Informationen aus Israel

von Michael Krupp und Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Christliche Patriarchen gegen Teilungspläne von Jerusalem
Die drei Jerusalemer Patriarchen haben in einem gemeinsamen Brief an die drei Häupter der Verhandlungen in Camp David, Clinton, Arafat und Barak, gefordert, die in den Verhandlungen aufgekommenen Pläne über eine Teilung der Jerusalemer Altstadt nicht auszuführen. Außerdem fordern die drei Patriarchen, der griechisch orthodoxe Diodoros I, der lateinische Michel Sabach und der armenische Torkom II, bei allen zukünftigen Verhandlungen über das Schicksal Jerusalems mit hinzugezogen zu werden.

In den schwierigen Verhandlungen über Jerusalem hatte der israelische Ministerpräsident, Ehud Barak, vorgeschlagen, das jüdische und armenische Viertel, den Südteil der Altstadt, unter israelische Kontrolle, den größeren Teil der Altstadt, zwei Drittel der Altstadt, das christliche und moslemische Viertel, unter palästinensische Zivilverwaltung zu stellen. "Wir sehen das christliche und armenische Viertel der Altstadt als untrennbare und geschlossene Einheit an, die fest durch denselben Glauben verbunden ist", schreiben die Patriarchen an die verhandelnden Parteien.

Zum Schluss des Schreibens drücken die Patriarchen ihren Wunsch für ein Gelingen der Konferenz aus, "der prophetischen Mission, den langen und schmerzlichen Konflikt in unserer Region zu beenden". Die Patriarchen erinnern an die lange Präsenz der Christen in der heiligen Stadt seit dem Bestehen der ersten Kirche und postulieren, dass "Jerusalem, El Quds, die Heilige, und Jerushalajim, die Friedfertige, gemeinsam lebenswichtig und zentral für Juden, Christen und Moslems ist".
Michael Krupp
Gesetzesvorschlag: Gefängnis für laut betende Frauen an der Klagemauer
Kurz nach dem Urteil des israelischen Obersten Gerichts (siehe MD 3/2000), das Frauen erlaubt, laut an der Klagemauer zu beten und aus der Tora zu lesen, haben die religiösen Parteien, einen Gesetzantrag dagegen eingebracht, der für solche Frauen Gefängnisstrafen bis zu sieben Jahren vorsieht. Der Gesetzesantrag wurde Anfang Juni in der praeliminaren Abstimmung mit 29 gegen 25 Stimmen angenommen.

In dem Gesetzesantrag heißt es: "Der Westmauer-Platz will in eine Männer- und Frauen-Sektion aufgeteilt werden, keine Gebete von gemischten Gruppen sind erlaubt. Keine religiösen Zeremonien in der Frauenabteilung sind erlaubt, in denen aus der Tora gelesen, das Schofar (Widderhorn) geblasen, oder Gebetsmäntel und Gebetsriemen (Tefilin) getragen werden." Alle diese Zeremonien sind nach orthodoxer Tradition bisher nur Männern vorbehalten. Abgeordnete von der Linken bezeichneten den Gesetzesantrag als sexistisch.

Der Fraktion gelang die Verabschiedung der Gesetzesvorlage weil sich kein Mitglied der Regierungskoalition im Plenumsaal aufhielt. Der Minister für jüdische Angelegenheiten Rabbi Melchior sagte zu dem Gesetz: "Gebetsfragen können nur durch Dialog, nicht durch Gesetze gelöst werden." Amerikanische Rabbiner reagierten im israelischen Rundfunk am Donnerstag empört auf die Gesetzesvorlage. "Sie wird unser Volk spalten", sagte eine Sprecherin der Reformjuden.
Michael Krupp/Ulrich W. Sahm
Lokale Christen mit dem Staat Israel unzufrieden
Auf einer Veranstaltung der Israel Interfaith Association in Jerusalem hat sich der Sprecher des lateinischen Patriarchats, Wdia Abu Nassar, bitter über die Benachteiligung der lokalen Christen im Staate Israel, besonders durch Regierungsstellen, beklagt. Er trage diese Kritik als Privatmann vor und äußere nur seine eigene Meinung, sagte Abu Nassar zu Beginn seines Referats, sie sei keinesfalls mit dem Patriarchen, Michel Sabach, abgestimmt.

