Informationen aus Israel

von Michael Krupp, Jerusalem

Initiative zu einem neuen Rabbinatsgericht weltweit

Auf Grund der verschiedenen Schwierigkeiten im jüdisch orthodoxen Lager und der Krise in Sachen Konversionen hat sich ein neues orthodoxes Gremium gebildet, das weltweit alternative orthodoxe Gerichtshöfe anbieten will, besonders in Konversions-, Ehe- und Scheidungsfragen. Das neue Gremium nennt sich "International Rabbinic Fellowship" und wird auch einen Zweig in Israel haben. Initiiert wurde es von Rabbi Abraham Weiss in Israel und Rabbi Marc Angel, dem früheren Präsident des "Rabbinic Council of America".

Die Initiatoren rechnen nicht mit einem starken Widerstand von Seiten des israelischen Oberrabbinats, das selber unter der Pattsituation zwischen ultraorthodoxen antizionistischen Rabbinern und nationalreligiösen Rabbinern leidet. Außerdem seien in dem neuen Projekt so viele angesehene orthodoxe Rabbiner vertreten, dass eine Gegnerschaft schwer machen würde. Das oberste israelische Rabbinatsgericht ist zum Bedauern auch des Oberrabbinats ausschließlich von ultraorthodoxen Nichtzionisten besetzt. Dieses Gremium hat vor einiger Zeit alle Konversionen der letzten Jahre für zweifelhaft erklärt.

Eine andere Gruppe von Rabbinern in Israel versucht in letzter Zeit, die starren Fronten in der Konversionsfrage aufzulockern. Judentum sei mehr als Religion. Dies würde von den Rabbinatsgerichten nicht berücksichtigt. Sie fordern die Aufhebung dieser festen Grenzen und wollen das Gesetz "Wer ist Jude" derart ändern: "Wer darf ein Mitglied des jüdischen Volkes sein". Alles wird davon abhängen, wie sich der Staat zu diesen Vorschlägen und neuen Bewegungen in der Orthodoxie verhalten wird.

Ultraorthodoxe Talmudhochschüler machen bessere Examen

Obwohl in den orthodoxen Talmudschulen weder Mathematik noch Englisch unterrichtet wird, haben orthodoxe Schüler in den psychometrischen Examen auch in diesen Fächern besser abgeschnitten als ihre säkularen Kollegen, die viele Jahre Mathematik und Englisch auf ihren höheren Schulen hatten. Die israelischen Universitäten erkennen normale Abiturzeugnisse nicht an, sondern führen eigene psychometrische Examen durch. Dafür gibt es besondere Vorbereitungskurse. Die Orthodoxie hat eigene Kurse dieser Art für ihre Studenten, die auf eine Hochschule gehen wollen, eingerichtet. Diese Kurse dauern ein Jahr und unterrichten alles, was für die psychometrische Prüfung erforderlich ist.

Eine der orthodoxen Studenten sagte, er sei froh, in der Jeshiva kein Englisch und keine Mathematik gehabt zu haben, denn das hätte er dann doch noch einmal für die Psychometrie lernen müssen. Beobachter nehmen an, dass das konzentrierte Lernen in einer Jeshiva sowie das logische Training bei einem Talmudstudium die Studenten befähigt habe, besser als ihre säkularen Kollegen zu sein. Man lerne in einer Jeshiva zielstrebiger und freiwilliger als auf einem Gymnasium.

Das israelische Parlament hat inzwischen nach jahrelangen Kämpfen darauf verzichtet, dass in den Jeshivot die Grundfächer studiert werden. Eine Forderung, von der der Staat die staatliche Weiterfinanzierung der Talmudhochschulen hatte abhängig machen wollen.

