Informationen aus Israel

von Michael Krupp, Jerusalem

 

Oberrabbiner gegen Sex orthodoxer Paare vor der Hochzeit

Der aschkenasische Oberrabbiner Israels, Jona Metzger, hat die rituellen Bäder angewiesen, keinen unverheirateten Frauen den Zutritt zu gewähren. Metzger geht damit gegen einen stärker werdenden Trend bei orthodoxen Paaren an, vorehelichen Geschlechtsverkehr zu haben. Immer mehr religiöse Paare leben in wilder Ehe zusammen, weil sie nicht sicher sind, schon den idealen Partner gefunden zu haben, oder weil sie Berufspläne nicht durch eine frühe Eheschließung beeinträchtigen wollen. Eine jüdische Frau ist nach dem Religionsgesetz angehalten, nach ihrer monatlichen Periode ein Ritualbad aufzusuchen, ohne dass ihr Beischlaf verboten ist.

Die Diskussion darüber, ob orthodoxe Partner vor der Ehe Sex miteinander haben können, ist in der letzten Zeit stärker geworden, nachdem ein Professor der religiösen Bar Ilan Universität, Tzvi Zohar, dies in einem Artikel in einer akademischen Zeitung als nicht unbedingt gegen das jüdische Religionsgesetz verstoßend bezeichnet hat. Zohar zitiert in seinem Artikel mittelalterliche und frühneuzeitliche Gelehrte wie Nachmanides und Jaakov Emden, die solche Verbindungen als möglich bezeichnen. Die Frauen dieser Verbindungen werden als Konkubinen bezeichnet. Die genannten Gelehrten fordern aber die strikte Einhaltung der Reinheitsbestimmungen, also das rituelle Bad vor dem Geschlechtsverkehr nach der monatlichen Periode.

Homo- und Lesbenpaare dürfen in Israel Kinder adoptieren

Der Generalstaatsanwalt, Menachem Mazuz, hat verfügt, Homo- und Lesbenpaaren nicht mehr die Adoption fremder Kinder über staatliche Organe zu verwehren, wenn es dem Wohl des Kindes dient. Bisher hatte der Staat auch im Ausland vorgenommene Adoptionen nicht anerkannt. Lediglich eigene Kinder eines der Partner durften nach einem Beschluss des Obersten Gerichts aus dem Jahr 1970 von dem Paar adoptiert werden.

Wenn allerdings die Adoption eines Kindes durch ein Homo- oder Lesbenpaar gegenüber der Adoption durch einen ledigen Mann oder eine ledige Frau zur Wahl steht, ist den Ledigen der Vorzug zu geben.

Tunesische Juden als Holocaust Überlebende in Israel anerkannt

Nach einem fünfjährigen Streit vor israelischen Gerichten hat der Staat auch Tunesier als Holocaustopfer anerkannt und sie den europäischen Opfern gleichgestellt. Dies bedeutet, dass ca. 20.000 Juden, die aus Tunesien eingewandert sind, in den Genuss der staatlichen Rente für Holocaust Überlebende in Höhe von umgerechnet 330 Euro kommen werden.

Im November 1942 hatte deutsche Truppen Tunesien erobert und begonnen, die Juden in Konzentrationslager zu sperren, bis die Amerikaner ein halbes Jahr später Tunesien befreiten. Zahlreiche Juden sind hier umgekommen oder wurden in deutsche Vernichtungslager geschickt.

Jüdische Kreise üben scharfe Kritik an der lateinischen revidierten Karfreitagsliturgie

Jüdische Kreise in Israel und weltweit haben ihre "tiefe Enttäuschung" über die revidierte lateinische Karfreitagsliturgie zum Ausdruck gebracht, die eine generelle Bekehrung des jüdischen Volkes zum Ausdruck bringt, ohne die es keine Erlösung gäbe. Besonders enttäuscht, ja betrogen fühlten sich die jüdischen Partner, die seit Jahren und Jahrzehnten in direktem Dialog mit dem Vatikan stehen.

"Wenn wir auch anerkennen, dass sich der Text der diffamierenden Sprache gegenüber den Juden enthält, ist es bedauerlich, dass das Gebet explizit die Juden auffordert, Christentum zu akzeptieren". So zitiert das American Jewish Committee den internationalen Direktor für interreligiöse Angelegenheiten des Komitees, Rabbi David Rosen, in einer Erklärung. "Dies unterscheidet sich grundsätzlich vom Text der derzeitigen universalen Liturgie, die von der Rettung der Juden in allgemeinen Worten spricht. Wir hoffen, dass durch weiteren Dialog, die vollkommene Umsetzung der Richtlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils erreicht werden können, die von dem gültigen Bund (Gottes) mit dem jüdischen Volk handeln, was zu einem tieferen Verständnis des Wertes der Tora als Mittel zum Heil für das jüdische Volk führen möge."