An vielen Einzelheiten sei diese beschämende Haltung durch israelische Behörden festzumachen: Israel habe eindeutig für die Moslems Partei ergriffen in dem umstrittenen Moschee-Bau-Projekt in unmittelbarer Nähe der Verkündigungs-Basilika in Nazareth. 60 Prozent der Gespräche zwischen dem Papst und dem Palästinenserchef Arafat und dem Papst und dem israelischen Ministerpräsidenten Barak hätten sich um diese Angelegenheit gedreht. Während Arafat den Standpunkt der Christen unterstützt habe, habe Barak bis heute noch keine Antwort gegeben.

Auch an dem so positiv zu bewertenden Papstbesuch habe sich die Haltung der israelischen Behörden gegenüber den lokalen Christen als äußerst negativ erwiesen. Sie seien praktisch von allen Vorbereitungen ausgeschlossen worden. Aber auch die Diensstellen, die zum Wohle der Christen arbeiten, wie die Abteilung für christliche Angelegenheiten im Religionsministerium werde von der eigenen Regierung behindert und nicht ernst genommen.

Drei Gründe nannte Abu Nassar für diese Haltung: Erstens, Israel habe gute Kontakte zur allgemeinen christlichen Welt und brauche daher auf die lokalen Christen keine Rücksicht zu nehmen. Zweitens, die einheimischen Christen mit ihren knappen zwei Prozent an der Gesamtbevölkerung spielten bei Wahlen keine hervorragende Rolle, außerdem bleibe ihnen sowieso nur die Wahl der Linken. Und drittens gelten die Christen als wohlerzogen und manierlich, die keine Revolution vom Zaum brächen.

Das Hauptproblem sei die Ignoranz der israelischen Bevölkerung und der Regierung gegenüber der Situation der Christen. Der unklare Status Israel als jüdischer Staat mache das Problem nur noch größer für Nichtjuden. Zwischen den Rücken kehrenden Juden und islamischen Fundamentalisten kämen die christlichen Araber in eine immer schwierigere Situation, die nur zur Abwanderung besonders der Jugend und zur Radikalisierung der verbleibenden Bevölkerung führe.

Thema des Abends war das Erscheinen eines hebräischen Buches über die Situation der Christen in Israel von dem israelischen Experten der christlichen Araber, Ahron Liron. Als weiterer Redner sprach Daniel Rossing, der ehemalige Leiter der Abteilung für christliche Angelegenheiten im israelischen Religionsministerium, der aus der Sicht eines israelischen Verwaltungsbeamten die Worte seines Vorredners bestätigte.
Michael Krupp
Interreligiöse Musik in der Zedekia-Höhle
So hatte man Erziehungsminister, Jossi Sarid, noch nicht erlebt: Auf der Bühne dreier Chöre, Juden, Christen und Moslems, und eins der bekanntesten Hymnen der hohen jüdischen Feiertage singend, Avinu malkenu, unser Vater, unser König. Jossi Sarid von der als antireligiös geltenden Meretz-Partei zeigte, dass auch säkulare Juden ein tiefes Verständnis von Religion haben und sich in der jüdischen Liturgie auskennen. Eigentlich hatte er ein Schlusswort sagen sollen zu diesem faszinierenden Abend an einem ganz ungewöhnlichem Ort, in der Zedekia-Höhle, tief unter der Altstadt von Jerusalem.

Es war ein in vieler Hinsicht bemerkenswerter Abend innerhalb des Israel-Festivals, das zur Zeit in Jerusalem und anderen Orten Israels stattfindet. Es war eine Premiere doppelter Art. Noch nie zuvor hatte in der größten Höhle des Raumes Jerusalems, der Zedekia-Höhle aus biblischer Zeit, mit Gängen, die sich über mehrere Kilometer unter dem Gebiet der Altstadt hinziehen, ein Konzert stattgefunden und noch nie hatten auf einem Israel-Festival oder überhaupt in Israel jüdische, christliche und islamische Sänger und Musiker zusammen gesungen und musiziert und das zum Teil im Duett, in Armenisch, Arabisch und Hebräisch. Das Konzert stand unter dem Motto "Adon Olam", Herr der Welt, ein bekanntes Jahrtausende altes hebräisches liturgisches Stück, das seinen Namen für eine Komposition hergegeben hatte, die von den israelischen Komponisten und Musikern Lior Elmaliach und Albert Marciano speziell für diesen Abend geschrieben worden war und die versuchte, die Hauptelemente religiöser Musik der drei monotheistischen Religionen Jerusalems ineinander zu vereinen. Es endete mit dem traditionellen Stück Adon olam, das von allen Chören, jeder in seiner Sprache, zusammen vorgetragen wurde.

