. Damals wie jetzt haben wir aus unserem Nein zur Judenmission
keinen Hehl gemacht und auch sonst, wann immer die Situation es verlangte,
haben wir unser Nein zur Judenmission ausgesprochen.
Juden
und Christen sind je auf ihre Weise zu Zeugen des Einen Gottes, zu Zeugen des
Gottes in unserer Welt berufen, der Juden der Gott Abrahams und den Christen
zugleich der Vater Jesu Christi ist. Wenn Christen dieses Zeugnis mit den
Psalmen der hebräischen Bibel ablegen, rezitieren sie keine ›getauften
Psalmen‹, sondern stimmen ein in das Gotteslob Israels, in das Bekenntnis zu
dem Einen Gott.
Judenmission,
in welchem Gewand auch immer sie daherkommt, lehnen wir ab, ohne Wenn und Aber,
aus exegetisch-theologischen Gründen ebenso wie aus historischen und
moralischen. Der Versuch von Heiden(christen), das Volk Gottes zu missionieren,
ist ein aberwitziges Unterfangen, das in den kanonischen Schriften der Kirche
keinerlei Rechtfertigung hat. Das Judentum ist keine defizitäre Religion; es
ist dies heute ebenso wenig, wie es dies je war. Jüdisches Selbstverständnis
lebt von der gottgeschenkten Heilsgewissheit, ›dass ganz Israel an der
zukünftigen Welt Anteil hat‹ (Mischna, Traktat Sanhedrin, Kapitel 10).
Nur
menschliche Hybris kann diese Heilsgewissheit bestreiten. Zudem, selbst wenn
Judenmission je eine theologische Legitimation gehabt hat – das, was im Lauf
der Geschichte unter dem Vorzeichen und Deckmantel der Judenmission praktiziert
worden ist, hat ihr das letzte Fünkchen Legitimation genommen: Der Zweck
heiligt nicht nur nicht die Mittel, die Mittel entheiligen auch den Zweck.
In
unserer Ablehnung der Judenmission wissen wir uns einig mit der Mehrheit der
Kirchen und Synoden im Bereich der Evangelischen Kirche Deutschlands, die in
ihren Grundsatzerklärungen zum christlich-jüdischen Verhältnis der Judenmission
eine klare Absage erteilt haben.
Um also
auf die Frage des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTS vom letzten Samstag zu antworten: Ja,
es gibt sie, die anderen an der
Evangelisch-theologischen Fakultät; sie haben nicht geschwiegen, und sie tun es
auch jetzt nicht.
Unser Nein zur Judenmission hat uns lange vor dem
Studientag veranlasst, seinen Veranstaltern gegenüber mündlich und schriftlich
nicht nur unsere ›schwersten Bedenken gegen die Einladung des
Evangeliumsdienstes für Israel (EDI)‹ zum Ausdruck zu bringen. In einem Brief
vom 27. Oktober 1999 an die Studientagsveranstalter haben die Leiter der beiden
judaistischen Institute zudem erklärt, dass› dem EDI in unserer Fakultät ein
völlig unverdientes akademisches Forum anzubieten, für die Arbeit unserer
beiden Institute eine unerträgliche moralische Belastung sein würde. Und wir
haben gefragt, warum angesichts des für den Studientag gewählten Themas dazu keine
jüdischen Gesprächspartner eingeladen sind. Unsere Worte sind jedoch ohne Echo
verhallt.
Der
Verlauf des Studientages, ein Teil der gehaltenen Vorträge und die Diskussionen,
die geführt worden sind, haben uns in unserer Meinung und Vorahnung bestätigt.
Seinem Thema ist der Studientag nicht im entferntesten gerecht geworden. Von
einer auf Wissen beruhenden Reflexion und Selbstverständigung über das
christlich-jüdische Verhältnis kann hier nicht die Rede sein. Die von systematisch-theologischer
Seite vorgetragene, mit Applaus bedachte Beschreibung des christlich-jüdischen
Verhältnisses unter dem Vorzeichen des Gebotes der Feindesliebe – nachgerade
eine theologische Ungeheuerlichkeit, von der moralischen ganz zu schweigen –
offenbarte eine theologische Selbstgefälligkeit, wie sie nur eine aus Mangel an
Wissen kommende tiefe Glaubensunsicherheit hervorbringen kann.
Im
Blick auf die bevorstehende Frühjahrssynode der württembergischen Landeskirche,
die sich unter anderem das Thema Judenmission auf die Tagesordnung gesetzt hat,
bleibt uns nur die Hoffnung, dass sie über genügend theologische Weisheit, Einsicht
und Mut verfügt, mit einer klaren Absage an die Judenmission ein deutliches
Zeichen der metanoia, der Buße und des Umdenkens zu setzen, um nach Jahrhunderten
der ›Vergegnung‹, wie Martin Buber sagte, zu einer Begegnung von Christen und
Juden zu kommen und einen Neuanfang des Gespräches zwischen ihnen zu ermöglichen.«[33]
Die
Ablehnung der »Judenmission, in welchem Gewand auch immer sie daherkommt«[34] bezieht sich nach dieser Aussage in
der Erklärung nicht nur auf die vielfach kritisierte judenmissionarische Praxis
des EDI, dem Proselytismus vorgeworfen wird, sondern im Kontext des Streits
auch auf die akademisch-theologische Variante der Judenmission. Als deren
Grundlage hat die »mit Applaus« bedachte Beschreibung des christlich-jüdischen
Verhältnisses unter dem Vorzeichen des Gebotes der Feindesliebe zu gelten.
