Informationen aus Israel

von Michael Krupp, Jerusalem

 

Vizebürgermeister distanziert sich von NT Verbrennungen

Nachdem es Proteste aus aller Welt hagelte, hat sich der Vizebürgermeister von Or Jehuda, Uzi Aharon, von der Verbrennung von Neuen Testamenten distanziert. Er bedauere, dass durch die Aktion die Gefühle von Christen in aller Welt verletzt worden seien und er selber habe, nachdem er zu dem Feuer gestoßen sei, ein Neues Testament aus den Flammen gerettet.

Zuvor hatte er das Vorgehen von Talmudhochschülern in einem Interview als einen Akt bezeichnet, "das Übel aus unserer Mitte zu beseitigen". Was war geschehen? In Or Jehuda, einem kleinen Ort in der Nähe von Tel Aviv mit einer hauptsächlich orthodoxen Bevölkerung und einer Talmudhochschule leben verhältnismäßig viele Falasch Mura, äthiopische Judenchristen, die ins Land einwandern durften mit der Absicht zum Judentum zurückzukehren. Wie ihre russischen Kollegen, deren Religionszugehörigkeit nicht geklärt ist, sind sie in besonderer Weise christlichen Missionaren ausgesetzt, die Massen von Missionsschriften in Russisch und Amharisch, darunter das Neue Testament, drucken und in den Häusern der Neueinwanderer verteilen.

Diesem Treiben wollte der Vizebürgermeister, zur orientalisch orthoxen Schas-Partei gehörend, ein Ende setzen. Mit Lautsprecherwagen fuhr er durch das Städtchen und forderte alle Bürger auf, die Missionsschriften zu sammeln. Schüler der Talmudhochschule gingen anschließend durch die Straßen und sammelten in den Häusern die Missionsschriften ein. Dass sie sie darauf auf einem großen Scheiterhaufen nahe einer Synagoge verbrannten, will der Vizebürgermeister weder angeordnet noch gebilligt haben.

Die christlichen Gemeinschaften in Israel fordern nun eine polizeiliche Untersuchung und eine Bestrafung der Täter, da es sich um eine Verunglimpfung einer Religionsgemeinschaft handele, was nach dem Gesetz strafbar sei. Die Verbrennung der Missionsschriften ist ein letztes Ereignis in einer Reihe antimissionarischer Aktivitäten jüdisch-orthodoxer Kreise, die sich durch die zunehmende Missionierung herausgefordert sehen. Das schlimmste Ereignis dieser Art geschah vor zwei Monaten in der Siedlerstadt Ariel, wo der Sohn eines Missionars durch ein Bombenpaket, als Purimsgeschenk getarnt, verletzt wurde. Die Polizei hat bisher keine Täter ausfindig machen können.

Religiöse Standesämter registrieren keine Konvertiten mehr

Die religiösen Standesämter im Land haben aufgehört, Konvertiten bei Hochzeitsgesuchen als Juden zu akzeptieren, solange nicht Oberrabbiner Shlomo Amar, zuständig für Konversionen im Land, genaue Angaben verfügt hat, wie in Zukunft zu verfahren ist. Einer der wichtigsten Vorsitzenden der religiösen Standesämter, Rabbi Yitzhak Ralbag, Vorsitzender des Standesamtes Jerusalem, erklärte, er werde sich strikt an die Anweisungen von Amar orientieren, unbesehen des Beschlusses des obersten rabbinischen Gerichts, das in der vorigen Woche verfügt hat, die Konversionen der letzten Jahre nicht anzuerkennen.

Auch vor dem Beschluss des obersten Gerichts hatten mehrere Standesämter Konvertiten nicht zu Heiraten zugelassen, weil sie die Rechtmäßigkeit der Konversionen in Frage stellten, wie die Standesämter in Aschdod, Petach Tikva und Rechovot. Die Heiratswilligen hatten sich aber zu helfen gewußt, indem sie andere Standesämter außerhalb ihres Wohnbezirkes aufsuchten. So war der Oberrabbiner von Rosch ha-Ajin, Azaria Basis, bereit, alle Konvertiten des benachbarten Petach Tikva zu registrieren.

Die Rabbiner des gesamten Landes erwarten jetzt ein klares Wort von Oberrabbiner Amar. Amar hat den Beschluss des obersten Gerichts zurückgewiesen oder auf einen besonderen Fall eingeschränkt. Dies genügt aber den Rabbinern als Stellungsnahme nicht.

Umstrittener Besuch evangelikaler Amerikaner

Der Fernseh-Evangelist John Hagee hat sich bitter enttäuscht geäußert über die Ablehnung, die ihm aus jüdischen Reformkreisen entgegengebracht wurde. "Wir versuchen nicht, den Friedensprozess zu unterminieren", sagte er bei einem Besuch in Israel. Der amerikanische Evangelist befindet sich zur Zeit mit 1000 Anhängern auf einer good-will Tour durch Israel.