Einzigartige Goldgläser verbleiben vorerst im Israel-Museum

Zwei einzigartige antike Goldgläser mit  jüdischen Symbolen aus den Katakomben in Rom verbleiben einstweilen bzw. für immer im Israelmuseum in Jerusalem. Die Gläser zeigen einen bzw. zwei jüdische Leuchter mit zwei Löwen, den Symbolen des Stammes Juda, einen geöffneten Toraschrein, Tempelgeräte und die vier Symbole des Laubhüttenfestes. Sie sind die frühesten Denkmäler jüdischer Tempelkunst außerhalb des Landes Israel und stammen aus dem 3. oder 4. Jahrhundert. Sie waren Grabbeigaben in den jüdischen Katakomben von Rom.

Diese einzigartigen Schmuckstücke hat das Museum zusammen mit einem anderen Goldglas an seine einstigen Besitzer zurückgegeben, eins davon aber den Besitzern abgekauft und das andere wurde von dem ungenannten Käufer dem Museum als langjährige Leihgabe zur Verfügung gestellt. Sie verbleiben also, eins für immer, und das andere für eine lange Zeit im Museum.

Die Gläser gehören zu den mehr als tausend Kunstwerken, die das Museum beherbergt, und die von den Nazis in Europa geraubt wurden. Die beiden Gläser gehörten der polnischen Komtesse Isabella Dzialynska und wurden 1941 von deutschen Truppen aus ihrem Schloss mit weiteren tausend Kunstwerken entwendet. Auf den persönlichen Befehl Hitlers wurden sie auf eine Burg in Österreich verbracht, wo sie nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reichs" und vor der Ankunft der  Alliierten von der örtlichen Bevölkerung geplündert wurden. Das meiste dieser Kunstschätze ist in Privatsammlungen und Museen in aller Welt verschwunden. Die Goldgläser kaufte 1965 in Wien der spätere Bürgermeister Jerusalems, Teddy Kollek, für das in diesem Jahr neu gegründete Museum.

Das Israel Museum zeigt z.Zt. zwei Ausstellungen von geraubter Kunst, die eine, zusammen mit französischen Museen, stellt Kunstwerke aus, die an ihre Besitzer zurückgegeben werden konnten, die andere bedeutende Kunstwerke, für die das Museum ihre einstigen Besitzer sucht. Von den ca. 600.000 geraubten Kunstschätzen weltweit wurden bisher nur 3000 zurückgegeben, 20 vom Israel Museum.

Jerusalem Debakel - der Kampf um den nächsten ultraorthodoxen Bürgermeister

Dass der nächste Bürgermeister wieder ein Ultraorthodoxer wird, steht außer Debatte, die Frage ist, von welcher Richtung. Der jetzige Bürgermeister, vor fünf Jahren gewählt, Uri Lupolianski, gehört zur Fraktion der Lithauer antichassidischen Degel ha-Tora Partei. Sein Vize, Jehoschua Pollack, von der Agudat Jisrael Partei, dem Sammelbecken aller nichtzionistischen Ultraorthodoxen, von denen sich die Degel ha-Tora vor Jahren abgespaltet hatte, ist sein Hauptgegner.

Die Aguda wirft Lupolanski vor, nicht genügend gegen die Homo- und Lesbenparade unternommen zu haben, die kürzlich stattfand. Sie entrüsteten sich auch gegen die Feierlichkeiten bei der Einweihung der neuen umstrittenen "Strippen-Brücke", bei denen auch ein Ballett zwölfjähriger Mädchen teilnahm. Sie warfen Lupolianski vor, "er sitzt zusammen mit Prostituierten, und will die Stadt Jerusalem um jeden Preis entweihen und zu einem Sodom umformen".