Im ersten Teil des Konzerts waren die drei verschiedenen Gruppen getrennt aufgetreten und hatten aus dem reichen Schatz religiöser Musik ihrer Tradition eine repräsentative Auswahl vorgetragen. Bis auf die Moslems, in langen weißen Gewändern, waren alles Männerchöre, der Chor der armenischen Priesternovizen, in schwarzer Priestertracht, unter der Leitung des armenischen Musikdirektor Gosan Algenian, der auch die Solopartien übernahm, der Synagogenchor aus Ramat Gan, Rinaton, ein aschkenasisch osteuropäisch geprägter orthodoxer Chor, die Sänger in ihre traditionellen Gebetsmäntel gehüllt, abgelöst von einem orientalisch-sefardischen Trio unter der Leitung von Albert Marciano mit wunderbaren Solisten, und zum Schluß dem Scharia-Chor mit dem Muezzin Muhammad El-Scheikh.

Das Publikum, darunter viele orthodoxe Juden, applaudierte stehend minutenlang, schon während des gemeinsamen Schlussgesangs. Kein Wunder, dass Erziehungsminister Jossi Sarid zum Abschluss keine passenden Worte fand, sondern nur in den multireligiösen Gesang mit einstimmen konnte. Zu Beginn der Veranstaltung hatte er davon gesprochen, dass dieser neue Weg in der Kommunikation der Religionen zu einem neuen Verständnis untereinander führen möge. Viele der Besucher sagten beim Herausgehen durch das lange Labyrinth der unterirdischen Gänge, es sei der Höhepunkt für sie im Zyklus der Festspiele gewesen.
Michael Krupp
Zweitausend Jahre jüdische Kultur im Jemen
Mit zweitausend Jahren jüdischer Kultur im Jemen befasst sich eine große Ausstellung im Jerusalemer Israel-Museum. Die ersten Juden gelangten möglicherweise schon vor der Zerstörung des salomonischen Tempels im Jahr 587 vor Christi in den Jemen. Inschriften belegen, dass Juden im Jemen im dritten Jahrhundert nach der Zeitrechnung lebten. Im Jemen gab es bis zum Jahr 525 mehrere jüdische Königreiche, die sich gegen eine Invasion christlicher Äthiopier erhoben.

Die aus Deutschland stammende Kuratorin Ester Muchawsky-Schnapper und der Schweizer Journalist Jacques Ungar sind mehrmals in den Jemen gereist, um die jüdische Vergangenheit zu erforschen und dort noch verbliebene Objekte nach Jerusalem zu bringen. Denn Anfang der Fünfzigerjahre endete die jüdische Präsenz im Süden der arabischen Halbinsel mit einer Masseneinwanderung jemenitischer Juden nach Israel. Heute leben nur noch vereinzelte Juden im Jemen in "vergessenen Gemeinden".

Die jemenitischen Juden haben sich als Kunsthandwerker hervorgetan. Teppiche, Keramik und kunstvoll geschmiedete Metallgefäße in der Ausstellung bezeugen das. Vor allem haben sich die Juden als hoch begabte Silberschmiede mit dem so genannten Filigranstil hervorgetan.

