60 Jahre Staat Israel
Ein Aufruf zur Solidarität
Im Mai 2008 feiert der Staat Israel seinen 60. Geburtstag.
Die Idee zur Errichtung eines jüdischen Staates entstand
im 19. Jahrhundert. Die Einsicht, dass Juden nicht nur eine verstreute
Religionsgemeinschaft sind, sondern ein Volk und eine Nation mit Selbstbestimmungsrecht,
das es in seiner historischen Heimat verwirklicht, wird heute noch von
vielen Menschen bestritten. Wie einst in Europa das Lebensrecht der Juden,
wird heute - mit fast den gleichen Argumenten - die physische Existenz
des Staates Israel in Frage gestellt.
Mit viel Willenskraft und tiefer Überzeugung, mit
Entschlossenheit und Intelligenz haben viele Juden durch ihrer Hände
Arbeit vor über hundert Jahren damit begonnen, den Aufbau dieses
Staates einzuleiten. Mit vielen Risiken und enormen Entbehrungen schafften
es die Israelis, ab dem 15. Mai 1948 eine Heimat für mehr als die
Hälfte des jüdischen Volkes aufzubauen und so auch den weiterhin
in der Welt verstreuten Juden die Gewissheit eines sicheren Zufluchtsortes
zu bieten. Sie setzten damit einen Beschluss der Vereinten Nationen vom
29. November 1947 um.
Heute blicken wir auf eine reiche und blühende israelische
Kultur und Literatur sowie auf eine in den modernen Technologien international
wettbewerbsfähige israelische Wirtschaft. Israel heute ist ein ganz
normaler Staat westlich-demokratischer Prägung. Das verdient unsere
Anerkennung und unseren Respekt.
Gleichwohl schiebt sich vor diese Wahrnehmung eines blühenden
und kreativen Staates 60 Jahre nach seiner Entstehung immer wieder die
seines langen Kampfes um Sicherheit, seiner Verteidigung gegen fortdauernde
Angriffe. Wenn der Staat Israel den 60. Jahrestag seiner Gründung
begeht, so kann er das auch dank seiner militärischen Stärke.
Diese muss um des Überlebens willen sein und bleiben. Die Sicherung
seiner Bürger - bis hin zu Wachpersonal vor jedem Supermarkt, vor
Restaurants und in Stadtbussen, um Attentate zu verhindern - gehört
zum alltäglichen Aufwand. In Europa schwindet, so scheint es, das
Verständnis für diese Notwendigkeit, obgleich sogar in Deutschland
und andernorts in Europa jüdische Einrichtungen wie Festungen gesichert
und rund um die Uhr bewacht werden müssen - und dies keineswegs nur
aus Furcht vor Rechtsradikalen!
Die Wahrnehmung des Staates Israel wird zunehmend durch
eine klischeehafte Einschätzung des nahöstlichen Konfliktfeldes
getrübt. Ursache und Wirkungen werden verwechselt. Doppelte Standards
werden angelegt.
Im Nahen Osten ist der Antisemitismus zu einer religiös
gestützten Ideologie aufgestiegen, im Gefolge des europäischen
Wahns des 19. und 20. Jahrhunderts. Dies dient zur ideologischen Munitionierung
bei der Aufrüstung mit Raketen im Süden Libanons und im Gaza-Streifen
sowie in Syrien. Und nicht auszudenken ist, was geschehen wird, wenn dem
Iran der Griff nach Nuklearwaffen gelingen sollte.
Der Staat Israel ist nach dem Holocaust, aber nicht wegen
des Holocaust entstanden. Hingegen sind es die Holocaustleugner (wie etwa
im Iran), die heute seine Existenz massiv und völlig unverhohlen
bedrohen. Wer Auschwitz leugnet, will Auschwitz!
Die Hoffnungen, die viele mit dem Osloprozess verbunden
haben, sind bitter enttäuscht worden. Der Terrorkrieg und die Korruption
der PLO-Führung haben ihre unmittelbaren Folgen in der Machtergreifung
der Hamas im Gazastreifen. Jene schwachen Kräfte unter den Palästinensern,
die einen eigenen Staat an der Seite Israels anstreben, werden von denen
in Schach gehalten, deren manifestes Ziel die Vernichtung des Staates
Israel ist.
Wir anerkennen darum dankbar, dass sich die deutsche Bundesregierung
in Wort und Tat zum Recht des Staates Israel bekennt, seine Bürger
zu schützen und seine Sicherheit zu verteidigen. Sie tut das im Verbund
mit Regierungen anderer europäischer Staaten und natürlich mit
den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieselbe Entschlossenheit ist auch
im Blick auf die bedrohlichen Nuklearaufrüstungsbemühungen im
Iran festzustellen. Die Verantwortung, die der Staat Israel für sein
politisches und sicherheitspolitisches Handeln trägt, kann ihm jedoch
niemand abnehmen.
Selbstverständlich machte Israel in den vergangenen
60 Jahren auch Fehler. Kein Mensch, kein Staat in der Welt, ist fehlerfrei.
Wir halten es jedoch für entscheidend, dass Israel nicht mit anderen
Maßstäben als andere Staaten oder gar mit doppelten Standards
beurteilt wird.