Ein paar Tage zuvor hatte Rabbi Eric Yoffie, Präsident des vereinigten Reformjudentums auf einer Konferenz der Bewegung in Cincinnati, Ohio, eine Zusammenarbeit mit den Evanegelikalen, und besonders mit Evangelist John Hagee, dem Begründer der Bewegung "Christian United for Israel" ausgeschlossen. Nicht aufgrund der extremen Haltung der Evangelikalen gegenüber Homosexuellen oder Abtreibungsbefürwortern, sondern auch wegen ihres militanten Antiislamismus und Antikatholizismus. "Wie können wir von anderen erwarten, gegen antijüdische und antiisraelische Erklärungen vorzugehen, wenn wir antiislamische und antikatholische Erklärungen von ‚Freunden' hinnehmen", sagte Yoffie.

Der Hauptgrund aber, warum Israel mit den christlichen Zionisten nicht zusammenarbeiten sollte, sei der, weil eine solche Alliance für Israel gefährlich sei. Er beschuldigte die amerikanischen Evangelikalen, durch ihre radikale Ablehnung jeglicher Zugeständnisse an die Palästinenser, besonders bei der Räumung von besetztem Land, den Frieden zu verhindern. Hagee äußerte demgegenüber in Jerusalem, er lehne zwar Landrückgaben ab und halte das für gefährlich, wenn aber Israel sich für einen solchen Schritt entscheiden sollte, werde seine Bewegung ihre Hilfe für Israel nicht einstellen.

In Israel ist die Haltung zu den Evangelikalen durchaus gemischt. Bei einer Internet-Umfrage der Zeitung Haaretz teilten 43 Prozent die skeptische Haltung von Yoffie, 48 Prozent meinten, die christlichen Zionisten seien gut für Israel und 9 Prozent gaben vor, sie seien gut für Israel und schlecht für Amerika.

Die Jesajarolle zum ersten Mal seit 40 Jahren für zwei Monate ausgestellt

Als Krönung der 60 Jahr-Feier des Staates Israel ist die öffentliche Zurschaustellung der ersten Jesajarolle aus Höhle 1 in Qumran, die 1947 entdeckt wurde, zu werten. Nachdem der Shrine of the Book 1965 seine Tore öffnete und einem breiten Publikum die Möglichkeit gab, die ältesten biblischen Schriftrollen der Welt zu bestaunen, war die Jesajarolle das Prunkstück der Ausstellung, aufgerollt unter der Rotunde, die dem Deckel einer der Schriftrollenkrüge nachgebildet ist. Diese Rotunde konnte in einer Art Aufzug im Kriegsfall tief in die Erde versenkt werden. Die erste Jesajarolle ist die einzige vollständig erhaltene Rolle von den ca. 200 biblischen Schriftrollen. Das Buch Jesaja war das beliebteste Buch der Qumrangemeine, mehr als 20 verschiedene Rollenfragmente zu dem Propheten wurden in Qumran im Laufe der Zeit gefunden.

Nach zwei Jahren befürchteten die Museumsleiter, dass das ständige Ausgesetztsein dem - wenn auch gedämpften - Licht, der Rolle auf die Dauer schaden könnte und so verschwand sei für vierzig Jahre in einem dunklen klimagesicherten Raum und in der Rotunde fand eine Kopie Platz. Jetzt ist die Originalrolle in einem dunklen Nebenraum ausgestellt zusammen mit antiken Schwertern und Pflugscharen, von denen eine aus einem Schwert umgebogen wurde.

Bei der feierlichen Eröffnung der Ausstellung, die den Namen hat "Schwerter zu Pflugscharen - Friedensvisionen in der Jesajarolle", die Mitte Mai zwischen der schwarzen Wand und dem weißen Dach des Shrine of the Book im goldenen letzten Abendlicht draußen eröffnet wurde, sprach nach einer englischen Vorrede des Museumsleiters Snyder, Michael Melchior, ehemaliger Oberrabbiner von Norwegen und Parlamentsabgeordneter in Hebräisch, denn diese Sprache würde der Prophet besser verstehen. Melchior zitierte die vielen Jesajastellen zum Frieden. Ehrengast war der griechische Patriarch Theophilos. Der Kurator des Shrine of the Book, Adolfo Roitman, hob in seiner Ansprache hervor, dass das größte Wunder der Rollen nicht das sei, dass die Jesajarolle sich 2000 Jahre so perfekt erhalten habe, sondern dass das Volk Israel auch heute noch an die Friedensvision des Propheten glaube.

zur Titelseite

zum Seitenanfang

Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
Robert-Schneider-Str. 13a, 64289 Darmstadt
Tel 06151-423900 Fax 06151-424111 email