Die jemenitischen Juden haben durch ihre geografische Isolation vom Rest der Welt eine biblische Kultur bewahrt, die über zweitausend Jahre fast unverändert bewahrt werden konnte. So haben israelische Musikologen vor einigen Jahren Ähnlichkeiten bei den sakralen Melodien der Psalme und biblischen Gebete festgestellt, wie sie die Jemeniten singen und wie sie bei den Samaritanern vorgetragen werden festgestellt. Die Samaritaner betrachten sich als "Urjuden" und haben im Heilige Land als winzige Gemeinschaft überlebt. Die Samaritaner richten bis heute ihr Passahfest mit echten Lammopfern wie im Jerusalemer Tempel aus. Ihre Heiligen Schriften, lediglich die fünf Bücher Moses und Josua, sind in der altbiblischen hebräischen Schrift verfasst, während das normative Judentum schon vor der Zeitwende die aramäische Quadratschrift eingeführt hat.

Die Ausstellung im Israel-Museum wird noch bis September zu sehen sein. Zu der Ausstellung gibt es einen gut bebilderten englisch-sprachigen wissenschaftlichen Katalog von 184 Seiten mit dem Titel: "The Yemenites - Two Thousand Years of Jewish Culture".
Ulrich W. Sahm
Griechisch-Orthodoxe Synode in Jerusalem
Mehr als hundert Bischöfe und Erzbischöfe sind nach Jerusalem zu einer einwöchigen Synode unter dem Titel "Das Zeugnis der Kirche im dritten Millennium nach Christus" gekommen. Unter dem Vorsitz des griechischen Patriarchen Diodorus wurde das Symposium mit Kirchengesang im Festsaal des Jerusalemer Ambassador Hotel eröffnet. Der deutschsprachige Bischof von Konstantina (Gaza), Aristarchos, sagte, dass es sich um ein "theologisches Seminar" handle. Eingeladen seien deshalb auch Theologieprofessoren wie Theodor Nikolaou, der Vorstand des Instituts für Orthodoxe Theologie der Universität München. Bei der Synode solle über das theologische Bewusstsein in der Kirche heute und die Frage der Dogmen in der Kirche geredet werden. Es könnten auch aktuelle Fragen wie das Verhältnis der Kirche zu den Regierungen in Griechenland, im Kosovo und in den palästinensischen Gebieten zur Sprache kommen. "Die Synode hat jedoch keine Entscheidungsgewalt sondern kann abschließend nur Empfehlungen weitergeben", sagte Bischof Aristarchos.

Zur Eröffnung der Synode waren Vertreter des lateinischen und armenischen Patriarchats, der melkitische Erzbischof Lutfi Laham und ein Vertreter der lateinischen Custodie gekommen. Die Synode soll mit einer feierlichen Prozession durch die Altstadt Jerusalems zum Berg Zion mit allen griechischen Bischöfen enden.
Ulrich W. Sahm
Israels Araber werden benachteiligt
Die offizielle Darstellung israelischer Sprecher von einer "Gleichberechtigung" der arabischen Bürger stimmt noch nicht einmal auf dem Papier. Zu diesem Ergebnis kam "Sikui", die Vereinigung für die Förderung ziviler Gleichberechtigung in Israel. Schalom Dichter hat in der von ihm herausgegebenen Studie die Beschäftigung von arabischen Bürgern in israelischen Ministerien überprüft. Von den 6 Millionen Bewohnern des jüdischen Staates sind 18,2 Prozent Araber, Christen wie Muslime. Projekte für den arabischen Sektor scheitern meist an dem Argument: "Was können wir tun? Unser Budget ist beschränkt. Wir haben kein Geld." Dichter zitierte in seinem Vorwort einen "hohen Beamten" und stellte fest, dass die im Staatshaushalt für den arabischen Sektor vorgesehenen Gelder weiterhin gering sind und gewiss nicht ihrem Bevölkerungsanteil entsprächen.

Um der Diskriminierung der Araber möglichst objektiv auf die Spur zu kommen, zählte Dichter die im öffentlichen Dienst angestellten Araber und entnahm offiziellen Regierungsangaben wie dem Statistischen Jahrbuch die Budgets für den arabischen Sektor.