Die unschuldigen Mädchen des Balletts mussten deshalb lange Kleider anziehen und gestrickte Kapuzen überziehen, damit man ihre Haare nicht sah. Dies wieder rief die säkulare Bevölkerung und die Eltern der Mädchen auf die Barrikaden, die von einem "Taliban-Staat" redeten. Die Feierlichkeiten zur Einweihung der Brücke, auf der einmal, vielleicht in zwei Jahren, die neue Straßenbahn über die Hauptverkehrsader am Eingang der Stadt rollen soll, kosteten eine halbe Million Dollar, ein Klacks gegenüber den 75 Millionen Dollar, die die Brücke bisher gekostet hat. Sie ist die teuerste Brücke dieser Länge weltweit, von dem spanischen Architekten Santiago Calatrava entworfen und hängt an einem 118 m hoch aufragendem Fingen an Seilen, von weitem sichtbar und soll neues Symbol der Stadt  werden.

Die Homo- und Lesbenparade verlief dieses mal verhältnismäßig ruhig und ohne Zwischenfälle. 3000 Sympathisanten nahmen unter den Regenbogenfarben der Organisation teil, begleitet von 2000 Polizisten. Im letzten Jahr waren es 3500 Marschierer gewesen, von 12.000 Polizisten beschützt. Fernab protestierten im Orthodoxenviertel Mea Shearim ca. 1000 Demonstranten gegen die "Sodomierung der Stadt".

Weitere Verwirrungen in Konversionsfragen - jetzt weltweit

Rabbi Haim Druckman, bisheriger Vorsitzender des staatlichen Konversionsinstituts ist abgesetzt. Sein Vertrag läuft im Juni aus. In einem lapidaren Brief ohne Vorwarnung erhielt er die Mitteilung, dass der Vertrag nicht erneuert wird. Offizieller Grund: Altersgrenze überschritten. Druckmann ist 75 Jahre alt und hat schon längst, auch bei seinen früheren Ernennungen, das Pensionsalter überschritten, das maximal 67 Jahre beträgt. Diese Begründung nimmt Druckman aber dem Ministerpräsidentenamt, das ihn nicht mehr haben will, nicht ab. Er beschuldigt das Amt des Ministerpräsidenten, ultraorthodoxem Druck gewichen zu sein.

Dies ist eine weitere Verunsicherung für die Tausende Konvertiten, die durch Druckmans Amt in den letzten Jahrzehnten konvertiert wurden, und deren Konversion vor ein paar Wochen vom obersten Rabbinatsgericht in Frage gestellt wurde. Konvertiten, die in der Annahme lebten, vollgültige Juden zu sein, haben nun keinen Vater mehr, der ihre Rechte verteidigen könnte.

Inzwischen hat der Konversionsstreit auch die Diaspora erfasst. Die Konferenz europäischer Rabbiner stellte sich auf die Seite der ultraorthodoxen Konversionsgegner und ist ebenso nicht mehr bereit, die Konvertiten aus Israel anzuerkennen. Sie beschuldigen die israelischen Konversionsrabbiner, durch Europareisen auch Konversionen in Europa vorgenommen zu haben, ohne die europäischen Gemeinden und ihre Probleme genügend zu kennen. Andererseits stellte sich die Konferenz amerikanischer orthodoxer Rabbiner auf die Seite der Konversionsbefürworter und appellierte an die israelischen Oberrabbiner endlich ein Machtwort im Konversionsstreit zu sprechen.

Respekt vor heiligen Schriften anderer Religionen

Der israelische Oberstaatsanwalt Menachem Mazuz hat die Polizei angewiesen, die Verbrennung von Neuen Testamenten in  der Ortschaft Or Jehuda zu untersuchen, die Straftäter zu ermitteln und sie vor Gericht zu bringen. Inzwischen hat auch der Direktor der Interreligiösen Abteilung der Antidefamierungs Liga, Rabbi Erik Greenberg, die Bücherverbrennung "als  Verletzung der jüdischen Grundprinzipien und Werte" aufs schärfste verurteilt. "Das jüdische Volk kann niemals die tragischen Verbrennungen von Talmuden und Torarollen im Laufe der Geschichte vergerssen", sagte er. "Es ist grundlegend, dass wir die heiligen Schriften anderer Religionen respektieren." (Siehe BlickPunkt.e 3/08, S. 33)

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