Ebenso die auf dem Studientag von O. Hofius vertretene These, Psalmen im
christlichen Gottesdienst seien nur deshalb zu beten, weil sie »getaufte
Psalmen« seien. In der Abwehr dieser theologischen Voraussetzungen und ihrer
Klassifizierung als »theologische Ungeheuerlichkeit«, wird die Identität des
christlichen Glaubens mit Israels Glaube an den Einen Gott, den Gott Abrahams
und Vater Jesu Christi, zu einem ersten entscheidenden Argument gegen die Judenmission.
Christlicher
Glaube stellt jüdischen nicht in Frage, sondern nimmt teil am Gotteslob Israels.
Das
zweite Argument stellt eine fast wörtliche Aufnahme der Missionstheologie des
Rheinischen Synodalbeschlusses dar, wenn es in der Erklärung heißt: »Juden und
Christen sind je auf ihre Weise Zeugen des Einen Gottes.« Dies belegt noch
einmal, fast 20 Jahre nach dem Synodalbeschluss, dessen Schlüsselstellung in
der judenmissionarischen Diskussion und ist, wie gezeigt, vielfach rezipiert
worden.
Dieser
Grundlegung werden »exegetisch-theologische«, »historische« und »moralische«
Gründe zur Seite gestellt. »Exegetisch« erscheint »Judenmission« durch Heidenchristen
als »aberwitziges Unterfangen«, weil es dafür »in den kanonischen Schriften der
Kirche keinerlei Rechtfertigung« gibt. Dieses Argument begegnete zum ersten Mal
im »Göttinger Streit« und wurde von der AG »Juden und Christen« beim DEKT
erneut vorgetragen. Das Evangelium geht einen Weg von Israel zur Völkerwelt,
nicht umgekehrt. Dem korrespondiert die »theologische« Erkenntnis, dass, in
Ablehnung der Vorstellung, Israel lebe ohne Christusglauben in »heillosem
Zustand«, das Judentum nicht als »defizitäre Religion«, also »heillos«
existiere. Nicht eine definitorische Fremdbestimmung des Judentums durch
menschliche, d.h. christliche »Hybris«, sondern die Wahrnehmung und das Ernstnehmen
jüdischen Selbstverständnisses prägen diesen Teil der Erklärung mit Verweis auf
die Mischna, Traktat Sanhedrin, 10, »dass ganz Israel an der zukünftigen Welt
Anteil hat.«
Der
»historische« und moralische« Grund für ihre Ablehnung der Judenmission liegt
für die drei Professoren in der Geschichte der Judenmission begründet. Deren
Praxis habe ihr jede Legitimation entzogen. Die Mittel (gemeint sind wohl
Zwangstaufen, Zwangsdisputationen, Proselytismus etc.)[35]
entheiligen den Zweck. Die Geschichte der Verkündigung des Evangeliums gegen die Juden entzieht der Kirche die
moralischen Grundlagen, »als wäre nichts geschehen«, mit der Judenmission
fortzufahren.
In
der Beschreibung des Verlaufs des Studientages an der Fakultät spricht die Erklärung
zum Ende hin ein psychologisches Problem an. Nicht nur die Bezeichnung des
christlich-jüdischen Verhältnisses unter dem Vorzeichen des Gebotes der
Feindesliebe, nicht nur die Bezeichnung der Rezitation der Psalmen im
christlichen Gottesdienst als getaufte Psalmen«, sondern auch das Unternehmen
Judenmission kommt aus einem »Mangel an Wissen« und drückt eine »tiefe
Glaubensunsicherheit« aus. Indem die Vertreter der Judenmission jüdisches
Selbstverständnis und damit die gottgeschenkte Heilsgewissheit Israels
negieren, partizipieren sie an einer narzisstischen Stabilisierung des Selbst
des Christentums auf Kosten eines entwerteten Objekts. Augenscheinlich ist die
christliche Identität derer, die Judenmission betreiben, außerordentlich
fragil.
[1] Erklärung der Göttinger »7«, Ziffer 1.
[2] G. Eichholz: Begriff ›Volk‹ im Neuen Testament, 79. Zur Exegese von Mt 28,18ff vgl. Kap. VI.9.2.
[3] J. Moltmann: Kirche in der Kraft des Geistes (Kirche), 161.