Auf ganze 10 arabische Mitarbeiter von insgesamt 400 Angestellten kommt das Umweltministerium, also 2,5 Prozent. Spitzenreiter ist das Religionsministerium, das 42 muslimische Geistliche und Scharia-Richter im Sold für eine Millionen Menschen hat. Die rund 5 Millionen Juden freilich werden von etwa 550 Bediensteten des Religionsministeriums betreut. Dessen Gesamtbudget ist mit 800 Millionen Mark veranschlagt, fast zehnmal so viel, wie Israel für die Umwelt ausgibt. Ausgerechnet im Religionsministerium mit dem höchsten Anteil arabischer Angestellter entdeckt die Studie die schlimmste Diskriminierung. Ein Großteil des Jahreshaushaltes dieses Ministeriums sei von vornherein nur für jüdische Zwecke bestimmt wie "Torah-Studium" oder "Halachische Forschung" und nicht christlichen oder muslimischen Bedürfnissen angepasst. In der Studie wird aus Urteilen des Obersten Gerichts zitiert, die zum Beispiel eine sträfliche Vernachlässigung muslimischer Friedhöfe kritisieren.

An nächster Stelle steht das Gesundheitsministerium, in dessen Diensten 27.330 Mitarbeiter stehen, wovon immerhin 1731 Araber sind, also 6.3 Prozent.

Im Mittelfeld, mit 4 bis 5 Prozent der Beschäftigten, liegen das Erziehungsministerium, obgleich es ein separates arabisches Schulsystem gibt, das Landwirtschaftsministerium, obgleich vor Allem in Galiläa eine Mehrzahl der Araber Landwirtschaft betreibt, und das Ministerium für Wissenschaft, Sport und Kultur. Auch das Justizministerium und das Ministerium für Arbeit und Soziales zählen rund 4,5 Prozent Araber unter ihren Beschäftigten.

Schlechter stehen mit 2,5 bis 3,1 Prozent die Ministerien für Inneres, das entscheidend für die Förderung des arabischen Sektors verantwortlich ist und das Tourismusministerium, obgleich gerade dort kaum "Sicherheitsbedenken" eine Hürde für die Einstellung von Arabern existieren dürften. Bei den finanziellen Zuwendungen des Tourismusministeriums ist die Diskriminierung der Araber noch krasser. Während jüdische Bürger des Landes und die Kibbuzim rund 6000 "Zimmer" zum Vermieten an Touristen anbieten, gibt es nur 98 "Zimmer" in arabischen Dörfern.

Unter einem Prozent liegen das Bauministerium, wo unter 300 Beschäftigten nur drei einen arabischen Namen tragen. Im Verkehrsministerium arbeiten immerhin 6 Araber, aber neben 640 Juden, sodass auch hier der Prozentsatz unter einem Prozent liegt. Bei den Vorbereitungen zum Jahr 2000 wurden nur 10 Prozent der verfügbaren Gelder im arabischen Sektor investiert, obgleich sich die christlichen Heiligen Stätten ausschließlich in christlicher oder arabischer Hand befinden und nicht von Juden verwaltet werden. Der größte Anteil der 50 Millionen Mark für den Ausbau von Straßen im arabischen Sektor kam Nazareth zugute. In einem Kommentar dazu heißt es in der Studie, dass die Begünstigung von Nazareth vor allem der Mobilität der Touristen förderte und letztlich auf Kosten der Million Araber Israels ging.

Die Schlusslichter bilden das Ministerium für innere Sicherheit, das früher schlicht "Polizeiministerium" hieß und das Kommunikationsministerium. Unter den 150 Mitarbeitern der Polizeibehörde, die doch gewiss auch in der arabischen Bevölkerung eine wichtige Rolle zu spielen hat, gibt es nur einen einzigen Araber. Null Prozent arabische Mitarbeiter wurden in dem für die gedruckten und elektronischen Medien zuständige Kommunikationsministerium gezählt, unter insgesamt 180. Zynisch heißt es in dem Kommentar dazu, dass Israel den arabischen Bürgern des Landes eine "Kultur des Schweigens" aufzwinge.