Wir lehnen die verbreitete selbstgerechte und besserwisserische
Kritik sowie einseitige Schuldzuschreibungen ab. Wir beobachten mit Sorge
wachsende Tendenzen zur Delegitimierung des jüdischen Staats. Diese
schließen an alteuropäische judenfeindliche Traditionen an
und werden über den Nahostkonflikt instrumentalisiert.
Wir stehen dafür ein, dass die Aufbrüche zu
einem neuen, humanen und moralischen Verhältnis zu den Juden, wie
sie nach 1945 gesellschaftlich und kirchlich stattgefunden haben, bewahrt
und verteidigt werden. Dies gilt auch und besonders für unsere gesellschaftlichen
Diskurse über den jüdischen Staat.
Kritiker Israels sehen in der Siedlungspolitik, im Verlauf
des Sperrwalls (hierzulande absichtlich "Mauer" genannt) und
in den Straßensperren das Grundübel des Nahostkonflikts. Jene
Kritiker vergessen, dass Israel in drei Kriege verwickelt war, ehe die
erste Siedlung in den besetzten Gebieten errichtet wurde, dass es bis
1987, bis zum Ausbruch der ersten Intifada, nicht eine einzige Straßensperre
im ganzen Land gab und dass erst in der Folge von grausamen Attentaten
auf die Zivilbevölkerung der Sperrwall als Schutzmaßnahme gebaut
wurde. Wir erkennen, dass spätestens seit dem Abzug Israels aus dem
Sinai im Rahmen des Friedensvertrages mit Ägypten und einer Auflösung
seiner Siedlungen dort sowie seit dem einseitigen Abzug aus Gaza 2005
klar ist, dass Siedlungen kein Hindernis sein müssen und dass Grenzen
verschoben werden können.
Wir plädieren darum mit Nachdruck
§ für eine gerechte und faire Beurteilung der
Ursachen und Folgen des Nahostkonfliktes,
§ für eine neue Friedensinitiative der Staatengemeinschaft,
die zu einem Ende der Gewalt
§ und schließlich zu einer Zweistaatenlösung führt,
§ für eine uneingeschränkte Unterstützung des Staates
Israel in seinem Überlebenskampf
§ gegen Fundamentalisten und Extremisten, die diesen Staat zerstören
wollen.
Erstunterzeichner:
Elfriede Begrich, Pröpstin zu Erfurt - Nordhausen
Dr. Johannes Gerster, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft,
Mainz
Albrecht Lohrbächer, Freundeskreis Kirche und Israel in Baden, Weinheim
Ricklef Münnich, evangelischer Präsident des deutschen Koordinierungsrates
der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GcjZ),
Erfurt
Prof. Dr. Ekkehard W. Stegemann, Theologisches Seminar, Basel
Mitunterzeichner:
Hans-Helmut Eickschen, Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates
der GcjZ; Moers
Anke Eymer, MdB, CDU, Lübeck
Henry H. Faktor, Geschäftsführer, Frankfurt
Prof. Dr. Hubert Frankemölle, katholisches Mitglied im Vorstand des
DKR und Mitglied der "Unterkommission für die religiösen
Beziehungen zum Judentum bei der Deutschen Bischofskonferenz"
Michael Frieser, CSU-Fraktionsvorsitzender, Nürnberg
Dr. Lukrezia Jochimsen, MdB, Die Linke, Berlin
Helmut Klotz, Kammersänger, Leipzig
Claudia Korenke, Public Relations GmbH, Frankfurt
Prof.. Drs.h.c. Manfred Lahnstein, Bundesminister a.D., Hamburg
Dr.Hans Maaß, Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates
der GcjZ; Karlsruhe
Dirk Niebel, MdB, stellv. Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe!