[4] UuE, 265. Es erfolgt eine Konklusion der Ziffer 4 (4) »Wir glauben die bleibende Erwählung des jüdischen Volkes als Gottes Volk« mit Ziffer 4 (6) » ... darum sind wir überzeugt, daß die Kirche ihr Zeugnis dem jüdischen Volk gegenüber nicht wie ihre Mission an die Völkerwelt wahrnehmen kann.«
[5] In der Betonung des gemeinsamen Glaubens an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs als den Vater Jesu Christi wird erneut die Rezeption der EKD Studie »Christen und Juden II« deutlich. Dort heißt es: »Insofern sich dieser Glaube [an den Messias Jesus] dessen bewußt ist, daß Jesus Jude ist und den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs seinen Vater nannte, verbindet er die Christen unlösbar mit dem jüdischen Volk« (59).
[6] Ähnlich K. Barth: KD IV/3, 1007.
[7] Vgl. Ziffer 1 und 2 (1) des RSB, vgl. UuE, 264.
[8] B. Klappert: »Der Vater zeigte mit dem Finger zum Himmel.« Das jüdische Zeugnis in einer christlichen Theologie nach Auschwitz, 1ff. Klappert nennt fünf Aspekte des jüdischen Glaubenszeugnisses, anhand derer er die grundlegende Angewiesenheit christlicher Theologie und christlichen Glaubens auf das Judentum entfaltet. Christliche Theologie nach Auschwitz ist auf das jüdische Glaubenszeugnis angewiesen: 1. in der geschichtlichen Erinnerung; 2. in der messianischen Hoffnung; 3. in der Erfahrung Gottes und im Reden von Gott; 4. in ihrem Werden und Sein als ökumenische Gemeinde und 5. in der besonderen Bestimmung ihres Auftrags.
[9] CuJ
II, 63.
[10] Ebd.
[11] Ähnlich R. Bultmann, Streckers theologischer Lehrer, der die alttestamentlich-jüdische Geschichte nur als eine Geschichte des Scheiterns wahrnehmen kann. Vgl. R. Bultmann: Weissagung und Erfüllung, 183.
[12] Vgl. Erklärung der Göttinger »13«.
[13] In seinem Beitrag »Das Christliche im jüdisch-christlichen Dialog« (Lutherische Monatshefte 32/1993, 27–29, hier 28) verweist Strecker zustimmend auf »Das Wort zur Judenfrage« des Bruderrats der Ev. Kirche in Deutschland 1948 (vgl. RH, 540ff sowie die Diskussion desselben unter IV.2.5.), in dem dieses den Übergang der Erwählung Israels durch und seit Christus auf die Kirche aus allen Völkern, aus Juden und Heiden, postuliert. In der Kirche als dem Leib Christi, so Strecker, gilt Gal. 3, 28.
[14] H. Conzelmann: Grundriß der Theologie des NT, 275.
[15] Vgl. Kap. IV.2.
[16] So G. Strecker vor der Hannoverschen Synode, vgl. V.3.1.
[17] Vgl. Erklärung der Göttinger »13« in V.3.3.
[18] Vgl. D. Diner (Hg.): Zivilisationsbruch. Denken nach Auschwitz.
[19] So erneut Strecker in seiner Antwort auf die Stellungnahme der Göttinger »7« vom 4.6.1993 mit dem Titel »Mißverständnisse«. Unter Ziffer 4 heißt es: »Es ging und geht mir vielmehr darum, daß die gegen das jüdische Volk gerichteten Naziverbrechen, speziell ›Auschwitz‹, nicht zu einem theologischen Topos hochstilisiert werden, wodurch ›Auschwitz‹ ein Offenbarungscharakter zuerkannt, das neutestamentliche Christuszeugnis relativiert und darüber hinaus bestritten wird, daß durch Kreuz und Auferstehung Christi die Grundlage des christlichen Glaubens gelegt ist.« Zur Frage der Funktion von »Auschwitz« für die christliche Theologie vgl. die Diskussion des RSB unter IV.4.1.2.
[20] B. Schaller: Das Gespräch zwischen Juden und Christen, 9.
[21] Vgl. dazu Kap. VI.
[22] Vgl. oben die Erklärung der Göttinger »13«.
[23] RSB 4 (3), vgl. UuE, 265.
[24] CuJ II, 53ff.
[25] A.a.O.,
59.
[26] Ebd.
[27] K.
Barth: KD IV/3, 1007.
[28] Ebd.
[29] Vgl. Schwäbisches Tagblatt vom 16.12.1999. Jetzt in: Materialdienst 1/Februar 2000, 2, Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau.
[30] Schreiben der Professoren Lichtenberger und Schreiner vom 27.10.1999 über die Fachschaft an die Vorbereitungskommission für den Studientag, Handakte B. Klappert.
[31] Der Tübinger Vortrag von N. Slenczka ist jetzt unter dem Titel »Jesus Christus und der Israelbund« abgedruckt in: ders.: Der Tod Gottes und das Leben des Menschen, 110–122, Zitat 121.
[32] N.
Slenczka: a.a.O., 116.
[33] Schwäbisches Tagblatt vom 12.1.2000.
[34] Ebd. Alle folgenden Zitate entstammen dieser Erklärung.
[35] Vgl. Kap. V.3. Die Erklärung der »Göttinger 7« führt diesen Aspekt differenziert aus, spricht allerdings hinsichtlich der historischen Problematik der Judenmission nur von einem »Überdenken« derselben.