Das Verteidigungsministerium wurde von der Studie nicht erfasst. Doch in diesem Hort israelischer "Sicherheit" dürfte man ohnehin vergeblich nach einer proportionalen Repräsentanz eines Fünftels der Bevölkerung Israels suchen, zumal Araber nicht einmal zum Militärdienst eingezogen werden aus Angst, dass sie eine "fünfte Kolonne" seien und Informationen an den Feind weitergeben könnten.
Ulrich W. Sahm
Betrug mit Baumpflanzungen
"Ein Baum in Israel" steht auf den Urkunden, die Touristen und Pilger ausgehändigt bekommen, wenn sie nach Entrichtung von umgerechnet etwa 20 Mark nach einem feierlichen Empfang das Recht erhalten, eigenhändig ein Bäumchen in einem Wald in Israel zu pflanzen. Viele Emotionen und Symbolik begleiten diese Zeremonien. "Das Pflanzen eines Baumes im Lande der Bibel ermöglicht es dem Touristen, seine Spur in der Landschaft des gelobten Landes zu hinterlassen", heißt es in einem Prospekt des Keren Kayemet Leisrael, der halbstaatlichen Organisation, die diese Pflanzungen ermöglicht.

Ein Reporter der Zeitung Maariv hat diese Pflanzungen beobachtet und dabei bemerkt, dass Touristengruppen immer wieder zu der gleichen Stelle nahe dem Hadassahospital geführt werden. Nach jeder Pflanzung werden die Setzlinge jedoch wieder herausgerissen und weggeworfen.

Im Keren Kayemet reagierte der Generaldirektor Jitzchak Elijaschiv zunächst mit einem völligen Dementi. Mit den fotographischen Beweisen konfrontiert, äußerte er "große Überraschung".

Die Methode, von Touristen zehn Dollar einzuziehen und sie einen Setzling im Wert von 15 Pfennig pflanzen zu lassen, bringt dem Keren Kayemet jedes Jahr über eine Million Mark Einkünfte.

Die Methode, Touristen immer wieder an der gleichen Stelle Bäumchen pflanzen zu lassen, scheint nicht neu zu sein. Der Satyriker Efraim Kischon schrieb darüber schon vor vierzig Jahren. Ein inzwischen klassischer Film zu den typisch israelischen Schelmenstreichen, "Salach Schabati", sollte 1962 sogar wegen der Kritik am Keren Kayemet "verboten" werden.
Ulrich W. Sahm
Grabungsarbeiten auf Tempelberg schüren Emotionen
Mit einem halben Jahr Verspätung schüren jetzt rechtsgerichtete israelische Parlamentarier die Emotionen über einen "nicht wieder gut zu machenden Schaden", den die muslimischen Behörden auf dem ehemals jüdischen und seit 1600 Jahren in muslimischen Besitz befindlichen Tempelberg Jerusalems angerichtet hätten.

Am Dienstag besuchten israelische Abgeordnete den Tempelberg unter Ausschluss der Presse "um die explosive Stimmung" nicht weiter zu entfachen. Ziel des Ausflugs war ein riesiges Loch, das die muslimischen Behörden Nachts mit Schaufelbaggern in das Plateau des Tempelberges gebohrt haben. Hunderte Tonnen Erdreich wurden im Schutze der Dunkelheit an einem Sabbat im vergangenen Dezember mit schweren Lastwagen in Richtung Müllkippe der Stadt Jerusalem abtransportiert. Kein Archäologe und kein Vertreter der israelischen Antiquitätenbehörde war zugegen, obgleich das Gesetz die Anwesenheit von Experten vorsieht, wenn an historischer Stätte Erdreich ausgehoben wird. "Weil die Arbeiten innerhalb von drei Tagen am Wochenende durchgeführt worden sind, konnten die israelischen Behörden nicht eingreifen", sagt Jerusalems Chefarchäologe Gideon Avni. Er versteht allerdings nicht, wieso die Parlamentarier erst jetzt "aufwachen", denn die zerstörerischen arbeiten der muslimischen Behörden seien schon seit einem halben Jahr abgeschlossen.

Um keinen Konflikt mit den Palästinensern zu entfachen, hatte Ministerpräsident Barak seine stillschweigende Genehmigung für die Schaffung eines "Notausgangs" zu der unterirdischen Moschee in Salomons Ställen gegeben. Deren Ausbau konnte wegen der angespannten Beziehungen mit den Palästinensern in der Amtszeit von Ministerpräsident Netanjahu nicht verhindert werden. Doch die Pflasterung der "Ställe" und das Anbringen von Lampen in dem alten Gemäuer verursachte auch schon eine "Zerstörung historischer Kulturgüter" und Empörung in Israel.