Eine ähnliche Erklärung gab The International Jewish Committee on Interreligious Consultations (IJCIC) heraus, dessen Präsident ebenfalls David Rosen ist.

Auf einem Treffen des Rainbow Klubs, einer akademischen jüdisch-christlichen Vereinigung in Jerusalem, das der Diskussion der revidierten Gebetsfassung gewidmet war, erklärte David Rosen seine tiefe Verletzung über diese "Revision" nach all den Jahren intimsten Gedankenaustausches. Man könne sogar von einer Art Betrug reden, nachdem den jüdischen Gesprächspartnern versichert worden war, dass der Text zu ihrer Zufriedenstellung geändert werden würde. Er könne sich kaum vorstellen, dass der neue Papst so naiv sei, zu glauben, dass dieser Text den Juden jetzt gefallen könne. Bei vielen Gesprächen, an denen auch Kardinal Ratzinger vor seiner Papstwahl beteiligt gewesen sei, hätten katholische Gesprächspartner, so auch öffentlich auf mehreren Konferenzen, auch in Jerusalem, wie auch Kardinal Kasper, erklärt, dass der Bund Gottes mit den Juden Bestand habe und sie nichts weiteres für ihre Erlösung nötig hätten. Eine solche Erklärung habe der Kardinal Ratzinger nach seiner Wahl zum Papst niemals wieder in den Mund genommen.

Der Präsident des Rainbows, der Dekan des vatikanischen ökumenischen Forschungsinstituts Tantur, Michael MacGary, versuchte die Gemüter zu beruhigen. Nach einer kurzen Einführung in die Entwicklung des Verhältnisses der katholischen Kirche gegenüber dem jüdischen Volk nahm er Stellung zur lateinischen Karfreitagsmesse, die höchstens von einem Prozent der katholischen Gläubigen verstanden würde und die mehr durch ihren fremden mystischen Unterton als durch ihren Inhalt wichtig für die katholischen Gläubigen sei. Der arabisch-katholische Pater Jemal bezeichnnete das Gebet als eine innerkatholische Angelegenheit. Wenn er das Gebet spreche, denke er keineswegs herabwürdigend an die Juden. Dies konnte aber die jüdischen Mitglieder in der Gesprächsrunde nicht beruhigen.

Die hebräischen Ausgabe der Zeitung Haaretz zitierte Professor Sergio Itzhak Minerbi, einen langjährigen Kenner der Verhältnisse im Vatikan. Er bezeichnete die Revision als "grässlich" (garua). Im Hintergrund stehe der Wille des neuen Papstes, unter allen Umständen die reaktionären Kräfte innerhalb der Kirche zufrieden zu stellen, dass dabei der Dialog mit den Juden leide, sei ihm nicht wichtig. Die Zeitung zitierte weiter den Kirchenhistoriker vom religionswissenschaftlichen Institut in Bolonia, Professor Alberto Meloni: "Der neue Text charakterisiert das Verhältnis Benedikt XVI zum Judentum, das weit weniger positiv ist als das seines Vorgängers Johannes Pauls II. Es handelt sich nur um nebensächliche und kosmetische Änderungen gegenüber dem Text, der vor dem Zweiten vatikanischen Konzil existierte."

Die revidierte Fassung hat alle beleidigenden Worte gegenüber den Juden weggelassen. Er spricht nicht mehr von den "perfiden" Juden und nicht mehr von "dem Schleier vor ihren Augen" der entfernt werden muss. Nach Radio Vatikan, veröffentlicht in der gestrigen Compass Ausgabe, lautet der revidierte Text in Deutsch folgendermaßen:

Wir wollen beten für die Juden. Dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen. Lasset uns beten. Beugen wir die Knie. Erhebet Euch. Allmächtiger ewiger Gott, der Du willst, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen, gewähre gnädig, dass beim Eintritt der Fülle aller Völker in Deine Kirche ganz Israel gerettet wird. (oder: dass ganz Israel gerettet werde, wenn die Füller aller Völker in Deine Kirche eintritt). Durch Christus, unseren Herrn.