Iris Neu, Journalistin, Saarbrücken
Dr. Christoph Münz, Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates
der GcjZ; Greifenstein
Prof. Dr. Abi Pitum, Mitglied des Vorstands des Deutschen Koordinierungsrates
der GcjZ, München
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Peter von der Osten-Sacken, Berlin
Prof. em. Dr. Rolf Rendtorff, Heidelberg
Dr. Eva Schulz-Jander, katholische Präsidentin des Koordinierungsrats
der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Kassel,
Franz-Helmut Schürholz, Präsident des LKA Baden-Württemberg,
a.D., Stuttgart
Kirsten Serup-Bilfeldt; Journalistin, Köln
Prof. Dr. Wolfgang Stadje, Osnabrück
Prof. Dr. Klaus Wengst, Bochum
Prof. Dr. Michael Wolffsohn, München
Dem Aufruf schlossen sich inzwischen an (Stand 6.5.2008)
Jörg und Ursula Baden, Goch; Dagmar Barth, Kauffrau,
Mannheim; Johannes Barth, Journalist, Mannheim, Richard und Franziska
Dietz, Ulm; Michael Dorsch, Rektor i.R., Jena; Dr. Ulrike Eggeling, Ärztin,
Heidelberg; Ulrike Eichweber, Duisburg; Wolfgang Fath, Studiendirektor,
Hirschberg; Rolf und Hedwig Emmerich, Laupheim; Traute Feisel, Apothekerin,
Heidelberg; Hans-Joachim Föller, Journalist, Meiningen; Manfred Froese,
Diakon, Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische
Zusammenarbeit Rhein-Neckar; Heinrich Gehring, Stadtsuperintendent i.R.,
Essen; Cornelia Gönner-Gaub, Laupheim; Elisabeth Gönner, Laupheim;
Siegfried Graumann, Diakon, Braunschweig; Hannes Greiling, Bundesgeschäftsführer
RKB Solidariät, Mannheim; Dr. Beate Großklaus, Pfarrvikarin,
Heidelberg; Volker Heidmann, Steuerberater, Hamburg; Christoph Helbig,
Pfarrer, Nettetal; Burghardt Heller, Journalist, Neubrandenburg; Helmut
Hempfling, Pädagoge, Bamberg; Irene Hahn, Studienrätin, Langenau;
Christel Heinemann, Braunschweig; Heiner Herbst, Braunschweig; Andrea
Hering, Hamburg; Marion Hofmann, Hessdorf; Jasmina Huber, Musikwissenschaftlerin,
Düsseldorf; Marion Jablonski, Pastorin, Göttingen; Lucian Jacobi,
Pastor i.R., Erfurt; Meggie Jahn, wiss. Mitarbeiterin im Bundestag, Berlin;
Walter Jäger, Braunschweig; Dr. Anton Maria Keim, Bürgermeister
a.D., Mainz; Daniel Kempin, Musiker, Frankfurt; Rosemarie Kerres, Mediengestalterin,
Krefeld; Prof. Dr.-Ing. Johannes-Henrich Kirschner, Braunschweig; Beate
Kirschner, Braunschweig; Karl-Heinz Klein-Rusteberg, Geschäftsführer
GcjZ, Essen; Maria Klupsch-Neumann, Gemeindereferentin, Krefeld; Joachim
Klupsch, Geschäftsführer der GcjZ, Krefeld; Dr. Andrea M. Kluxen,
Kulturreferentin, Bezirk Mittelfranken; Dr. Gertraud Koellner, Chemikerin,
Neu Ulm; Dr. Klaus Kreppel, Studiendirektor, Bielefeld; Dr. med. Karlgeorg
Krüger, Essen; Tobias Krull, Kreisvorsitzender der Jungen Union,
Magdeburg; Henning Kühner, Braunschweig; Dr.-Ing. Carsten Liesenberg;
Universität Rostock; Susanne von Loeffelholz, Psychotherapeutin,
Königswinter; Christof Maihoefer, Ulm; Dr. Peter Meves, Augenarzt,
Stade; Suzan Meves, Übersetzerin, Stade; Dr. Erhard Michel, Zahnarzt,
Osnabrück; Dieter Münker, IHK-Hauptgeschäftsführer
a.D., Augsburg; Wolfgang Müller, Ulm; Stefan Georg Murk, Industriekaufmann,
Baiersdorf; Hiltrud Neidhardt, Oldenburg; Manfred Oelsen, Kassel; Andreas
Oetjen, Journalist, Cuxhaven; Heide Padberg, Berlin; Gerd und Brigitte
Pfitzner, Mannheim; Dr. Egbert Richter, Baukaufmann, Weinheim; Rudolf
Schneeberger, Angestellter, Neustadt a.d. Aisch; Kai Schweigmann-Greve,
Justitiar, Hannover; Horst Selbiger, Journalist, Nentershausen; Rudolf
W. Sirsch, Generalsekretär des Deutschen Koordinierungsrates der
GcjZ, Bad Nauheim; Felicitas Sommerfeldt, Arzthelferin, Weinheim; Bernhard
Speller, Pfarrer, Minden; Monika Stadje, Osnabrück; Prof. Dr. Wolfgang
Stegemann, Augustana-Hochschule; Neuendettelsau; Dieter Steil, Gießen;
Michael Striss, Pfarrer, Willich-Anrath; Dr.Lisl Strzelewicz, Hannover;
Univ.Prof. Claudius Tanski, Salzburg; Günter Tiemann, Bielefeld;
Dr. Elke Tönges, Bochum; Dr. Werner Transier, Hist. Museum der Pfalz,
Speyer; Werner Trutwin, Bonn; Siegfried Vergin, langjähriges SPD-MdB,
Mannheim; Dr. Peter und Inge Vogel, Hemsbach; Stefan Voß, Pfarrer,
Karlsruhe; Prof. em. Dr. Gordon Wassermann, Bochum; Rita Weiler, Braunschweig;
Alfred Wittstock, Lehrer, Uni Mainz, Mainz; Lothar Klein, Dresden; Maya
Zehden, Geschäftsführerin der GcjZ, Berlin
Kontakt: Freundeskreis Kirche und Israel in Baden, Albrecht
Lohrbächer, Nächstenbacher Weg 81, 69469 Weinheim, ramatgan@tiscali.de
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