Die nächtlichen Grabungsarbeiten mit Baggern im vergangenen Winter waren viel umfangreicher, als die Israelis sich vorstellen konnten. Der Chef der Altertumsbehörde, Amir Drori, redete am Dienstag von einem "schweren Schaden an einer der wichtigsten Stätten menschlicher Kultur". Das ausgehobene Erdreich, auf der Müllkippe von Archäologen überprüft, enthielt vor allem Fundstücke aus dem Mittelalter und aus der muslimischen Periode. Es wurden aber auch Funde aus der Periode des Herodes gemacht, als auf dem Berg noch Salomons Tempel stand, in dem Jesus gelehrt und die Tische der Geldwechsler umgeworfen hatte. Chefarchäologe Gideon Avni beklagte vor allem, dass die Funde ihren wissenschaftliche Wert verloren hätten, da sie durch das unkontrollierte Ausbaggern durcheinander gewürfelt worden seien. Für Archäologen sei es von großer Bedeutung, einen Find "in situ", am Fundort, zu prüfen.

Der Mufti von Jerusalem, Ekrem el Sabri, sagte nach dem Besuch der israelischen Parlamentarier, dass "keinerlei jüdische Gegenstände" entdeckt worden seien. Doch der Mufti bestreitet, dass überhaupt jemals ein jüdischer Tempel auf dem Tempelberg gestanden habe. Aus politischen Gründen widerspricht er den Berichten des Alten und Neuen Testaments und sogar muslimischen Traditionen.

Die muslimischen Wächter auf dem "erhabenen Heiligtum", wie der Tempelberg auf arabisch genannt wird, hatten bis Ende des vorigen Jahrhundert unter Androhung der Todesstrafe "Ungläubigen" den Zutritt zu dem Heiligtum verboten. Bis heute haben die Muslime keinerlei wissenschaftliche Ausgrabungen auf dem Tempelberg zugelassen. Der Platz mit dem Felsendom und der El Aksa Moschee, eines der größten heiligen Areale des Altertums, ist Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen heilig. Seit König Salomon haben dort alle Eroberer Jerusalems Tempel, Kirchen oder Moscheen errichtet.

"Würde die Welt auch schweigen, wenn historischer Schutt von der Akropolis in Athen oder dem Forum in Rom mit Bulldozern und ohne Überwachung von Archäologen zur Müllkippe weggeschafft würde?" fragte Avni.
Ulrich W. Sahm
Kollek protestiert gegen Zerstörungen auf Tempelberg
Jerusalems Altbürgermeister Teddy Kollek hat zusammen mit angesehenen Schriftstellern wie A.A. Jehoschua und Jehuda Amichai sowie namhaften Archäologen und Rechtsanwälten einen Protestbrief an Israels Ministerpräsident Barak geschickt. Der Tempelberg, eine der wichtigsten archäologischen Stätten der Welt, solle für die Presseberichterstattung geöffnet werden und Vertreter der Antiquitätenbehörde sollten die Genehmigung erhalten, bauliche Aktivitäten der muslimischen Behörde Wakf "wirksam" überwachen zu können. Die Autoren des Briefes monieren, dass auf einer riesigen Fläche von 15.000 Quadratmetern zwischen Salomons Ställen und dem Goldenen Tor schwere Schäden an archäologischen Gegenständen entstanden sei. Die Bautätigkeit des Wakf habe gegen "alle bestehenden Gesetze" verstoßen. Die Briefautoren warfen Barak und dem Staatsanwalt vor, die Genehmigung für die Bauarbeiten gegeben zu haben, ohne eine "effektive" archäologische Überwachung der Arbeiten vorzuschreiben.