Neuinterpretation des Siegels aus der Davidstadt

Nachdem ein Siegel, das vor gut einem Monat bei den Ausgrabungen in der Davidstadt im südlichen Jerusalem zum ersten Mal veröffentlicht wurde (vgl. Materialdienst 1/2008, S. 32) ist die Diskussion über die richtige Lesung des Siegels nicht abgebrochen. Höchstwahrscheinlich hat die Leiterin der Ausgrabung, die Archäologin Dr. Eilat Mazar, einen kapitalen Lesefehler begangen. Sie hat von rechts nach links den Namen Temach gelesen und ihn mit dem in der Bibel erwähnten Namen einer Familie von Tempeldienern identifiziert.

Sie übersah dabei, dass es sich hier um ein Siegel handelt, in dem die Schrift in Spiegelschrift eingeprägt ist, obwohl die Buchstaben deutlich in Spiegelschrift eingemeißelt sind. Über die Buchstaben Mem und Tav gibt es keine Diskussion, schwieriger war der letzte, oder besser gesagt, der erste Buchstabe zu lesen. Mit viel Phantasie konnte man darin ein Kaf erkennen. Wenn man einen Abdruck machen würde, ist aber deutlich Schin und Lamed zu lesen.

Wenn man das Siegel abdruckt, was sie anscheinend nicht gemacht hat, ergibt so die Inschrift den Namen Schlomit, ein weit verbreiteter weiblicher Name, der natürlich auch in der Bibel vorkommt, zum Beispiel in 1 Chron 3,19. Damit stellt sich erneut die Frage des Alters. Mazar hatte das Siegel in die Zeit kurz nach dem babylonischen Exil verlegt, weil dorthin der Name Temach hinpasst, nun sind Paläographen eher der Meinung, dass das Siegel vom Schriftbild her eher in das Ende der Zeit der Könige Jehudas, in das späte siebte vorchristliche Jahrhundert, also noch in die Zeit des Ersten Tempels hineingehört. Damit ergibt sich auch eine Neuinterpretation der dargestellten Rauchopferszene, die zwei Priester unter einem Halbmond vor einem Rauchopferaltar zeigt. Dies könnte sich durchaus auf den Opferdienst im Tempel beziehen und nicht auf einen heidnischen babylonischen Kult, wie mazar angenommen hat.

Um welche Schlomit es sich gehandelt haben mag, ist nicht zu sagen, da der Name sehr verbreitet war. Zweifellos aber handelt es sich um eine einflussreiche Frau, die über ein eigenes Siegel verfügte, was in dieser Zeit gar nicht selbstverständlich war.

Aschkenasischer Oberrabbiner fordert Palästinastaat in El Arish

Oberrabbiner Jona Metzger hat sich für die Bildung eines Palästinastaates in El Arish auf der Sinaihalbinsel ausgesprochen. El Arish ist die nächst größere ägyptische Stadt zum Gazastreifen hin und heute nach Sprengung der Grenzmauer Haupteinkaufsplatz der Einwohner des Gazastreifens. Metzger hat die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und England aufgefordert, bei der Bildung des Palästinastaates auf der Sinaihalbinsel behilflich zu sein. Nach Metzger würde das viele Probleme lösen. Der Plan würde "alle armen Leute aus Gaza in ein wundervolles neues Land bringen mit Zügen, Bussen und Autos wie in Arizona". Und die Israelis hätten ihre Ruhe.

In einem Interview mit der britischen Zeitung "The Jewish News" sprach Metzger sich auch gegen die Beschlagnahme Jerusalems als heilige Stadt durch die Moslems aus. Moslems hätten Mekka und Medina und bräuchten keine dritte Stadt. Moslems dürften auf dem Gebiet des Tempelberges beten, aber Jerusalem gehöre den Juden.

El Arish war seinerzeit auch von Theodor Herzl nach dem Kischinev Pogrom 1903 als nationale Heimstatt vorgeschlagen worden, allerdings als jüdische nationale Heimstatt. England hatte seinerzeit in den Plan eingewilligt, eine zionistische Mission besuchte El Arish, kam aber zu dem Schluss, dass das menschenleere Gebiet ohne Nilwasser unfruchtbar sei. Da die Ägypter das Wasser verweigerten, nahmen die Zionisten Abstand von dem Plan.

Slowakischer Bischof posthum als Judenretter von Israel ausgezeichnet

Die israelische Holocaust Gedenk- und Forschungsstätte hat posthum neun Slovaken ausgezeichnet, die während des Krieges Juden unter Lebenseinsatz gerettet haben. Unter ihnen ist auch ein Bischof, Bischof Pavel Peter Gojdic von Presov. Gojdic war der einzige slovakische Bischof, der während des Krieges öffentlich gegen die Judenermordung protestierte. Gojdic hat Hunderte von Juden gerettet, indem er sie pro forma taufen ließ.

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Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
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