Wie die Zeitung "Haaretz" schrieb wolle Bürgermeister Ehud Olmert einen privaten Rechtsanwalt, der nicht dem Staatsanwalt untersteht, anheuern, um gegen die illegale Errichtung von Steinhäusern nahe dem Goldenen Tor vorzugehen. Nach Angaben von Olmert seien archäologische Überreste verschwunden, die noch vor Kurzem vorhanden waren.
Ulrich W. Sahm
Streit um Tempelberg Jerusalems
Israels sephardische Oberrabbiner Elijahu Bakshi Doron wurde von fromm-religiösen Kreisen scharf kritisiert, wegen seiner schriftlichen Befürwortung einer künftigen palästinensischen Verwaltung des Tempelberges. Bakschi Doron hatte in einem Brief an ein Treffen muslimischer, jüdischer und christlicher Geistlicher in Milano geschrieben, dass er eine Fortsetzung des status quo auf dem Tempelberg befürworte.

Israel hatte nach der Eroberung Ostjerusalems die innere Verwaltung auf dem seit über 1300 Jahren muslimischen Heiligtum dem Wakf, der obersten muslimischen Behörde, überlassen. Der Wakf unterstand zunächst Jordanien, ist aber durch politische Schachzüge des von PLO-Chef Jassir Arafat eingesetzten Mufti Ekrem el Sabri längst in palästinensische Hand übergegangen. Ohnehin verbietet das jüdische Religionsgesetz frommen Juden, den Tempelberg zu betreten, weil der genaue Ort des Allerheiligsten im ehemaligen salomonischen Tempel, wo "Gott seine Wohnung auf Erden" bezog, verloren gegangen ist und dessen Betreten unter Androhung der Todesstrafe laut Bibel verboten ist.

Bakschi Doron korrigierte seine Stellungnahme, indem er zwar eine palästinensische Verwaltung des Tempelbezirks, aber unter israelischer Hoheit befürworte. Gleichzeitig kritisierte der Oberrabbiner die laufenden Ausgrabungs- und Bauarbeiten des Wakf auf dem Tempelgelände.

Um den Frieden zu fördern und palästinensische Befürchtungen zu zerstreuen, habe er sich verpflichtet gefühlt, in einer offenen Erklärung mitzuteilen, dass das religiöse Establishment Israels keine Absichten hege, die Muslime vom Tempelberg zu vertreiben.

Wie die Zeitung Haaretz berichtet, habe der Oberrabbiner auf Bitten der israelischen Regierung einen eigenen geheimen Gesprächskanal mit palästinensisch-muslimischen Geistlichen eröffnet, um das Vertrauen zu vertiefen und eine Friedensregelung auch für den umstrittenen Tempelberg zu ermöglichen.

Bei einem Treffen im Ministerpräsidentenamt hat Premierminister Barak am Mittwoch den Empfehlungen von Polizei und Geheimdiensten entsprochen, die Bauarbeiten des Wakf auf dem Tempelberg fortsetzen zu lassen, obgleich nach Angaben von Archäologen schwerer Schaden an dem historischen Untergrund beigefügt werde. Der Tempelberg ist fast ununterbrochen seit dreitausend Jahren ein Heiligtum, auf dem Juden, Christen und Muslime zentrale Gotteshäuser errichtet hatten. Vertreter der israelischen Antikenbehörde dürfen künftig die Arbeiten beobachten, aber ohne zu fotografieren und ohne eingreifen zu können. Das sagte Israels Jerusalem-Minister Chaim Ramon.

Der Wakf hatte sich nach Angaben des Mufti Ekrem el Sabri geweigert, Baugenehmigungen von den israelischen Behörden einzuholen, weil der Wakf autonom sei und von niemandem eine Genehmigung benötige. Israelische Archäologen und öffentliche Persönlichkeiten hatten die Bauarbeiten des Wakf scharf kritisiert, weil der Versuch gemacht werde, historisch wertvolle Funde vor allem aus der jüdischen Periode, als noch der Tempel stand, zu zerstören. Allein im Dezember wurden 6000 Tonnen Erdreich ohne archäologische Überwachung in 250 Lastwagenfuhren innerhalb von drei Nächten auf eine Müllkippe geschüttet. Dort fanden Archäologen dann Scherben und andere Fundstücke aus drei Jahrtausenden.
Ulrich W. Sahm

zur Titelseite

zum Seitenanfang



Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel in Hessen und Nassau
Pfr. U.Schwemer, Theodor-Storm Str.10, 64646 Heppenheim;
Tel: 06252-71270 / Fax: 06252-72606